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Paul Levi - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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BERGMANN <strong>Paul</strong> <strong>Levi</strong> 255irgendeiner Rasse. Aber ich meine dennoch, daß sie in mancherleiHinsicht sehr jüdisch waren. … Sie waren a priori außergewöhnlich,insofern, als sie als Juden an der Grenze zwischen unterschiedlichenZivilisationen, Religionen und nationalen Kulturen gelebt haben undan der Grenze zwischen unterschiedlichen Epochen geboren undaufgewachsen sind. … Sie lebten an den Randzonen oder in den Ritzenund Falten ihrer jeweiligen Nation. … Dieser Zustand hat sie befähigt,sich in ihrem Denken über ihre Gesellschaft, über ihre Zeitund Generation zu erheben, neue Horizonte geistig zu erschließenund weit in die Zukunft vorzustoßen.« 25Über die radikalen jüdischen Denker sagt er im gleichen Essay:»All diesen Denkern und Revolutionären waren bestimmte philosophischePrinzipien gemein. … Sie sind deshalb alle Deterministen,weil sie viele Gesellschaften beobachtet, viele Lebensformen ausnächster Nähe studiert haben und von daher auch die fundamentalenLebensgesetze begreifen. … Sie verstanden die Wirklichkeit als etwasDynamisches. … Schließlich haben sie alle, von Spinoza überMarx bis Freud, an die endgültige Solidarität des Menschen geglaubt.… Im Innersten waren diese ›nichtjüdischen Juden‹ stets Optimisten,und ihr Optimismus hat eine Höhe erreicht, die heutzutageschwer zu erklimmen ist. Sie haben sich nicht träumen lassen, daßdas ›zivilisierte‹ Europa im zwanzigsten Jahrhundert so tief in dieBarbarei versinken könnte.« 26So haben Juden ihre Verfolgung und Benachteiligung als einenTeil der umfassenderen Unterdrückung verstanden und haben vonAnbeginn an in der sozialistischen Bewegung mitgekämpft, auchihren Teil zum Kampf gegen den deutschen Faschismus an allenFronten beigetragen. Einer ihrer großen Geister war <strong>Paul</strong> <strong>Levi</strong>.Winkler nennt <strong>Levi</strong> einen »Quertreiber innerhalb der SPD«,Schöler reklamiert ihn als »linken Sozialdemokraten der zwanzigerJahre«. Wolfgang Ruge meinte: »In der Sozialdemokratie tendierteer zum reformerischen Flügel.« 27 Ich möchte bezweifeln, dass <strong>Levi</strong>linker oder gar rechter Sozialdemokrat geworden ist. Er dürfte ehererfahren haben, dass der Apparat die Politik bestimmte und der starkenOpposition kein Einfluss auf diese gewährt wurde. Allerdingswar er stark und frei genug, seine nicht-sozialdemokratische Meinungunverblümt zu äußern, wenn auch kaum in den offiziellen Gremienund Publikationen ›seiner‹ Partei.Er scheint zeitweise aber gehofft zu haben, die Spaltung der deutschenArbeiterbewegung könne mit und in der SPD wieder überwundenwerden. Das erscheint mir unhistorisch; 1914 und 1918wurde die organisatorische Spaltung notwendig; sie musste der politischenfolgen. Der blindwütige Antikommunismus der SPD-Führung,die politischen Handlungen von Gustav Noske, Friedrich OttoHörsing, Carl Severing, Karl Zörgiebel und anderen haben ihren Teilzur Vertiefung der Spaltung beigetragen. Solange es unterschiedlicheVorstellungen über den Weg zum Sozialismus gibt, sind mehrereproletarische Parteien notwendig. Die notwendige Einheit im täglichenKlassenkampf muss durch die Einheitsfront geschaffen werden,nicht durch eine reformistisch-revolutionäre Einheitspartei.Bloch hat – so scheint mir – <strong>Levi</strong>s Prinzipien gut zusammengefasst:»<strong>Levi</strong> hielt stets an drei Prinzipien fest:25 Ebenda, S. 8 f.26 Ebenda, S. 15.27 Wolfgang Ruge: DasSchicksal von <strong>Paul</strong> <strong>Levi</strong>.Bericht über sein Leben undWirken, in: Radio DDR II,15. April 1989.

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