Referent Johannes Flury - Pro Raetia
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LANDTAGUNG IN ZUOZ<br />
Dezentrale Gymnasialstruktur in Graubünden<br />
Das Bündner Mittelschulwesen ist dezentralisiert. Neben der Kantonsschule in Chur gibt es sieben anerkannte<br />
private Mittelschulen, die für ihre Bündner Schülerinnen und Schüler jährliche Beiträge erhalten. Ihre unternehmerische<br />
Freiheit konnten diese traditionsreichen Bildungsstätten weitgehend wahren.<br />
Private Schulinitiativen gab es in Graubünden<br />
schon im 18. Jahrhundert, so die Schule von<br />
Martin Planta und Johann Peter Nesemann<br />
in Haldenstein, das Philanthropin Marschlins<br />
von Ulysses von Salis (1761–1777), die<br />
«Nationalschule» unter Johann Baptist von<br />
Tscharner in Jenins, die «Schulrepublik» von<br />
Reichenau (1792–1798) und das Institut<br />
Rosius à Porta in Ftan. Volksschulen existierten<br />
zu Beginn des 19. Jahrhunderts fast in<br />
jeder Gemeinde, doch die Lehrer waren<br />
schlecht ausgebildet und bezahlt. 1804 wurden<br />
auf Beschluss des Grossen Rates eine<br />
evangelische Kantonsschule in Chur und eine<br />
katholische Kantonsschule im Kloster Disentis<br />
gegründet. Sie sollten drei Ziele erreichen:<br />
Ausbildung von Schullehrern, allgemeine Vorbildung<br />
für verschiedene Berufsarten, Vermittlung<br />
von Grundlagen für Studien an höheren<br />
Lehranstalten.<br />
Bündner Kantonsschule Chur<br />
Die katholische Kantonsschule wurde zwei<br />
Mal von Disentis nach Chur ins Seminar<br />
St. Luzi verlegt und 1850 mit der evangelischen<br />
Kantonsschule zur paritätischen Bündner<br />
Kantonsschule Chur vereinigt. Deren<br />
aktuelles Angebot umfasst das Gymnasium,<br />
eine Handelsmittelschule mit Berufsmaturität<br />
und eine Fachmittelschule für Jugendliche,<br />
die bezüglich ihres künftigen Berufes noch<br />
unentschlossen sind. Die Schülerzahl beträgt<br />
1324. Das Konvikt der Kanti wurde schon<br />
lange verselbstständigt. Seit Anfang 2006 ist<br />
auch das frühere Lehrerseminar eine eigene<br />
Institution, die Pädagogische Hochschule.<br />
Diese bildet Lehrpersonen für den Kindergarten<br />
und die Primarschule aus (rund 260<br />
Studierende).<br />
Klosterschule Disentis<br />
Jahrhundertealt ist die Klosterschule der um<br />
750 gegründeten Benediktinerabtei Disentis.<br />
Bedingt durch die wechselvolle Geschichte<br />
erfuhr sie einige Unterbrüche. Seit mehr als<br />
30 Jahren werden auch Mädchen unterrichtet.<br />
Das 2004 neu gebaute Mädcheninternat,<br />
ein Werk des Vriner Architekten Gion A. Caminada,<br />
hat weitherum Beachtung gefunden.<br />
Von den 211 Schülerinnen und Schülern der<br />
Klosterschule leben 59 im Internat. Das Ausbildungsprogramm<br />
beschränkt sich auf das<br />
Gymnasium.<br />
Evangelische Mittelschule Schiers<br />
Als Reaktion auf die als ungenügend empfundene<br />
Lehrerausbildung an der Kantonsschule<br />
Chur wurden zur Unterstützung von<br />
Landschullehrern und Landschulen der Evangelische<br />
Schulverein (1827) und der Katholische<br />
Schulverein (1832) gegründet. «Spiritus<br />
Rector» des Ersteren war der Schierser Pfarrer<br />
Peter <strong>Flury</strong>. Er brachte das Geld für eine<br />
Evangelische Lehranstalt Schiers zusammen,<br />
die 1837 eröffnet wurde. Sie hat in ihrer langen<br />
Geschichte unzählige Primarlehrer und<br />
später auch Lehrerinnen ausgebildet. Die<br />
Diversifizierung hatte eine Umbenennung in<br />
Evangelische Mittelschule Schiers (EMS) zur<br />
Folge. Diese führt heute ein Gymnasium mit<br />
Internat, eine Fachmittelschule und den Vorkurs<br />
zur Pädagogischen Hochschule mit zusammen<br />
552 Schülerinnen und Schülern.<br />
Academia Engiadina Samedan<br />
1943 eröffnete die EMS wegen der grossen<br />
Nachfrage eine Zweigschule in Samedan, die<br />
1991 in die Mittelschule und die Tourismus-<br />
Fachschule, 1997 in die Academia Engiadina<br />
übergeführt wurde. Von den gegen 300<br />
Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums,<br />
der Handelsmittelschule mit Berufsmaturität<br />
und des 10. Schuljahres sind nur fünf ausserkantonale.<br />
International ist die Höhere Fach-<br />
schule für Tourismus mit 250 Studierenden.<br />
Neben rund 70 Plätzen im Internat gibts in<br />
drei Häusern Studentenwohnungen.<br />
Schweizerische Alpine Mittelschule<br />
Davos<br />
Von den Mittelschulen, die nach dem Aufkommen<br />
des Tourismus an klimatisch bevorzugten<br />
Standorten gegründet wurden, haben<br />
sich diejenigen in Davos, Zuoz und Ftan halten<br />
können. In Davos hatte 1878 der lungenkranke<br />
Hermann Perthes ein als Schulsanatorium<br />
konzipiertes deutsches Gymnasium mit<br />
Internat, das Fridericianum, gegründet. Mit der<br />
Zeit wurden einheimische Jugendliche als<br />
Externe aufgenommen. Während des 2.Weltkrieges<br />
bemühte sich Davos vergeblich, das<br />
zunehmend unter nationalsozialistischem<br />
Einfluss stehende Institut zu erwerben. Erst<br />
als es 1945 durch den Bundesrat aufgelöst<br />
wurde, konnte eine neu gegründete Gemeindestiftung<br />
mit dem Ja des Souveräns das Fridericianum<br />
übernehmen und als Schweizerische<br />
Alpine Mittelschule Davos wieder<br />
eröffnen. Das Gymnasium und die Handelsmittelschule<br />
mit Berufsmaturität wird von 273<br />
Schülerinnen und Schülern besucht. Von den<br />
30 Jugendlichen im Internat sind 26 ausserhalb<br />
des Kantons wohnhaft.<br />
Schweizerisches Sport-Gymnasium<br />
Davos<br />
Diese 1997 gegründete Schule führt ein<br />
Gymnasium mit eidgenössisch und kantonal<br />
anerkannter Maturität, sowie eine Handelsmittelschule.<br />
Beide schliessen an die Sekundarschule<br />
an. Die Schule ist vor allem auf<br />
Nachwuchssportler ausgerichtet, denen ein<br />
breites Angebot an sportlicher Förderung zur<br />
Verfügung steht. Sie hat gegenwärtig 113<br />
Schülerinnen und Schüler, davon 72 im Internat.