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V o r o rt — Honig aus Valdivia<br />
SüSSE frAcHT vOm ENDE DEr WELT<br />
von Corinna Sager<br />
gute klimatische Bedingungen und eine hohe botanische Vielfalt machen die Länder Lateinamerikas<br />
zu besonders geeigneten Standorten für die Honigproduktion. Hier kann das süße<br />
gut, je nach Sorte, mehrmals im Jahr geerntet werden – und bietet somit auch vielen Kleinproduzenten<br />
eine wichtige einnahmequelle.<br />
mit ungefähr 1,1 Kilogramm Jahresverbrauch<br />
pro Kopf sind die Deutschen Weltmeister<br />
im Honigverzehr. Die heimische<br />
Honigerzeugung kann jedoch nur<br />
20 Prozent der nachfrage decken, und der<br />
großteil wird aus verschiedenen Regionen<br />
der Welt importiert – allen voran argentinien,<br />
mexiko und Chile. Dabei erreichen<br />
Honige mit unterschiedlichstem Charakter<br />
und geschmack unsere märkte: Die<br />
geografische Herkunft und dortige<br />
Pflanzenvielfalt entscheiden<br />
maßgeblich über die eigenschaften<br />
des naturprodukts.<br />
gerade der Blütenreichtum<br />
lateinamerikas macht seine<br />
Honige interessant.<br />
Ein besonderer Geschmack<br />
Vollmundig mit einer zarten<br />
Vanillenote – so beschreiben<br />
Kenner den geschmack des<br />
feincremigen Honigs, der aus<br />
den weißen Blüten des<br />
Ulmo-Baumes im süd-<br />
lichen Chile gewonnen<br />
wird. aus-<br />
schließlich hier<br />
gedeiht dieser<br />
Baum, und<br />
die ansässigen<br />
imker<br />
sind besonders<br />
stolz auf<br />
die Rarität.<br />
Hier „am ende<br />
der Welt“, wie die<br />
Kleinproduzenten ihre Heimat<br />
selbst nennen, erwirtschaften<br />
sie durch die Honigproduktion nicht<br />
nur ein wichtiges einkommen für sich und<br />
ihre Familien, sondern tragen auch maßgeblich<br />
zur erhaltung des ökologischen<br />
gleichgewichts der Region bei. Durch die<br />
Bestäubung erfüllen ihre Bienen die wichtige<br />
Rolle, das Überleben von Wildpflanzen<br />
zu sichern und auch den ertrag von angebautem<br />
Obst und Feldfrüchten zu gewährleisten.<br />
Neue Perspektiven<br />
mit dem ziel, Kleinbauern zu fördern,<br />
startete das Bistum von Valdivia anfang der<br />
1980er Jahre das Bienenzuchtprojekt in<br />
dieser Region Chiles. anfangs nicht ohne<br />
Probleme: Denn obwohl während der<br />
militärdiktatur unter dem Pinochet-Regime<br />
politische aktivitäten von Bauernorganisationen<br />
nur unter dem Dach der Kirche überhaupt<br />
möglich waren, herrschte bis in die<br />
zeit nach dem Regimesturz ein allgemeines,<br />
tiefes misstrauen und große Voreingenommenheit<br />
gegenüber jeglicher art der Organisation.<br />
nach anfänglichen Vorbehalten<br />
schlossen sich aber immer mehr Bauern aus<br />
den ländlichen Regionen dem Projekt an,<br />
erlernten das imkerhandwerk und machten<br />
sich letztlich mit dem Kooperativen-Dachverband<br />
aPiCOOP selbständig. Heute gehören<br />
138 Kleinproduzenten dem Verband an,<br />
der seinen Honig größtenteils über den<br />
Fairen Handel verkauft.<br />
Da die meisten imker in abgelegenen<br />
Dörfern leben, stellt der transport des<br />
Honigs zum Weiterverarbeitungszentrum in<br />
der stadt Valdivia eine Herausforderung für<br />
sie dar: so muss etwa erwin antillanca sein<br />
Honigfass zwei Kilometer vom Dorf zum<br />
Fluss rollen und dort eine schmale Hängebrücke<br />
überwinden, bevor er es auf einen<br />
transporter verladen kann. Dieser bringt<br />
die süße Fracht weiter zum Fähranleger, von<br />
wo aus sie den mailhue-see überquert. erst<br />
danach geht es per großem laster Richtung<br />
Valdivia. Der beschriebene Weg ist mühsam<br />
– vor allem bei schlechtem Wetter –, erklärt<br />
der imker, doch trotzdem hat sich viel<br />
verbessert. Dank der stetigen Weiterent-<br />
wicklung von aPiCOOP und durch die<br />
zusammenarbeit mit dem Fairen Handel<br />
wurde das kooperativeneigene logistiknetz<br />
weiter ausgebaut und wird von der zentrale<br />
finanziert. „aPiCOOP bezahlt den transport<br />
unseres Honigs. Das ist für mich besonders<br />
wichtig, denn der Weg von hier bis zur<br />
zentrale ist weit“, erläutert die imkerin<br />
Juana Carillo.<br />
erwin antillanca kann die aussage<br />
seiner Kollegin nur bekräftigen, und er<br />
betont die Wichtigkeit des Verbandes auch<br />
für andere Bereiche: erst durch Fortbildungen<br />
von aPiCOOP hat er genügend<br />
Wissen über Bienen und Honigproduktion<br />
erlangt und die Vorfinanzierung der Bienenvölker<br />
hat ihm den einstieg in die imkerei<br />
ermöglicht. alle einsteiger in das Programm<br />
erhalten von aPiCOOP drei Jahre lang eine<br />
umfangreiche kostenlose Beratung durch<br />
agrartechniker, die sie danach per Honig-<br />
lieferung zurückzahlen. so kann das system<br />
fortbestehen.<br />
Heute besitzt erwin antillanca 70 Bienen-<br />
stöcke, in denen etwa 50.000 Bienen Honig<br />
produzieren. sie sind für ihn und seine<br />
Familie die einzige geldeinnahmequelle und<br />
daher besonders wichtig. zum glück benötigt<br />
die imkerei nur wenig Platz, denn von dem<br />
kleinen stück land, das der Familie gehört,<br />
ist ihre selbstversorgung mit gemüse und<br />
getreide abhängig.<br />
Wie aus Nektar Honig wird<br />
Während der Ulmo-Blüte sammeln erwin<br />
antillancas Bienen ausschließlich den nektar<br />
dieser einen Blütensorte, und er kann somit<br />
einen erstklassigen sortenhonig produzieren.<br />
im Fachjargon heißt dieses Phänomen<br />
„Blütentreue“: sammelbienen fliegen sich<br />
auf eine bestimmte Blütensorte ein und<br />
bleiben dieser treu, bis der ertrag deutlich<br />
zurückgeht. erst danach fliegen sie andere<br />
sorten an. Von der natur ist dieser ablauf<br />
schlau durchdacht, um die Befruchtung der<br />
verschiedenen Pflanzenarten zu gewährleisten.<br />
ebenso trickreich verhält es sich mit<br />
der Honigproduktion selbst, denn die<br />
Bienen stellen diesen eigentlich als eigenen<br />
Wintervorrat her. Den gesammelten nektar<br />
übergeben die sammelbienen nach ihrer<br />
Rückkehr in den Bienenstock an stockbienen,<br />
die ihn wiederum innerhalb des stocks<br />
immer weitergeben – nur hierdurch wird<br />
Honig letztlich eingedickt und haltbar<br />
gemacht.<br />
Da der Wassergehalt im gesammelten<br />
nektar sehr hoch ist, wird er durch den<br />
Prozess der Weitergabe sowie durch die<br />
Wärme innerhalb des Bienenstocks reduziert.<br />
Bei der Weitergabe der Flüssigkeit<br />
wird diese zudem mit wichtigen bieneneigenen<br />
exkreten angereichert, und störende<br />
inhaltsstoffe werden entzogen. erst wenn<br />
dieser Prozess abgeschlossen ist und der<br />
Honig nur noch einen Wassergehalt von ca.<br />
18 Prozent aufweist, deponieren die Bienen<br />
ihn in Waben und verschließen diese mit<br />
einem Wachsdeckel, um nachträgliche<br />
Feuchtigkeit zu verhindern. Wenn ungefähr<br />
zwei Drittel der Waben verdeckelt sind, ist<br />
der Honig reif – die ernte kann beginnen!<br />
Damit beginnt die arbeit des imkers. erwin<br />
antillanca entnimmt die Waben für die<br />
Weiterverarbeitung aus den Bienenstöcken<br />
und muss gut darauf achten, seine Bienen<br />
dabei im zaum zu halten – häufig werden<br />
Honig aus Valdivia — V o r o rt<br />
sie mittels einsatz von Rauch beruhigt.<br />
Danach öffnet der imker die Wachs-Verdeckelungen<br />
und schleudert den Honig aus<br />
den Waben. Durch ein sieb füllt er ihn in<br />
große Fässer, die er nun noch zum<br />
abfahrtspunkt des lKWs nach Valdivia bringen<br />
muss. eine lange Reise beginnt.<br />
Der Weg zu uns<br />
9<br />
in der zentrale von aPiCOOP wird erwin<br />
antillancas Honig zusammen mit dem der<br />
anderen imker gesammelt, einer Qualitätskontrolle<br />
unterzogen und abgefüllt. erst<br />
danach wird der Honig verladen und tritt<br />
seine schiffsreise nach europa an.<br />
Hier findet man ihn letztlich neben vielen<br />
anderen sorten wie blumig-frischem Orangenblütenhonig<br />
aus nicaragua oder sanftherbem<br />
Kaffeeblütenhonig aus guatemala<br />
in deutschen Weltläden.<br />
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Foto: Rudi Dalvai