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111 Jahre

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lukaS kirchner,<br />

zeitungsdesigner:<br />

„Gedrucktes auf Papier<br />

wird es immer geben.<br />

Weil es nicht perfekt ist.<br />

Das Unebene, die Strukturfehler,<br />

wenn man über<br />

die Seiten streicht, das<br />

Unflüchtige, nicht Hastige,<br />

das Beständige. Das Knistern,<br />

das Blättern. Dass<br />

es vergilbt, die Würde des<br />

analogen Alterns, die<br />

ersten Falten. Papier<br />

hat Charakter.“<br />

GR|03|2011<br />

mer das gleiche Format, sie sind schon daher optisch langweiliger.<br />

Und nicht selten so klein oder wenig kontrastreich, dass Bücher<br />

und kleine Schriften schlecht zu lesen sind.<br />

• Bildschirme verführen extrem zu hetzen, hasten, eilen. Papier<br />

strahlt Ruhe aus. Vor allem Multimediales diktiert das Tempo.<br />

Auf Papier lesen kann jeder Mensch nach Belieben – sogar rückwärts<br />

und „quer“. So gesehen ist Papier das „menschendienlichste“<br />

Medium.<br />

daS Sorgfältige, Wertvolle, beSondere<br />

Was uns heute als zuweilen besonders hinderlich und ärgerlich erscheint,<br />

dass Drucken immer noch „richtig Geld kostet“, war mit<br />

Sicherheit einer der Gründe seiner Effizienz. Genau dieser Umstand,<br />

dass nicht jeder „mal eben schnell“, nach Belieben, ohne<br />

groß drüber nachzudenken, irgendwas irgendwie irgendwo drucken<br />

lassen konnte, zwang zu dem, worunter die heutige Zeit psychisch<br />

wie physisch leidet: Informationsselektion. Es war der Schutzwall<br />

gegen die Informationsflut, gegen die Überforderung des Einzelnen.<br />

Drucksachen bereitete man sorgfältig vor. Es wurde mehr als<br />

einmal überlegt, was des Druckens wert war – und was nicht. Natürlich,<br />

man kann dies als Einschränkung der Meinungsvielfalt bewerten.<br />

Aber summa summarum war es hilfreich, „die Spreu vom<br />

Weizen zu trennen“. Das half, dass man gegenüber dem Gedruckten<br />

viel Vertrauen haben konnte.<br />

Doch dieses „Vorkauen“ scheint nicht mehr dem Zeitgeist zu<br />

entsprechen. Die Faszination des Internets liegt vor allem darin,<br />

dass es aufgrund seiner Struktur (Hyperlinks) dem Nutzer die Navigation<br />

an die Hand gibt. Wer – heute wie früher – eine singuläre<br />

Publikation konsumiert (Gedrucktes, TV/Radio), ist von deren Inhalt<br />

abhängig. Wenn man „im Internet“ surft, erscheint es wie eine<br />

unendliche Publikation aus buchstäblich Abermillionen Kapiteln<br />

(Domains, URLs). Die Nutzer fühlen sich plötzlich souverän, sie<br />

übernehmen die Regie. Dies hat sich zum allgemeinen Verhalten<br />

im Umgang mit Medien entwickelt. Gleichwohl Medienkompetenz<br />

eigentlich meint, man solle souverän mit den verschiedenen<br />

Möglichkeiten und Eigenschaften der Medien umgehen und sie<br />

sach­ und sinngemäß einsetzen, wird das Wort meist ziemlich<br />

selbstbewusst als „Der Nutzer ist der Souverän der Medien“ interpretiert.<br />

Die „Herausgeber“ (Publisher) sind Diener der Medienkonsumenten.<br />

Nicht mehr länger sind Nutzer die „Kunden“ (um<br />

nicht ironisch zu sagen: die „Opfer“) der Informationsanbieter.<br />

daS maSSenmedium<br />

Globalität ist heute selbstverständlich. Wer hat sie erfunden? Ohne<br />

Wahrheiten zu verbiegen und aberwitzige gedankliche Winkelzüge<br />

machen zu müssen: Ermöglicht wurde Globalität, das Überwinden<br />

von Zeit und Raum, von Grenzen und Kulturräumen, in der Tat<br />

mithilfe von Drucksachen. Sie waren die ersten „Global Media“. Sie<br />

ermöglichten, was später – vor allem in Verbindung mit Radio und<br />

TV – „Broadcasting“ genannt wurde; auf Deutsch: Massenmedien.<br />

Es ist müßig zu philosophieren, ob Massenmedien ein globales<br />

Dorf geschaffen haben oder die Globalisierung die Massenmedien<br />

– zuletzt das Internet – extrem gefördert hat. Wahrscheinlich ist<br />

alles ein Henne­Ei­Syndrom, ein evolutionäres Pingpongspiel.<br />

Doch als die Masse, das globale Dorf, immer größer wurde, bekam<br />

das gute, bewährte Medium Papier ein ziemlich unangenehmes<br />

Problem. Sein bis dato größter Vorteil, die Robustheit des Materials,<br />

wurde zum gigantischen Nachteil. Denn ganz ohne Frage:<br />

joSef koinig,<br />

geschäftsführer jung<br />

von matt, Wien:<br />

„Da wir eine Vielzahl an<br />

Handelskunden betreuen,<br />

machen wir sehr viel<br />

Print. Traditionell sind<br />

preisgetriebene Botschaften<br />

im Print gut aufgehoben,<br />

und deshalb hat Print<br />

seine Berechtigung.<br />

Handelskunden haben<br />

2009 ihre Budgets erhöht<br />

und dabei aufgrund des<br />

wirtschaftlichen Umfelds<br />

verstärkt auf Preiskommunikation<br />

gesetzt,<br />

was teilweise zulasten<br />

des Fernsehens ging.<br />

Print wird weiterhin eine<br />

gewisse Relevanz – auch<br />

bei jungen Leuten –<br />

haben. Ich sehe keinen<br />

Grund, warum Print<br />

aussterben sollte. Mein<br />

Gefühl sagt mir, dass es<br />

Print noch lange geben<br />

wird.”<br />

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