Kulturgeschichte der Insekten

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2 MAGAZIN DIABOLO WOCHENZEITUNG | Ausgabe 11/12 Nordische Frauenpower hoch drei Huldrelokkk mit virtuos gemeisterten Instrumenten Die Wahlberlinerinnen zu Besuch im Müggenkrug TEXT | HORST E. WEGENER Wer hat eine Idee, wie der Lockruf skandinavischer Waldnymphen klingen könnte? Des Rätsels Lösung lautet schlicht und ergreifend: „Huldrelokkk“ – man beachte das dreifache Endungs-K! Naheliegend also, dass uns bei einer unter diesem Namen firmierenden Folkband nichts anderes als ein Trio erwartet. Die norwegische Erfolgsmusikerin Kerstin Blodig und ihre Kolleginnen Liv Vester Larsen aus Dänemark und Mia Gunberg Adin aus Schweden sichten gemeinsam das schier unerschöpfliche Volksmusikrepertoire der skandinavischen Heimat. Als Hörer müssen wir die Texte nicht mal auf Anhieb verstehen, um dem betörenden Gesang des Dreiergespanns zu ver- fallen: Manche Songs handeln von unerfüllter Liebe, melancholischem Entsagen, honigsüßem Sehnen nach dem Tod; wir fühlen uns definitiv wie in eine mythische Sagenwelt mitgenommen. Wer es genauer wissen will, findet im Booklet der Debüt-CD „Trolldans“ die englische Übersetzung der Lieder, ergänzt um zusätzliche Erläuterungen. Das erste Album von Huldrelokkk wurde quasi live in einem Berliner Studio eingespielt – was damit zusammenhängt, dass Kerstin Blodig seit längerem schon Wahl-Berlinerin ist und sich das Trio anlässlich der Nordic Night 2009 in Spreeathen gründete. Ihren Landsleuten war die Folkmusikerin Blodig auch zuvor schon bestens bekannt, dank populärer Gruppen wie Touchwood, Norland Wind und Talking Alle Neune Kegelparty in der Weser-Ems-Halle feiert zehnjähriges Jubiläum TEXT | ALEXANDER SCHÖNE Rollende Kugeln und – hoffentlich – purzelnde Kegel, dazu Musik und gute Laune. Seit zehn Jahren füllt die Kegelparty mit dieser Mischung die Weser-Ems-Halle bis zum Rand mit Feiernden. Dieses Jahr celebriert sie ihr zehnjähriges Jubiläum und da darf man durchaus gespannt sein, was sich die Veranstalter für die mehr als 10.000 erwarteten Gäste ausgedacht haben. Auf Wunsch vieler Besucher, vor allem Kegler, wie es auf der Homepage der Party heißt, wird in diesem Jahr wieder in der Weser-Ems-Halle gekegelt, in unmittelbarer Nähe zum bunten Party- Treiben. A pro pos Party – die müsste beim zehnten Geburtstag besonders oppulent ausfallen. Denn obwohl der sportliche Aspekt der Veranstaltung sicherlich nicht zu kurz kommen sollte, heißt es nicht um sonst Kegel-„Party“. Aufgeteilt auf mehrere Hallen haben die Besucher die Wahl, wo und wie sie feiern wollen. Auf der Hauptbühne singen und performen Künstler aus dem Party/Popschlager-Bereich, darunter „Axel Fischer“ und „Rick Arena“, oder die „Schlagermafia“. Wen das noch nicht in Feierstimmung bringt, den lockern vielleicht das „Cha- Water, mit denen sie durch heimische Gefilde tingelte. Zudem hat die norwegische Sängerin sich solo produziert, konnte 2002 für ihr Debütalbum „Valivann“ den Preis der deutschen Schallplattenkritik entgegen nehmen und ist zur offiziellen Repräsentantin von Gibson Guitars ernannt worden. Auch Kollegin Mia Adin hat sich bereits im Vorfeld der Huldrelokk-Gründung einen Namen gemacht, fuhr als Mitglied von schwedischen Bands wie Woodbine oder Hemallt Erfolge ein. Dritte im Bunde ist das musikalische Nesthäkchen der Gruppe, Liv Larsen, die mittlerweile ihr Musikstudium mit Schwerpunkt skandinavische Folkmusik in Odense beenden mochte, daneben im Süddänischen Universitätsorchester oder der Band Ave frühzeitig Liveerfahrungen on stage sammelte. Auch vom Covermotiv des Huldrelokkk- Erstlings sollten wir uns mitnichten abschrecken lassen. Was dort mit einem irritierend trashigen Schnappschuss der drei Waldnymphen bebildert ist, der zu Mittelalter- und Hexenassoziationen verführt, regt höchstens die hypernöligen Neunmalklugen zu kritischen Einwürfen an: Einiges auf „Trolldans“ ähnele sich, so ätzen sie und vom permanenten „Ladideldadideldi-Baumkuschel-Tralala“fühlte sich etwa musikreviews.de genervt. Wer solche Einwände überhört, dürfte auf seine Kosten kommen. Schon beim Titelsong „Trolldans“ harmonieren die Gesangsstimmen der drei Grazien gar wundervoll, im Verlauf der zunächst acappella auftaktenden Liedes „Halling Etter Thorvald Tronsgard“ bestätigt sich dieser Eindruck erneut. Zum Gesang kommen die virtuos gemeisterten Instrumente hinzu, die den Kritiker der Rocktimes zum Fazit veranlassten: „So muss Tradition heute klingen, kompetent interpretiert und modern gespielt“. Und auch damit trifft der Kollege ins Schwarze: „Besser als „Trolldans“ kann eigentlich os-Disco Team“ und ihre Gogo-Tänzerinnen ein wenig auf. Für diejenigen, die derart wilder Party eine etwas rustikalere Gangart vorziehen, steigt in einer anderen Halle die Scheunen-Party. Dort wird die „Late-Nite Showband“ mit Oldies, Disco und rockigerem Sound für Stimmung sorgen. Doch bei aller Liebe zu lauter Musik und gefüllten Tanzflächen, das leibliche Wohl der Gäste wolle man nicht vernachlässigen, und da die Grünkohlzeit bereits vorbei sei, laden die Veranstalter zu diesem Zweck zum Spanferkel-Essen ein. Nachdem die Mägen gefüllt, die Ohren beschallt sind und die Arme eine LIEBE LESERIN, LIEBER LESER! Ups, hab’ ich da was übersehen? Gehöre ich vielleicht doch zu einer Risikogruppe? Habe ich die letzte angesagte Vorsorgeuntersuchung nicht wahrgenommen, weil ich mich so fit fühlte? Ein Unbehagen und Skepsis schleicht sich ein beim aufmerksamen Beobachten der Medien. Da wird über Rückenleiden, Krebsvorsorgeuntersuchungen, Alzheimer- Früherkennung, drohende Herzinfarkte, seltene Krankheiten, Herz- Kreislauf-Erkrankungen und, und, und in aller epischen Breite berichtet, interviewt, gefilmt, was das Zeug hält. Fachleute werden befragt, Diagnosen diskutiert, Krankheiten beschrieben, Therapien beleuchtet. Zum Xten Male wird nun gerade die Fehlernährung der Kinder aufs Korn genommen. Übergewicht und gar Fettleibigkeit wird diagnostiziert. Prozentzahlen werden genannt, ohne deren Zustandekommen und Quellen offen zu legen. Wohlgemerkt gibt es kranke und fehlernährte Menschen, denen fachkundig geholfen werden muss. Aber dieses massive Dauerinsistieren legt den Verdacht nahe, dass dahinter handfeste Interessen stehen. Interessant wäre zu erfahren, wieviel Geld die Gesundheitsindustrie und die Gesundheitswirtschaft für Lobbyarbeit und Werbekampagnen ausgibt. Bedenklich ist auch, dass es nur wenig kritischen Fachjournalismus darüber gibt. Die Redaktion nur Huldrelokkk live sein“; gut zu wissen, dass die drei nordischen Grazien demnächst in der Stadt weilen. Huldrelokkk Frei 23.3., 20:00 Uhr, Müggenkrug, OL Pause vom Kegeln vertragen können, bleibt noch was für's Herz. Und da kommt die „Verliebt im Norden“ ins Spiel – die dritte Party in der Weser-Ems-Halle an diesem Abend. Mit einer Dekoration aus Rosen, Herzen und dem richtigen, stimmungsvollen Licht, wollen die Veranstalter der Singlebörse – wie sie im Internet verkünden – die Halle zur schönsten des Abends machen und dem Flirten und Kennenlernen ein wenig auf die Sprünge helfen. Kegelparty Weser-Ems-Halle, Sa 17.3., 20:00 Uhr
DIABOLO WOCHENZEITUNG | Ausgabe 11/12 MAGAZIN 3 Unerkannte Mörder TEXT | ALEXANDER SCHÖNE Jahrelang lebten und arbeiteten sie mitten in der Bevölkerung und manche von ihnen tun es vielleicht immer noch. Im Namen der „Volksgesundheit“ begingen sie unvorstellbar grausame Verbrechen. Ärzte und Psychiater, die mit der „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ das „deutsche Volk“ in der Nazi-Zeit von „Parasiten am deutschen Volkskörper“ befreiten. Oft kamen sie ungestraft davon, und lange wusste man nichts über die Mitwirkung von Ärzten, Psychiatern und Pflegepersonal am systematischen Massenmord, und der Zwangssterilisierung an geistig und körperlich Behinderten. Zu diesem Thema wurde im Rahmen der Tagung „Psychiatrie und Patientenmord im Nationalsozialismus: Geschichte und Erinnerungskultur“, die vom 15. bis 17. März in der Karl-Jaspers-Klinik stattfindet, Professor Dr. Dr. Klaus Dörner eingeladen. Er war langjähriger Leiter einer großen deutschen Psychiatrie, forscht zu den Verbrechen der Nazi-Medizin und ist Autor zahlreicher historischer, medizinischer und medizinethischer Bücher. Beispielhaft für diese Verbrechen ist die Geschichte einer der Gründerinnen des Gedenkkreises Wehnen. In den 1960er Jahren konsultierte sie den Psychiater Dr. med. Paul Moorahrend, da ihre Mutter während des Nationalsozialismus in der Psychiatrie unter einer unbekannten Diagnose gestorben war, und sie wissen wollte, ob dies eine erbliche Belastung für ihr Neugeborenes bedeuten könnte. Der Arzt ließ sich daraufhin die Krankenakte zusenden, teilte der Frau jedoch lediglich mit, ihre Befürchtungen seien zutreffend. Die Informationen aus der Krankenakte enthielt er ihr vor. 1939 befahl Hitler die „Aktion T4“. T4 steht für „Tiergartenstraße Nummer“ in Berlin, jenem Ort, an dem die Ermordung von fast 200.000 körperlich und geistig behinderten Menschen beschlossen wurde. Von 1939 bis 1941 wurden unter strengster Geheimhaltung schätzungsweise 70.000 Menschen, die meisten davon durch Vergasung in zentralen Vernichtungsstätten, getötet. Nach Protesten in Teilen der Kirche, und Gerüchten in der Bevölkerung über Gräueltaten in Psychiatrischen Einrichtungen, wurden die Ermordungen offiziell eingestellt. Im Geheimen ging das Morden, von da an dezentral organisiert, jedoch weiter. Durch Medikamente oder einen qualvollen Hungertod, starben in den Jahren 1941-1945 weitere 130.000 Menschen. 1997 veröffentlichte Dr. Ingo Harms das Buch „Wat mööt wi hier smachten ...“ – Hungertod und „Euthanasie“ in der Heilund Pflegeanstalt Wehnen im „Dritten Reich“. Dafür recherchierte er – gegen den Widerstand, zum Beispiel des Landeskrankenhauses – im Landesarchiv und in alten Unterlagen der Kliniken zu den Vorgängen während des Nazi-Regimes. Das Ergebnis der Forschungsarbeit war für viele schockierend. Schätzungsweise 1.500 Patienten der 1858 gegründeten Heil- und Pflegeanstalt seien den systematischen Tötungen, von den Nazi-Ideologen als „beschleunigter Vorgang der natürlichen Auslese“ bezeichnet, zum Opfer gefallen. Aufgrund dieser und privater Forschungsergebnisse gründeten Hinterbliebene und Angehörige der – in der heutigen Karl-Jaspers-Klinik – ermordeten Menschen den Gedenkkreis Wehnen e.V. Um dem seit Kriegsende wenig beachteten Schicksal der Opfer von Zwangssterilisierung und Euthanasie ein Denkmal zu setzen und den Angehörigen einen Ort der Trauer zu geben und auf die viel zu oft ungesühnt gebliebenen Verbrechen der Mediziner hinzuweisen. Die weiter oben bereits erwähnte Mitbegründerin des Gedenkkreises wandte sich Jahrzehnte später an Ingo Harms, um sich endlich Klarheit über das Schicksal ihrer Mutter zu verschaffen. Die Ergebnisse seiner Nachforschungen müssen die Frau zutiefst schockiert haben. Nicht nur habe er herausfinden können, dass ihre Mut- ter eines qualvollen Hungertodes gestorben sei, er habe auch den Namen eines der damals beteiligten Ärzte ermitteln können: Paul Moorahrend. Mit Einblick in die Krankenakte hätte dieser sein eige- WS V nes Verbrechen vor Augen gehabt und es genutzt, Stark um der reduziert Hinterbliebenen ! noch 20 Winterschuhe, Jahre nach dem Tod Ski der & Boards Mutter Qualen Doppeljacken zu bereiten. Diese, & Winter-Mäntel auf der Webseite des Softshell- Gedenkkreises & Fleece-Jacken nachlesbare Geschichte, steht symbolisch für den tausendfachen Yeti Mord -OL.de während des �� 85 zweiten 6 85 Weltkriegs. Die Anzahl der in ganz Deutsch- P Neue Donnerschweer Str. land beteiligten Mediziner muss sehr groß gewesen sein, doch trotz zahlreicher Verurteilungen im Nürnberger Ärzteprozess von 1946, kamen die meisten ungestraft davon und lebten inmitten der Gesellschaft, während sie ihren Beruf, in dem sie derart schreckliche Verbrechen begingen, weiterhin ausübten. Klaus Dörner geht in seinem „Vortrag über NS-„Euthanasie“ mit Blick auf die Beteiligten nach 1945 auf die Frage ein, wie es dazu kommen konnte und welche Bedeutung dies für das medizinische Selbstverständnis in der Bundesrepublik Deutschland hatte. Nach dem Vortrag ist Zeit für Fragen aus dem Publikum, der Eintritt ist frei. Vortrag über die Beteiligten der NS-Euthanasie und deren Wirken nach 1945 Erhalten Sie Ihr persönliches Exemplar von DIABOLO Wochenzeitung immer zuverlässig? Wenn nicht - rufen Sie uns an! Tel.: 0441-218350 Die alte Pathologie ist heute Gedenkstätte für die Opfer �� Vortrag Do 15.3., 20:00 Uhr, PFL, OL �� Alle genannten Preise inklusiv 19% Mehrwertsteuer. ��
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