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EXITORIAL • INTERNVerantwortung nicht delegierenLiebe Leserin, lieber Leser. Im Namen von Vorstand undGeschäftsstelle wünsche ich Ihnen allen einen guten Startins neue Jahr. Haben Sie Ihre Patientenverfügung schonaktualisiert? Wenn nicht, ist es jetzt höchste Zeit dafür.Am 1. Januar 2013 ist das neue Erwachsenenschutzrechtin Kraft getreten, welcheserstmals die Gültigkeit einer Patientenverfügunggesamtschweizerisch regelt. DerGesetzgeber hat dabei das Selbstbestimmungsrechtdes Einzelnen ins Zentrumgerückt. Mit der Patientenverfügung treffenSie Anordnungen für den Fall Ihrer eigenenUrteilsunfähigkeit (z.B. zufolge einesUnfalles oder einer Demenzerkrankung).Gleichzeitig haben Sie auch die Möglichkeit,eine von Ihrem Zivilstand unabhängigeVertrauensperson zu benennen, welche dereinst,wenn Sie dazu nicht mehr in der Lage sind, mit Ärztenund Pflegepersonal die entsprechenden Massnahmen besprichtund an Ihrer Stelle entscheidet.Damit der Handlungsspielraum für die behandelndenÄrzte möglichst klein ist, aber auch zur Stärkung der Positionder von Ihnen benannten Vertrauensperson gegenüberDritten, empfehlen wir zusätzlich, die von EXIT erarbeiteteWerteerklärung abzufassen. DasBeratungsteam auf der Geschäftsstelle hilftIhnen gerne bei der Umsetzung.An der Muba in Basel (22.2.–3.3.2013)sind wir erstmals mit einem eigenen Standpräsent (Halle 2.1; Stand H55; NäheMedienforum). Für Ihre Anliegen stehenIhnen vor Ort verschiedene Persönlichkeitenals Ansprechpartner zur Verfügung.Über einen Besuch von Ihnen freuen wiruns natürlich.Entsprechend dem neuen Bundesgesetzkönnte ein Motto für 2013 lauten: «Wir wollen die Verantwortungfür unser Leben selbst übernehmen und sie nichtan Dritte delegieren».SASKIA FREI, PRÄSIDENTINHUNDERTE SPENDEN VERDOPPELTEin anonym bleiben wollender Gönnerhat letzten Herbst garantiert:«Jede Spende, die im Oktober undNovember 2012 an EXIT geht, wirdvon mir verdoppelt. Bis zu einemGesamtspendeneingang von 100 000Franken.» Die Hoffnung des Gönners,dem die Selbstbestimmung zutiefstam Herzen liegt: dass seine Aktionmehr Menschen als sonst dazubringen würde, für die gute Sachevon EXIT zu spenden. Und schonwenige Tage nach Anlaufen konntedie Geschäftsstelle vermelden: «DasSpendentelefon klingelt erfreulichoft.» Die Verdoppelungs-Idee kaman bei den EXIT-Mitgliedern. ChefbuchhalterinNegar Ghafarnejad:«Die Mitglieder riefen an und bestelltenextra Einzahlungsscheine,um sie an Freunde und Bekannte zuverteilen.» Die Anzahl und Kadenzder Spenden war quasi von AnfangOktober an auf erhöhtem Niveau,und es steigerte sich bis Ende Novembersogar noch deutlich. EXIT-Geschäftsstellenleiter Hans Muralt:«Die Aktion war ein klarer Erfolg– sie brachte nicht nur die Buchhaltungins Schwitzen vor Arbeit.» DieZahlen: In derselben Zeitperiode desVorjahres 2011 sind bei EXIT 790Spenden mit einer Gesamtsummevon 57 700 Franken eingegangen. ImAktionszeitraum Oktober/November2012 sind 2126 Spenden in Gesamthöhevon 202 100 Franken eingegangen– weit über 150 Prozentmehr Zuwendungen! Dank der Verdoppelunggaben die Spender auchmehr: Die Durchschnittsspende erhöhtesich um fast einen Viertel von75 auf 95 Franken. Der Gönner hieltWort und verdoppelte HunderteSpenden, bis der festgelegte Höchstspendeneingangerreicht war. Diese– wie auch alle anderen Spendenübers Jahr – sind wichtiger Bestandteilder Einnahmen unseres Vereins.Sie ermöglichen die gemeinnützigeArbeit von EXIT auf gewohnt hohemNiveau. Der Vorstand hat den Erfolgdieser erstmaligen Aktion an seinerDezembersitzung mit grosser Dankbarkeitzur Kenntnis genommen.EXIT-Präsidentin Saskia Frei: «Vorstandund Mitarbeiter richten ihrenherzlichen Dank allen Spendernaus, welche EXIT in diesem Rahmenunterstützten, aber natürlich auchallen anderen Personen, die unsereSache übers Jahr gefördert habenoder noch unterstützen werden.»Ein grosses Dankeschön geht zudeman den Gönner für seine Idee unddie Verdoppelungssgelder.EXIT-INFO 4.2012 3


STUDIELeiden Angehörige nachDer «Tages-Anzeiger» hat im Spätherbst in einem Artikel behauptet, jeder vierte Angehörigevon mit EXIT-Verstorbenen müsse nach der Freitodbegleitung psychiatrische Hilfe in Anspruch nehmen.Darauf sind bei EXIT zu Hauf Angehörigenschreiben und Anrufe eingegangen.«Vor einigen Monaten hat sich meine Mutter fürSterbehilfe entschieden. Dass sie starb (und sterbenwollte), war für uns sehr schwierig. Allerdings empfandenwir die Sterbehilfe, wie auch das Auftreten derPolizei und des Amtsarztes, als korrekt. Ich war sehrwütend, als ich den Bericht im ‹Tages-Anzeiger› gelesenhabe. In keinster Art und Weise empfand ich das Vorgehender Beteiligten wie vom Journalisten beschrieben.Ich bin auch dankbar, dass meine Mutter sich für EXITent scheiden konnte und ihr dadurch eine schmerzhafte(und wohl sehr lange) Krankheit erspart geblieben ist.»ein MitgliedAber auch solche Reaktionen hat es gegeben:«Ich habe im Tagi interessiert die Diskussion um die Studie(psychische Probleme von Angehörigen) mitverfolgt.Beim genauen Lesen habe ich bemerkt, dass die Begleiterv. a. mit dem ‹Danach› (behördliche Untersuchungshandlungen)haderten. Seit ich Mitglied bin, habe ichnoch nie von diesem ‹Danach› gelesen. Bitte teilen Siemir und allen anderen Mitgliedern schonungslos mit,was da geschehen kann. Ich werde sonst kein Familienmitgliedum Begleitung bitten, wenn das so schlimmwäre. Dann werde ich EXIT bitten, beide Begleiter undZeugen zu stellen.» ein MitgliedEXIT fasst an dieser Stelle deshalb nochmals zusammen,wie es wirklich ist.K Sterbehilfe mit der Organisation EXIT bedeutet nachSchweizer Gesetz, dass der Patient das Sterbemedikamentselbst einnehmen muss. D. h. nicht der verschreibendeArzt, nicht die EXIT-Freitodbegleiterin und auchkein Angehöriger dürfen es ihm verabreichen. Dadurchdass er das Medikament aber eigenhändig zu sichnimmt, wird das selbstbestimmte Sterben von den Behördennicht als «natürlicher», sondern als Freitod undals «aussergewöhnlicher» Todesfall taxiert. EXIT ist verpflichtet,nach dem Eintreten des Todes umgehend dieBehörden zu informieren. Der «aussergewöhnliche Todesfall»löst überall in der Schweiz zwingend die Vorfahrtder Untersuchungsbehörde unmittelbar nach demVersterben aus. Für gewöhnlich kommen mindestens einAmtsarzt und ein Polizist, welche den Tod amtlich feststellenund abklären, ob keine strafbaren Handlungenvorliegen.K Das Auftreten der Behörden so kurz nach dem Abschiedund zu Beginn des Trauerprozesses ist für dieAngehörigen nicht angenehm. Früher sind die Behördenteilweise nicht sehr rücksichtsvoll aufgetreten, heute istdas zum Glück meistens nicht mehr so. Es ist zumeisteine Routinehandlung. Es ist so viel Vertrauen zu EXITda, sodass Untersuchung pietätvoll und in gebotenerKürze durchgeführt werden kann.K Trotzdem leiden die Angehörigen natürlich. Vor allemam Todesfall selbst. In den allermeisten Fällen haben siedie geliebte Person ja vorzeitig und wegen einer schwerenKrankheit verloren. Ein Todesfall, auch ein begleiteterund umsorgter, bei dem gebührend Abschied genommenwerden konnte, löst immer einen schmerzlichen,manchmal traumatischen Prozess aus.K Der «Tages-Anzeiger» berief sich für seine Schlagzeileauf eine Arbeit der deutschen Postdoktorandin BirgitWagner, verschwieg dabei aber wichtige Fakten derDaten basis und der zu Grunde liegenden Studie:– Die Freitodbegleitung wurde von den 85 Angehörigenund Freunden, welche antworteten, überwiegend als erlösendesAbschiednehmen beschrieben.– Die übergrosse Mehrheit der 85 Personen bewertetedie Arbeit von EXIT als gut bis sehr gut.– Mehr als 50 Prozent sind selbst Mitglied, weitere 20Prozent traten der Organisation sofort nach der Freitodbegleitungbei.– Viele der übrigen 30 Prozent, welche zum Zeitpunktder Befragung noch nicht Mitglied waren, konnten sichzu diesem Zeitpunkt (14 bis 24 Monate nach der Begleitung)eine EXIT-Mitgliedschaft in der Zukunft vorstellen.Der TA verpasste es zudem, darauf hinzuweisen, wasdie Studienautoren selbst unter «Limitations» angegebenhatten:– dass die Studie nicht repräsentativ ist,– dass die Stichprobe sehr klein und rein zufällig ist,– dass sich die Studie nur auf den begrenzten Raum desKantons Zürich bezieht,– dass die Studie alles andere als aktuell ist, da die Datenbereits relativ alt sind (Freitodbegleitungen 2005/06),– dass trotz sehr komplexer Thematik (Depression, posttraumatischeBelastungsstörung) nicht mit persönlicherBefragung erhoben wurde, sondern mit anonymem Fragebogen/MultipleChoice,4 EXIT-INFO 4.2012


STUDIEeiner Freitodbegleitung?– dass die Gefahr besteht, dass Angehörige, die mehram Verlust leiden, überrepräsentiert sind (häufiger geantwortethaben als solche, die weniger leiden) unterden 85, die überhaupt geantwortet haben, von total 229Angeschriebenen,– und als wichtigster Punkt: dass die Studie ohne Kontrollgruppedurchgeführt wurde.Ohne Kontrollgruppe lässt sich keine wissenschaftlichvalide Aussage darüber machen, ob Personen, die dasSterben mit Freitodhilfe begleiteten, häufiger, gleich oftoder seltener unter Beeinträchtigungen leiden als Personen,die eine nahe stehende Person auf andere Artverloren haben. Mangels einer Kontrollgruppe macht dieStudie darüber keinerlei Aussagen.Die Behauptung des «Tages-Anzeigers» ist also nichtfundierteSpekulation zugunsten einer Zeitungsschlagzeile.So verwundert nicht, dass EXIT in 30 JahrenSterbe hilfe eine völlig andere Erfahrung gemacht hat:K Es gibt keinerlei Anzeichen, dass ein Viertel derAngehörigen psychiatrische Hilfe in Anspruch nehmenmüsste.K Angehörige leiden zwar am Verlust und manchmalauch am Auftreten der Untersuchungsbehörden, jedocheher weniger stark als andere Ange hörige, welcheein geliebtes Familienmitglied im Spital oder durcheinen anderen Todesfall verloren haben. Der Grund:Bei einer Freitodbegleitung können sich Angehörigeim Voraus mit dem Unausweichlichen befassen, siekönnen nochmals ausgiebig Gespräche führen, nichtsbleibt ungesagt, der Tod kommt nicht überraschend,und sie sind selber dabei und können ihr Familienmitgliedbeim Sterben begleiten und halten.K Die Erfahrungen von EXIT werden durch drei weitereStudien – eine aufgrund derselben Daten wie die StudieWagner – bestätigt, dennoch zitierte der «Tages-Anzeiger»diese nicht und holte auch keine Stellungnahmevon EXIT ein.K Das führte zur Verunsicherung von Mitgliedern undNicht-Mitgliedern, weshalb EXIT an dieser Stelle darüberinformiert, dass es keinerlei ernsthafte Hinweisegibt, dass Angehörige nach einer Freitodbegleitungzum Psychiater müssten oder mehr leiden würdenals andere Trauernde. Im Gegenteil: Drei Viertel allerdazu erstellten Studien weisen nach, dass der begleiteteFreitod für Angehörige weniger belastend ist als andereSterbearten.EXIT verweist auf den Sammelband «Der organisierteTod. Sterbehilfe und Selbstbestimmung am Lebensende– Pro und Contra» (Orell Füssli, ISBN 978‐3‐280‐05454‐3,CHF 24.90) sowie vor allem auf die Broschüre «Und dannschlief sie friedlich ein» (erhältlich gegen Un kostenbeitragbei der EXIT-Geschäftsstelle), in der Angehörigeim O-Ton und aus erster Hand berichten, wie es ihnenin den Tagen, Wochen, Monaten und Jahren nach demBegleiten ihres geliebten Familienmitglieds ergangen ist.BERNHARD SUTTEREXIT-INFO 4.2012 5


SCHICKSALSchlusspfiffDer Fussball-Trainer und Wirt Timo Konietzka war EXIT-Botschafter und hat sich in der Öffentlichkeitfür die Selbstbestimmung stark gemacht. Im Frühjahr 2012 ist er nach kurzer schwererKrankheit mit EXIT aus dem Leben geschieden. Der preisgekrönte Autor Erwin Koch (u. a. Egon-Erwin-Kisch-Preis) hat die Witwe Claudia Konietzka getroffen und für das Magazin «Reportagen»einen Bericht über das selbstbestimmte Ende des charismatischen Sportlers geschrieben. DieserText erscheint hier in gekürzter Form.Er sitzt am Tisch und sagt, sein Urin, heute Morgen,sei orange gewesen.Sie schweigt.Der Herr Konietzka und sein Urin, denkt die Frau.Vorige Woche erst ist er wieder mit einer Schachtelnach Hause gekommen, Pülverchen darin, irgendwelcheVitamine oder was, MorgenStund, WurzelKraft, 7x7KräuterTee, nur echt nach Dr. h.c. Peter Jentschura, vorWeihnachten sass er auf dem Sofa, einen Stapel alterZeitungen neben sich, Wie schütze ich mein Herz?, Wieschütze ich mich vor Krebs?Timo, iss Brot zum Frühstück, sagt sie und zündetdie erste Zigarette an.Vergangene Nacht habe er gekotzt, keucht er.Und Ihr Stuhlgang, fragt der Arzt, ist der eherschwarz, eher weiss?, 30. Januar 2012.Schlimm kann es nicht sein, so wie du lebst, sagtClaudia zu ihrem Mann Timo, Wirtin im Gasthaus Ochsen,gerühmt für ihr Poulet im Chörbli, Brunnen amVierwaldstättersee.Ein Gallensteinchen vielleicht.Sonographie und MRCP im Kantonsspital Schwyz, esist Donnerstag, 9. Februar 2012, Ultraschall und Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie,9 Uhr 15.Das genaue Resultat kennen wir erst morgen, sagtder Chefarzt Innere Medizin, am besten, Herr Konietzka,Sie kommen mit Ihrer Frau.Timo greift zur Agenda, schmal und blau, 21.2.2012Karton verbrennen, 2.3.2012 Oliver 48, 26.4. Rhodosab Stuttgart, 10.5. Rhodos zurück, 16.5. Cupfinal Bern,8.6. Beginn Europameisterschaft, 1.7. Ende Euro pameisterschaft,29.7. Brünigschwinget, 17.9. Ochsenzu, 14.10.2012 Claudia 59. Ein gelber Zettel klebt aufder hintersten Seite, DU BIST UND BLEIBST MEINGROS SES GLÜCK SO LANGE ICH LEBE. ICH LIEBEDICH. DEINE FRAU.Seine Galle fliesse kaum ab, erklärt der Chefarzt InnereMedizin, jene Flüssigkeit, die in der Leber entstehe,sich in den Zwölffingerdarm ergiesse und dort zurVerdauung beitrage, Ihre Galle, Herr Konietzka, stautsich, bedingt durch ein Gewächs. Das kann man reparieren,nicht hier in Schwyz, aber in Zürich, ich empfehledas GastroZentrum der Klinik Hirslanden.Reparieren?, fragt Claudia.Stellen Sie sich eine Magenspiegelung vor.Dem Timo fehlt doch nichts im Magen.Auf den Magen folgt der Zwölffingerdarm. In denführt man, wie bei einer Magenspiegelung, also durchdie Speiseröhre, ein Endoskop, einen Schlauch, versehenmit einer kleinen Lampe, einer Art Kamera undeinem Arbeitskanal, in dem ein Metalldraht steckt, einInstrument. Das schiebt man in den Zwölffingerdarmund dort in die Mündung des Haupthallengangs, so tief,bis die verengte Stelle erreicht ist, durch die die Gallenicht mehr fliesst. Dort setzt man, damit sie wiederflies sen kann, ein Schläuchlein ein. Tut nicht weh.Ob das sehr eile, fragt Claudia, Timo und sie seienkommende Woche, am Schmutzigen Donnerstag, dasBartlipaar, die Zunftmeister der Brunner Fasnachtsvereinigung,der Bartligesellschaft, da könnten sie, sagtClaudia, schlecht fehlen.Dann, Herr Konietzka, melde ich Sie für den Tagdanach an, Freitag, 17. Februar, denn was Sie haben,haben Sie schon lange, auf Stunden kommt es nicht an.Konietzka sitzt neben seiner Frau und nickt.Vielleicht kannst du am gleichen Tag noch nach Hause,sagt sie.Es ist kalter Winter, bald Fasnacht, Claudia kauftTimo Thermounterwäsche, Timo soll nicht frieren,wenn er, Bartlivater 2012, am Schmutzigen Donnerstagneben ihr in einer Kutsche sitzt, stundenlang unterwegsin den Strassen von Brunnen am Vierwaldstättersee.Um vier Uhr stehen sie auf, er hält sich an Vitamineund Pillen, sie an einer Zigarette, der Bartlivater, wie es6 EXIT-INFO 4.2012


SCHICKSALSchick und Brauch ist, trägt ein weisses steifes Hemd,einen schwarzen Frack, um den Bauch eine breite roteBinde, eine rote Binde auch um den Hals, und auf derBrust, gross und rund, ein Medaillon, der BrunnerBartli, ein buckliges bärtiges Männchen. Endlich setztsich Timo einen roten Filzhut auf, Claudia einen blauen.Wenn es nur schon Abend wäre, sagt er.Ein Gallensteinchen vielleicht.Am nächsten Morgen, fünf Uhr, findet Konietzka diePapiere nicht, die ihm der Chefarzt Innere Medizin mitgab.Er sucht im Wohnzimmer, im Schlafzimmer, dannläuft er hinüber zum Ochsen, sucht, findet die Papierenicht. Schliesslich steht der Freund vor dem Haus, dernach Zürich zur Arbeit fährt, Timo küsst Claudia, steigtein.Sie sitzt und raucht.Timo ist anders geworden, nicht mehr, ohne es zuwollen, so verletzend. Wie damals vor zwanzig Jahren,als er noch in Gersau wohnte und sie ihn nachtsJetzt bin ich der, der ichnie werden wollte, flüstertKonietzka, der einstFussballer war, Schützedes allerersten Tors in derdeutschen Bundesliga,dann Trainer, dererfolgreichste, der in derSchweiz je tätig war.besuchte, Nacht für Nacht, und ihm, weil er die so gernhatte, eine Bündner Gerstensuppe kochte – bis er sagte,was anderes als diese Suppe kennst du wohl nicht.Da schmiss sie den Teller zu Boden und lief aus demHaus – lange her. Seltsam ist er geworden. Ende Januar,eingeladen zu einer Sause namens Ice Snow Football,mit Übernachtung in Arosa, wünschte er, dass sie ihnbegleite, sie war krank, wollte nicht mit, Timo sagte,dann gehe ich ganz kurz, ganz schnell, höchstens zweiStunden, ich halte es ohne dich nicht aus. Und als sieschliesslich zum Arzt fuhr, legte er einen Zettel hin,Guten Morgen meine geliebte Frau. Schönen Tag undErfolg beim Arzt. Ich telefoniere. Ich liebe Dich.Jetzt zündet sie eine Kerze an.Der Herr Konietzka.Eigentlich möchte sie beten.Kurz vor Mittag geht Claudia Konietzka hinüber inihr Gasthaus Ochsen, Bahnhofstrasse 18, sie spricht mitder Köchin, begrüsst die Gäste, das Handy wimmert,Vorwahl 044, Zürich.Es sieht nicht gut aus, es sieht, um ehrlich zu sein,eher schlecht aus, Frau Konietzka, wir taten und wirtun, was wir können, ihr Mann hat Krebs, am besten,Frau Konietzka, Sie kommen vorbei.Claudia dreht sich weg und rennt ins Büro, sie schreitvor Wut, schleudert ihre Schlüssel an die Wand.Klatskin.Tumor.Bösartig.Gallenganggabel.Claudia sitzt vor einem jungen Arzt, Klinik Hirslanden,GastroZentrum, und versteht nicht, was sie hört.Heute Morgen haben wir versucht, Röhrchen, Stents,in die verengten Gallengänge zu schieben.Und nun?, fragt Claudia.Nun hoffen wir, redet der Mann am anderen Endedes Tischs, dass die Galle wieder fliesst.Timo liegt im Bett, Zimmer 155, das Gesicht ausStein, er sagt: Gestern war eine andere Zeit.Gestern, sagt sie, sassen wir noch in einer Kutsche.So schnell geht das, sagt er.Claudia sagt: Draussen riecht es nach Schnee.Ihre Bilirubinwerte, Herr Konietzka – Bilirubin istein Gallenfarbstoff – liegen leider immer noch über 300,normal wären 17, das bedeutet, dass die Galle nicht abfliesst.Bring morgen meine Agenda mit, sagt er.Sonntag, 19. Februar 2012. Der Arzt sagt, den Stentim linken Gallengang habe er durch einen grösserenersetzt, den im rechten Hepaticus besser positioniert,die Stauung, insbesondere links, habe deutlich abgenommen,ein gutes Zeichen.Und der Krebs?, fragt Konietzka.Den gehen wir später an.Claudia sitzt an seinem Bett, Timo fragt: Zu Hausealles in Ordnung?Heute Mittag ein Bus voller Skifahrer, 47 Leute.Ich liebe dich.Täglich fährt Claudia von Brunnen nach Zürich,Zimmer 155, seine Haut ist gelb.Herr Konietzka, sind Sie einverstanden, dass wirSie morgen in die Klinik Im Park verlegen? Dort sindChirur gen. Die werden zwei Hohlnadeln durch IhreBauchwand führen, so genannte Drainagen, ein Röhrchenrechts, das andere eher zur Mitte. Dann wird, sohoffen wir, Ihre Galle endlich wieder fliessen.Und wenn ich jetzt nein sage?Das wäre Ihr Recht, sagt der Arzt.Vielleicht hätte ich längst nein sagen sollen.Bilirubin auf 360.Soll ich dir etwas zu lesen bringen?, fragt Claudia.Du weisst doch, dass ich nicht lese!Es ist Freitag, 24. Februar 2012, PTCD, perkutanetranshepatische Cholangiodrainage in der Klinik ImPark, Seestrasse 90, Zürich.EXIT-INFO 4.2012 7


SCHICKSALClaudia sieht zwei Säckchen an seiner Seite, gelbeFlüssigkeit darin.Jetzt bin ich der, der ich nie werden wollte, flüstertKonietzka, der einst Fussballer war, Schütze des allererstenTors in der deutschen Bundesliga, dann Trainer,der erfolgreichste, der in der Schweiz je tätig war.Er sagt: Du riechst wunderbar.27. Februar 2012, wieder eine PTCD, perkutane transhepatischeCholangiodrainage, Bilirubin unverändert.Diese gottverdammten Säcke da, links und rechts.Konietzka schmerzt der Bauch, die Haut juckt.Endlich Morphium.Es ist Montag, 5. März 2012, Konietzka ruft Claudiaan, sie versteht ihn kaum: Bitte hol mich nach Hause.Er reicht den Ärzten die Hand, dann steigt er in ClaudiasWagen, die Säckchen auf dem Schoss, sie will nichtweinen.Dortmund liegt bereits sechs Punkte vor Bayern,sagt sie.Sieben, sagt er.Sie hilft ihm aus dem Auto, dann gehen sie hinauf inihre Wohnung, Hand in Hand.Sag mir, was dir gut tut, sagt Claudia.Am Nachmittag steht der Hausarzt am Bett, er prüftdie Drainagen, die Säckchen, und lehrt Claudia, eineSpritze zu füllen, Morphium in Konietzkas Bein zudrücken.Sie gehen früh schlafen, er hält ihre Hand, sie hörtihn atmen, irgendwann, als kein Licht mehr durchsFenster fällt, sagt er: Claudia, ich will sterben.Ja, sagt sie.Sie weiss nicht, was sie sagen soll.Dann rufen wir morgen EXIT an, sagt Claudia.Donnerstag, 8. März 2012, Claudia Konietzka sitztim Wohnzimmer am runden Tisch, darauf die Hüte auseiner anderen Zeit, und wartet, bis es neun Uhr ist.043 343 38 38Jemand fragt: Ist es sehr dringend?Eine halbe Stunde später ruft ein Mann zurück, er seiFreitodbegleiter von EXIT, er könnte, wenn gewünscht,heute Nachmittag nach Brunnen kommen, Ankunft amBahnhof um 14 Uhr 03.Eine schwarze Mappe werde er tragen, erklärt derMann, und er möchte sie bitten, vom Arzt ihres Manneseine Bestätigung zu verlangen, dass er, ihr Mann, urteilsfähigsei – und vom Spital eine Diagnose, am besteneinen Austrittsbericht.Herr Konietzka, wo möchten Sie sterben?In meinem Bett.Darf ich Ihr Schlafzimmer sehen?Gibt es einen Raum, wo ich das Sterbemittel in Wasserauflösen kann, fünfzehn Gramm NaP, Natriumpentobarbital?Das Sterbemittel müssen Sie, Herr Konietzka, zwingendaus eigener Kraft zu sich nehmen, danach werdenSie müde sein, schläfrig, Sie werden das Bewusstseinverlieren und nach wenigen Minuten in einen komaähnlichenTiefschlaf fallen, dann setzt irgendwann IhreAtmung aus, Ihr Herz.Das Sterbemittel wird sehr bitter sein, deshalb rateich, vielleicht zwanzig Minuten davor ein Magenberuhigungsmitteleinzunehmen, das Sie von mir bekommen,ein Mittel gegen Erbrechen, Paspertin.Und essen Sie vor dem Sterben nicht zu üppig,trinken Sie keinen Schwarztee, keinen Kaffee, keinenFruchtsaft.Aber Champagner?, fragt Konietzka.Dann rattert das Faxgerät, 15 Uhr 51, der Austrittsberichtder Klinik Im Park, zehn Seiten: Bei Herrn Konietzkaliegt leider ein sehr fortgeschrittener Klatskintumorvom Typ IV mit Infiltration praktisch sämtlicher Ostiender Segmentgallengänge in beiden Leberlappen vor.Wann möchten Sie sterben?Möglichst bald.Er werde, sagt der Fremde, das Sterbemittel bei einerApotheke sofort bestellen, aber es vielleicht am Montagerst bekommen.Nach reiflicher Überlegung mache ich heute vonmeinem Recht Gebrauch, selbst über die Beendigungmeines Lebens zu bestimmen, Brunnen, 8. März 2012,Timo Konietzka.Nachts liegen sie wach, sie neben ihm, seine Handist heiss, Claudia hört ihn atmen, Timo kratzt sich anHals und Kopf.Ich lege mich aufs Sofa, sagt sie, dann kannst duschlafen.Er folgt ihr ins Wohnzimmer, sie fragt: Ein Bierchen?Claudia holt zwei Flaschen, sie trinken und schweigen.Die zwanzig Jahre mit dir waren meine besten, sagtTimo.Die zwanzig Jahre mit dir waren auch meine besten.Dann sind wir uns ja einig, macht er.Timo, falls du dann zu zucken oder zu röcheln beginnst,ich glaube, ich halte das nicht aus.Dann geh raus, geh eins rauchen.Sie küsst ihn auf den Mund.Ich will keine Feier, keine Lieder, kein Geheule, keinGrab, gar nichts.Sie lehnt ihren Kopf an seine Schulter, er sagt, eigentlichbereue er in seinem Leben zwei Dinge. Dass erdamals, am achten Spieltag der Saison 1966/67, 1860München gegen Dortmund, den Schiedsrichter insSchienbein trat und ihm die Pfeife stahl. Und dass erden Bundestrainer erpresste, er, Konietzka, spiele in derNationalmannschaft nur, wenn auch sein Freund dortspiele. Worauf man ihn nicht zur Weltmeisterschaftnach England mitnahm.Sonst nichts?, fragt sie.Dass ich dir nie sagte, wie unendlich schön du bist.Es ist nie zu spät, sagt Claudia.9. März 2012, Freitag, der Freitodbegleiter ruft an,er komme am Montag wieder, früher Nachmittag, bisdann sei alles Nötige beisammen.8 EXIT-INFO 4.2012


SCHICKSALIch hole Sie am Bahnhof ab.Das brauchen Sie nicht, sagt der Mann.Immer Richtung See, nach der Drogerie rechts.Konietzka greift zur Agenda und trägt ein: 12.3.2012:14:00 EXIT.Lass uns, sagt Claudia, eine Todesanzeige schreiben:Timo Konietzka, 2. August 1938 bis 12. März 2012. LiebeFreunde! Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlichbei <strong>Exit</strong> bedanken, die mich am Montag nachmittagvon meinen Qualen erlöst und auf dem schweren Wegbegleitet hat. Ich bin sehr froh! Traurig bin ich nur, weilich meine Claudia, meinen Sohn und seine Frau und unsereKinder und geliebten Enkelkinder verlassen muss.Macht alle das Beste aus Eurem Leben! Meines warlang und doch so kurz! Diese Anzeige gilt als Leidzirkular.Die Trauerfeier findet im engsten Familienkreisstatt. Bitte keine Kondolenzen. Wir hoffen auf EuerVerständnis. Das ist mein Wunsch.Jetzt blättern sie durch Alben und wählen ein Fotoaus, ein Bild für die Todesanzeige, Timo vor den beidenMythen, die Schweizer Fahne im Hintergrund, dasSchweizer Kreuz als Krawattenknopf.Diese beschissenen Röhrchen im Bauch, die reisseich jetzt raus.Erst wenn du gestorben bist, sagt sie.Er lacht.Morphium?Konietzka möchte zwei Freunde einladen, beim Sterbendabei zu sein, einen Elektriker, einen Treuhänder,Claudia ruft sie an, es ist Samstag, 10. März 2012, siehat wenig geschlafen.Timo, wenn du vielleicht nicht sterben willst, dannstirb nicht!Stirb nur, bittet sie, wenn du sterben willst!Ich will, sagt Timo, ich will, Claudia, ich will, ichwill, schau mich an, wie gelb ich bin, ich hab Löcher imBauch, Krebs, Schmerzen, ich will.In Ordnung, sagt Claudia Konietzka und dreht sichweg.Der Hausarzt beugt sich zu den Drainagen, die Be-EXIT-INFO 4.2012 9


SCHICKSALstätigung, dass er ihn, Timo Konietzka, für urteilsfähighalte, habe er heute Morgen an <strong>Exit</strong> gefaxt.Schliesslich reicht er Timo die Hand.Wir sehen uns nicht wieder.Am Montag ist Schluss, sagt Konietzka, danke.Eigentlich schade, sagt der Arzt, am Dienstag spieltBasel in München.Bayern gewinnt – wenn nicht, lasse ich von mirhören.Am Nachmittag reist Konietzkas Sohn mit seinerFrau aus München an, die Frau, eine Juristin, stelltFragen, in der Schweiz, sagt Claudia, sei Freitodhilfeerlaubt unter der Bedingung, dass der Mensch, der sterbenwolle, das Mittel, das ihn töte, mit eigener Kraftnoch zu sich nehme. Der Sohn sitzt neben Timo vordem Fernseher, Samstagabend, Bundesliga.Der Sohn weint, als er ins Auto steigt, Sonntag,11. März 2012.Die letzte Nacht.Morphium.Sie liegt in seinen Armen, seine Brust ist heiss.Wenn du möchtest, rühr ich dir morgen einen Sirupan.Einen Sirup?Das Gift ist so bitter.Claudia erwacht in der Mitte der Nacht, Timo, rasiertund gekämmt, steht neben dem Bett.Es ist zwei Uhr. Wann kommen die Leute?In zwölf Stunden erst, sagt sie.Er legt sich neben sie, tastet nach ihrer Hand.Kurz vor sechs, Montag, 12. März 2012, fährt Claudiains Nachbardorf, dort ist ein Bäcker, der seinen Ladenfrüh öffnet, sie kauft zwei frische Brote, eines mit Körnern,eines ohne, heute geht er, was mache ich ohneihn?, ihr Engel dort drüben, was bin ich ohne ihn? Claudiamöchte weinen, das darfst du jetzt nicht, nachhererst, wenn er fort ist.Er isst drei Scheiben von jeder Sorte, Claudia öffneteine Flasche Champagner, Dom Pérignon, er trinkt dreiGläser, sie ein halbes.Was kann ich für dich noch tun?Sie warten auf dem Sofa, Dammweg 9, Timo greiftsich in den Nacken und löst die goldene Kette vom Hals,die Claudia ihm einst schenkte, legt sie ihr um.Die brauch ich nicht mehr.Jetzt weint sie plötzlich laut, er streichelt ihr Gesicht,trocknet ihre Augen.Gegen elf Uhr bittet Claudia die Köchin im Ochsenum zwei Schweinsfiletpiccata mit Risotto, kleine Portionen.Danke für alles, sagt er.Gern geschehen kann ich jetzt nicht sagen, sagt sie.Ins Schlafzimmer stellt sie drei Kerzen, eine linksneben die Betten, eine rechts, die dritte vor den Spiegel,dann hilft sie Konietzka in ein Sennenhemd, grau undkragenlos, sie zieht ihm neue weiche Socken an, dieThermounterwäsche, die er am Schmutzigen Donnerstagtrug.Scheisswarterei, sagt er.Irgendwann treffen die Freunde ein, der Elektriker,der Treuhänder, die Köchin aus dem Ochsen, Claudiaschenkt Kaffee aus, dann Dom Pérignon.Danke, dass ihr da seid an meinem letzten Tag.Claudia stellt Musik an, Bach.Deutschland wird Europameister, sagt der Elektriker.Das Telefon schellt, die Zeitung BLICK, ob es stimme,dass Timo Konietzka tot sei.Und wie!, lärmt Timo.Claudia, ihre Lippen sehr rot, giesst Himbeersirup inein Glas, sie füllt es mit Wasser, rührt um, rührt um.Jetzt dürfte der endlich kommen!, sagt Timo.Er kommt um drei, eine schwarze Mappe in derHand, man plaudert und schweigt.Also!, sagt Konietzka und steht auf.ERWIN KOCHIn voller Länge in «Reportagen»Der Text «Schlusspfiff» entstammt dem Magazin «Reportagen» (Nr. 7). Der gekürzteAbdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors, Erwin Koch.«Reportagen» ist ein Magazin, das sich ausschliesslich auf literarische Reportagenfokussiert: Sechs Mal pro Jahr berichten herausragende Journalisten und Schriftstellerwahre Geschichten aus dieser Welt. «Reportagen» ist erhältlich in Buchhandlungen undam Bahnhofkiosk. www.reportagen.comEXIT-Mitglieder, die «Reportagen» gerne kennenlernen möchten, erhalten gratis dasMagazin Nr. 7 mit Erwin Kochs Beitrag in ganzer Länge. Bestellung: 031 981 11 14 oderabo@reportagen.com (auch für Abo-Bestellungen).10 EXIT-INFO 4.2012


MESSEBesuchen Sie uns an der Muba!Neues Erwachsenenschutzrecht und neue Patientenverfügung –aus diesem Anlass informiert EXIT dieses Jahr die interessierteÖffentlichkeit an der Mustermesse Basel von Freitag 22. Februarbis Sonntag 3. März 2013. Kommen Sie vorbei und lassen Sie sichvon den EXIT-Fachleuten beraten.Vertreter aus allen EXIT-Organenund -Fachbereichen, Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter, aber auch Ehrenamtlichewerden an unseremStand in Halle 2.1 im Sektor «Lebensbalance»dem Publikum fachkundigüber alle Belange unseresSelbstbestimmungsvereins Auskunftgeben, non-stop von 10 Uhr morgensbis abends um 18 Uhr.Schwerpunkt bildet dabei die aufden neusten Stand gebrachte undder Rechtslage angepasste EXIT-Patientenverfügung. Was bedeutetdas seit 1. 1. 2013 geltende neueErwachsenenschutzrecht und dieda rin enthaltenen Bestimmungenüber die Patientenverfügung fürBürgerinnen und Bürger und natürlichauch für langjährige EXIT-Mitglieder, welche seit Jahr undTag eine Patientenverfügung haben?Aber auch zu grundsätzlichenFragen, wie beispielsweise über dasSelbstbestimmungsrecht im Lebenund im Sterben, werden wir gerneeingehend Auskunft geben.EXIT tritt nur selten an Messenauf. An der Mustermesse in Baselnimmt der Verein erstmals teil. Dabeisind die Tätigkeitsbereiche ...K BeratungK PatientenverfügungK Palliative CareK SuizidpräventionK Freitodbegleitung... sicher ein Thema, Hauptaugenmerkliegt aber auf der neuenPatien tenverfügung. Besucher könnengezielt Fragen stellen und sichmit Info-Material eindecken. Wernoch nicht Mitglied ist, kann dasvor Ort werden und erhält danachdie EXIT-Patientenverfügung zugestellt,welche die älteste ist und anerkanntermassenzu den besten derSchweiz zählt und im Notfall vonden EXIT-Fachleuten unterstütztund juristisch durchgesetzt wird.Ziel des EXIT-Auftrittes an derMuba 2013 ist es ferner, unsere Anliegenauch Nicht-Mitgliedern näherzu bringen und unsere Positionim Raum Basel zu stärken. Ausserdemsollen Kontakte zu Medienvertreternhergestellt werden.Auf der Medienplattform in derNähe unseres Standes werden täglichinteressante Gespräche, Diskussionsrundenund Auftritte stattfinden.EXIT wird diese Plattform amEröffnungswochenende nutzen undeine Podiumsdiskussion mit hochkarätigenExperten durchführen.Lassen Sie sich diese nicht entgehen.Für das leibliche Wohl ist ebenfallsgesorgt. Die Degustationshallebefindet sich unweit vom EXIT-Stand. Wir würden uns freuen,möglichst viele «Info»-Leserinnenund -Leser an unserem Stand mitder Nummer H55 begrüssen zudürfen.MURIEL DÜBYPraktische InfosWann Vom 22. 2. bis 3. 3. 2013Öffnungszeiten Täglich 10 bis 18 Uhr.Bereich Essen und Trinken 11 bis 20 Uhr.Letzter Tag: alle Hallen bis 18 Uhr.Kosten Muba-Card (Dauerkarte) CHF32.–, Tageskarte/Online-Ticket CHF 15.–Wo Basel, Messeplatzgelände, MustermesseBasel Muba, Halle 2.1, Sektor Lebensbalance,Stand H55, am Rundhof undin der Nähe der MedienplattformWie man hinkommtAuto In Basel folgen Sie der «Messe»-Signalisation,welche Sie direkt ins ParkhausMesse Basel leitet. Dort stehen Parkplätzezur Verfügung, die nur wenige Schritte vonden Messehallen entfernt sind. BeachtenSie bitte, dass das Parkplatzangebot beschränktist. Nutzen Sie auch das Parkhausam Badischen Bahnhof oder fahren Sie bequemund vergünstigt mit den öffentlichenVerkehrsmitteln an die Muba.ÖV Von Zürich, Bern und Luzern sind Siein einer Stunde auf dem Messegelände.Mit dem Tram Nr. 2 ab Bahnhof Basel SBBund dem Tram Nr. 2 oder 6 ab BadischemBahnhof gelangen Sie zum Messeplatzgelände.Vergünstigungen bei Bahnund TramDie Muba bietet in Zusammenarbeit mitRailAway spezielle Tickets zu einem Sondertarif(10 Prozent Ermässigung auf Bahnreiseund Transfer) mit reduziertem Messeeintrittan. Diese Fahrausweise sind gültigab jedem Bahnhof in der Schweiz zumMessezentrum und zurück. Diese Angebotesind auch innerhalb des TarifverbundesNordwestschweiz erhältlich. Fragen Sie anihrem Abgangsbahnhof nach ermässigtenBilletten. Der Eintrittsgutschein muss ander Messekasse gegen das offizielle Billettumgetauscht werden.RailAway Muba-Rail-Ticket Für Besucher,die bereits im Besitz eines Eintrittsticketssind. Gültig für eine Bahnfahrt nachBasel und zurück, Transfer, ohne Messeeintritt.Generalabonnement Einen ermässigtenEintritt können Sie am Abgangsbahnhoflösen. Der Eintrittsgutschein muss an derMessekasse gegen das offizielle Billett umgetauschtwerden.Nähere Infos, gerade auch zu Vergünstigungenbeim öV, unter: www.muba.chEXIT-INFO 4.2012 11


POLITIKParlament gegen EinschränkungDie Rechtskommission hat sich für ihre Empfehlungenan den Nationalrat bei EXIT persönlich informiertNach dem Ständerat hat sich auch der Nationalrat gegen eine Einschränkungder Sterbehilfe ausgesprochen. Damit steht das Parlament – wieübrigens auch der Bundesrat – uneingeschränkt hinter dem Selbstbestimmungsrechtder Menschen in der Schweiz. Diese Haltung passt bestenszum am 1.1.13 in Kraft getretenen Erwachsenenschutzrecht, welches dasSelbstbestimmungsrecht der Bürger ins Zentrum rückt.Die Kantone Aargau und Basellandbefürchteten, dass mit der Freitodbegleitung«Profit» gemacht werde.Ein Urner CVP-Politiker warntevor «Missbräuchen». Die AargauerFDP-Ständerätin Christine Egerszegiforderte, der Bundesrat müsse «endlichhandeln». Sie reichten vier Vorstösseein zur Verschärfung des Strafgesetzesim Bereich der Suizidhilfe.Wäre es nach den Initianten gegangen,wäre damit die Errungenschaftder Selbstbestimmung derSchweizer Bevölkerung empfindlichbeschnitten worden.Zum Glück aber erkannte dasParlament, dass die Vorstösse aufVorurteilen und mangelnder Fachkenntnisberuhten oder schlichtnicht mehr aktuell waren. Es lehntedie Ansinnen wuchtig ab. Zuerst imStänderat, diesen Winter nun auchim Nationalrat.Das kam nicht von ungefähr.Die zuständige Rechtskommissionhatte sich seriös mit dem Themaauseinandergesetzt und sich u. a.auch bei EXIT im Vorfeld über dieSterbe hilfepraxis und vor allemüber die Bedürfnisse von Menschenam Lebensende informiert.Im Nationalrat hoben fast alleRednerinnen und Redner die Bedeutungder Selbstbestimmung hervor:Jeder Mensch müsse für sichselbst darüber entscheiden können,was für ihn ein würdiges Lebensendesei.Das Missverständnis der Initiantender abgelehnten Vorstösse mitihren unzeitgemässen Forderungenwar, dass sie «Suizidgefährde-te» vor Organisationen wie EXIT«schützen» wollten. Das zeigt, wiewenig die Initianten vom Ablaufeiner Freitodbegleitung wissen. Eskommt nicht ein böser Helfer undüberredet einen armen Patienten,sein Leiden vorzeitig abzukürzen.Es ist umgekehrt. Ein Patient, dersein Leiden nicht mehr aushält, entscheidetsich fürs selbstbestimmteSterben. Statt dieses einsam undgewaltsam herbeizuführen, lässt ersich von einer ausgebildeten EXIT-Fachperson begleiten.Diese führt primär Gespräche,zeigt Alternativen auf. Die meistenSterbewilligen kommen dadurchab vom Sterbewunsch. Die Untersuchungenaus den Benelux-Ländernzeigen: Wer sich für Sterbehilfeentscheidet, verlängert seinLeben. Er lebt länger als der Patient,der sich für Palliativmedizinent scheidet. Bei EXIT ist das ähnlich:2000 melden ernsthaftes Interessefür einen begleiteten Suizidan, 1700 entscheiden sich nach derEXIT-Beratung für einen anderenWeg.Weitere Nachrichten aus der Sterbehilfe-PolitikAuch Zürcher Regierunggegen EinschränkungenDer Justizdirektor der Kantons Zürichhatte ein Aufsichtsgesetz über die hieransässigen Selbstbestimmungsorganisationen(EXIT, Dignitas) erwogen. Daswäre zwangsläufig auf Einschränkungenbeim Selbstbestimmungsrecht amLebensende hinausgelaufen. EXIT wardeshalb skeptisch. Nun hat die ZürcherGesamtregierung den übereifrigenJustizidirektor aber gestoppt. Der Kantonwolle keinen «regulatorischen Alleingang»,sagte RegierungssprecherinSusanne Sorg gegenüber den Medien.Würden im Kanton Zürich Sterbehilfeorganisationenwie EXIT oder Dignitasbewilligungspflichtig, so hätte das zurFolge, dass diese Organisationen in andereKantone ausweichen würden.Zürcher Regierung prüftKostenüberwälzungDas Kantonsparlament hat 2010 dieRegierung beauftragt, eine gesetzlicheGrundlage zu schaffen, damit Untersuchungskostenvon aussergewöhnlichenTodesfällen bei Freitodbegleitungenvon Personen aus dem Ausland denSterbehilfeorganisationen in Rechnunggestellt werden können. Gefordert wurdedies in einer CVP-Motion. Der Regierungsrathatte die Motion abgelehnt,wies aber daraufhin, dass die Untersuchungskostenvielleicht im Rahmeneines Sterbehilfegesetzes überwälztwerden können. Nun ist klar, dassein solches in absehbarer Zeit nichtkommt. Sowohl auf Bundes- als auchauf Kantonsebene wurde die gesetzlicheRegelung der organisierten Suizidhilfeabgelehnt. Deshalb müsse nun12 EXIT-INFO 4.2012


POLITIKdes Selbstbestimmungsrechtsdie Kostenübernahme in anderen Erlassengeprüft werden, was wohl bis Mitte2013 dauern werde. EXIT wäre voraussichtlichnicht betroffen, da EXIT nurPersonen mit Wohnsitz Schweiz hilft.Zweifelhafte Wahl durchNationalfondsAusgerechnet ein Selbstbestimmungsgegnerpräsidiert das neue Nationalfonds-Forschungsprogramm«Lebensende»,das auch von EXIT mit Datenmaterialunterstützt wird. Als deutscherkatholischer Theologe und Sterbehilfekritiker,der zu erreichen versucht, dassSchweizer Ärzte nur noch Patien ten amunmittelbaren Lebensende ein NaP-Rezept ausstellen dürfen, hat in dieserStellung Deutungseinfluss auf die Ergebnissedes Gesamprojekts. Die Wahldurch den Forschungsrat, der eigentlichfür Unvoreingenommenheit in der Forschungeintreten sollte, wird vom EXIT-Vorstand daher mit Skepsis zur KenntnisgenommenKOMMENTARZurücklehnenwäre verfrühtBundesrat, Parlament, Regierung imEXIT-Standortkanton – alle sind fürdie Selbstbestimmung am Lebensende.Wird nun alles gut? Hoffentlich.Doch ein Zurücklehnen vonuns Selbstbestimmungsverfechternin der Politik wäre verfrüht. Nochgibt es einflussreiche Kreise, die nurallzu gern einen Schritt zurückmachen würden: Einige Kantonehätten immer noch gerne Einschränkungen;ebenso wie vereinzelteGesundheits- oder Justizdirektoren;gewisse Institutionen im Gesundheitswesenlassen das Recht aufSelbstbestimmung noch immer nichtzu; in der ÄrzteorganisationSchweizerische Akademie derMedizinischen Wissenschaften gibtes eine einflussreiche Minderheit,welche ihren Kollegen verbietenmöchte, NaP-Rezepte für nichtunmittelbar Sterbende auszustellen;und die reformierte Kirche liebäugeltnach wie vor mit einer Ächtung derFreitodbegleitung, wie sich jüngstwieder in der Landeskirche Aargauzeigte. Deshalb ist es wichtig, dieguten Kontakte in Politik, Gesundheitswesenund Standesorganisationenregelmässig zu pflegen, welcheEXIT in den letzten Jahre aufbauenkonnte – und deshalb ist es besonderswichtig, dass EXIT-Mitgliederaber auch Bürgerinnen und Bürgerbei jeder Gelegenheit öffentlichbetonen, wie sehr ihnen die Selbstbestimmungam Lebensende amHerzen liegt, heute und erst rechtmorgen.Bernhard SutterEXIT-INFO 4.2012 13


TAGUNGGegner geben sichDas selbstbestimmungskritische «Forum Gesundheit und Medizin» hat an seiner jährlichen Tagungim Kunsthaus Zürich die Sterbehilfe in der Schweiz dem gewohnt kritischen Blick unterworfen –nach den vielen politischen Entscheidungen pro Sterbehilfe allerdings in moderaten Tönen.In der Vergangenheit wurde an derjährlichen Tagung von Sterbehilfegegnernauch schon scharf RichtungOrganisationen wie EXIT und Dignitasgeschossen. Dieses Mal aberzeigten sich mehrere Redner undviele der etwa 350 Zuhörer offengegenüber der Sterbehilfe. Beim Forum«Gesundheit und Medizin» imZürcher Kunsthaus stand diese unterdem Titel «Sterbe, wer will?» imBrennpunkt.Die Sterbehilfe und organisierteSuizidhilfe als ethische Frage undgesellschaftliche Herausforderung– und trotz zwei klaren Abstimmungsresultatenim Kanton Zürichund dem Zuspruch des Bundesratesfür die Sterbehilfe stellten sich dieOrganisatoren der Tagung die Frage:«Wie weiter in der Schweiz?»Der Palliativmedizin den Platzeinräumen, den sie verdienen würde,und dabei das Thema Sterbehilfenicht ausser Acht lassen. Daswollten die Organisatoren. Gekommensind in der Zuhörerschaftauch einige Ärzte. Palliativ Careim Spannungsfeld mit Sterbehilfeund organisierter Suizidhilfe, daswaren die zentralen Punkte währendden fast acht Stunden im ZürcherKunsthaus. Das Programmwar gespickt mit Referenten ausMedizin, Psychiatrie und Justiz –an Ver tretern oder expliziten Be-fürwortern der Sterbehilfe fehltees jedoch gänzlich. Ganz bewusst,sagt Tagungsleiter Matthias Mettner.Denn der Anlass hätte sonsteinen ganz anderen Rahmen erhalten.Obschon damit eine objektiveWahrnehmung auf die Thematiknicht gegeben war, betont Mettner,dass beide, Palliativmedizin undSterbehilfe, aufeinander zugehenund den ständigen Dialog pflegenmüssen.Mensch im MittelpunktDie Redner, viele von ihnen Deutsche,waren Schwergewichte ihresGebiets. Etwa Gian Domenico Borasio,Professor der Neurologie undPalliativmedizin an der UniversitätLausanne. Er sagte, die Suizidhilfetreffe bloss auf einen verschwindendkleinen Teil der Bevölkerung zu.Weit wichtiger scheine ihm daherdie Förderung von Palliativ Care. «Esist nicht die Krankheit, sondern derMensch, der bei der Palliativmedizinim Zentrum steht.» Dessen Lebensqualitätsoll verbessert werden, nurdarum gehe es. Borasios Rede wardurchsetzt mit Pointen und unterhaltsam,das Publikum lachte, trotzdes delikaten Themas. Er zeigte dieVersorgungsengpässe auf, gerade inder Zentralschweiz, und sagte: «DasFehlen von Palliativmedizin ist einAttentat auf die Selbstbestimmung.»Borasio sieht den Begriff Sterbehilfeals emotional überfrachtet,zweideutig und durch Missbrauchgefährdet. Palliativ Care dagegensei als «positive aktive Sterbehilfe»zu betrachten. Ein Allerheilmittelalso? Das dann doch nichtganz. Bei Sonderfällen zumindestsolle der Arzt dem Patienten nichtim Wege stehen, sollte dieser denSterbewunsch äussern. Schliesslichhabe jeder Mensch das Recht, einemedizinische Hilfe abzulehnen.Und was hält Borasio von EXIT?«EXIT ist nichts anderes als der gemeinnützigeVerkäufer einer preisgünstigenSterbeversicherung.»In diesem Sinne könne man sichfragen, weshalb nicht mehr jungeMenschen Mitglied werden wollen.Was dem deutschen Professorallerdings zu schaffen macht, istein Ungleichgewicht in der öffentlichenWahrnehmung. «Von 1000Menschen nehmen nur deren fünfSuizidhilfe in Anspruch, aber überdiese fünf wird 200 Mal mehr berichtet.»Borasio sieht drei einfacheRegeln für gute Entscheidungen amLebensende: reden, reden, reden.So habe er in Lausanne eine Patientinbetreut, die darauf nach Hauseging und EXIT anrief. «Und auchdas ist in Ordnung.»Der ärztliche Direktor und ChefarztMartin E. Keck warnte an derGian Domenico BorasioBrigitte TagAndreas Brunner14 EXIT-INFO 4.2012


ENGAGEMENT IM AUSLANDEXIT im deutschenDer deutsche Ethikrat gibt Empfehlungen an Regierung und Parlament ab.Er hat sich mit Sterbehilfe beschäftigt und dabei auch EXIT konsultiert.Wie in der Schweiz ist Sterbehilfemittels medizinischer (Freitod-)Begleitungin Deutschland erlaubt. ImGegensatz zur Schweiz wird die Suizidhilfeaber erst seit wenigen Jahrenpraktiziert.Seit das geschieht, laufen Ärzte,Pflegeindustrie, Kirchen und PolitikerSturm gegen das geltende li beraleGesetz. Ihr Ziel: ein Verbot.Den Patienten soll die Selbst be stimmungüber das eigene Sterben entzogenund den Ärzten und Pflegeinstitutionenübertragen werden.Allerdings macht da die CDU-FDP-Regierung nur halbherzigmit. Zwar betont sie bei jeder Gelegenheit,wie verwerflich es sei,Leidenden beim Sterben zu helfen.Gesetzlich ist sie jedoch lange nichtdagegen vorgegangen.Nun schlägt sie aber mit allerHärte zu. Zwar richtet sich ihrneues Gesetz vordergründig nur gegen«gewerbsmässige» Sterbehilfe,doch steckt sie den Rahmen derarteng, dass ein Quasi-Totalverbotdroht: denn als kommerziell giltz. B. nur schon die Entgegennahmevon Mitgliederbeiträgen …Nur Angehörige oder Ärzte, die«befreundet» sind, dürfen noch denSchwerleidenden beim Sterben helfen.Doch weil erstere nicht wissenwie und zweitere nicht wollen, wirddie Suizidhilfe damit aus Deutschlandwohl verschwinden.Ärzteschaft, Pflegeinstitutionenund Kirchen könnten frohlocken.Doch um auch noch die paar Fällevon Hilfe unter Freunden auszuschalten,verlangen sie ein Totalverbotim Gesetz.Das wäre zwar nicht rechtsstaatlich;denn ist die Tat (Suizid) erlaubt,kann die Beihilfe dazu (Freitodbegleitung)nicht verboten sein;das kümmert die (heilige) Allianzaber nicht. Letzten Sommer richtetesie ein regelrechtes Feuerwerkvon Pressecommuniques gegen denGesetzesentwurf.Nicht ohne Wirkung. Der Ethikrat– ein professorales, Regierungund Parlament beratendes Gremium– sah sich gezwungen, denGesetzesentwurf unter die Lupe zunehmen.Zur finalen Meinungsbildung zoger vier Fachpersonen bei: den Chefder deutschen Ärzteschaft, denobersten Suizidpräventionsfachmannsowie zwei Expertinnen ausder Schweiz: eine Strafrechtlerinmit deutschen Wurzeln und die FreitodbegleitungsverantwortlichebeiEXIT, Dr. med. Marion Schafroth.Die EXIT-Vertreterin trat souverän,kompetent und vor allemmenschlich überzeugend auf. IhreAusführungen wurden von Beobachternund Medien gelobt und zitiert.Dass EXIT dem deutschen Ethik-EXIT-VorstandsmitgliedDr. med. Marion Schafrothvor dem Ethikrat in BerlinKORRESPONDENTENBERICHTSchweizer EXIT weist ethische Bedenken zurückBERLIN In einer Anhörung desdeutschen Ethikrates ging es um denGesetzesentwurf der Bundes regierung,der ein Verbot der «gewerbs mässigen»Sterbehilfe, aber Straffreiheit für nahestehendePersonen vorsieht.Die Schwelle zum Suizid dürfe nichtherabgesetzt werden. Dafür plädierteÄrztepräsident Frank Montgomery inder mehrstündigen Anhörung. Er befürchteteine Zerstörung des Arztbildes,wenn Ärzte beim Suizid assistierten.Dem widersprach das Vorstandsmitgliedder Schweizer SterbehilfeorganisationEXIT, Marion Schafroth, selbstMedizinerin.Die deutsche Bundesregierung willden neuen Paragrafen 217 im Strafgesetzbuchschaffen, um die «gewerbsmässigeVermittlung von Gelegenheitenzur Selbsttötung» zu verbieten.Gemeint sind damit Vereine, bei denenMenschen, die sterben wollen, Unterstützungdazu bekommen. Enge Angehörigeoder Freunde – auch wennsie Ärzte sind – sollen hingegen nichtdafür belangt werden.Ärztevertreter Montgomery lehntden Passus ab. Eine ärztlich assistierteHilfe zum Suizid sei generell abzulehnen.Dies gelte auch für jede Art derorganisierten Sterbehilfe.Auch nach Ansicht der SterbehilfeorganisationEXIT ist die Suizidhilfejedoch keine generelle ärztliche Aufgabe,sondern fällt in persönlicheVerantwortung und Entscheidung derÄrzte. Schafroth wies aber Befürch-16 EXIT-INFO 4.2012


ENGAGEMENT IM AUSLANDEthikratrat Auskunft geben muss, zeigt, wiegross die Berührungsängste sind.Deutschland hat mindestens dreieigene Vereine, doch diese sind javielleicht bald verboten (auch dieVermittlung von Sterbehilfe gilt alskommerziell), und so werden siejetzt schon geschnitten. Selbst vomEthikrat.Die Anhörung der vier Fachleuteund die Diskussion fand – tadellosorganisiert – in einem klassizistischenSaal am Berliner Gendarmenmarktstatt. Die Standpunkte wa renrecht einseitig, die Sätze gedrechseltund verschlungen zugleich.Weiter vom Volk, um dessen Sterbeproblemees eigentlich ginge, hättedas Gremium nicht sein können.Und so erstaunt auch das Resultatnicht: Das eigene Sterben zu beschleunigen,entspricht den gutenSitten nicht; Selbstbestimmung istzu hoch fürs Volk; der Sterbehilfemuss härter begegnet werden alsnur mit einem Verbot der Gewerbsmässigkeit.Immerhin rügte der Rat der Weisendie Ärzte: Es sei unethisch,wenn sie sich Sterbehilfe gegenseitigmit Standesregeln verböten, wennschon müsse das der Staat tun …Und so wurde rasch klar: DieEthik ist offenbar ungeeignet, umüber Sterbehilfe in Deutschland zubefinden; wenn schon, wird dasletztlich wohl die Justiz tun müssen,dann nämlich, wenn sie vonden drei unangehörten Vereinenangerufen wird, welche das Quasi-Verbot abwenden möchten.Und: Noch dauert es also, bisSchwerkranke in Deutschland mitruhigem Gewissen und in Würdeselbstbestimmt sterben dürfen. DieLeidenden stimmen weiterhin mitden Füssen ab und kommen zumselbstbestimmten Sterben in dieSchweiz.KOMMENTARDie Bedürfnisseder Menschen zählenwenigIn der Sterbehilfe-Frage dürfen in Deutschlandnicht Bürgerinnen und Bürgerentscheiden. Und selbst ihre Meinung,die gleich wie in allen anderen westeuropäischenLändern mit grosser Mehrheitfür die Selbstbestimmung am Lebensendeist, zählt nichts. Entscheiden tun alleinPolitiker; die Meinung abgeben dürfennur Experten aus Gesundheitsindustrie,Kirchen und Universitäten. Und wenn esfür einmal wirklich nicht ohne das Fachwissender Sterbehilfe- und Selbstbestimmungsorganisationengeht, dann werdennicht etwa die Vereine in Deutschlandangehört, sondern einer aus dem Ausland.Und so kam es, dass EXIT vergangenenHerbst mit Vorstandsmitglied und ÄrztinMarion Schafroth an einem Hearing inBerlin den Meinungsbildungsprozess desdeutschen Ethikrates mitbeeinflussenkonnte – und sich dabei mitten in einemInteressenskampf zwischen Gesundheitsanbietern,Politik und Kirche wiederfand.Nicht überraschend zählen dabei dieBedürfnisse und Schicksale von Menschenam Lebensende wenig im Vergleich zuden Interessen und Glaubenssätzen von«Experten» wie der StrafrechtsprofessorinBrigitte Tag oder dem ÄrztevorsitzendenFrank Ulrich Montgomery.BERNHARD SUTTERtungen Montgomerys zurück, wonachdie Bereitschaft zur Sterbehilfe dasärztliche Berufsethos zerstören würde.«Sterbehilfe kann der letzte, vonLeiden erlösende und manchmal besteDienst für einen Mitmenschen sein.Ein Akt von grösster Humanität», sagteSchafroth.Die deutsche Medizinethikerin BrigitteTag von der Universität Zürichsagte, es gebe in keiner Weise Anhaltspunkte,dass Ärzte durch das Verabreichentödlicher Medikamente in ihremBerufsethos «verbogen» würden.Schafroth verwies darauf, dass EXITstrenge Kriterien festgelegt habe, unterdenen der Verein Sterbehilfe leiste.Zunächst würden ärztliche Zeugnisseeingeholt und intensive Gespräche mitden Patienten geführt, in denen auch Alternativenzum Selbstmord auf gezeigtwürden. Die Urteils- und Handlungsfähigkeitdes Patienten, der unter einerunheilbaren Erkrankung oder unzumutbarenBehinderung leide, müssesichergestellt sein. Jeder Todesfallwerde von den Behörden untersucht.Der Ethikrat begrüsste nach Abschlussder Anhörung die Pläne derBundesregierung, die organisierte Suizidhilfegesetzlich zu regeln. Er seialler dings mehrheitlich der Auffassung,dass der vorliegende Gesetzesentwurfmehr Probleme als Lösungenschaffe. Es bestehe die Gefahr, dassdurch die Beschränkung auf die gewerbsmässigeSuizidhilfe grössereAn reize für andere Formen der organisiertenHilfe geschaffen würden. DerEthikrat plädierte dafür, «jede Formder organisierten Suizidbeihilfe zuregulieren».FRIEDHELM GREISEXIT-INFO 4.2012 17


UMFRAGE/PATIENTENVERFÜGUNGEuropas Völker fordernMöglichkeit der SterbehilfeDie EU-Bevölkerung verlangt mit meist sehr grossen Mehrheiten, dass inihren Staaten Sterbehilfe wie in der Schweiz üblich wird. Dies ergibt einerepräsentative Umfrage der Vereinigung der Medizinalrechtsanwälte.In Spanien und in Deutschland könnensich 78 bzw. 77 Prozent derBefragten vorstellen, selber einmalSterbehilfe in Anspruch zu nehmen– das sind sogar noch deutlich mehrals in der Schweiz. Strafen für professionelleSterbehilfe werden vonje 82 Prozent der Spanier und Portugiesensowie von 76 Prozent derDeutschen massiv abgelehnt. DieHaltung der deutschen Bundesärztekammer,welche Ärzten Sterbehilfevollständig verbieten will, wird vonden Deutschen mit satten 80 Prozentabgelehnt.Dies und mehr geht aus einervon der Vereinigung der SchweizerMedizinalrechtsanwälte (SMLA) erfolgten,multinationalen Online-Befragungdurch das Schweizer MeinungsforschungsinstitutIsopublichervor. Es handelt sich um die erstederart, gleichzeitig in zwölf europäischenLändern durchgeführte Meinungsforschung.Befragt wurdenletzten Herbst mindestens je 1000Personen in Dänemark, Deutschland,Finnland, Frankreich, Griechenland,Grossbritannien, Irland,Italien, Österreich, Portugal, Schwedenund Spanien. Damit sind nachden Regeln der Meinungsforschungdie Ergebnisse repräsentativ.Wichtige Neuerungen zur PatientenverfügungDeutliche Bejahungder SelbstbestimmungOb es dem Individuum überlassenbleiben solle oder nicht, zu entscheiden,wann und wie es sterbenwolle, wurde weiter gefragt. In allenLändern stimmte eine Mehrheitvon bis zu 87 Prozent (Deutschland)zu. Diese Auffassung entspricht derRechtsauslegung des EuropäischenGerichtshofes für Menschenrechte.Allerdings widerspricht dem dasStrafrecht in den meisten europäischenStaaten: Es stellt die Hilfezum Suizid zumeist unter Strafe ...In allen Ländern gab es überdeutlicheZustimmung zu Selbstbestimmungund Sterbehilfe von inder Regel über 75 Prozent – ausserin Griechenland. Dieses fiel, vermutlichaus religiösen Gründen,durchwegs etwas ab. Aber auchhier lag die Zustimmungsrate imMehrheitsbereich von über 50 Prozent.(PD)Das neue Schweizer Erwachsenenschutzrechtist am 1. Januar 2013 inKraft getreten. Hier finden Sie Neuerungenim Überblick.Das behandelnde medizinische Personalwird auch in Zukunft verpflichtet sein,den mutmasslichen Willen einer nichturteilsfähigen Person zu eruieren undim Sinne dieses Willens zu handeln. Anerster Stelle steht dazu das Instrumentder Patientenverfügung, im Folgendenvon der Person ernannte Vertretungspersonen,erst im weiteren Beistände oderder nicht urteilsfähigen Person nahestehendeAngehörige.Neu werden die Ärzte in einer Entscheidungssituationbei einer nicht urteilsfähigenPerson verpflichtet sein,nach einer Patientenverfügung zu suchenund diese umzusetzen. Wollen sieden Anweisungen einer Patientenverfügungnicht Folge leisten, so müssen siedies im Patientendossier begründen.Die erste, in der Patientenverfügungaufgeführte Vertrauensperson fungiertgleichzeitig als Vertretungsperson undist somit angehalten und befugt, stellvertretendfür die verfassende Personmedizinische Entscheidungen zu treffen,falls eine Situation auftritt, welchein der Patientenverfügung nicht geregeltist.Die medizinischen Leistungserbringerwerden auf Verlangen den Hinterlegungsortder Patientenverfügung aufder Versichertenkarte der Krankenkassespeichern.In Konfliktfällen kann jede der nichturteilsfähigen Person nahestehendePerson schriftlich die neu geschaffeneErwachsenenschutzbehörde anrufenund beurteilen lassen, ob die Interessender urteilsunfähigen Person gefährdetoder nicht mehr gewahrt sind (z. B.wenn vermutet wird, dass einer Patientenverfügungentgegen dem Willen derverfügenden Person nicht entsprochenwird).Wie bis anhin ist eine Patientenverfügungschriftlich zu errichten, zu datierenund zu unterzeichnen. In regelmässigenAbständen ist eine Aktualisierungmittels Datum und Unterschriftempfehlenswert. (MK)Ausführliche Informationen zum neuenErwachsenenschutzrecht entnehmenSie bitte dem Artikel von Ilona Bethlen,Rechtsvorstand EXIT, im EXIT-«Info»3.12 oder der nächsten Nummer 1.13.Bei Fragen steht Ihnen die Geschäftsstellevon EXIT unter 043 343 38 38 gernezur Verfügung. Im Jahr 2012/13 ausgegebeneEXIT-PVs sind bereits der neuenRechtslage angepasst.18 EXIT-INFO 4.2012


Werben Sie Mitglieder ...EXIT gehört zu den grössten Vereinigungen der Schweiz.Wir zählen um die 65 000 Mitglieder und gewinnen jedenTag neue – dank Ihnen, unseren bestehenden Mitgliedern.Denn Sie erzählen Familie und Freunden vom Schutz undder Sicherheit, die EXIT bietet, von der Patientenverfügung,die nur EXIT im Notfall aktiv durchsetzt, und natürlichvom Recht auf Selbstbestimmung und auf ein Sterben inWürde.Bernhard SutterVizepräsidentEXIT macht wenig Werbung, setzt viel mehr auf Ihre Argumenteund persönlichen Bemühungen.80 Prozent der Bevölkerung stehen hinter uns, aber längstnoch nicht alle sind Mitglied. Werben Sie mit untenstehendemTalon neue Mitglieder!Jeder Beitritt stärkt uns, dies gerade in einer Zeit, in dermanche Seite die Wahlmöglichkeiten am Lebensendeeinschränken möchte. Jedes Lebenszeitmitglied bringtuns einen wichtigen Schritt voran auf dem Weg zu mehrSelbstbestimmung und Würde.... oder spenden Sie für unsere gemeinsame Sache!Beitrittserklärung Frau* Herr* Patientenverfügung auf DE FR IT EN ESName*Vorname*Strasse*PLZ/Ort*Telefon*NatelE-MailBerufGeburtsdatum*Heimatort* Jahresbeitrag CHF 45.–* Lebenszeit CHF 900.–*Ich nehme zur Kenntnis, dass meine Mitgliedschaft erst nach Bezahlungdes Beitrags rechtsgültig ist.DE: Deutsch FR: Französisch IT: Italienisch EN: Englisch ES: Spanisch* Pflichtfelder


Dafür steht EXIT Vereinigung für humanes Sterben EXIT schützt Sie und Ihre Liebsten im Spital. Ärztliche Massnahmen gegen den Patientenwillensind nicht erlaubt. Für den Fall, dass Sie schwer krank oder verunfallt sind und Ihren Willen nichtäussern können, trägt die EXIT-Patientenverfügung Sorge. EXIT hilft Menschen, die leiden und im Weiterleben keinen Sinn mehr sehen, diese Weltin Frieden zu verlassen. In der Schweiz ist Suizidhilfe legal. EXIT engagiert sich darin seit über30 Jahren. Die professionelle Geschäftsstelle und ein Team von ehrenamtlichen, erfahrenen Freitodbegleiterinnenberaten und helfen, wo es die seriösen Richtlinien von EXIT zulassen. EXIT engagiert sich für das Selbstbestimmungsrecht und setzt sich politisch für dessenGewährleistung ein. Allein seit dem Jahr 2000 hat es in den Eidgenössischen Räten über einDutzend Vorstösse zur Sterbehilfe gegeben. Lange versuchte der Bundesrat die Möglichkeit zurFreitodhilfe einzuschränken. EXIT hält Kontakt zu Parteien, Parlamentariern und dem Bundesratund informiert und begleitet sämtliche politischen Schritte im Sinne unserer Sache. EXIT setzt im Fall der Fälle Ihre Patientenverfügung mit aktiven und juristischen Mittelndurch. Als einzige Patientenverfügungs-Organisation der Schweiz kommen die EXIT-Vertreter an IhrSpitalbett und helfen Ihren Angehörigen bei der Durchsetzung Ihrer Anweisungen. EXIT respektiert die Schweizer Gesetze und die Rahmenbedingungen für die legale Hilfebeim Freitod. EXIT kooperiert auch mit Ärzteschaft, Behörden, Justiz und Polizei. EXIT ist politisch und konfessionell neutral und hat keinerlei wirtschaftliche Interessen.EXIT ist als erster Patientenverfügungs-Verein 1982 gegründet worden und mit rund 65 000Mitgliedern heute grösste Sterbehilfeorganisation.MitgliedschaftAuszug (gekürzt) aus den Statuten:EXIT nimmt urteilsfähige Personen, die das 18. Altersjahr vollendet haben,als Mitglied auf, sofern sie das schweizerische Bürgerrecht besitzen oder alsAusländer in der Schweiz wohnhaft sind. Die Aufnahme erfolgt auf Antrag dergesuchstellenden Person. Der Vorstand kann Aufnahmegesuche ablehnen.Das Mitgliederverzeichnis ist geheim zu halten. Die Mitgliedschaft erlischtdurch Tod, Austritt, Streichung oder Ausschluss.Der jährliche Mitgliederbeitrag beträgt CHF 45.–,derjenige auf Lebenszeit CHF 900.–Bitte in einem frankierten CouvertsendenEXIT – Deutsche SchweizPostfach 4768047 ZürichFür eine kostenlose Freitodbegleitung beträgt die minimale Mitgliedschaftsdauerdrei Jahre. Für eine Begleitung von Personen, die weniger als drei Jahre EXIT-Mitgliedsind, wird mindestens der Beitrag einer lebenslangen Mitgliedschaft (CHF900.–) erhoben.


Auch Spendengelder sind nötig für die Beratung von Menschen mit schwerstem Schicksal für komplizierte Rechtsfälle im Gebiet der Sterbehilfe für den politischen Weg hin zu einer liberalen Gesetzgebung für nachhaltige Forschung und langjährige Studien für das Äufnen etwa der EXIT-Stiftung palliacuraDiese und weitere Anstrengungen unternimmt EXIT neben ihrem Einsatz für Patientenverfügung undFreitodbegleitung.Bitte nutzen Sie untenstehenden Einzahlungsschein auch für Ihre Spende.Herzlichen Dank.Adressänderungnur für bestehende MitgliederbisherMitglieder-Nr.neugültig abNachnameVornamePostfachStrasse/Nr.PLZ /OrtTelefonwarzfilm e-Mailtfilm441.02 09.2004 PFES-Grundfilm für Rotdruck, Querformat, Standardausführung POST, Millimeter-ZuschnittFilm de base BV pour l’impression en rouge, format horizontal, modèle standard de LA POSTE, coupe en millimètresFilm di base PV per la stampa in rosso, formato orizzontale, esecuzione standard POSTA, taglio in millimetriBitte in frankiertem Umschlag schicken an: EXIT – Deutsche Schweiz, Postfach 476, 8047 ZürichRaster 48, Dichte 9%Trame 48, densité 9%Retino 48, densità 9%Empfangsschein / Récépissé / Ricevuta Einzahlung Giro Versement Virement Versamento GirataEinzahlung für / Versement pour / Versamento per Einzahlung für / Versement pour / Versamento per Zahlungszweck / Motif versement / Motivo versamentoEXIT - DEUTSCHE SCHWEIZMühlezelgstrasse 45Postfach 476CH-8047 ZürichEXIT - DEUTSCHE SCHWEIZMühlezelgstrasse 45Postfach 476CH-8047 ZürichSpendeMitgliederbeitragKonto / Compte / ContoCHF▼▼80-30480-9Konto / Compte / ContoCHF▼▼80-30480-9Einbezahlt von / Versé par / Versato daEinbezahlt von / Versé par / Versato da••105441.02Die AnnahmestelleL’office de dépôtL’ufficio d’accettazione800304809>800304809>


Was Theologen meinen«Man könnte sagen, der selbstbestimmte Tod sei Gott ins Handwerkgepfuscht. Aber das macht die moderne Medizin ja auch.Man lässt die Leute heute nicht mehr einfach einen sanften Todsterben.»Kurt Marti, *1920, Schweizer Pfarrer und Schriftsteller«L’euthanasie volontaire n’est pas un choix entre la vie et la mort,elle est un choix entre deux façons de mourir.»Jacques-Marie Pohier, 1926 –2007, franz. Theologe und Kirchenkritiker«Das Recht auf Weiterleben ist keine Pflicht zum Weiterleben;das Lebensrecht kein Lebenszwang.»Hans Küng, *1928, Schweizer Moraltheologe«Die Bibel ist keine Gebrauchsanweisung für [...] medizin-ethischeFragen des 21. Jahrhunderts. Sie gibt Grundideen vor, und jederChrist muss sich dann selber zu einer Position durchringen, geradein Fragen der Medizinethik wird es niemals eine einheitlichePosition geben.»Michael Friess, *1974, deutscher Theologe


PAGINA IN ITALIANOSerata sul diritto di morireUn folto pubblico ha assistito alla serata organizzata il 15 novembre dai Liberi Pensatori in collaborazionecon <strong>Exit</strong> Ticino dal titolo «Il diritto di morire», tema che affrontava l’accompagnamentoalla morte, un momento della vita che ancora oggi viene spesso vissuto con difficoltà.La serata ha avuto successo nonostantesia stata spostata all’ultimomomento dal cinema Lux di Massagnoa Manno presso la sala Aragonite.Abbiamo cercato di risolverel’imprevisto dirottando le personeverso la nuova destinazione. Purtopponon siamo riuscite a raggiungerletutte. Ci scusiamo e ringraziamo perla comprensione.La serata è iniziata con la proiezionedel film «<strong>Exit</strong>: le droit demourir», di Fernand Melgar, premiodel cinema svizzero come migliordocumentario del 2006. La pellicolaha trattato per un’ora e un quartol’attività concreta che gli accompagnatoridella sezione romanda di<strong>Exit</strong> compiono nei confronti dei loroassociati. Dalla ricezione di telefonatedi persone interessate al suicidio,ai momenti di assemblea o alleconferenze all’estero per spiegareuna situazione legale unica al mondo.Un documentario che raccontal’umanità di persone che mettonosé stesse in gioco per offrire unamorte più dignitosa possibile a chiormai non riesce più a trovare sensonella vita che conduce. Donne euomini confrontati con i problemiquotidiani, soprattutto di malati eanziani, gruppi di accompagnatoriche si aiutano fra di loro a capirecome comportarsi per evitare diattaccarsi troppo ai propri pazientio per dirsi quali tecniche siano miglioriper aiutare l’assunzione deibarbiturici. Un documentario sofficee forte, che non nasconde nullaallo spettatore, ma che riesce a dareuna visione chiara della realtà.Al documentario è seguito unmomento di dibattito con il dottorFranco Cavalli, oncologo, ed ErnestoStreit, coordinatore di <strong>Exit</strong> in Ticino,moderati dal giornalista MarcoCagnotti. L’obiettivo della serataera informare, senza fare polemica,né sollevare particolari polveroni.I due oratori hanno svolto serenamentequesto compito, portando laloro esperienza in scena su un temaestremamente complesso e intimo,che può toccare gli animi nel profondo.Il pubblico ha quindi potutoscoprire più da vicino <strong>Exit</strong> (60mila aderenti in Svizzera internae Ticino, 20 mila in Romandia),un’associazione per soli residentiin Svizzera, che aiuta i propri socicon l’accompagnamento al suicidioassistito, ma anche con la compilazionedei cosiddetti testamenti biologicie con altri servizi. Un’associazioneche basa sulla vicinanza traaccompagnatori e pazienti la suaragion d’essere. Ma il pubblico hapotuto sentire anche l’altra facciadella medaglia, quella del medicoche segue pazienti in fase terminalee per i quali improvvisamente l’ideadel suicidio si fa più attuale. Un medico,Franco Cavalli, che è riuscitoa dimostrare una profonda umanitàparlando della sua esperienza diretta.Passando dalla realtà ospedalieraall’impostazione giuridicadella materia in Svizzera, è riuscitoa dare un quadro di lettura ampioed esaustivo che ha appassionatogli spettatori.Ed infine è stato il momento delpubblico, che per più di un’ora haproposto domande e riflessioni aglioratori, cercando di avvicinarsi aiproblemi concreti che l’aiuto al suicidiopuò porre (chi assume barbituricipuò poi donare gli organi?Come funziona la tessera di <strong>Exit</strong>?Come fanno gli stranieri a goderedell’aiuto al suicidio, vietato nei Paesilimitrofi? …)Una serata organizzata conl’obiet tivo di proporre un momentodi incontro, di scambio e di informazione.Sicuramente una serata benriuscita, prova ne sono anche le molteplicirichieste di affiliazione ricevuteda <strong>Exit</strong> ancora la serata stessa.ERNESTO STREITFoto e parte del testo: «TicinoLibero»www.ticinolibero.chIl dibattito con il dottor Franco Cavalli ed Ernesto Streit, coordinatoredi EXIT in Ticino, moderati dal giornalista Marco Cagnott.EXIT-INFO 4.2012 19


EXIT-INTERN15 Frauen und Männer arbeiten bei EXIT Zürich,die Jüngste ist Mitte 20, der Älteste ist derLeiter der Geschäftsstelle, Hans Muralt.Während sich die einen mit der Beratung derMitglieder befassen, kümmern sich die übrigenum die Verwaltung der rund 65 000 Mitgliederunseres Vereins.Der Arbeitstag startet meistens mit einem grossen BergPost, der von einer der Administrativkräfte geöffnet undverteilt wird, ebenso arbeitet sich diese Mitarbeiterindurch einen vollen, elektronischen Briefkasten und sorgtdafür, dass alle Anfragen an die richtigen Adressaten imdreigeschossigen Haus in Zürich-Albisrieden gelangen.Der Kontakt mit Mitgliedern und Interessierten geschiehtüber Briefpost, Telefon, Mail, Fax und in persönlichenGesprächen. Insbesondere der telefonische Kontaktverlangt einerseits ein grosses Sachwissen undandererseits häufig Einfühlungsvermögen für Personenin schwierigen Situationen. Oft beginnen Telefonatemit Fragen nach Administrativem, etwa der Höhe desMitgliederbeitrags und enden in der Schilderung einertragischen Lebensgeschichte oder dem Äussern einesSterbewunsches, für welchen der Anrufende vielleichtnicht auf Anhieb den Mut oder die richtigen Worte gefundenhat.Mit dem kontinuierlichen Wachstum des Vereinswächst auch das Arbeitspensum, das auf der Geschäftsstellezu bewältigen ist. Täglich verlassen biszu 50 Informationsbroschüren, Anmeldeformulare,Mitgliedschaftsunterlagen und Patientenverfügungendas Haus. Auch die Anträge auf Freitodbegleitungnehmen zu. Hans Muralt (62), Leiter der Geschäftsstelle,hat 2002 den Auftrag erhalten, die administrativeArbeit von EXIT zu professionalisieren. Denmassiven Zuwachs und Erfolg von EXIT erklärt er mitder zunehmenden Präsenz und Akzeptanz des ThemasSterbehilfe in der Bevölkerung. Vor zehn Jahrenhabe er als Vorgesetzter aus einem grossen Unternehmenzu EXIT gewechselt, weil er wieder einen überschaubarerenBetrieb leiten wollte; nun ist auch EXITgrös ser geworden. Seine Motivation ist aber auch heuteungebrochen, er habe immer noch täglich mit MitgliedernKontakt, was er sehr schätze. Sehr oft spüreer die Anerkennung und bekomme positive Rückmeldungen.Ob er auch weniger schöne Erlebnisse gehabthabe, sich geärgert habe in all diesen Jahren, frageich ihn. Natürlich, er habe sich oft geärgert, aber dasgehöre nicht ins Vereins organ, sagt er und lacht herzlich.Zwischendurch sei er jedoch tatsächlich an dieGrenzen seiner Belastbarkeit gestos sen und habe lernenmüssen, dass nicht alles machbar sei, auch wennman sich noch so sehr engagieren wolle. Und dannleitet er direkt über zu seinem Team, von welchem ernur Gutes zu sagen hat: Das Engagement der einzelnenMitarbeitenden der Geschäftsstelle sei überdurchschnittlich.Der dienstälteste Mitarbeiter im Betrieb ist DinoPigoni (59), zuständig für die administrative Bearbeitungvon Anträgen auf Freitodbegleitungen. Vor 15Jahren seien sie noch zu dritt gewesen, alles sei vielkleiner und «handgestrickter» gewesen. Heute sei derDruck enorm gestiegen, innert kürzester Zeit Anträgezu bearbeiten. Manchmal wünsche er sich die Zeitenzurück, in denen es eine Dreimonatsfrist gegeben habe,welche zwischen Kontaktaufnahme und Freitodbegleitunghabe liegen müssen. Dennoch schätzt auch er dentelefonischen Kontakt mit den Menschen, die sich andie Geschäftsstelle wenden. Sicher habe er mehr Tragischesund Trauriges als Lustiges gehört. Man merktDino Pigoni an, dass er sich berühren lassen kann. Ererzählt von einem Telefonat mit einer schwer krankenFrau, mit der er mehrfach telefonischen Kontakt gehabthatte im Vorfeld ihrer Freitodbegleitung. Am Tag ihrerEin Tag aufHans MuraltBegleitung habe die Frau sich nochmals bei ihm gemeldetund habe ihn «durchs Telefon umarmt». Das seifür ihn sehr bewegend gewesen und sei es noch heute,wenn er daran denke. Er halte es für wichtig, dass manan diesem Arbeitsort etwas aushalten könne, belastbarsei, Ruhe bewahren könne. Das gelinge nicht immerund allen, aber er sei einer, der es gerne gut habe mitallen und versuche, sich entsprechend zu verhalten.Ab 9 Uhr klingelt das Telefon beinahe ununterbrochen.Seit kurzem verfügt die Geschäftsstelle überein modernes Verteilsystem, welches die Anrufendenmöglichst direkt mit einer für ihr Anliegen zuständigenPerson verbindet. Anja Kettiger (32) arbeitet seitrund einem Jahr auf der Geschäftsstelle, zum einen inder Mitgliederadministration und zum anderen bearbeitetsie wie Dino Pigoni und drei weitere MitarbeiterinnenAnträge auf Freitodbegleitungen. Ab 2013 wirdsie vollumfänglich zum Team der Freitodbegleitungs-Dino Pigoni20 EXIT-INFO 4.2012


EXIT-INTERNAdministration gehören. Sie schätze die Kombinationaus Büroarbeit und teilweise anspruchsvollen Gesprächenmit den Anrufenden sehr. Sie habe nach Abschlussihres Psychologiestudiums einen Bürojob gesucht,um Geld zu verdienen, nun könne sie auf idealeWeise die exakte administrative Arbeit mit ihrem Fachwissenvereinen. Sie möge es, genau zu arbeiten, Aktenzusammenzustellen, alle notwendigen Unterlagen füreine Freitodbegleitung vorzubereiten. Gleichzeitig seiihr die Beratung der Mitglieder und deren Angehörigenam Telefon sehr wichtig. Oft spüre sie, dass Angehörigeenorm mit der sterbewilligen Person befasst seien unddabei vergässen, sich selbst Sorge zu tragen. Sie sehees als wichtige Aufgabe an, auch bei diesen Personennachzufragen, wie es ihnen gehe und höre lieber einmalfünf Minuten länger zu – wenn auch eine pendenteAdressänderung warten müsse. Bei sehr schwierigenmanchmal von den Anrufenden etwas mehr Geduld –diesen sei wohl oft nicht bewusst, wie wenige Leuteauf der Geschäftsstelle einer sehr grossen Anzahl anMitgliedern gegenüberstehe.Diana Schütz (33) ist seit diesem Sommer als administrativeAushilfskraft bei EXIT angestellt. Sie habeeinen grossen Sprung gewagt. Zuvor habe sie acht Jahreals Pflegende in einem Alters- und Pflegeheim gearbeitet.Während ihrer Tätigkeit im Heim habe sie abund zu Situationen erlebt, in welchen die BewohnerInnenvom Sterben sprachen und auch sterben wollten.Die Patientenverfügungen habe sie dort aber leider alsunnütz erlebt. Die Bewohner hätten meist eine vomHeim vorabgefasste Verfügung ausgefüllt, welche zuviel Interpretationsspielraum zugelassen habe. Wenneine Bewohnerin von EXIT gesprochen habe, sei diesesAnliegen meist nicht ernst genommen worden.der GeschäftsstelleAnja KettigerGesprächen profitiere sie von ihrer Arbeitserfahrung inPsychiatrischen Kliniken. Dort habe sie auch gelernt,sich abzugrenzen. Ob es etwas gebe in ihrem Arbeitsbereich,das sie nicht so gerne tue. «Ja, allerdings!»,sagt sie und lächelt etwas schief, da sie diese Aufgabevon mir übernommen hat: Sie bearbeite unter vielemanderem auch so genannte Austritte durch Dritte. Erstenssei die Ausgangslage unangenehm, wenn mandavon ausgehe, dass jemand selbstbestimmt und vorsorgendeine Mitgliedschaft bei EXIT abgeschlossenhabe und eine Patientenverfügung hinterlegt habe,womöglich genau für die Situation, in der er oder sienun sei; und dann beschliesse ein Angehöriger oder einBeistand stellvertretend, dass diese Mitgliedschaft nunüberflüssig geworden sei. Diese Personen zu erreichenund anzurufen und ihnen die Wichtigkeit der Patientenverfügungzu erklären, koste sie manchmal schonetwas Nerven, gibt sie zu. Ausserdem wünschte sie sichZweimal habe sie auch unbegleitete Suizide erlebt. Siewünsche sich, dass die Menschen wieder mehr überden Tod nachdächten, diesen von Beginn an als zumLeben dazugehörig ansähen. Sie selber sei jung, dennochwisse sie ganz genau, dass ihr Leben jeden Tag zuEnde sein könnte und das sie sicher nicht «als Pflegefalldahin vegetieren will». Sie hält EXIT darum für einegute Sache, weil es die Menschen dazu bringe, über ihrLeben und Sterben nachzudenken.Nachdem die Telefonleitungen um 16 Uhr schliessen,kehrt akustisch zwar etwas Ruhe ein im Haus, zu tungibt es aber für alle immer noch mehr als genug. Und sokann es passieren, dass auch noch um 19 Uhr im einenoder anderen Büro Licht brennt – Hans Muralt hat alsoRecht, das Arbeitsvolumen auf der Geschäftsstelle istgross, das Engagement der Mitarbeitenden auch.MELANIE KUHNDiana SchützEXIT-INFO 4.2012 21


PALLIACURA«Über den Tod reden, ist lernbar»Den eigenen Vater gehen lassen – Publizist Ueli Oswald hat dies bewogen,ein Tabuthema anzugehen: den Bilanzsuizid alter Menschen.«Ich war ein schrecklicher Laie.» Sospricht einer, der 2009 mit dem Buch«Ausgang» für Aufsehen gesorgt hat.Ein Buch über das Begleiten unddas Sterben des eigenen Vaters, der,wie Ueli Oswald sagt, nicht lebensmüdewar, aber lebenssatt. So begannOswald, der Zürcher Publizist,auch sein Referat am Weltkongressder Sterbehilfe in Oerlikon. Und soschreibt er im Werk «Der organisierteUeli Oswald, *1952, Zürich, studierte Ethnologieund Publizistik und arbeitet heute alsfreier Publizist, Coach und Mediator. 2009veröffentlichte er im Verlag Edition Epoca dasviel beachtete Buch «Ausgang: Das letzte Jahrmit meinem Vater» (ISBN 978-9-905513-47-9).Heinrich Oswald, Generaldirektor und Oberstleutnant,war mit 90 Jahren mithilfe von EXITaus dem Leben geschieden.ANZEIGETod», ein Buch über Pro und Contrazur Sterbehilfe und Selbstbestimmungam Lebensende. Ein Laie warOswald, was das Sterben betraf. Erstmit 50 Jahren sah er zum ersten Maleinen toten Menschen. Seine Mutter.Früher hielt immer jemand den Todvon ihm fern. «Das Thema war inunserer Familie total tabuisiert.»Nach dem Bilanzsuizid seinesVaters entschied sich Ueli Oswald,dieses einschneidende Erlebnis mitder Öffentlichkeit zu teilen. Denn,wie er fand, müssten mehr Menschenüber dieses Thema und dieseArt zu sterben Bescheid wissen.Also schrieb er ein Buch (s. Kasten).Die Entscheidungsfindung, die Geschichteöffentlich zu thematisieren,habe dabei fast länger gedauert,als das Buch zu schreiben,sagt Oswald rückblickend. Für ihnwar dieses Werk eine Chance zurAuthen tizität. Er verschwieg dabeiweder unangenehme, noch persönlicheEinzelheiten.Kein Diktat vom StaatHeute ist es Oswald wichtig, dasssich die beiden Sterbearten, Freitodbegleitungund Palliativmedizin,nicht gegeneinander ausspielen.«Jeder Betroffene darf und muss fürsich entscheiden können, was erwill.» Einige Menschen mögen ihreKrankheit mit Palliativ Care aushalten,für andere wiederum sei derWeg mit EXIT der richtige. Doch fastwichtiger ist Oswald, dass dieserpersönliche Entscheid, solange derBetroffene entscheidungsfähig ist,nicht vom Staat diktiert wird. «Denndas hätte etwas Arrogantes.»Ein von langer Hand geplanterTod – in Deutschland ist für vielenoch heute der begleitete Freitodtabu. Oswald geht gar soweit, dasser sagt, die dortigen Medien würdensich drücken, darüber zu berichten.Für ihn total unverständlich: «Eskann doch nicht sein, dass Freitodsuchendein die Schweiz getriebenwerden. Oder vor den Zug.» Vielsinnvoller sei es, frühzeitig überden Tod, die Palliativpflege oderSterbehilfe zu reden, bevor es einenselber betreffe. Weg von der Heimlichkeit,hin zu einer Offenheit, diebefreiend wirke. Das Sterben enttabuisieren.Oswald findet, dass Menschengerade so einander richtigkennenlernen. «Diese Diskussionensind schmerzhaft, also wird oft geschwiegen.Aber das Sterben ist zubedeutend, als dass es totgeschwiegenwerden darf.»JULIAN PERRENOUDDu siehst die leuchtende Sternschnuppe nur dann, wenn sie vergeht.(Christian Friedrich Hebbel)kirchlich unabhängigeAbschiedsfeierBegleitung in der Trauerdipl. theol. Wolfgang Weigand8400 Winterthur, 044 941 00 59www.abschiedsfeiern.ch22 EXIT-INFO 4.2012


AUSZEICHNUNG REISENInternationaler Preis für SterbehilfebuchDas Debattenbuch «Der organisierte Tod» aus dem Orell-Füssli-Verlag istmit dem wichtigsten Preis im deutschen Sprachraum zur Selbstbestimmungs-und Lebensendthematik ausgezeichnet worden. Zum Werk, dasvon der EXIT-Stiftung palliacura gefördert worden ist, haben namhafteAutoren und Experten beigetragen. Die Auszeichnung zeigt, dass dasPro‐ und Contra-Buch auch in Deutschland auf Anklang stösst.«Der organisierte Tod – Sterbehilfeund Selbstbestimmung am Lebensende»(Orell-Füssli-Verlag, Zürich)ist in Deutschland mit dem Arthur-Koestler-Sonderpreis 2012 ausgezeichnetworden. Die Preisverleihunghat gegen Ende Jahr vor grösseremPublikum am Berliner Spittelmarktstattgefunden. Herausgeberund Verlag konnten dabei den Preispersönlich entgegennehmen.Auszug aus der Laudatio derJury: «Das Buch zeigt gut diekontro verse Diskussion zum Themader Freitodhilfe auf. Es ist erstklassig.»Das Werk besteht aus Pro- undContra-Beiträgen zu Sterbehilfe undPalliative Care. Es umfasst wegweisendeArtikel namhafter Autorenwie dem Präventivmediziner undPolitiker Felix Gutzwiller, der PsychoonkologinMonika Renz, demEthiker Otfried Höffe, der StrafrechtlerinBrigitte Tag, dem SterbehelferRoger Kusch, dem SchriftstellerMartin Walser.Es ist in Deutschland in Lesezirkelninteressierter Bürgerinnenund Bürger im Vorfeld der Ärztedebatteüber die Freitodhilfe undder Bundesratsdebatte über ein Verbotder kommerziellen Sterbehilfebreit diskutiert worden.Laudatorin an der Preisverleihungwar Elke Baezner, Präsidentinder Deutschen Gesellschaft fürHumanes Sterben. Sie sagte u.a.:«Das Buch bietet ein Forum für einesachliche Präsentation höchst kontroverserMeinungen. Die Beiträgenamhafter, ja prominenter Befürworterund Gegner der Sterbehilfespannen einen Bogen von der Ethiküber die Politik, das Recht und denGlauben. Die Texte, jeweils gruppiertin Pro und Contra, behandelneinerseits die Theorie, die völkerrechtlichenAspekte, die Haltungder Kirchen ebenso wie die Verantwortungdes Staates, andererseitsdie Praxis am Sterbebett, mit sehrüberzeugenden Darstellungen derProbleme der Angehörigen wie derdes helfenden Arztes.»Der Arthur-Koestler-Preis istdie wichtigste Auszeichnungzur Selbstbestimmungs- und Lebensend-Thematikim deutschenSprachraum. Er wird von der DeutschenGesellschaft für HumanesSterben ausgerichtet. Benannt ist ernach dem europäischen Schriftsteller,der 1983 nach schwerer Erkrankungzusammen mit der Ehefrauden selbstbestimmten Tod gewählthat.EXIT als beliebter Gast bei PodiumsdiskussionenDer Vorstand und andere Exponentenund Fachleute haben unsere Organisationdiesen Herbst und Winter in einerganzen Reihe von Veranstaltungen vertretenund so der Selbstbestimmung amLebensende im In- und Ausland sowie inden Medien eine Stimme gegeben. Umnur einige Beispiele zu nennen: Auftrittean einem über dreistündigen Bio-Ethik-Forum in Konstanz, an einer Veranstaltungder Grünliberalen für die ThurgauerBevölkerung, vor dem Kiwanis-Clubin Zürich, an einer Kirchendiskussionin Hannover, in der TV-Sendung «Hart,aber fair», bei BBC-Radio, an Ärzte- undPsychiatrie-Kongressen, vor Studierenden,usw. usf. EXIT nutzt diese Gelegenheiten,um die Patientenverfügungbreiteren Bevölkerungsschichten vorzustellenund Verständnis für die Sterbebegleitungschwerleidender Patientinnenund Patienten zu wecken sowie denpolitischen Einsatz für die Selbstbestimmungam Lebensende zu stärken.Mitglieder, die einmal dabei seinmöchten bei einer solchen Podiumsdiskussion,können die Eröffnungsdiskussionan der Muba in Basel besuchenam 22. Februar 2013 um 13.30 Uhr aufdem Medienforum in der Messehalleoder sich unter www.exit.ch über weiteregeplante Veranstaltungen informieren.EXIT-INFO 4.2012 23


PRESSESCHAUDie ARD und der zänkische MönchDas erste deutsche Fernsehen hat sich Anfang Winter eine geschlagene Woche lang auf all seinen Kanälen mit demLebensende auseinandergesetzt. Ein wichtiges Thema war dabei die Freitodbegleitung. Und weil es die in Deutschlandfast gar nicht gibt, landeten die ARD-Reporterinnen und -Moderatoren zwangsläufig in der Schweiz und inmehreren Beiträgen und Talkshows auch bei EXIT. Trotz teilweise hoch-karätiger (zumeist aber eher durchschnittlicher)Sendungen fanden nicht die ARD-Recherchen die grösste Resonanz – sondern ein Mönch, der direkt aus demMittelalter seinen Weg ins TV-Studio gefunden zu haben schien.Hinter den SchlagzeilenNur Kälte statt barmherziger Wärmebei Bruder Paulus. [...] Es war schonirritierend, wie wenig Einfühlungsvermögen[der Diskussionsteilnehmer]Bruder Paulus aufzubringenvermochte, als er in der Sendung«Hart, aber fair» den Schweizer WalterBolinger, [dessen schwerkrankeFrau vor zwei Jahren mit Hilfe vonEXIT starb], schnippisch fragte, warumer denn seiner Frau nicht gleichdie Pulsadern aufgeschnitten habe.Der Kapuzinermönch sprach immerwieder von der «Eiseskälte»,die durch seine braune Kutte überseinen Körper krieche und ihn frierenließe, wenn er von Menschenhörte, die es nicht schafften, dieLebenskräfte ihrer trotz schwererKrankheit gezeichneten Nahestehendenzu erwecken.Doch in diesem Moment war eres, der Unheil säte statt barmherzigerWärme.Es war gleichfalls erstaunlichzu beobachten, wie Bolinger, einSchweizer Unternehmensberater,den [seltsamen] Worten des Geistlichenbegegnete: ruhig und besonnennämlich. Er sprach leise weiterund erzählte die Geschichte seineran Alzheimer erkrankten Frau, diejeden Lebensmut verloren hatteund mithilfe des Sterbehilfevereins«EXIT» ihr Leben schließlich beendete.Eine starke Persönlichkeit seiseine Frau gewesen, sagt Bolingereindringlich. Sie habe selbst bestimmenwollen, wann sie die Erdeverlässt.20.11.Kapuziner-Mönch greift [Angehörigenvon Verstorbener] verbal an. Mitihrer Themenwoche «Leben mit demTod» sorgt die ARD derzeit für Aufsehen.Am Montagabend ging es beiFrank Plasberg um das polarisierendeThema Sterbehilfe. Ausgerechnetein Kapuzinermönch [und Medien-Seelsorger] sorgte dabei für einenEklat. Bruder Paulus Terwitte sorgtemit einer brüsken Reaktion für einenkleinen Eklat und eine Verhärtungder ohnehin kaum kompromissbereitenPositionen: Quasi als Kronzeugefür die Sterbehilfe beschriebder Schweizer UnternehmensberaterWalter Bolinger, wie seine an Alzheimererkrankte Frau vor zwei Jahrenmit Hilfe der Organisation EXIT freiwilligaus dem Leben geschieden ist.Terwitte empfand die Schilderungdes Mannes als Aufruf, dem Beispielseiner Frau zu folgen; ihm sei „eiskalt“geworden, versicherte er. Terwittefragte Bolinger sinngemäß, obes ihm nicht weh tue, dass er es offenbarnicht wert gewesen sei, dassseine Frau ihre letzten Lebensmonatemit ihm habe verbringen wollen.Später provozierte er den Schweizermit der Frage, warum er seiner Fraudenn nicht einfach die Pulsadernaufgeschnitten [und sie eigenhändiggetötet] habe. [...]20.11.Sehr einfühlsam beschrieb derSchweizer UnternehmensberaterBolinger das freiwillige Sterben seinerFrau mit Hilfe der SterbehilfeorganisationEXIT. Worauf dem medienerprobtenKapuzinermönch BruderPaulus nichts anderes einfiel, alsmit stechend scharfer Stimme zu zischen:„Warum haben Sie ihr nichtdie Pulsadern mit einer Rasierklingeaufgeschnitten?“ Ja, warum nicht,Bruder Paulus? Weil diese Frau sichbei vollem Bewusstsein für dieseArt des Sterbens entschieden hat,und ihr Mann und ihre ganze Familiesie liebevoll begleitet haben beiihrem Wunsch. Und weil die Kirchekein Recht hat auf das Leben einesErwachsenen. Und weil ich es nichtmehr hören kann, dass diese Erdedoch ein Jammertal sei, das man zudurchschreiten habe um dann – mitHilfe eines Priesters und der Kirchensteuerselbstverständlich – insParadies zu schreiten. Und ich binstark engagiert für die Hospizbewegung.Dort werden Menschen beimSterben begleitet und nicht zu Todegebracht. Aber ich bin auch Humanistgenug, um dem Menschen dasRecht der Entscheidung zu lassen,ob er dieses Leben noch erträglichfindet oder nicht. Und ein Mann derKirche, der den ganzen Abend vonMitgefühl spricht, sollte vielleichtmehr Mitgefühl zeigen für Menschen,die sich den Dogmen dieserKirche verweigern. LiedermacherKonstantin Wecker21.11.24 EXIT-INFO 4.2012


PRESSESCHAUMönch entschuldigt sich für Talkshow-Ausraster!Bei „Hart, aberfair“ ging es um das Tabu-ThemaSterbehilfe. Pro- und Kontra-Lagersaßen sich gegenüber. Ausgerechnetein Gottesdiener rastete vor laufendenKameras aus und beschimpfteeinen Angehörigen, der seine krankeFrau mit EXIT begleitet hatte. Jetztentschuldigte sich der Kapuzinermönchfür seine Unbeherrschtheit.Bruder Paulus Terwitte hatte WalterBolinger gefragt: «Warum sollteIhre Frau den Suizid mit Hilfe einesArztes machen? Warum haben Sieihr nicht einfach die Pulsadern miteiner Rasierklinge aufgeschnitten?»Bolingers Frau war mit Hilfe desSterbehilfevereins EXIT freiwilligaus dem Leben geschieden, sie wollteihre Demenzerkrankung nichtlänger ertragen. «Sie wollte in keinHeim, wollte sich nicht von Fremdenpflegen lassen», erklärt Bolingerdem Moderator. Der Verlust der eigenenPersönlichkeit sei für sie eineHorror-Vorstellung gewesen. DerFreitod war es offenbar nicht. BruderPaulus hat dafür kein Verständnis,er attackiert den Witwer. «Jeder,der sich tötet, beleidigt seine Mitmenschen»,sagt er. Offenbar wolltesich Bolingers Frau ihrem Mannnicht anvertrauen. Zuschauer hattenden Mönch online bereits währendder Sendung für die Bemerkung kritisiert.Er nehme die Kritik an undbitte um Entschuldigung, schreibtTerwitte nun auf seiner Facebookseite.Während der Sendung hätte ereinfühlsamere Fragen stellen müssen,so der Frankfurter Kapuzinermönch.Bei seiner Position gegenjegliche Form der Sterbehilfe bleibeer jedoch, er wolle in einer Gesellschaftleben, in der das Leben alshöchstes Gut gelte.22.11.Nicht nur fundamentalistisch-religiöse Kritiker vergreifen sich im Ton, manchmal auch politische Gegner.Grusel-Post für den Bundestag! [...]Alle 620 Bundestagsabgeordnetenerhalten per Kurier eine Arznei-Packungzugeschickt. „§217 forte – DieTodespille in der praktischen Mogelpackung“.Auf der Medizin-Schachtel:ein maskierter Tod, darin: einTotenkopf-Lakritz und ein kämpferischerBeipackzettel. Hintergrund:[...] Die Bundesregierung will unterStGB-Paragraph 217 «gewerbliche»Sterbehilfe verbieten und mit biszu drei Jahren Haft belegen. In Absatz2 des Gesetzes wird gleichzeitigStraffreiheit zugesichert, wennder Sterbehelfer kein Geld erhältund es sich bei dem Toten um einen„Angehörigen oder eine andereihm nahestehende Person handelt.“Für Christiane Lambrecht (48) vomBündnis „Solidarität statt Selbsttötung“ist der Paragraph ein Skandal:„Unter dem löblichen Deckmanteleines Verbots für Sterbehilfe wirdin Absatz 2 die Sterbehilfe grundsätzlichzugelassen, wenn man keinGeld damit verdient.“ Für MechthildLöhr, Vorsitzende der Unionsgruppe„Christdemokraten für das Leben“(CDL), „ein ethischer Dammbruch“.„Hier wird die Menschenwürde aufsSpiel gesetzt. Es ist ein falsches Signal,wenn in dem Gesetz die Unantastbarkeitdes menschlichen Lebensregelrecht aufgeweicht wird.“ [...]Ob die Aktion bei den AbgeordnetenEindruck machen wird, istoffen. [...]26.11.EXIT-INFO 4.2012 25


PRESSESCHAUDer Tagi und die angeschlagenenAngehörigenDer «Tages-Anzeiger» hatte in Auslegung einer Studie behauptet, wer Angehörige mit EXIT begleite, benötige danachvielleicht selber ärztliche Hilfe. Siehe auch Seite 4/5 dieser «Info»-<strong>Ausgabe</strong>. Das blieb nicht ohne Widerspruch vonLeserinnen und Lesern:Ich habe selber meinen schwerkrebserkrankten Partner vor 5 Monatenmit Hilfe von EXIT in den Todbegleitet.Wie im Artikel beschrieben,wurde ich gut darauf vorbereitet,dass danach Polizei + Co.kommen. Die EXIT-Sterbebegleiterinhat mich so gut es ging abgeschirmt.Niemand von den Angehörigen leidetunter Schuldgefühlen. Der Tod,egal ob begleitet oder nicht, löst beijedem individuelle Trauer (Depression)aus. K. MüllerZitat «Tages-Anzeiger»: «Den direktenVergleich zu natürlichen Todesfälleneiner nahestehenden Personhat die Psychologin nicht gemacht.»Gute Studie? Wohl kaum. Und dann«Schuldgefühle»? Weil jemand vonseinem Krebsleiden erlöst wurde?Wenn, dann müsste man Angehörigevon Krebsleidenden, welche ‹natürlich›gestorben sind mit solchenvon Krebsleidenden, welche sichdas Leben genommen haben, vergleichen.S. Geissmann[...] Fast jeder Suizid, auch der «saubere»mit NaP, löst bei den HinterbliebenenSchuldgefühle aus. EXITund Dignitas sind hier klar gefordert.Ben SutterAn Ben Sutter: Wer schon mal jemandenin den Tod begleitete,spricht nicht so. Schuldgefühle sinddas nicht, aber es geht einem haltnahe. A. GretenerDas ist ein völliger Blödsinn, HerrSutter. Würde ich einen unheilbaran Krebs erkrankten Verwandtenlange leiden lassen, dann hätte ichSchuldgefühle. Aber sicher nicht,wenn ich einen Sterbewilligen inden Tod begleite. Ich habe kein Vergnügendaran, wenn Menschen langeleiden müssen. Sie vielleicht? Diepsychischen Erkrankungen sind dieFolge, dass man den Tod miterlebt.T. MeierDie Studie hätte doch vielmehr einenVergleich mit Angehörigen vonSuizidenten anstellen sollen, welchesich auf andere Art und Weiseumgebracht haben als mit Hilfe vonSterbeorganisationen. H. Röthlin4.10.[...] Ich bin sehr froh, konnte ich[meiner Mutter] durch meine Freitodbegleitungden letzten Schritterleichtern. Es war der letzte Willemeiner Mutter: Aufgrund ihrerKrebserkrankung mit tödlichem Verlaufwollte sie nicht im Spital «anden Schläuchen» und unter Morphiumsterben. Sie war eine selbstständigeFrau, hatte als Journalistinschon vor dreissig Jahren überEXIT geschrieben und war sich dermöglichen schwerwiegenden Komplikationenin der Endphase ihresKrebses bewusst. Mit der Wahl desFreitods hat sie ihre Würde bewahrt.Mein Wunsch war es, sie zu begleiten,durch die Krankheit und inden Tod. Meine Mutter hat mich bisins letzte Detail informiert, was beidem Freitod geschehen wird. Auchmit EXIT hatte ich ein langes persönlichesGespräch. Beim Abschiedwaren der Vater, der Vertrauensarztder Mutter und zwei Personen vonEXIT dabei. Meine Mutter wünschtesich, dass es ein feierlicher Momentwird. Ihre letzten Worte waren: «Dasisch jetz ganz guet gangä.» Danachschloss sie die Augen. R. S. (Nameder Redak tion bekannt)[...] Die Geschichte zeigt vor allemeins: Wir tun uns sehr schwer, denTod zu akzeptieren. Weit entferntdie Zeiten und Kulturen, in denenalte Menschen spürten, wann derTod kommt, und diesen so gut wiemöglich annahmen, um Platz fürjunges Leben zu machen. Indem wirmit Medizin und Apparaturen unserenTod ständig hinausschieben, verliertdieser die Normalität. Der Freitodaber ist die Möglichkeit, die unsbleibt, unser kommendes Ende zuspüren und anzunehmen und damitdie Angehörigen auch zu entlasten.Vielleicht wäre es sinnvoll, die nichtnäher untersuchten drei Viertel derAngehörigen ohne posttraumatischeStörungen wissenschaftlich zuuntersuchen. Was wäre mit ihnenpassiert, hätte die Person, die sichaus guten Gründen mit einem Freitodverabschiedete, noch zehn Jahregelebt, beispielsweise mit schwerenDepressionen oder mit Krebs? EXITbietet eine moderne Ritualisierungdes Freitods an. Die Gesellschaftbraucht aber offenbar noch Zeit, dasGute im Freitod zu sehen und diesenzu enttabuisieren. Kurt Eichenberger,ZürichWie viele Angehörige von Menschen,die sich das Leben nehmen und wieviele Angehörige von Menschen, diedies vergeblich versuchen, erkrankenpsychisch? Der Tagi sollte auchdarüber auf der Frontseite berichten.Ich habe den Selbstmordversuch einesFreundes verkraften müssen,der Mann einer Freundin hat sichvor einem Jahr das Leben genommen,mein Onkel hat sich im Stallaufgehängt, unsere Grossmutter,die ihn fand, hat danach nie wieder26 EXIT-INFO 4.2012


PRESSESCHAUlachen können. [...] Rosemarie Imholz,NeunkirchNicht nur Freitodbegleitung «machtkrank», auch ganz normale Sterbebegleitungkann einen jahrelangverfolgen. Mein Vater ist im Spitalin Schwyz gestorben. Vorher warer in Zürich, dort lag er ruhig daund lächelte oft. Dann kam er nachSchwyz, weil Gersau sein Wohnortwar. Dort haben sie ihm viel wenigerMedikamente gegeben. MeineSchwester und ich waren die letztenzwei Tage und Nächte bei ihm. Erhat alle paar Minuten laut geschrien.Um 1 Uhr nachts kam die Krankenschwester.Sie sagte uns, dass ervor 3 Uhr nichts bekomme. Es warschlimm, dieses Sterben mitzuverfolgen.Es kam immer wieder hoch.Noch Jahre später auf dem Marktvor einem Gemüsestand hörte ichplötzlich meinen Vater schreien, undalles war wieder da. Margrit Suter,ZürichMeine erste Frau war mit 58 Jahrenan einer Hirnblutung im Ausland gestorben.Meine zweite Frau hat wegenihrer unerträglichen Schmerzenden Freitod mit EXIT gewählt. BeideAbschiede waren sehr schmerzlich.Der Freitod ist ein langer Prozesszwischen den Partnern. Die OrganisationEXIT habe ich als kompetentund sorgfältig empfunden. [...] FritzGrosjean, Zürich6.10.Was der Tagi nicht tat – bei den Direktbetroffenen nachzufragen –, sahen die Zeitungen der Romandie als ihrejournalistische Pflicht an.«C’est de la malhonnêteté intellectuelle!C’est encore une nouvelleligne de défense de ceux qui sontcontre l’assistance au suicide!»Jérôme Sobel, président d’EXIT enSuisse romande, n’a pas mâché sesmots, jeudi, en commentant unerécente analyse de l’Université deZurich publié par le «Tages-Anzeiger».Des chercheurs ont interrogé85 personnes ayant accompagné desproches qui ont mis fin à leurs jours,encadrés par la section alémaniquede l’association d’aide au suicide.Près de 20 % souffrent d’un syndromede stress post-traumatiqueet 16 % d’une dépression. « Surmonterun décès contre nature d’unêtre cher constitue une forte chargepour les personnes endeuillées etpeut conduire à de lourds problèmespsychiques », affirment les psychologuesdans les colonnes du quotidien« Tages-Anzeiger ».D’après Jérôme Sobel, l’étudevise à faire culpabiliser les personnessollicitant EXIT ou d’autres organismesen leur disant que leursproches vont au devant de souffrancespsychologiques. « C’est duchantage affectif, estime-t-il. Cetteétude ne tient pas la route. Une personnequi a perdu un membre desa famille de mort naturelle peutsouffrir d’un deuil pathologique.Aucune comparaison n’a été faitesavec des personnes confrontées àla mort de proches en soins intensifsou en soins palliatifs. » Le responsabled’EXIT souligne qu’ilest exceptionnel que des gens lescontactent parce qu’ils ont mal vécula situation. « Mais nous restonsbien évidemment à la dispositiondes familles. »Miranda a soutenu jusqu’au boutson grand-père dans sa volonté derecourir à l’assistance au suicide.Pour elle, cette expérience a eu deseffets bénéfiques sur son attitudeface au deuil : « Ça m’a permis d’êtrepréparée. Avoir une date fixe m’a aidée.La démarche d’EXIT m’a égalementpermis de concrétiser la mortet de l’accepter. Cela a rendu le processusde deuil moins douloureux. »5.10.[...] Bernhard Sutter, vice-présidentd’EXIT suisse alémanique, est trèscritique vis-à-vis de l’étude [dans«Tages-Anzeiger»], dont «les résultatscontredisent toutes nos expérienceset nous semblent complètementéloignés de la réalité. Lesproches et la personne choisissantun suicide assisté peuvent se préparer,par des rencontres avec nosaccompagnants. Le fait de pouvoirdire « au revoir » est très important.D’autres études psychologiquesmontrent même que le processusest ainsi moins difficile pour lesproches, qui, en outre, peuvent resteren contact avec la personne ayantréalisé l’accompagnement.»EXIT critique également la méthodologie:« Avec 85 questionnairesécrits, renvoyés seulement par lespersonnes qui le souhaitaient, onne peut parler d’enquête représentative.Il manque aussi une analysecomparative avec un groupe de personnesayant perdu un proche pardécès naturel », affirme BernhardSutter.5.10.EXIT-INFO 4.2012 27


PRESSESCHAUNach der grossen Schlagzeile fragte der «Tages-Anzeiger» dann am Folgetag endlich doch noch nach bei EXIT,wie es denn wohl wirklich sei.Heidi Vogt, Leiterin EXIT-Freitodbegleitung:Bei Angehörigen, dieSterbewillige in den Tod begleiten,hat nach einem Jahr jeder Vierteeine psychische Störung. ÜberraschtSie dies?Es steht im Widerspruch zu dem,was wir häufig erleben. BetroffeneAngehörige berichten uns oft von Erleichterung,manchmal fast von Erlösung.Es gibt zudem zwei Studienaus den Niederlanden und den USA,die zeigen, dass es den Angehörigennach einer Freitodbegleitung ähnlichgut oder gar besser geht, wie wenneine nahestehende Person durcheine schwere Krankheit stirbt.Nach einer Freitodbegleitung warenposttraumatische Belastungsstörungen20-mal häufiger alsbeim Durchschnitt von über64- Jährigen. [...]Das ist für mich keine Kontrollgruppe.Wenn ein enger Angehörigerstirbt, führt dies immer zu einerTrauerreaktion. Die Frage ist, ob dieStörungen, die in der Studie gefundenwurden, tatsächlich häufigersind. Dies müsste mit einer richtigenKontrollgruppe bestätigt werden.Dazu sollte man mit Personenvergleichen, bei denen ein Angehörigerim gleichen Zeitraum an derselbenschlimmen Krankheit gestorbenist. [...]Haben Sie auch nach der SuizidbegleitungKontakt zu den Angehörigen?Nur wenn diese es wünschen, wasallerdings nicht häufig vorkommt.Wie erwähnt, wir machen vor allemdie Erfahrung, dass die Angehörigendank dem Sich-Vorbereiten undSich-Verabschieden-Können bessermit dem Verlust umgehen. Ich fragejeweils die Angehörigen, ob siewollen, dass ich mich wieder melde.Wenn jemand das explizit nichtwünscht, habe ich keinen Anlass,mich zu melden. Ich glaube, dasswir die Vorbereitung in der Regel gutmachen. Bei der Nachbetreuung,denke ich, könnten wir schon nochbesser werden.Laut der Studie ist die polizeilicheUntersuchung im Anschluss desFreitodes schwer belastend. BeobachtenSie das auch?Bei der Freitodbegleitung sind inden allermeisten Fällen Angehörigeanwesend. Diese muss man gutauf die behördliche Untersuchungvorbereiten. Sie ist ein schwerer Eingrifffür die Angehörigen. Wenn esso weit ist, versuchen wir Angehörigeso gut wie möglich abzuschirmenund gehen zum Beispiel an die Türe,wenn die Behörden kommen, undführen die Gespräche anstelle derAngehörigen. [...]5.10.Die Aargauer Kirche und die verboteneSelbstbestimmungDie Reformierte Kirche hat ihren Gläubigen bisher das Selbstbestimmungsrecht am Lebensende zugestanden.Im Gegensatz zur römisch-katholischen Kirche, die ihren Gläubigen die Teilnahme an Sterbehilfe untersagt.Seit November gibt es nun aber eine Ausnahme: Die Reformierte Landeskirche Aargau wirft ihren Bannstrahlauf die Begleitung beim selbstbestimmten Sterben.Die Reformierte Landeskirche Aargaubezieht offiziell Position. KirchenratspräsidentPfarrer ChristophWeber-Berg stellt das neue Positionspapierder Landeskirche «PalliativCare und Begleitung» vor. «Wirmüssen gerade bei diesem sensiblenThema der Sterbebegleitung und Betreuungschwer kranker Menscheneine klare Position haben.»Im Papier spricht sich die reformierteKirche gegen die Hilfe zumSuizid aus. Denn diese «missachtet,dass der Mensch bis zum Augenblickdes Todes ein lebendiges,wandlungsfähiges Wesen bleibt.»[...] «Auch Politikerinnen und Politikersollen sich für den Schutz desLebens starkmachen», fordert dieLandeskirche. Zusätzlich solle sichder Kanton finanziell an PalliativeCare beteiligen. [...] Ruth Baumann-Hölzle, Mitglied der NationalenEthikkommission im Bereich Humanmedizinund Leiterin des InstitutsDialog Ethik, [kommentiert]:«Unsere Gesellschaft orientiert sichzunehmend am Leistungsdruck,der sich in letzter Konsequenz auchauf das Lebensende auswirkt», sagtBaumann. Es dürfe nicht sein, «dassjemand die Selbsttötung wählt, weiler keine Leistung mehr erbringtoder meint, seinen Angehörigen zurLast zu fallen», ergänzt sie. «Diereformierte Landeskirche will mitihrem Einstehen für Palliative CareSterbenden ein menschenwürdigesLebensende ermöglichen, das vonder Gesellschaft solidarisch mitgetragenwird.» [...]22.11.28 EXIT-INFO 4.2012


PRESSESCHAUDie Amtsträger und die einseitigeWeltanschauungWas andere glauben, geht uns nichts an; ausser sie sitzen in öffentlichen Ämtern mit grossem Einfluss auf Gesellschaftund öffentliches Leben; dann braucht es unbedingt Transparenz. So lautet der allgemeine Konsens. DieseTransparenz sei in der Schweiz nicht immer gegeben, moniert die Zeitschrift «Mensch & Recht» (Redaktion: LudwigMinelli) mit Blick auf die Wahl von Selbstbestimmungsgegnern ins Präsidium des Nationalfonds-Forschungsprogramm«Lebensende», welches mit 15 Millionen Franken Steuergeldern u.a. auch die Sterbehilfe untersuchen will,die es als «Problem» bezeichnet, dem «vorzubeugen» sei.Mensch & RechtIm öffentlichen Bereich ist für grösstmöglicheTransparenz in Bezug aufdie weltanschauliche Position vonPersonen zu sorgen, welche in denGeisteswissenschaften, der Politikoder generell der Meinungsbildungtätig sind. Die Gesellschaft hat einenAnspruch darauf, zu wissen, mitwem man es in dieser Hinsicht zutun hat. Ein paar Beispiele:K Zwei vor nicht allzu langer Zeitneu ernannte Rechtsprofessorinnender Universität Zürich, die vomnördlichen Thunerseeufer stammendeBernerin Regina Kiener unddie Deutsche Brigitte Tag, sind alsGegnerinnen der in der Schweiz seitJahren üblichen und von einer grossenMehrheit der Bevölkerung befürwortetenForm der Sterbehilfe –Hilfe zu einem Freitod – aufgefallen.Frau Kiener zeigte dies in ihrer Antrittsvorlesungin Zürich, Frau Tagdadurch, dass sie der früheren BundesrätinEveline Widmer-Schlumpfeinen in Deutschland längst wegenGrundrechtswidrigkeit erledigtenGesetzesvorschlag unterjubeln wollte,um die Sterbehilfe abzuklemmen.[...] Beides ruft nach einer Antwortauf die Frage, in welcher Kirche diebeiden Professorinnen zu welchemGott beten, damit ihr Wirken imstaatlichen Lehramt entsprechendkritisch betrachtet werden kann.K [Das] in Meilen am Zürichsee domizilierte«Forum Gesundheit undMedizin» veranstaltete am 28. September2012 in Zürich eine Tagungunter dem Titel «Sterbe, wer will?Sterbehilfe und organisierte Suizidbeihilfeals ethische Frage undgesellschaftliche Herausforderung– Wie weiter in der Schweiz?» Eineder Referentinnen war die bereits erwähnteBrigitte Tag; ihr gesellte sichder radikale Gegner von Sterbehilfe,Dr. theol. Markus Zimmermann-Acklin hinzu. Aus Deutschland reisteProf. Dr. phil. Andreas Kruse an,Schüler des Papstbruders Georg Ratzingerund ehemaliger RegensburgerDomspatz, der in Deutschland dieAltenpolitik von CDU/CSU und derdeutschen Bundesregierung starkbeeinflusst. Die übrigen Referentendürften kaum vermutet haben, dassMettners Plattform möglicherweisezum weiteren Kreis des Opus Deigehört.K Der genannte Theologe MarkusZimmermann-Acklin hat es trotzseiner absolut einseitigen rechtskatholischenHaltung geschafft,15 Millionen Franken Steuergelderim Rahmen des Schweizer Nationalfondszu verwalten und zu verteilen.Und zwar ausgerechnet fürdas Nationale Forschungsprojekt«Lebensende» – zusammen mit BrigitteTag, die ebenfalls in dieser LeitungsgruppeEinsitz genommen hat.Dementsprechend einseitig ist dennauch dieses Forschungsprojekt geplant,in welchem nach dessen Ausführungsplanzu lesen ist, es geheauch darum, «welche Deutungen andie Stelle traditioneller religiöser Semantikentreten bzw. getreten sind,wenn beispielsweise vom Sinn desLeidens und Sterbens die Rede ist …Das Interesse gilt nicht zuletzt derWiederentdeckung und Re-Integrierungder spirituellen Dimension indie moderne Medizin, die im Selbstverständnisder Palliative Care einebedeutende Rolle spielt.»K Ebensowenig Transparenzherrscht bezüglich der weltanschaulichenVerortung der Mitglieder derNationalen Ethikkommission (NEK).Dem rechtskatholischen ehemaligenWalliser Bundesrat Pascal Couchepinist es gelungen, auch dort einenDeutschen als Präsidenten zu etablieren,Professor Otfried Höffe, demzuzutrauen ist, [...] Sympathisantdes Opus Dei zu sein. [...]K Gleiches gilt für die Ethikkommissionder SAMW, der SchweizerischenAkademie der MedizinischenWissenschaften, in der Markus Zimmermann-Acklinebenfalls sitzt. [...]Schliesslich muss dort, wo Religionsfreiheitoder Datenschutz mitwesentlichen anderen Menschenrechtenkollidieren, die Religionsfreiheitund der Datenschutz alsSchutz für wissenschaftlich unhaltbareMeinungen und Camouflagefür Unterwanderung von Institutioneneiner freiheitlichen Demokratiein den Hintergrund treten, weilsonst die Freiheit ganz allgemeinwieder durch Religion gefährdet ist.30.9.[...] Wenn festgestellt werden muss,dass eine Figur [wie] der an derUni Freiburg lehrende deutscheTheologe Markus Zimmermann –ein radikaler Gegner jeglicher vernünftigerSterbehilfe und strammerGefolgsmann des Vatikans – überForschungsgelder des Schweizer Nationalfondsausgerechnet im religiösstark umkämpften Bereich der «Bioethik»mitentscheiden kann, dannmüssen laizistisch gesinnten Bürgernnicht nur die Ohren läuten; damuss Sturm geläutet werden.30.9.EXIT-INFO 4.2012 29


KLEINANZEIGENDIENSTLEISTUNGENSAMMELECKEEXIT-Mitglieder gehen günstiger auf die Piste!Profitieren Sie bei INTERSPORT FLUMSERBERGvon 10 Prozent Rabatt auf Verleih und Verkauf vonSchneesportmaterial (Inhaber EXIT-Mitglied).info@intersportflumserberg.ch, 081 733 31 32ANTIQUAR kauft seltene Bücher, ganze Bibliotheken.Ebenso Grafik, Gemälde, Photos, Plakate.Peter Petrej, Sonneggstr. 29, 8006 Zürich, 079 422 81 11oder info@buch-antiquariat.chSUCHE CDs von Hazy Osterwald undPepe Lienhard (Swiss Lady),Chiffre: 107000, EXIT, Postfach 476, 8047 ZürichKLEINANZEIGENDie Kleininserate im EXIT-«Info» werden von 70 000 Leserinnen und Lesern beachtet.RubrikenKontakte, Dienstleistungen, Kurse, Hilfe gesucht,Hilfe angeboten, Wohnen, Ferien Schweiz, FerienAusland, Sammel ecke, DiversesPreise (ohne MwSt.) CHF 10.– pro Zeile für private Kleinanzeigen(mindestens zwei Zeilen) CHF 30.– je Druckzeile für kommerzielle* Kleinanzeigen(*Handel, Gewerbe, Dienstleistungsbetriebeusw.)Gewünschte RubrikErscheinungsdaten 2013:<strong>Ausgabe</strong> 1.2013 am 8. 4., <strong>Ausgabe</strong> 2.2013 am 8. 7.,<strong>Ausgabe</strong> 3.2013 am 7. 10.Anzeigenschlüsse 2013:<strong>Ausgabe</strong> 1.2013 am 8. 2., <strong>Ausgabe</strong> 2.2013 am 8. 5.,<strong>Ausgabe</strong> 3.2013 am 16. 8.BITTE TALON EINSENDEN AN:EXIT, Postfach 476, 8047 Zürich,Telefon 043 343 38 38, info@exit.ch<strong>Ausgabe</strong>CHF 20.–/ *30.–CHF 20.–/ *60.–CHF 30.–/ *90.–CHF 40.–/*120.–CHF 50.–/*150.–CHF 60.–/*180.–CHF 70.–/*210.–CHF 80.–/*240.–CHF 90.–/*270.–CHF 100.–/*300.– Bei Chiffre-Inserenten zusätzlich Chiffregebühr von CHF 30.–/Ausland CHF 40.–*kommerzielle Anzeigen(Wenn Chiffre gewünscht bitte ankreuzen)Name, Vorname, FirmaStrasseTelefonPLZ/OrtUnterschriftEinsenden an: EXIT, Postfach 476, 8047 Zürich, info@exit.ch30 EXIT-INFO 4.2012


BUCHNitschke/Stewart«Die friedliche Pille»EXIT propagiert keine einsamen Suizide;im Gegenteil: Unser Bestreben istes, unseren Mitgliedern eine kompetenteund liebevolle Sterbebegleitunganzubieten, wenn alle gesetzlichenund statutarischenVorgabenerfüllt sind. DasBuch «Die friedlichePille», verbotenin Australienund Neuseeland,führt uns wiedereinmal vorAugen, wie sehreine liberale Gesetzgebungin Bezug auf alle Belangerund um die Sterbehilfe für betroffeneMenschen von eminenter Bedeutungist. Das Anliegen des Buches (es richtetsich an Betagte, Unheilbar-Kranke,deren Familien sowie an allgemeinInteressierte) ist vom Grundsatz herabsolut ehrenwert, genauso wie dieÜberzeugung der Autoren, wonaches ein menschliches Grundrecht ist,in Würde zu leben und zu sterben.Überzeugend ist auch das Bekenntnis,wonach Menschen nicht durchdie Bereitstellung von Informationenzum Sterben animiert oder ermutigtwerden. Im Gegenteil: Indem man alteund kranke Menschen, so der Tenordes Buches, mit den nötigen Informationenversorgt, damit sie ihr Schicksalselbst in die Hand nehmen können, ermöglichtman ihnen, von dieser Sorgebefreit, sich wieder auf das Leben konzentrierenzu können.Das auf Englisch verfasste Buchist erstmals in deutscher Sprache erschienen.Verschiedene Methoden fürein selbstbestimmtes Sterben werdenanalysiert und bewertet. Die im Buchbeschriebenen Methoden sind mitgrösster Vorsicht zu bewerten. EXITbezweifelt deren Umsetzbarkeit. Nurschon die komplexe Beschreibung desoptimalen Gasflusses bei der Anwendungdes sogenannten «EXIT Bags»lässt den durchschnittlich handwerklichbegabten Menschen ratlos zurück.Die «Bauanleitung» für einensogenannten «Betty Bag» bringt auchden Fachmann zum Staunen, auchwenn einige der Geräte bei den Autorenbestellt werden können. Dasebenfalls beschriebene Versterbenmit Kohlenmonoxid ist nicht jedermannsSache.Zusammenfassend lässt sich festhalten,dass die im Buch beschriebenenMethoden in Bezug auf dieErfolgsaussichten viele Fragen offenlassen bzw. schon in Bezug auf Herstellung,Import und Anwendungenorme Schwierigkeiten aufzeigen.Unter dem eingangs Ausgeführtenrechtfertigt es sich aber trotzdem,dieses Buch zu besprechen. Entscheidendsind die ehrenwerten Motive derVerfasser; die im Buch selber aufgelistetenMethoden und Anleitungenberühren insofern, als dass uns einmalmehr die Wichtigkeit unsererSchweizerischen Gesetzgebung inBezug auf die Sterbehilfe vor Augengeführt wird. Bei uns ist es glücklicherweisenicht erforderlich, dasSterbemittel Natrium-Pentobarbitalirgendwo, in abgelegenen, ausländischenGrenzregionen, zu beschaffenund dafür erst noch übersetzte Preisezu bezahlen. Auch die Qualitätsfragevon so beschafften Medikamentenbleibt ein Problem.(Red.)EXIT-Prädikat ehrenwert,aber komplexDr. Philip Nitschke, Dr. Fiona Stewart«Die friedliche Pille»Selbstverlag, Irland, 2011339 Seiten, 49.90 FrankenISBN 978-0-9788788Friess/Reutlinger«Wie sterben?»Momentan wird in Deutschland mehrals in der Schweiz die Sterbehilfe, eigentlichSuizidhilfe,intensivdiskutiert. Dasliegt daran, dassdie konservativedeutsche Regierungein Verbotder «gewerblichen»Suizidhilfeplant. MichaelFriess, deutscherTheologe, der zum Thema promovierthat, und Markus Reutlinger, EXIT-Freitodbegleiter,haben nun dazu ein Debattenbuchherausgegeben. Eine kurzeEinführung in das Thema stammtvon Herausgeber Friess. Ausgehendvon Fallschilderungen behandelt dannReutlinger die Thematik aus praxisbezogenerSicht. Ergänzend beschreibtWalter Fesenbeckh, ebenfalls Theologeund EXIT-Freitodbegleiter, dieSchweizer Suizidhilfe-«Szene». Dabeispielt die Verankerung im typischschweizerischen Liberalismus einewichtige Rolle, ebenso die isolierteund einflusslose Position der SchweizerKirchen. Elke Baezner, PräsidentinDeutsche Gesellschaft für HumanesSterben, nimmt Stellung. Der WienerUniversitätstheologe Ulrich Körtnerbeleuchtet die kontroverse Situationim Europäischen Protestantismus,während der Landesbischof der BayrischenLutherischen Kirche HeinrichBedford-Strohm einen Beitrag gelieferthat, in dem er Lebensschutz und Suizidhilfe,wie in den Kirchen üblich,als antagonistische Positionen interpretiert.Insgesamt ist dies also ein Buch,das für Schweizer Leser geeignet ist,Einblick in die deutsche Debatte zugewinnen und dabei den schon astronomischzu nennenden Abstandkennenzulernen, der zwischen dengrundliberalen Werten der schweizerischenGesellschaft und jenen derbundesrepublikanischen, mehr oderminder subtil von den konservativenkirchlichen Kräften beeinflussten,deutschen Gesellschaft zu beobachtenist. Während dort die Debattegerade beginnt, hat die Schweiz sieschon beendet und dabei die Selbstbestimmungbeim Sterben längstverinnerlicht. Was mit Sicherheit aufden langjährigen und couragiertenEinsatz zurückzuführen ist, den dieExponenten der Suizidhilfevereinegeleistet haben. Freiheiten fallen ebennicht vom Himmel, sondern werdenin manchmal harten Kämpfen errungen.Die Schweiz ist in solchen FragenJahrzehnte weiter als Deutschland.Dieser Unterschied leuchtet imBuch deutlich auf.(WF)EXIT-Prädikat umfassendMichael Friess/Markus Reutlinger«Wie sterben? Zur Selbstbestimmungam Lebensende. Eine Debatte»Gütersloher Verlagshaus, München, 2013160 Seiten, 25.90 FrankenISBN 978-3-579-06849-7EXIT-INFO 4.2012 31


MITGLIEDER-FORUM«Logisch wäre, auch den selbstbestimmtenZum Bericht «Sterbehilfe-Buchin der Kapelle diskutiert»(«Info» 3.12):Die Argumente der «christlichen»Sterbehilfegegner schreien zumHimmel. Wenn ein leidenderMensch sterben will, um sein Leidzu beenden und ihm die Sterbehilfeverweigert wird, dann besteht dochein ursächlicher Zusammenhangzwischen dieser Verweigerung unddem damit zu ertragenden Leid. DerSterbewillige muss leiden, geradeweil ihm die Sterbehilfe verweigertwird. Damit verursacht der Hilfeverweigererdas Leiden. Er trägt somitdie moralische Verantwortung dafür.Wer behauptet, dass Gott die Sterbehilfeverurteile, der kennt ihn nicht,auch wenn er sich für einen Christenhält.Dr. Benno Willi, TessinAllein aufgrund der Parteien-Zugehörigkeitder Contra-Seite (CVPund EVP) waren die zu erwartendenVoten voraussehbar. Wenn zumBeispiel das Thema «Leiden» angesprochenist, dann grenzen gewisseMeinungen an blanken Zynismus.Ich frage mich dann tatsächlich, obgar Sadismus oder Masochismus imSpiel ist, oder ob wir es mit Zeitreisendenaus dem finsteren Mittelalterzu tun haben. Jeder, der sich derNächstenliebe (egal welcher Religion)verpflichtet fühlt, kann dochnicht guten Gewissens einen Menschenleiden sehen, der am Endeseines Daseins angekommen ist.Der Vergleich mag absurd klingen,aber bei einem Tier ist die Bereitschaftzur «Erlösung» vorhanden.Selbstverständlich gibt es im Verlaufeeines Menschenlebens viele Momentedes Leidens, die zu ertragenunumgänglich sind. Wenn jedochdas Thema EXIT-Sterbehilfe aktuellwird, dann ist der Lebenskreisgeschlossen und es geht nur nochdarum, einen würdigen Abschied zuermöglichen. Die Bemerkung, wo-nach das Leben ein Geschenk Gottesist, mag für Gläubige ja zutreffen.Logisch wäre dann aber auch, denTod als Geschenk Gottes zu betrachten,zumal einige sich einen Einzugin den «Himmel» erhoffen. Konsequentwäre dann, sich gegenüberLeben UND Tod neutral zu verhalten.Folglich dürfte weder das Lebenverlängert, noch der Tod verkürztwerden. Man müsste also jeglicherMedikamente entsagen und wie imMittelalter an einer simplen Grippeeinfach sterben. Leider sind zu vieleLeute irgendeiner Doktrin verfallenund in ihrer Hörigkeit nicht mehr inder Lage, gesunden Menschenverstandwalten zu lassen. Die Abwahlvon Altnationalrat Pius Segmüllerbestärkt mich in der Hoffnung,dass ein Umdenken stattfindet undreligiös-konservative Exponenten anEinfluss verlieren.Rudolf Frauchiger, EmmenbrückeGedanken nach der bundesrätlichenRede am Weltkongress («Info» 2.12):Die politischen Aktivitäten rundum EXIT haben mir sehr zu denkengegeben. Was soll man/frau voneinem Bundesrat halten, wenn esvon der Vorsteherin des Justiz- undPolizeidepartements abhängt, wiees rechtlich mit EXIT weiter gehensoll. Wäre Frau Widmer-Schlumpfnoch die Departementsvorsteherin,dann würde der Bundesrat wohlohne Wenn und Aber hinter ihrerVerbotsvorlage stehen. Stand da dermissionarische Katholizismus FrauWidmer-Schlumpf Pate? Von einer«Landesmutter» erwarte ich mehrSachlichkeit und Weitblick. Gernenutze ich diese Gelegenheit, umdem EXIT-Team herzlich für seinenwunderbaren Einsatz ihm Rahmenseines Auftrages zu danken.Esther S.32 EXIT-INFO 4.2012


MITGLIEDER-FORUMTod als Geschenk Gottes zu akzeptieren»Zum «Info» in Farbe:Bitte lasst das gute «Info»-Magazinnicht zu einer Illustrierten verkommen.Der Schwarz-Weiss-Blau-Druck war EXIT-Markenzeichen.Die guten Schwarzweissfotos ebenfalls.Man glaubt, etwas verändernzu müssen, sich der Zeit anpassenzu müssen – und wird dadurch austauschbarund verliert das Einzigartige.H.R. in G.Ich persönlich geniesse das «Info»in Farbe sehr. Schliesslich ist dasLeben bis zum Zeitpunkt des Todesvielfältig und in Farbe. Ich nehmean, dass auch der Tod farbig seinwird. Gespannt warte ich jeweils aufdas EXIT-«Info». Interessant, gut gemacht,sehr abwechslungsreich gestaltet.Weiter so!R.S. in M.Zum Interview mit PatientenschützerinMargrith Kessler in derPresseschau («Info» 3.12):Sehr geehrte Frau Kessler. Ich binganz Ihrer Meinung und teile IhreBefürchtungen. Obwohl ich (70Jahre alt, gesund) aus Gründen derNächstenliebe durchaus bereit wäre,meine Organe zu spenden, habenmich genau Ihre Befürchtungenbisher davon abgehalten. Ich hatteAngst, die Ärzte würden mich nacheinem schweren Unfall sterben lassen– was immer dies in Bezug aufOrganspende heisst –, um an meinegesunden Organe zu kommen.Wenn nun gesetzlich erlaubt wird,die Koma-Patienten schon vor demHirntod auf die Organentnahme vorzubereiten,so ist dem Missbrauchdurch macht- und geldgierige, ehrgeizigeÄrzte Tür und Tor geöffnet.Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sieals prominente Patientenschützerinsich gegen dieses Gesetz wehren.Ein EXIT-Mitglied(Name der Redaktion bekannt)Zum ARD-Film über Freitod begleiter:Von Ärzten und Krankenkassen setztbei einer werdenden Mutter, wennein Test belegt, dass das Kind behindertgeboren werden wird, subtilDruck für eine Abtreibung ein – diesunter monetärer, ethischer und auchmoralischer Begründungen. Ausmeiner Sicht sollte – mit gesetzlichenLeitplanken, die Missbrauchverhindern – auch aktive und passiveSterbehilfe weltweit legalisiertwerden. Die Tatsache, dass Ärztedas ehrenamtlich machen, teilweiseim Geheimen operieren müssen, istunwürdig. Man sollte die Sterbehilfeauch entlöhnen, wie die Kosten derGeburtshilfe ja auch bezahlt werden.Möge dieser Film auch ein Denkanstosssein: Es ist ein Glück, wennjemand in einem guten Umfeld sterbendarf und zuvor gut betreut wird.S. E. S.Leser fragen, EXIT antwortet:Was passiert mit einem Patienten,der hoffnungslos krank ist, eventuellsogar auf der Intensivstation oderzumindest im Spitalbett liegt undnur noch eines möchte: sterben? ImSpital ist Freitodhilfe ja nicht erlaubt.Wie kommt in diesem Fallein Schwerkranker zu seiner letzten«Hilfe»?Ruedi RohrDie EXIT-Sterbehilfe ist tatsächlichnur in wenigen Krankenhäusernder Westschweiz zugelassen. AndereFormen der Sterbehilfe sind aber insämtlichen Schweizer Spitälern ander Tagesordnung. Über 50 Prozentder Todesfälle gehen direkt auf eineärztliche oder pflegerische Entscheidungzurück. Wenn ein Patient amLebensende also nur noch sterbenmöchte, dann geht das in unserenSpitälern oft auch ohne Begleitungdurch EXIT. Wen ein Spitalpatientaber explizit selbstbestimmt sterbenmöchte, ist auch das möglich – wenigstenssolange er urteils-, handlungs-und transportfähig ist. DasSpital organisiert dann den Ambulanz-Transportnach Hause, wo er,von EXIT und den Angehörigen begleitet,selbstbestimmt sterben kann.Wie die Beispiele der Uni spitälerGenf und Lausanne sowie aller öffentlicherSpitäler im Kanton Waadtzeigen, wo die Freitodhilfe zugelassenist, setzt hoffentlich auch beianderen Spitalträgern bald ein Umdenkenein und Patienten könnenauch im Spital friedlich und sanftmit EXIT einschlafen.EXIT-INFO 4.2012 33


PORTRÄT«Ich bin EXIT-Mitglied , weil…»Marianne Wälchli, seit 1998 im Verein, ängstigt nicht der Tod,das Sterben hingegen schon.«Ich bin EXIT-Mitglied, weil ich nieeinem Menschen, der mich liebt, dieVerantwortung eines Entscheidesüber mein Leben und Sterben zumutenmöchte.Mein Name ist Marianne Wälchli,geboren wurde ich am 14. Dezember1961 als zweites Kind. Eineglückliche Kindheit mit selbstständigerwerbenden Eltern, die immerfür meinen Bruder und michda waren, war mir beschert. Nachder Grundbildung zur Charcuterie-Verkäuferin lernte ich weiter undschloss 1983 als diplomierte Kauffraudes Detailhandels ab. Überverschiedene Stationen im Verkauf,wechselte ich ins Büro. Als Sekretärindes Geschäftsleiters sah ichmich völlig neuen Herausforderungenausgesetzt, aber mit Einsatzwille,viel Freude und Lernbereitschaftgelang der Wechsel in dieBüro-Welt.Ich hatte bereits 1988 auf Grundeiner Kampagne in den Apothekenden Organspenderpass ausgefüllt.Dies in der Überzeugung, sollte icheinen tödlichen Unfall erleiden, hätteneventuell andere Menschen dieChance auf ein besseres Leben, wasmeinem Tod vielleicht Sinn gebenkönnte. In etwa zur gleichen Zeithörte ich erstmals von EXIT.Dem Tod war ich als leidendeDritte, die Menschen, die zu meinemLeben gehört hatten, die ichgeliebt und verloren hatte, schonbegegnet. Als eher nachdenklicherMensch setzte ich mich mit derEndlichkeit meines Lebens auseinanderund gelangte zur Einsicht,dass das Sterben ebenso zum Lebengehört wie die Geburt. Der Tod alssolches ängstigt mich nicht, dasSterben schon. Je älter ich wurde,desto mehr Schweres kreuzte mei-nen Weg. Kranke, von kaum erträglichenSchmerzen geplagte Menschen,Unfallopfer, die zu einemLeben in einem komatösen Körperverdammt sind, alte, leidende odervöllig verwirrte Menschen, dieirgendwann nicht einmal mehr dieKraft haben, selber zu essen undzu trinken – aber das Herz leistetzuverlässig seinen Dienst und lässtsie keine Erlösung finden. So würdeich nicht enden wollen, was meinenEntscheid, EXIT-Mitglied zu werden,festigte. Ein weiterer Grundwar die Möglichkeit, eine Patientenverfügungzu verfassen. DieMitgliedschaft bei EXIT würde ihrentsprechend Gewicht verleihen.Einschneidendes ErlebnisAber erst zehn Jahre später setzteich diesen Gedanken um. Warum?Auf Grund eines Schlüsselerlebnisses,das mir sehr nahe ging: Eine Bekanntewurde im Spätsommer 1997mit einem Bauch-Aneurisma ins Spitaleingeliefert. Die Operation verliefgut, aber danach fiel sie ins Komaund wachte nicht mehr auf. Ihr Ehemannund die erwachsenen Kindermussten im Herbst entscheiden, obihre Frau und Mutter an der Maschinebleiben oder ob man die lebenserhaltendenGeräte ausschalten soll.Ich habe den Ehemann unmittelbarnach diesem Gespräch mit den behandelndenÄrzten erlebt. Rationalwissend, dass seine Frau nie mehraufwachen würde, emotional völligüberfordert mit diesem Entscheid,der seiner geliebten Gefährtin Erlösungbringen würde, war er in Minutenum Jahre gealtert.Das war für mich der entscheidendeAuslöser – Anfang 1998 meldeteich mich als EXIT-Mitglied an.Nie möchte ich einem Menschen,der mich liebt, diese Verantwortungaufladen, einen solchen Entscheidzumuten. Klar, habe ich immerwieder gesagt, dass ich keinesfallsan Maschinen hängen oder um jedenPreis ins Leben zurückgeholtwerden möchte, aber das reichtnicht. Diesen Willen schriftlich zuformulieren und damit die Verantwortungfür sich selbst zu übernehmen,das ist der richtige Weg.Seit 1998 habe ich die beruhigendeGewissheit, dass meine Patientenverfügungmeinen Willen manifestiert,sollte ich dazu selber nichtmehr in der Lage sein. Niemandwird entscheiden müssen, es ist lediglichdafür zu sorgen, dass meinEntscheid durchgesetzt wird. Einefür mich sehr wertvolle Dienstleistungvon EXIT.Und zusätzlich habe ich als Singledie Sicherheit, dass ich – sollteich einen Unfall erleiden oder desLebens müde, alt und krank sein –in EXIT Verbündete habe, die meinemWunsch nach einem würdevollenSterben offen begegnen undmich unterstützen.Eigentlich bin ich sicher, dass ichden Mut dazu, den Zeitpunkt festzulegen,um mein Leben zu beenden,haben werde, aber ob es danneffektiv so sein wird, vermag ichjetzt und heute nicht zu beantworten.Ist auch nicht wichtig. Wichtigist nur: Wenn ich den Mut habenwerde, gibt es eine Organisation,die den Entscheid stützt und michbegleiten wird.»Soll auch Ihr Porträt hier stehen?Interessenten melden sich beiinfo@exit.ch.34 EXIT-INFO 4.2012


EXIT-INTERNAdressenMitglieder mögen sich mit sämtlichenAnliegen zuerst an dieGeschäftsstelle wenden:EXIT – Deutsche SchweizMühlezelgstrasse 45, Postfach 4768047 ZürichTel. 043 343 38 38, Fax 043 343 38 39info@exit.ch, www.exit.chLeitungHans Muralthans.muralt@exit.chLeitung FreitodbegleitungHeidi Vogtheidi.vogt@exit.chBüro BernEXITSchlossstrasse 1273008 BernTel. 031 381 23 80 (Dienstag 9–12 Uhr)Fax 031 381 47 90Besuche nur auf AnmeldungBüro TessinErnesto StreitVia Sottomontagna 20b6512 GiubiascoTel. 091 930 02 22ticino@exit.chSi riceve solo su appuntamentoAnfragen von Mitgliedernbetreffend Freitodbegleitungsind ausschliesslich an dieGeschäftsstelle zu richten.VORSTANDPräsidentinSaskia FreiAdvokatur Basel MitteGerbergasse 134001 BaselTel. 061 260 93 93, Fax 061 260 93 99saskia.frei@exit.chVizepräsident, KommunikationBernhard SutterPostfach 4768047 ZürichTel. 079 403 05 80bernhard.sutter@exit.chFinanzenJean-Claude DübyFlugbrunnenstrasse 173065 BolligenTel. 031 931 07 06jean-claude.dueby@exit.chRechtsfragenIlona Anne BethlenHadlaubstrasse 1108006 ZürichTel. 078 649 33 80ilona.bethlen@exit.chFreitodbegleitungMarion SchafrothWidmannstrasse 134410 LiestalTel. 079 460 75 44marion.schafroth@exit.chAnfragen von Mitgliedernbetreffend Freitodbegleitungsind ausschliesslich an dieGeschäftsstelle zu richten.PALLIACURApalliacura – eine Stiftung von EXITBleierbrunnenweg 38942 OberriedenTel. 044 463 60 22info@lawernie.chKommissionenPatronatskomiteeHeinz Angehrn, Elke Baezner,Sibylle Berg, Susan und Thomas Biland,Andreas Blaser, Rudolf Kelterborn,Werner Kieser, Marianne Kleiner,Rolf Lyssy, Carola Meier-Seethaler,Verena Meyer, Susanna Peter,Hans Räz, Dori Schaer-Born,Barbara Scheel, Katharina und KurtR. Spillmann, Jacob Stickelberger,Beatrice Tschanz, Jo VonlanthenEthikkommissionKlaus Peter Rippe (Präsident),Bernhard Rom, Marion Schafroth,Tanja Soland, Niklaus TschudiGeschäftsprüfungkommissionElisabeth Zillig (Präsidentin),Patrick Middendorf, Richard WyrschRedaktionskommissionThomas Biland, Rolf Kaufmann,Melanie Kuhn, Marion Schafroth,Bernhard SutterImpressumHerausgeberinEXIT – Deutsche SchweizMühlezelgstrasse 45Postfach 4768047 ZürichVerantwortlichMarion SchafrothBernhard SutterMitarbeitende dieser <strong>Ausgabe</strong>Muriel DübySaskia FreiNegar GhafarnejadFriedhelm GreisLucas HugelshoferPeter KaufmannErwin KochMelanie KuhnDaniel MüllerJulian PerrenoudWalter FesenbeckhErnesto StreitBernhard Sutter**nicht gezeichnete ArtikelKorrektoratJean-Claude DübyFotosBriti Bay (Preis)Hans Muralt (Mitarbeiter)Julian Perrenoud (Tagung)Hansueli Trachsel (Kristalle)IllustrationRegina VetterGestaltungAtelier BläuerTypografie und GestaltungZinggstrasse 163007 BernTel. 031 302 29 00DruckereiDMGUntermüli 116302 ZugTel. 041 761 13 21info@dmg.chEXIT-INFO 4.2012 35

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