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Ingrid Birkmann Im Gespräch - Ein Interview mit Hannelise ...

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<strong>Ingrid</strong> <strong>Birkmann</strong><strong>Im</strong> <strong>Gespräch</strong> - <strong>Ein</strong> <strong>Interview</strong> <strong>mit</strong> <strong>Hannelise</strong> HottenbacherKannst du einige Beispiele bringen zu Themenbereichen, <strong>mit</strong> denen ihreuch auseinandergesetzt habt?Fragen der Leistungs-“Messung“ waren ein wichtiges Thema. Auf demHintergrund nachgewiesener Scheinobjektivität traditioneller Notengebungsahen wir es als unseren Auftrag an, uns um eine „objektive“ Lernerfolgsüberprüfungund Lernfortschrittsfeststellung zu bemühen. Angefangenhaben wir <strong>mit</strong> einer lernzielbezogenen, lerngruppenunabhängigenDreier-Stufung – am Schuljahrsende 69/70 in den „Informationen zumLernprozess“ <strong>mit</strong> zusätzlichen Angaben über den individuellen Lernfortschrittversehen. Daraus wurde eine 4er-Skala (Ergänzung durch „grundlegendeLernziele nicht erreicht“). Abgangs- und Überweisungszeugnissemussten von jeher in „Notenzeugnisse herkömmlicher Form“ umgeschriebenwerden. Dafür gab es eine 10-Punkte-Skala, die die vier Bewertungsstufender jeweils abschlussbezogenen Sechserskala zuordnete.Recht kompliziert. Schließlich gab es die Achter-Skala. 1982 aber <strong>mit</strong> derKMK–Vereinbarung über die gegenseitige Anerkennung von Abschlüssenan integrierten Gesamtschulen wurde die traditionelle Sechser-Skalawieder verpflichtend – jeweils auf die letztlich abschlussrelevantenGrund- und Erweiterungskurse in den Fächern <strong>mit</strong> äußerer Fachleistungsdifferenzierungbezogen. Die Minderheitenposition der Gesamtschulehatte sich angesichts der tiefen Verankerung der Sechserskala inder Öffentlichkeit nicht durchsetzen lassen.Mit der Operationalisierung von Lernzielen und der Bildung flexibler,jeweils lernerfolgsabhängiger Lerngruppen haben wir uns viel Mühegemacht. – Auch manchen Irrweg sind wir gegangen. <strong>Im</strong>mer wieder warenWidersprüche zwischen pädagogischen Reformzielen und förmlichen,formalistischen Verfahren im wohlverstandenen Interesse der Schülerinnenund Schüler aufzuheben.Wie gesagt, es gab keine Vorgaben für die Gesamtschule – sie zu entwickelnund zu erproben war Aufgabe des Schulversuchs, war Aufgabe desgesamten Kollegiums. Selbst die Leitungsstruktur unserer Schule konntenwir <strong>mit</strong>bestimmen. Alle grundlegenden Fragen hat der Schulleiter <strong>mit</strong>dem Kollegium beraten und im Konsens entschieden. Funktionsträgerqua Amt gab es in der Anfangszeit nicht, sie wurden vom Kollegium aufZeit gewählt. Es gab Ausschüsse, z.B. den Ausschuss „Innere Organisationdes Schulbetriebs“ oder den Ausschuss „Freizeit in der Schule“ – dieser<strong>mit</strong> Eltern und Studenten und dem Auftrag, Konzeptionen für „unterrichtsfreiesLernen“ zu entwickeln.- 19 -


<strong>Ingrid</strong> <strong>Birkmann</strong><strong>Im</strong> <strong>Gespräch</strong> - <strong>Ein</strong> <strong>Interview</strong> <strong>mit</strong> <strong>Hannelise</strong> HottenbacherWelche Rolle spielten in dieser Anfangsphase die politischen Entscheidungsträgervor Ort?Für die Gesamtschule Scharnhorst ganz wichtig war der damalige DortmunderSchuldezernent Prof. Herbert Frommberger, der Vater der DortmunderGesamtschulen, der übrigens auch an der Gründung der GGGbeteiligt war. Er war in Rat und Verwaltung ein großer Streiter für dieGesamtschule und hat schon im Oktober 1967 ein „Pädagogisches Planspiel“organisiert – eine große Expertentagung zur Vorbereitung einerGesamtschule in Dortmund. Und über Scharnhorst hinausdenkend hat ereinen Schulbauplan entwickelt, der für die zwölf Stadtbezirke Dortmundseine gleichmäßige und gleichwertige Ausstattung vorsah.Zu nennen ist auch Hans Peters, der Aufbau und Entwicklung der GesamtschuleScharnhorst lange <strong>mit</strong> großem Engagement begleitet hat – alsBürger des Stadtteils sowie in verschiedenen politischen Funktionen, u.a.als Vorsitzender des Schulausschusses.Für mich muss ich feststellen, dass ich von politischem Gegenwind inScharnhorst nichts <strong>mit</strong>bekommen habe. Der Kampf um Zustimmung zurGesamtschule und um Mehrheiten für Baukosten und Ausstattung wurdevon anderen an anderer Stelle geführt.1981 - nach den Landtagswahlen, bei denen die SPD die absolute Mehrheitim Landtag gewann, - wurde die Gesamtschule durch Änderung desSchulverwaltungsgesetzes als 4. Schulform neben dem dreigliedrigenselektierenden Schulsystem als Regelschule eingerichtet. Wie beurteilstdu diese Gesetzesänderung?Der Vorteil dieser Gesetzesänderung und der KMK-Vereinbarung von1982 über die gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen an integriertenGesamtschulen: Der Status einer Regelschule <strong>mit</strong> bundesweit anerkanntenAbschlüssen brachte im Kontext der politischen Auseinandersetzungengrößere Transparenz für die Öffentlichkeit sowie Stabilisierung undSicherheit des Gesamtschulkonzepts – wesentliche Voraussetzungen fürdie Akzeptanz und die schnelle Ausbreitung der Gesamtschule in NRW.Der Nachteil, der Preis, der dafür gezahlt wurde: Statt ersetzende Sekundarschulewar die Gesamtschule zur Alternative für das dreigliedrigeSchulsystem geworden, aber eben neben ihm, und geriet insbesondere inKonkurrenz zum Gymnasium. Das Konzept „<strong>Ein</strong>e Schule für alle Kinder“,für nach Herkunft und Entwicklungsmöglichkeiten ganz verschiedeneKinder, dem Prinzip verpflichtet, Abschlüsse – unterschiedlicheAbschlüsse – so lange wie möglich offen zu halten, wird seither am drei-- 21 -

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