BauWerk | Spiegel-Haus an der Ericusspitze, HamburgFotos (6): Cordelia EwerthIm Erdgeschoss, mit einer Terrasseam Wasser, liegt die neue Kantine,die von Ippolito Fleitz gestaltetwurdeSchnitt AA, M 1 :75026
Das InterviewHamburgs OberbaudirektorJörn WalterHamburgs Oberbaudirektor Jörn Walter im Gespräch mit der <strong>DBZ</strong> über den Neubau des SpiegelsAus städtebaulicher Sicht sind Sie sehr erfreutüber das Ergebnis: Bezogen auf denöstlichen Übergang von der neuen Hafencityzur Innenstadt übernimmt das Spiegelgebäudeeine wichtige Ordnungsfunktion fürdie innerstädtischen Hamburger Bereiche.Jörn Walter: <strong>Die</strong> Ericusspitze ist ein Scharnierzwischen Hafencity, Speicherstadt, Kontorhausviertelund den Wallanlagen, noch dazu inherausgehobener Lage als eine der wenigenerhaltenen Eckbastionen der ehemaligen BefestigungHamburgs aus der Zeit der Renaissance.Sie ist Ein- und Ausgangstor zugleich.<strong>Die</strong>ser speziellen Situation wird das Gebäudeensemblemit seinem „Fenster“ zum Hauptbahnhofund zum Park, seinen „Spitzen“ inKorrespondenz zum Grundriss der Bastion undseinen prominenten Nachbarn Deichtorcenterund Chilehaus sowie dem räumlich spannungsvollenDurchgang zwischen den beidenGebäuden zum Wasser mehr als gerecht.Das Spiegelgebäude hat mit dem Ericuskontoreinen kleinen Bruder bekommen. Sindbeide zusammen jetzt Alter Ego zur Elbphilharmonie?Jörn Walter: Alter Ego zur Elbphilharmoniewill das Ensemble aus Spiegelneubau undEricuskontor – denke ich – nicht sein. <strong>Die</strong>Gebäude sind architektonisch und inhaltlichsehr verschieden. Richtig ist aber, dass aufder städtebaulichen Ebene Verwandtschaftenbestehen: Beide arbeiten mit dem Themaeines gläsernen Aufbaues auf einem backsteinernenSockel und beide suchen nachForm- und Ortsprägung durch spannungsvollinszenierte Volumen. Entsprechend wird <strong>sich</strong>das Ericuskontor als Abschluss des neuenLohseparks der Hafencity nicht einfach miteiner abweisenden Wand, sondern einemdreidimensionalen Hohlkörper mit eineminteressanten Lichtspiel als Blickpunkt vonSüden präsentieren.Sie waren wie bei allen wichtigen HamburgerArchitekturwettbewerben in der Jury –sind Sie mit dem architektonischen Ergebniseinverstanden?Jörn Walter: Insgesamt ja. Es hat Anpassungenaus Gründen der Nachhaltigkeit, derKosten und der technischen Machbarkeit gegeben,aber das architektonische Gesamtkonzeptwurde vom Bauherrn, Mieter undden Architekten immer weiterverfolgt.<strong>Die</strong>ses Gebäude ist ganz im Sinne der Nachhaltigkeitund Energieeffizienz vorab mitdem Hafencity Goldstandard ausgezeichnetworden. Geht eine entsprechende Fassadezu Lasten der Eleganz der Außenhaut?Jörn Walter: Es ist richtig, dass die Anforderungenan die energetische Nachhaltigkeitvon <strong>Bauwerk</strong>en (Dichtigkeit der Konstruktion,Integration technischer Einrichtungen usw.)die Feingliedrigkeit von Fassadenkonstruktionenbeeinträchtigen. Das hat auch im Falledes Spiegelneubaues dem Gebäude etwasvon der ursprünglichen Eleganz genommen;bau- und materialtechnisch sind wir leidernoch nicht soweit, dass wir die erforderlichenEnergieeffizienzstandards von heute mit filigranenFassadenkonstruktionen, wie wir siez.B. aus den 1950er Jahren kennen, erreichenkönnen.Das neue Spiegelhaus soll Verlagshaus sein,worauf in der Vergangenheit in Hamburg alsTypus hohen Wert gelegt wurde. Kann esheute in unserer multimedialen Welt so etwasnoch geben? Ist der Spiegel-Neubau dierichtige Antwort auf die Veränderungen?Jörn Walter: Der Spiegelneubau ist eine Antwort,ob die einzige, lasse ich dahin gestellt.Er ist ein Gebäude, das mehrere Nutzungenzulässt (Studio, Gastronomie, Archiv, Einbund-/Zweibund,Einzel- und Großraumbüros),Kommunikationszonen bereit hält undim wahrsten Sinne des Wortes Brückenschlägt, die auch horizontale Teilbarkeitenermöglichen. <strong>Die</strong> Außen- und Innenraumbezügeder Arbeitsplätze sind teilweise sensationellund es könnte die schwierige Balancezwischen Abgeschiedenheit und Teilhabemöglichkeitim Verlagsbau auf neue Art gelingen.Insoweit ist der Bau in jedem Fall eine ernstzu nehmende Antwort auf die Fragestellungenim zeitgenössischen Verlags- und Kontorhausbau.Das klingt nahezu euphorisch – ist der Spiegel-Bauauch ein Richtung weisendes Modellfür unsere Arbeitsplatzqualität?Jörn Walter: Gar keine Frage! Ich kenne nurwenige neue Bürobauten, die ein so hohesAnforderungsprofil nicht nur an die Nachhaltigkeit,sondern auch den Komfort für dieMitarbeiter stellen. Das spürt man in allenDetails: Vom Vorhang über die Innenraummaterialienund die Möbel bis zur Beleuch-tung, von der diskreten Integration der Kommunikations-und Sicherheitstechnik bis zumgestalterisch höchst engagierten Design deröffentlichen Orte Restaurant, Cafeteria, Besprechungsräumenusw.Was ist für Sie das Wichtigste an diesem<strong>Bauwerk</strong>: Architektur, Konstruktion, Nachhaltigkeitoder Städtebau?Jörn Walter: Der Spiegel-Neubau ist ein echtesGesamtwerk der Baukunst. Ich freue michbesonders darüber, dass die Bebauung derEricusspitze städtebaulich so gut gelungenist. Zusammen mit dem Deichtorcenter zeigt<strong>sich</strong> Hamburg mit einem unverwechselbarenStadteingang zur Hafencity und zur Altstadt.Und das ist es, worauf es hier ankommt: BesondereIdentitäten der Stadt nicht nur zuwahren, sondern auch neu zu schaffen!BaudatenObjekt:Spiegelhaus und Ericus Kontor in der Hafencity,Ericusspitze, HamburgArchitekturwettbewerb: 2007Bauzeit: 2008-2011Architekten:Leistungsphasen 1-4: Henning Larsen Architects,Kopenhagen, www.henninglarsen.com;Leistungsphasen 1-4: Höhler + Partner Architekten undIngenieure, Hamburg, www.höhler-partner.deProjektsteuerung:ABG Allgemeine Baubetreuungsgesellschaft mbH,Köln, www.abg-baubetreuung.deGeneralfachplaner:DS-Plan Ingenieurgesellschaft für ganzheitliche Bauberatungund GeneralfachplanungAluminiumprofilsysteme:Hydro Building Systems GmbH, Ulmwww.wicona.deFassadenbau u. Sonnenschutz:Schindler GmbH & Co.KG, Roding,www.schindler-roding.deTragwerksplanung:Ingenieurbüro Dr. Binnewies, HamburgFreiraumplanung:WES & Partner, Hamburg (Landschaftsarchitekt)Elektrotechnik:ISR - Ingenieurbüro Schlegel & Reußwig GmbH,Lage/Bielefeld<strong>DBZ</strong> 1 | 2012 <strong>DBZ</strong>.de 27