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w.i.n. Ausgabe 9 - Pro Wirtschaft Nidwalden/Engelberg

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ungstätigkeit auf der Konservierung bestehender<br />

Kunst- und Kulturobjekte. «Die<br />

Behandlung von Kulturgut aus früheren<br />

Epochen ist immer auch geprägt von den<br />

sich wandelnden Maximen der Denkmalpflege.<br />

Die in verschiedenen Zeiten sich unterschiedlich<br />

präsentierenden Restaurierungsmethoden<br />

wirken auf das Kulturerbe<br />

zurück», gibt Wendel Odermatt zu verstehen.<br />

Ob er nun mit seinem Restauratorenteam<br />

mehr Künstler oder eher Handwerker<br />

sei, ist laut Geschäftsführer Odermatt eine<br />

Frage, die sich nicht einfach so beantworten<br />

lässt. Die Bezeichnung «Spezialisten»<br />

passe wohl eher, weil sie sich in einem breit<br />

gefächerten Betätigungsfeld zwischen Fachplaner,<br />

Techniker, Dienstleister und natürlich<br />

immer noch Handwerk bewegen. Die<br />

Zusammenarbeit mit anderen Berufsgattungen<br />

werde immer wichtiger. «Wir arbeiten<br />

zurzeit auf einer Baustelle mit einer<br />

Bauunternehmung zusammen, und auf der<br />

nächsten Baustelle untersuchen wir als<br />

Fachplaner für Architekten und Denkmalpflege<br />

Gebäude und Gemälde.» Auch in der<br />

Restaurierungstätigkeit hätten moderne<br />

Apparaturen und Methoden zur Untersuchung<br />

und Konservierung die traditionellen<br />

Methoden in hohem Masse ergänzt.<br />

Altbewährte Mittel und Massnahmen<br />

Die Künstler, die mit der weissen Schürze<br />

und feinem Pinsel ein Bild restaurieren,<br />

können ebenso gut mit dem schweren<br />

Bohrhammer umgehen. Wendel Odermatt<br />

öffnet im Atelier eine Schranktüre und gibt<br />

den Blick frei auf verschiedene Bohrhammer<br />

und schweres Werkzeug, das im<br />

Schrankinneren aufgereiht ist. Nur eine<br />

Schublade tiefer liegen grosse und kleine<br />

Pinsel. «Wir arbeiten oft mit Spezialwerk-<br />

Blattvergolden<br />

Das Vergolden von Gegenständen hat<br />

bei Stöckli eine lange Tradition. Bei<br />

der Blattvergoldung werden hauchdünne<br />

Goldfolien auf glatte oder polierfähige<br />

Untergründe aufgeklebt und meist poliert.<br />

Diese Technik ist bereits 2500<br />

vor Christus in Ägypten nachgewiesen.<br />

Bekannte Zeugnisse der Anwendung<br />

der Blattvergoldung stammen aus der<br />

byzantinischen Ikonenmalerei. Die Vergoldungstechnik<br />

wurde mit der Zeit<br />

verfeinert und erreichte in der Gotik<br />

ihren heute noch gültigen Standard.<br />

Danach wurde der Anwendungsbereich<br />

immer breiter und neben Kultgegenständen<br />

wurden zunehmend auch Zierelemente<br />

und Mobiliar vergoldet. Das<br />

bekannteste Beispiel dürfte heute der<br />

vergoldete Bilderrahmen sein.<br />

22 | Handwerk<br />

zeugen, die auf unsere Anregung hin hergestellt<br />

worden sind.» Wendel Odermatt öffnet<br />

eine weitere Schranktüre, hinter der<br />

verschiedene Flaschen, Büchsen und Gläser<br />

stehen. Originalpigmente seien dies, klärt<br />

der Restaurator auf. «Den Grossteil der von<br />

uns verwendeten Farben stellen wir mit<br />

diesen Pigmenten selber her.» Die Industrie<br />

bringt zwar laufend neue <strong>Pro</strong>dukte auf den<br />

Markt, doch fehlen oft die Langzeiterfahrungswerte.<br />

Nicht zuletzt deshalb greifen<br />

die Mitarbeitenden der Firma Stöckli immer<br />

wieder gerne auf altbewährte Mittel<br />

und Massnahmen zurück. Dem Besucher<br />

öffnet sich im Atelier an der Tottikonerstrasse<br />

in Stans eine Welt der Gegensätze<br />

die grösser nicht sein könnten. Was Mehl in<br />

der Abteilung «Sandstrahlen» zu suchen<br />

hat, entlockt Wendel Odermatt ein Schmunzeln.<br />

«Mit Mehl haben wir nach dem Hochwasser<br />

2005 den Schlamm von den Goldrahmen<br />

aus dem Frauenkloster in Sarnen<br />

entfernt.» Der feine Mehlstaub habe sich<br />

als wirksamstes Mittel erwiesen, ohne dass<br />

dabei die feine Goldschicht vom Holz abblätterte.<br />

«Unser Beruf und unsere Arbeitsmethoden<br />

sind einem steten Wandel unterworfen.<br />

Dies ist die grosse Herausforderung,<br />

der wir uns gerne stellen, um die uns anvertrauten<br />

Kunstwerke an die nächste Generation<br />

weiterreichen zu können.»<br />

Konservieren und Restaurieren<br />

Entweder die Objekte kommen ins Atelier<br />

der Stöckli AG oder die Mitarbeiter des<br />

Traditionsunternehmens gehen zum Objekt.<br />

Vor jeder Konservierung, aber auch<br />

Restaurierung, steht gemäss Wendel Odermatt<br />

die eingehende Untersuchung des Objekts.<br />

Dazu steht ein so genannter «Untersuchungskoffer»<br />

immer griffbereit. Die<br />

Hauchdünne Goldfolien werden beim Blattvergolden aufgeklebt.<br />

Untersuchung eines Objekts umfasse mehrere<br />

Punkte. «Zuerst geht es darum, den<br />

Untersuchungsumfang abzustecken und<br />

den Untersuchungsbedarf zu definieren.»<br />

Je mehr Informationen die Restauratoren<br />

haben, umso besser lassen sich die Massnahmen<br />

festlegen. Unter «Konservierung»<br />

verstehen die Fachleute die Massnahmen<br />

zur Erhaltung und Instandhaltung, mit denen<br />

der Zerfall des Kulturguts verlangsamt<br />

werden soll. «Konservieren ist nicht das<br />

vollständige Herauslösen eines Gegenstandes<br />

aus dem <strong>Pro</strong>zess der Alterung, sondern<br />

der Versuch, diesen <strong>Pro</strong>zess bei einer verträglichen<br />

Nutzung zu verlangsamen», präzisiert<br />

Wendel Odermatt. Mit dem Begriff<br />

«Restaurierung» werden Wiederherstellungsarbeiten<br />

bezeichnet. Wiederherstellungen<br />

beinhalten entweder das Entfernen<br />

späterer Veränderungen oder das Anfügen<br />

fehlender Teile. So mussten die Spezialisten<br />

der Firma Stöckli bei der Restaurierung des<br />

<strong>Engelberg</strong>er Kursaals einen Grossteil der<br />

fehlenden Stuckaturornamente neu giessen.<br />

Diese waren wie die Brote in einer Bäckerei<br />

auf Brettern übereinandergereiht.<br />

Bis zu 16 Mitarbeitende<br />

Jeder Untersuch, jeder Arbeitsschritt wird<br />

bei Stöckli genau dokumentiert. Die Berichte<br />

verschwinden nicht irgendwann nach<br />

einigen Jahren im Abfall, sondern werden<br />

im firmeneigenen Archiv aufbewahrt. «Dieses<br />

Archiv ist unser Kapital», verrät Wendel<br />

Odermatt. Je nach Auftragslage arbeiten<br />

während der Sommermonate bis zu 16 Restauratorinnen<br />

und Restauratoren bei<br />

Stöckli. Bis zu 12 Mitarbeitende sind es im<br />

Winterhalbjahr. Zum Team zählen unter<br />

anderem drei Fachhochschulabsolventen<br />

und sieben Fachrestauratoren.<br />

Die Restaurierung der Deckenmalerei in der Klosterkirche <strong>Engelberg</strong> war wegen den unterschiedlichen Lichteinwirkungen eine besondere Herausforderung.<br />

Wandmalerei<br />

Das Atelier für Restaurierung und Vergolderei ist auch spezialisiert auf die Erhaltung von Wandmalereien, einer der ältesten<br />

Kunstformen überhaupt. Bereits etwa 15 000 vor Christus entstanden Höhlenmalereien. Ab 3000 vor Christus sind Malereien<br />

auf Gipsputz aus Ägypten bekannt. Von 400 vor bis 500 nach Christus sind Beispiele der hellenistischen und römischen Wandmalerei<br />

erhalten. Diese Techniken wurden in Byzanz weiter gepflegt und entwickelt. Nördlich der Alpen wurden während der<br />

Renaissance Fassaden, Wände und Decken bemalt. Die Wand- und Deckenmalerei hatte ihre grosse Zeit im 18. Jahrhundert. Im<br />

19. Jahrhundert stand die Wandmalerei im Zeichen der Historienmalerei.<br />

Handwerk | 23

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