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10 § 3: Aufrechnung als Beispiel einer ... - Dr. Klaus Richter

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§ 3: <strong>Aufrechnung</strong> <strong>als</strong> <strong>Beispiel</strong> <strong>einer</strong> rechtsvernichtenden EinwendungLit.: Habermeier, JuS 1997, <strong>10</strong>57I. Die <strong>Aufrechnung</strong> in der <strong>Klaus</strong>ur: Rechtsvernichtende Einwendung1. Begriffea. Oberbegriff: Einwendung; wird vom Gericht berücksichtigt, wenn Partei tatsächlicheVoraussetzungen vorgetragen hat. <strong>Beispiel</strong>: § 986 BGB (Recht zum Besitz)b. „Einrede“ <strong>als</strong> Unterfall: Muss gegen den Anspruch ausdrücklich geltend gemachtwerden, andernfalls keine Beachtung durch Gericht. (<strong>Beispiel</strong>: Verjährung).2. Arten der Einwendung (Einreden im prozessrechtlichen Sinn)a. Rechtshindernde Einwendung: Tatsachen, die die Entstehung des Anspruchsverhindern; <strong>Beispiel</strong>: §§ <strong>10</strong>4 ff., 116 – 118, 986 BGBb. Rechtsvernichtende Einwendung: Anspruch des Klägers wird vernichtet. <strong>Beispiel</strong>:<strong>Aufrechnung</strong> (§§ 387 ff. BGB), Erfüllung (§ 362 BGB), Hinterlegung (§ 372 BGB);Unmöglichkeit (§ 275 I BGB); <strong>Beispiel</strong>e für rechtsvernichtende Einreden: § 275 IIund III BGB.c. Rechtshemmende Einwendung: Der Anspruch wird nicht angegriffen, aber in s<strong>einer</strong>Durchsetzbarkeit gehemmt. Identisch mit Einrede im privatrechtlichen Sinn:aa.bb.II.aufschiebende (dilatorische) Einrede: Zeitweilige Hemmung der Durchsetzbarkeit;<strong>Beispiel</strong>: § 320 BGB; § 273 BGBausschließende (peremptorische) Einrede: Dauerhafte Hemmung der Durchsetzbarkeit;<strong>Beispiel</strong>: Verjährung (§ 214 BGB).Voraussetzungen der <strong>Aufrechnung</strong>1. Begriff: Wechselseitige Tilgung von zwei sich gegenüberstehenden Forderungendurch einseitiges Rechtsgeschäfta. Rechtsnatur: Gestaltungsrechtb. Erfüllungssurrogat; daher rechtsvernichtende Einwendung, nicht Einrede (§ 362BGB – Erfüllung – ist Einwendung)c. Vorrang der Privatautonomie: <strong>Aufrechnung</strong>svertrag. Vorteil: Voraussetzungender §§ 387 ff. BGB müssen nicht vorliegen; Fall 20 (BGH NJW 1985, 2409; BGHNJW 1998, 978; Lit.: Coester-Waltjen, Jura 2004, 246).2. <strong>Aufrechnung</strong>slage (§ 387 BGB)a. Bestehen, Fälligkeit und Durchsetzbarkeit der GegenforderungProblem: Bedingte Forderung; <strong>Aufrechnung</strong> (+) bei auflösend bedingter Forderung,jedoch (-) bei aufschiebend bedingter Forderung; Durchsetzbarkeit: Keine Einredegegen die Forderung (§ 390 BGB). Beachte: § 215 BGBb. Erfüllbarkeit der Hauptforderung: Schuld des Anrechnenden muss entstanden sein,Anrechnender muss Recht zur Leistung haben.c. Gegenseitigkeit: Aufrechnender ist Gläubiger der Gegenforderung und Schuldner derHauptforderung; <strong>Aufrechnung</strong>sgegner ist Schuldner der Gegenforderung und<strong>10</strong>


Gläubiger der Hauptforderung. Gegenforderung: eigene Forderung des Schuldners;Nicht verwechseln mit Synallagma (§ 320 BGB)d. Gleichartigkeitaa.bb.cc.dd.ee.Gegeben bei Geld- oder GattungsschuldenGeldforderung gegen Anspruch auf Herausgabe von Wertpapieren (soweitWertverschaffungsschuld).Keine Konnexität wie bei Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB) erforderlich: keinrechtlicher und tatsächlicher Zusammenhang.Keine Gleichartigkeit in der Forderungshöhe erforderlichKeine Gleichartigkeit: Ansprüche auf Freistellung von <strong>einer</strong> Verbindlichkeit vs.Geldforderung.3. <strong>Aufrechnung</strong>serklärung (§ 388 BGB) durch den Schuldnera. Einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungb. § 388 S. 2 BGB: <strong>Aufrechnung</strong> ist bedingungs- und befristungsfeindlich.Ausnahmen:aa.bb.Potestativbedingung (Bedingungseintritt abhängig vom Verhalten desErklärungsempfängers. Fall 21 (BGH NJW 1986, 2245).Eventualaufrechnung im Prozess: <strong>Aufrechnung</strong> <strong>als</strong> Verteidigungsmittel hilfsweise fürden Fall des Scheiterns der primären Verteidigung. Fall 22 (BGH NJW 1999, 1179).c. Unwiderruflich, aber anfechtbar4. Kein <strong>Aufrechnung</strong>sverbota. Vertraglich (§§ 391 II BGB/ Privatautonomie)aa.bb.ausdrückliche oder konkludente VereinbarungBeschränkungen: § 309 Nr. 3 BGB; 556 b II BGB; Treu und Glaubenb. Gesetzlich (§§ 392 - 395 BGB)aa.§ 392 BGB(1.) Keine <strong>Aufrechnung</strong> gegen beschlagnahmte (gepfändete) Forderung (§ 829 I ZPO).(2.) § 829 I S. 1 ZPO: Schuldner darf die Forderung nicht erfüllen(3.) § 829 I S. 2 ZPO: Gläubiger darf über die Forderung nicht verfügen (= Abtretung)(4.) Voraussetzungen des § 392 BGB (<strong>Aufrechnung</strong>slage nach Beschlagnahmezeitpunkt)bb.§ 393 BGB:(1.) Keine <strong>Aufrechnung</strong> gegen Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubterHandlung(2.) Erfasst auch vertragliche Schadensersatzansprüche, soweit neben deliktischenAnsprüchen bestehend. Fall 23 (BGH NJW 1967, 2012)cc.§ 394 BGB11


(1.) Keine <strong>Aufrechnung</strong> gegen unpfändbare Forderung(2.) Unpfändbarkeit von Forderungen: §§ 850 ff. ZPO, 54 SGB I.(3.) Schutz des Gläubigers: Erhalt des Existenzminimums(4.) Ausnahme: § 394 S. 2 BGBc. Sonstige: <strong>Aufrechnung</strong>sverbot aus der besonderen Natur des Rechtsverhältnisses (Fall24, BGH NJW 1994, 2885; Fall 25, BGH NJW 1991, 839).5. Rechtsfolgen: § 389 BGBa. Erfüllungssurrogat: Erlöschen von Haupt- und Gegenforderungb. Ex tunc Wirkung (Fall 26, BGH NJW 1958, <strong>10</strong>40)Rechtsprechung:BGH NJW 1999, 55BGH NJW 1999, 1179BGH NJW 1985, 2409BGH NJW 1998, 978BGH NJW 1967, 2012BAG NJW 1960, 1589BGH NJW 1959, 1275BGH MJW 1994, 2885BGH NJW 1958, <strong>10</strong>4012

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