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<strong>turrisbabel</strong> <strong>82</strong> Juli Luglio 2010 9<br />

3 – 4 Villandro, zona Plunacker<br />

(Foto: Carlo Calderan)<br />

5 Barbiano<br />

(Foto: Ludwig Thalheimer)<br />

die Idee des Zusammenlebens in einer festgeformten<br />

und eng durchflochtenen Gemeinschaft, die<br />

ohne eine entsprechende bauliche Struktur nicht<br />

denkbar ist. Wenn man durch die neuen Straßen<br />

von Villanders oder Afers geht, erkennt man kaum<br />

den Unterschied zum Vorort einer x-beliebigen<br />

Stadt. Benachbarte Häuser sind in Wirklichkeit<br />

weit voneinander entfernt, und das Überschreiten<br />

einer Umzäunung kann zu einem gefährlichen<br />

Unterfangen werden. Und wenn wir schon in Villanders<br />

sind, sollten wir zum Plunacker hinuntergehen,<br />

der am Fuß des Dorfes liegt und erst kürzlich<br />

in eine Sportzone umgewandelt wurde. Eigentlich<br />

handelt es sich hier um eine der wenigen terrassenförmigen<br />

Geländestrukturen des Eisacktals auf<br />

dieser Talseite, und dennoch wurde das Hangprofil<br />

mit enormen Erdbewegungen verändert, um Fußball-<br />

und Tennisplätze zu schaffen. Blickt man vom<br />

Dorf herunter, wirkt alles wie eine surrealistische<br />

Anmutung, wie eine Fotomontage: Die Talsohle<br />

verschwindet hinter der neu errichteten Geländekante,<br />

– der Sportplatz und mit ihm das ganze Dorf<br />

scheinen losgelöst und in Richtung Schlern hin<br />

abzuheben. Damit will ich nicht sagen, dass es<br />

leicht sei, in geneigtem Gelände zu bauen, und natürlich<br />

braucht es zum Fußballspielen eine ebene Fläche.<br />

Deshalb sind Erdbewegungen häufig nicht zu vermeiden.<br />

Das Problem entsteht aber dann, wenn<br />

diese Bewegungen nicht als Teil eines architektonischen<br />

Eingriffs verstanden werden, sondern als<br />

rein infrastrukturell erforderliche Maßnahmen. Da -<br />

bei ist vor allem in Berggebieten die Vorbereitung<br />

des Untergrundes eine unmittelbare Konstruktionsaufgabe,<br />

und die Gewinnung der ebenen Fläche ist<br />

hier die vorrangigste Aufgabe der Architektur.<br />

5<br />

Könnte nicht der freistehende Bauernhof als Modell<br />

dienen, wie wir mit geneigtem Gelände am besten<br />

umzugehen haben? Er schmiegt sich an den Boden<br />

und erfordert keine komplexen Veränderungen des<br />

Hangprofiles, er nutzt das Potenzial der geneigten<br />

Fläche und überwindet so das Ordnungs prinzip<br />

einer Architektur, die nur aus übereinandergeschichteten<br />

parallelen Ebenen besteht. Caroline<br />

Willeit wählt bewusst den Bauernhof als Vorlage in<br />

ihrer Diplomarbeit, die wir in dieser Ausgabe ver -<br />

öffentlichen. Dieser Arbeit liegt die Ausschreibung<br />

eines weitsichtigen Wettbewerbes zugrunde, den<br />

die Gemeinde Gais für eine Zone geförderten<br />

Wohnbaus in der Fraktion Mühlbach ausgeschrieben<br />

hat, – einige verstreute Höfe und ein kleines<br />

Zentrum, welches in den vergangenen Jahren um<br />

neue Funktionen erweitert wurde: Kirche, Pfarrhaus,<br />

Friedhof, Schule, Feuerwehrhalle, Vereinshaus.<br />

Anstatt nun diesen Prozess der Zentralisierung<br />

fortzuführen, wählte die Gemeinde für die vier neu<br />

zu errichtenden Wohnhäuser ein steiles Grundstück<br />

in der Nähe einer Hofgruppe abseits des Dorfes.<br />

Es wird also ein polyzentrisches Entwicklungsmodell<br />

vorgeschlagen, anstatt dem üblicherweise in Süd -<br />

tirol verbreiteten Prinzip zu folgen, welches zur<br />

Entstehung von „künstlichen“ Dörfern rund um das<br />

Pfarrzentrum führt (wie zum Beispiel in Afers, wo<br />

in wenigen Jahrzehnten rund um die Kirche St. Jakob<br />

eine gänzlich neue Fraktion entstanden ist).<br />

Caroline Willeit bricht in ihrem Projekt die üblichen<br />

starren Verbindungen von Gebäude, Grundstück<br />

und Straße und gewinnt auf diese Weise Eigenschaften<br />

zurück, die für traditionelle Siedlungsstrukturen<br />

in Berggebieten charakteristisch sind: ein<br />

direkter übergangsloser Zugang zu den Wohnun gen

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