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Die Erneuerung des freien Notariats

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4 Jubiläumsausgabe AD NOTAM<br />

II.wurden bereits erwähnt. Auf eine Bemerkung zum einheimischen<br />

Kontext sei hier auch nicht verzichtet.Unter<br />

Přemysls Herrschaft hat sich das Lan<strong>des</strong>gericht in einer<br />

ausgeprägten Form entwickelt und es wurden die Grundlagen<br />

der heute leider nicht mehr erhaltenen ältesten Lan<strong>des</strong>tafeln<br />

gelegt.Von dem Vorhaben, das Lan<strong>des</strong>recht im<br />

tschechischen Staat zu kodifizieren, hat Přemysl Otakar<br />

II. abgesehen.<br />

Das Vorhaben, das Lan<strong>des</strong>recht zu kodifizieren, hatte<br />

auch der tschechische/böhmische König Wenzel (Václav)<br />

II.vor Augen.Wenn auch die Tatsache,dass es zum Schluss<br />

lediglich bei der Kodifizierung <strong>des</strong> Bergrechts Ius regale<br />

montanorum bleib, manchmal als Misserfolg <strong>des</strong> Herrschers<br />

bewertet zu werden pflegt, können die Positiva<br />

nicht übersehen werden.<br />

Das Berggesetzbuch erwähnt zwar – im Unterschied<br />

zu den Vorgängern der heutigen Rechtsanwälte – keine<br />

öffentlichen Notare, für unsere Ausführungen ist jedoch<br />

wesentlich,dass Wenzel II.in die Fußstapfen seines Vaters<br />

trat, was die Inanspruchnahme von <strong>Die</strong>nsten an italienischen<br />

Universitäten ausgebildeter Juristen,in diesem Fall<br />

namentlich solchen <strong>des</strong> bedeutenden Postglossators Gozzius<br />

von Orvieto, betrifft.<br />

Wenzel II.persönlich war dem Notariat sehr zugeneigt.<br />

Unter seiner Herrschaft waren öffentliche Notare meist<br />

Geistliche. Notare aus dem geistlichen Stand wurden zu<br />

jener Zeit vom Papst oder in seinem Namen von den von<br />

ihm bestellten geistlichen Würdenträgern ernannt.<strong>Die</strong> Ernennung<br />

durch Papst oder einen von ihm bestellten Vertreter<br />

wurde der Ernennung <strong>des</strong> öffentlichen Notars vom<br />

König gleich gestellt. Obwohl vorausgesetzt wurde, dass<br />

der Bewerber vor der Ernennung eine Prüfung bestehen<br />

und die Zahl der Notare begrenzt sein wird, herrschte in<br />

der Praxis eine derartige Willkür, dass sie zur Verschlechterung<br />

<strong>des</strong> Niveaus und der Rufs <strong>des</strong> öffentlichen <strong>Notariats</strong><br />

führte.<br />

<strong>Die</strong> Pflichten <strong>des</strong> öffentlichen Notars zur Zeit Heinrichs<br />

von Luxemburg wurden in der vom Avignoner Papst<br />

Johannes XXII. im Jahre 1317 an den Prager Scholastikus<br />

Oldřich von Paběnice erteilten Ermächtigung zur Ernennung<br />

eines öffentlichen Notars formuliert.Der Bewerber<br />

sollte einer strengen Prüfung unterzogen werden und danach<br />

den Eid leisten, mit dem er sich unter anderem zur<br />

Treue gegenüber dem Papst und der Kirche sowie zu einer<br />

treuen und qualifizierten Ausübung <strong>des</strong> Notaramtes<br />

(tabellionatus officium) verpflichtete.<br />

<strong>Die</strong> Zeit von der Mitte <strong>des</strong> 13.bis zur Mitte <strong>des</strong> 14.Jahrhunderts<br />

ist in ganz Europa unter anderem durch eine<br />

außerordentlich hohe Aktivität im Bereich der Rechtskultur<br />

im allgemeinen und im Bereich der Gesetzgebung<br />

und der Kodifizierung <strong>des</strong> Rechtes im besonderen gekennzeichnet.<br />

<strong>Die</strong> Periode, die nach der typischsten<br />

staatsmännischen Gestalt hierzulande die Zeit Karls IV.<br />

genannt wird,stellt den Gipfel dieser Kodifizierungs- und<br />

Gesetzgebungsaktivität dar.<br />

Karl IV. hat durch eine Reihe seiner staatsmännischen<br />

Taten das vollendet oder realisiert,was Přemysl Otakar II.<br />

und Wenzel II.begonnen hatten oder wegen Widerstands<br />

<strong>des</strong> Adels nicht verwirklichen konnten.Auf dem Gebiet<br />

nicht nur der juristischen Bildung und <strong>des</strong> Rechts stehen<br />

unter Karls Taten an vorderen Stellen die Gründung der<br />

Universität, der gesetzgeberische Versuch in Gestalt der<br />

sog. Maiestatis Carolinae sowie die Goldene Bulle Karls<br />

IV. von 1356.Interesse um juristische Bildung und ein Auf-<br />

schwung <strong>des</strong> juristischen Lebens erhielten durch die Erhebung<br />

<strong>des</strong> Prager Bistums zum Erzbistum neuen Auftrieb.Karls<br />

unentbehrlicher Berater und Helfer,der in diesem<br />

Zusammenhang durchaus erwähnt gehört, war in<br />

allen erwähnten Ausrichtungen der erste Prager Erzbischof<br />

und <strong>des</strong> Herrschers treuer Freund Arnošt von Pardubice.<br />

Karl IV. und Arnošt von Pardubice arbeiteten auch im<br />

Bereich <strong>des</strong> öffentlichen <strong>Notariats</strong> zusammen. Grund für<br />

Reformbestrebungen war hier bestimmt – wie es im Maiestas<br />

Carolina heißt – der Umstand,dass „in unserem Königreich<br />

Böhmen die Notare oder öffentlichen Notare<br />

zahlreich sind,nichts<strong>des</strong>toweniger die Kenntnis der (Notaren-)<br />

Kunst äußerst niedrig ist“. Mit der zitierten Bestimmung<br />

<strong>des</strong> Artikels XL Maj. Car. hat sich Karl IV. für<br />

sich und seine Nachfolger das Recht vorbehalten, die öffentlichen<br />

Notare zu ernennen,und die notarielle Pflichtprüfung<br />

eingeführt. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass<br />

von einem unbefugten bzw. Winkelnotar verfasste Urkunden<br />

ungültig sind. Demjenigen, der notarielle Tätigkeit<br />

ohne Lizenz ausüben würde, drohte dieselbe Bestrafung<br />

wie einem Fälscher. Majestas Carolina wurde zwar<br />

– bekanntlich – nicht zum allgemeinen Gesetzbuch für<br />

das Königreich Böhmen, die das öffentliche Notariat betreffenden<br />

Grundsätze wurden jedoch weiterhin via facti<br />

angewandt.<br />

Karl IV. erteilte das Recht, die öffentlichen Notare zu<br />

ernennen, anderen Personen. 1355 war es zum Beispiel<br />

<strong>Die</strong>trich von Portice, Bischof von Minden, diese Berechtigung<br />

genoss selbstverständlich auch Arnošt von Pardubice.<br />

Ihm und seinen erzbischöflichen Nachfolgern erteilte<br />

Karl IV. 1358 das Recht, öffentliche Notare in<br />

Böhmen und auch im Reich zu ernennen.Wenn auch das<br />

Recht,Notare zu ernennen,danach ad hoc einer anderen<br />

Person als dem Prager Erzbischof erteilt wurde, musste<br />

der Bewerber für ein öffentliches Notariat sich im Prager<br />

Erzbischofsamt vor allem der Prüfung unterziehen. Juristische<br />

Bildung war keine Bedingung, im Gegenteil wurde<br />

die Kenntnis <strong>des</strong> Lateinischen gefordert. Des weiteren<br />

musste der ernannte Notar laut der Ermächtigung Arnošts<br />

von Pardubice zur Ernennung neuer Notare vom 1. Mai<br />

1358 den Eid ablegen.Ins Amt wurde der öffentliche Notar<br />

nach dem Votragen <strong>des</strong> Ei<strong>des</strong> nach italienischem Vorbild<br />

durch Kuss und feierliche Übergabe von Schreibfeder<br />

und Tintenfass eingeführt.<br />

Mit Zeitabstand lässt sich aus heutiger Sicht sagen,dass<br />

die bekannteste Persönlichkeit der Zeit Karls IV., die auf<br />

besagte Weise zum öffentlichen Notar wurde,Jan von Pomuk<br />

(† 1393), kanonisiert als der heilige Johannes Nepomucensis,<br />

wurde. Wollen wir uns einige Zusammenhänge<br />

seiner notariellen Wirkung näher ansehen. Jan<br />

vonPomuk wurde ungefähr um 1369 öffentlicher Notar.<br />

Zu jener Zeit war er in der erzbischöflichen Kanzlei tätig;<br />

er war Kleriker niederer Weihe. <strong>Die</strong> Weihe zum Priester<br />

war nämlich ein Hindernis,das Priestertum war mit dem<br />

öffentlichen Notariat unvereinbar. Den Notareid legte Jan<br />

von Pomuk unter Erzbischof Jan Očko von Vlašim ab. Es<br />

zeigt sich, dass er damals noch nicht juristisch gebildet<br />

war. Bakalar der Rechte wurde er erst 1381, die Jura-Studien<br />

beendete er in Padua, wo er als Student 1386 sogar<br />

Rektor für transalpinische Studenten wurde.<br />

<strong>Die</strong> Agenda Jans von Pomuk war wahrscheinlich mit<br />

dem Führen von Firmungs- und Erektionsbüchern verbunden.<br />

In den seit 1354 geführten Firmungsbüchern

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