ähnlich ergeht. Sie haben durch mich und andere, die den Mut fanden aufzustehen,ebenfalls den Mut bekommen, sich zu wehren.Es ist natürlich auch ein Angriff als Verteidigungstaktik. Je mehr ich selbst über michund mein Leben und meine Erfahrungen berichte, desto weniger gebe ich anderendie Chance, sich auf meine Kosten zu profilieren, indem sie Teile meiner Biografienutzen, um mich schlecht zu machen. Seien es Neider oder Schmieren-Journalisten!<strong>Ich</strong> habe auf mein Buch durchweg positive Rückmeldungen bekommen. AndereOpfer von Missbrauch, die durch mein Buch den Mut finden, sich jemandem zuoffenbaren, sind Puzzlesteine, die nötig sind, um solch abscheuliche Taten eventuellin Zukunft zu verringern oder gar auszuschließen.Allerdings spüre ich natürlich immer wieder auch die Entfernung von Menschen,denen früher an meiner Freundschaft gelegen war. Das ist schade, bleibt aber nichtaus. Die Spreu trennt sich eben irgendwann vom Weizen.Gibt es Situationen am Set, bei dem ein Teil deiner Vergangenheit hochkommt,der dich am Spielen hindert oder möglicherweise sogar hilfreich ist?Ein Schauspieler nutzt immer seine persönliche Erfahrung, um Situationen undMenschen darzustellen. Je mehr er erlebt hat, desto facettenreicher wird er seinSpiel gestalten können. Natürlich habe auch ich manchmal Probleme, Szenen so zuspielen, wie sie im Drehbuch stehen oder wie sie der Regisseur haben möchte. Dasist dann eine Frage der Professionalität, was erreicht <strong>werden</strong> soll mit dem Spiel. DieSchauspielerei ist keine Therapie, obwohl manche sie als Therapie nutzen. Fakt istnun mal aber auch: Je mehr Hintergrundwissen, desto authentischer die Rolle.Du bist als Kind sexuell missbraucht worden und setzt dich aktuell gegen diezurzeit heiß diskutierte Zensur von Internetseiten mit Kinderpornographie einnach dem Motto: »Löschen statt Sperren«. Würdest du die Rolle einespädophilen Täters in einem Film oder einer Serie aufgrund deiner eigenenErlebnisse ablehnen?Zum ersten Teil: Löschen statt Sperren ist die Lösung, die am ehrlichsten ist. Täterausfindig machen, zur Rechenschaft ziehen, Material entfernen und vernichten. EineBibliothek sperre ich auch nicht, weil ein verbotenes Buch drin steht, sondern ichentferne das Buch und versuche, den Verursacher zu ermitteln. Einen Stadtparkschließe ich auch nicht für die Bevölkerung, weil dort Kriminelle ihr Unwesen treiben.Der öffentliche Personen-Nahverkehr wird auch nicht gestoppt, weil wir wissen, dasstagtäglich Kriminelle mit unlauteren Absichten auf unseren Straßen und in unserenBussen und Bahnen fahren. Sperren, wie es momentan der Fall <strong>werden</strong> soll, ist reinepopulistische Augenwischerei. Einen Vorhang davor zu hängen, das haben wir langegenug im realen Leben praktiziert. Mit dem Ergebnis, dass die Täter nicht dingfestgemacht <strong>werden</strong>, sondern man schweigt und vergisst am liebsten. Aber die Opfervergessen nicht. Jetzt die Opfer angeblich damit schützen zu wollen, indem manStoppschilder im Internet aufstellt, ist blanker Hohn! Die Lügen, die imZusammenhang mit dieser Kampagne von den treibenden Kräften erzählt <strong>werden</strong>,<strong>werden</strong> immer wieder enttarnt. Das wird sich auch hoffentlich nicht ändern.6
Die Frage, ob ich eine Rolle aufgrund meiner Erfahrungen ablehnen würde, kann ichso nicht beantworten. Grundsätzlich würde ich es innerlich wahrscheinlich zuersteinmal ablehnen. Dann würde ich mir und auch dem Auftraggeber die Frage stellen,wie diese Person und der gesamte Film dargestellt <strong>werden</strong> soll. Auch ein Täterwurde wahrscheinlich selbst missbraucht. Und dennoch gibt es ihm nicht das Recht,selbst zum Täter zu <strong>werden</strong>. Was möchte der Autor der Geschichte erreichen? Willer sensationsgierig erzählen im Sinne eines Block-Busters? Oder möchte eraufzeigen, was passieren kann, um eine Hilfe für Opfer zu geben?<strong>Ich</strong> hätte mit Sicherheit ein Problem damit, einen Täter darzustellen. Aber auch hierzählt die Maxime. Es ist mein Job, Charaktere darzustellen. Wenn ich allerdings mitdem Drehbuch nichts anfangen kann, weil es schlicht Scheiße geschrieben ist, würdeich es mit Sicherheit ablehnen. Und wahrscheinlich auch auf meinem Blog darüberberichten.Glaubst du an die Wahrheit in dem Sprichwort »Jeder ist seines GlückesSchmied«?Definitiv! Jeder hat heute, auch Dank des freien Internet, die Möglichkeit zurKommunikation. Jeder hat sein Glück selbst in der Hand. Allerdings muss er flexibelsein. Die Entwicklung der Menschheit hat gezeigt, dass nur durch Anpassung an dieGegebenheiten die Gesellschaft überleben kann. Heute musst Du auch bereit sein,Deine Heimat und Liebgewordenes zu verlassen, um anderswo Dein Glück zusuchen.<strong>Ich</strong> habe die Möglichkeiten des Internets frühzeitig erkannt und versucht, mich mitdem Medium und seinen Möglichkeiten vertraut zu machen. Die Tatsache, dass ichheute dieses Interview geben kann und so viele Menschen erreiche, die mich dabeiunterstützen, meinen Traum zu verwirklichen, zeigt, dass ich einigermaßen damitumgehen kann.Wer oder was ist dein Glück?Mein Glück ist in erster Liniemeine Königin. Einebezaubernde, mich liebendeFrau und tolle Partnerin, diemir hilft, meinenpersönlichen Schuttbergabzutragen und meineKarriere zu forcieren. Ohnediese Frau wäre ich heutenicht in der Lage, mich soauf Dinge zu konzentrieren,wie ich es tue. Sei espolitisch oder mein Lebengenerell.Mein Glück wärevollkommen, wenn ich meine drei Kinder nach Jahren wieder in die Arme nehmenkönnte. Sie fehlen mir sehr, ich hoffe, dass ihre Mutter irgendwann bereit ist, eine7