Nachhaltiges Bauen
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tionen mit herabziehender visueller Botschaft<br />
oder entstellten, verunstalteten<br />
Formen. Planer und Gestalter sind gefordert,<br />
solche und viele andere subliminal<br />
empfundene Bedrohungen zumindest im<br />
Büro auszuschalten.<br />
Kreatives Chaos?<br />
Außerdem muss auf intelligente Weise<br />
das Problem der Ordnung gelöst werden.<br />
Alles, was trotz vielfältiger Ordnungssysteme<br />
auf dem Fußboden lagert,<br />
wird unbewusst als weniger wertvoll angesehen.<br />
Aber manche Menschen neigen<br />
auch aus psychologischen Motiven<br />
zur Unordnung. Ihr „kreatives Chaos“<br />
hat viel weniger mit Kreativität zu tun als<br />
damit, dass sie einen Teil ihres Selbstwertgefühles<br />
daraus beziehen, mit Unordnung<br />
unbewusst Macht ausüben<br />
können („Nur ich kenne mich hier<br />
aus!“). Die Praxisfrage ist: Wie kann<br />
Ordnung „organisiert“ werden und derartige<br />
notwendige psychische Mechanismen<br />
trotzdem zulassen?<br />
Zum Stichwort Ordnung gehört auch,<br />
Kabel konsequent in Kabelkanälen und<br />
insbesondere hinter offen zugänglichen<br />
Rückseiten von Rechnern zu verbergen.<br />
Sichtbare Kabel entsprechen im übertragenen<br />
Sinn bloß liegenden Nerven. Sie<br />
heizen die Atmosphäre unnötig auf.<br />
„Yang“-Faktoren<br />
Auch bei der Arbeitsplatzbeleuchtung<br />
sollten über die bekannten Richtlinien hinaus<br />
psychoergonomische Gesichtspunkte<br />
berücksichtigt werden. Direktes Licht<br />
ist ein „Yang“-Faktor. Dem Beispiel der<br />
Natur folgend sollte es am Arbeitsplatz<br />
und in Verkehrswegen durch ein bestimmtes<br />
Maß an indirektem Licht ergänzt<br />
werden, um eine als angenehm<br />
empfundene Atmosphäre zu erzielen.<br />
Keinesfalls sollten Menschen in der Arbeitsumgebung<br />
geblendet werden. Wer<br />
sich angestrahlt fühlt, ist unbewusst viel<br />
stärker damit beschäftigt, auf eventuell<br />
auftauchende Gefahren gefasst zu sein.<br />
Das kostet wiederum geistige Kapazität.<br />
Schon in Eingangsbereichen und Aufzügen<br />
sollte deshalb eher indirekte Beleuchtung<br />
installiert werden. Ansammlungen<br />
von Downlights ohne<br />
Blendschutz und gegebenenfalls Dimm-<br />
Vorrichtung sind unvernünftig und wirken<br />
oft aggressivitätsfördernd.<br />
Yang-Faktoren sind auch harte, glänzende<br />
Materialien sowie Technik. Die Frische der<br />
Atmosphäre in einer Arbeitsumgebung<br />
hängt unter anderem davon ab, inwieweit<br />
eine Prise weicher Materialien (Stoffe,<br />
Teppichbelag oder Pflanzen) zumindest als<br />
Akzent für eine gewisse Balance sorgt.<br />
Schließlich sollten psychoergonomische<br />
Überlegungen auch bei der Wahl des<br />
Büroraumkonzeptes berücksichtigt werden.<br />
Es hat sich mittlerweile gezeigt, dass<br />
die einseitige prinzipielle Festlegung auf<br />
ein Großraum-, Kombi- oder Zellenbüro<br />
ebenso wenig Sinn macht wie eine vorschnelle<br />
Entscheidung für viel versprechende<br />
neuartige Konzepte wie non-territoriale<br />
Arbeitsplätze.<br />
Die vier Grundängste ...<br />
Der Tiefenpsychologe Fritz Riemann hat<br />
bereits in den sechziger Jahren des vergangenen<br />
Jahrhunderts eine heute noch<br />
aktuelle Theorie über die vier so genannten<br />
Grundängste des Menschen vorgelegt,<br />
nämlich Angst vor Isolation und Ungeborgenheit,<br />
Angst vor der Masse und Identitätsverlust,<br />
Angst vor dem Wandel und<br />
der Vergänglichkeit sowie Angst vor Starre<br />
und Endgültigkeit. Diese Ängste kommen<br />
in unterschiedlicher Intensität in jedem<br />
von uns vor. Sie entstehen durch die<br />
grundlegende Sehnsucht, der der Mensch<br />
unterliegt, nämlich Zugehörigkeit gegenüber<br />
Unabhängigkeit und Stabilität gegenüber<br />
Wandel.<br />
Wer nun einen ausgeprägten Zugehörigkeitsimpuls<br />
und entsprechend eine etwas<br />
stärkere Grundangst vor Isolation hat,<br />
der fühlt sich prinzipiell, aber völlig unbewusst,<br />
in einem Gruppen- oder Kombibüro<br />
besser aufgehoben als in einem<br />
Einzelbüro. Umgekehrt gilt: Wer eine ausgeprägten<br />
Neigung zur Unabhängigkeit<br />
hat und entsprechend eine unbewusste<br />
stärkere Angst vor der Masse, fühlt sich<br />
grundsätzlich in einem Einzelbüro wohler<br />
als zusammen mit anderen.<br />
... und passende<br />
Bürokonzepte<br />
Die Klagen über Großraumbüros hängen<br />
also nicht nur mit Lärmbelästigung<br />
und störender Ablenkung zusammen, sondern<br />
auch mit der instinktiven Angst mancher<br />
Menschen vor der Masse. Sinnvoll ist<br />
unter diesem Gesichtspunkt also die mög-<br />
MANAGEMENT<br />
lichst vielfältige Bürogestaltung vor allem<br />
auch mit ausreichenden Rückzugsmöglichkeiten.<br />
Solche Ruhe- und Regenerationsbereiche<br />
finden mittlerweile vermehrt Einzug<br />
in die Büros. Negativ ist dabei aber,<br />
dass viele Planer anscheinend nicht darauf<br />
verzichten können, auch diese Bereiche<br />
technisch aufzurüsten, anstatt sie möglichst<br />
einfach und natürlich einzurichten.<br />
Mut zu Farbe, geschwungenen Formen<br />
und Frische, zu unauffällig erzielter Sicherheit<br />
anstelle Aufsehen erregender Technik;<br />
Ruhe- und Regenerationsbereich: elektrosmogfreie<br />
Zone für Kurzerholung und Gedankensammlung<br />
der Ausgleich einseitig harter Materialien<br />
durch Naturelemente; die Einplanung konsequent<br />
elektrosmogfreier Ruhezonen –<br />
derartige Gestaltungsrichtlinien sind im<br />
zukunftssicheren Büro unverzichtbar.<br />
Aber: Werden sich Architekten (und ihre<br />
Bauherren!) mehr als bisher auf Gebäude<br />
einlassen, die nicht nur Denkmäler technischer<br />
Fertigkeiten und ihrer selbst, sondern<br />
auch wohltuend und beseelt sind?<br />
Und können Büroplaner für Alltags-Personen<br />
eine Atmosphäre der Sicherheit und<br />
Ruhe mit kreativer Anregung kombinieren?<br />
Erst dann werden Atmosphäre und<br />
Ambiente selbstverständliche Bestandteile<br />
einer wertigen Unternehmenskultur.<br />
Buchtipp<br />
Büro, Mensch und Feng Shui – Raumpsychologie für<br />
innovative Arbeitsplätze, Margrit Lipczinsky/Helmut<br />
Boerner, Callwey Verlag, 192 Seiten, 44,95 Euro,<br />
ISBN 3-7667-1422-8,<br />
Margrit Lipczinsky und Helmut Boerner sind als Berater<br />
in den Bereichen Bewusstes Führen, Archetyp-fokussiertes<br />
Marketing und Raumpsychologie tätig.<br />
www.lipczinsky-boerner.de<br />
5/07 industrieBAU 51<br />
Fotos: Lipczinsky & Boerner Konstanz