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Es ist mir ein Bedürfnis, Ihnen sehr herzlich zu ... - Parkhotel Holzner

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4 5<br />

Gestatten Sie, dass ich mich vorstelle:<br />

<strong>Holzner</strong> m<strong>ein</strong> Name. Und ich bin <strong>mir</strong><br />

sicher, dass wir uns bereits das <strong>ein</strong> oder<br />

andere Mal begegnet sind. Sicher erinnern Sie<br />

sich an unsere erste Begegnung, denn ich kann<br />

r<strong>ein</strong>en Gewissens behaupten, <strong>ein</strong>e Schönheit <strong>zu</strong><br />

s<strong>ein</strong>. Ein Juwel, möchte ich fast sagen. Sie waren<br />

gewiss be<strong>ein</strong>druckt von m<strong>ein</strong>er edlen Ersch<strong>ein</strong>ung,<br />

dem großen Aufwand an Zeit und Mühe,<br />

die in m<strong>ein</strong>e Pfl ege investiert wurden und werden.<br />

Sie halten mich jetzt wohl für <strong>ein</strong>en eitlen<br />

Gecken, weil ich dies alles ohne auch nur das geringste<br />

Anzeichen von Scham und Bescheidenheit<br />

<strong>zu</strong> behaupten wage. Nun, m<strong>ein</strong>er M<strong>ein</strong>ung<br />

nach <strong>ist</strong> sowohl Scham, als auch Bescheidenheit<br />

fehl am Platz, wenn man den Verdienst für etwas<br />

nicht selbst trägt, sprich: Ich kann nichts für<br />

m<strong>ein</strong>e Schönheit. Ich habe nichts da<strong>zu</strong> beigetragen,<br />

so gelungen, geschweige denn dafür, so gut<br />

erhalten <strong>zu</strong> s<strong>ein</strong>. Ich sehe, dies alles verlangt<br />

nach Erklärung. Ich werde wohl etwas weiter<br />

Impressum:<br />

Texte: Maria <strong>Holzner</strong><br />

Grafi sche Gestaltung: Mugele & Matt, BZ<br />

Druck: Druckstudio Leo, Frangart<br />

Titelbild und Bild auf dieser Seite:<br />

Franz J. Lenhart (1898-1992) stammte aus Kufst<strong>ein</strong>, studierte in Wien<br />

und Florenz und ließ sich 1922 als junger Grafi ker in Meran nieder.<br />

Bereits zwei Jahre später schaff te er mit <strong>ein</strong>em Plakat für das staatliche<br />

Tourismusamt Enit den Durchbruch: S<strong>ein</strong> „Visitate le Dolomiti“ hing<br />

bald in ganz Italien. Spätestens 1930 hatte Lenhart s<strong>ein</strong>en eigenen Stil<br />

gefunden: im Hintergrund platzierte er me<strong>ist</strong> Berge, im Vordergrund<br />

dynamische Skifahrer oder elegante Frauen mit starker erotischer<br />

Ausstrahlung. Auf Lenharts Plakaten war Südtirol nicht mehr das Land<br />

der Andreas Hofer-Gestalten, sondern <strong>ein</strong> mondänes Freizeitparadies.<br />

Lenhart-Originale waren aber bald <strong>ein</strong>e gesuchte Rarität.<br />

ausholen müssen, natürlich immer vorausgesetzt,<br />

Sie bringen <strong>ein</strong> wenig Zeit auf, um sich<br />

m<strong>ein</strong>e Geschichte an<strong>zu</strong>hören. Ich verspreche<br />

auch: Der kl<strong>ein</strong>e Aufwand wird sich lohnen.


6 7<br />

1. Hotelprospekt<br />

Als im Jahre 1906 der Bau der Rittner Bahn in Angriff<br />

genommen wurde, ging es im Auftrag der Rittnerbahn<br />

AG auch an m<strong>ein</strong>e Errichtung. Die Baume<strong>ist</strong>er der<br />

Bahn, die Herren Musch und Lun fungierten auch als die M<strong>ein</strong>igen<br />

und Herr Ingenieur Joseph Riehl war mit der Planung,<br />

Durchführung und Bauleitung betraut. Anlässlich der 100-<br />

Jahr-Feier der Rittnerbahn, wurde der Platz neben dem Oberbozner<br />

Bahnhof im August 2007 nach ihm benannt.<br />

Die „alte Dame“ <strong>ist</strong> so<strong>zu</strong>sagen m<strong>ein</strong>e große Schwester.<br />

In all den Jahren sind wir uns beigestanden und beide haben<br />

wir uns wohl mehr als gut gehalten.<br />

Zur Zeit m<strong>ein</strong>er Erbauung war die tour<strong>ist</strong>ische Erschliessung<br />

allerorts in vollem Gange. Überall in Südtirol wurden<br />

Gastbetriebe aus dem Boden gestampft. So auch auf dem Ritten:<br />

All<strong>ein</strong> 1907 entstanden das Gasthaus am See und das Hotel<br />

Waldfrieden in Wolfsgruben, Gasthöfe wie „Hofer“, „Doppelbauer“,<br />

„Rittnerhof“ und „Maier in Wolfsgruben“ wurden in<br />

Beherbergungsbetriebe umgewandelt. So manch alt<strong>ein</strong>gesessener<br />

Sommerfrischgast bangte um die Ruhe auf dem Hochplateau<br />

und fürchtete, <strong>zu</strong> Unrecht, wie bald klar wurde und es<br />

bis heute <strong>ist</strong>, das Aufkommen von Massentourismus. Hans von<br />

Hoff ensthal nahm in <strong>ein</strong>em bekannten <strong>Es</strong>say gar „Abschied<br />

von Oberbozen“.<br />

Nichtsdestotrotz wurden all die Projekte <strong>zu</strong>r Entwicklung<br />

des Fremdenverkehrs auf dem Ritten fortgesetzt und auch<br />

m<strong>ein</strong>e Geburtsstunde rückte immer näher. Nachdem <strong>ein</strong> erster<br />

Entwurf verworfen worden war, weil er <strong>ein</strong> <strong>zu</strong> „städtisches“<br />

Hotel vorsah, wurde ich in <strong>ein</strong>em an den Standort angepassten<br />

Jugendstil, dem sogenannten Schweizer Alpenstil geplant. Und<br />

nach <strong>ein</strong>er Bauzeit von nur etwas mehr als <strong>ein</strong>em Jahr stand ich<br />

be<strong>zu</strong>gsfertig an m<strong>ein</strong>em Platz.<br />

Erster, verworfener<br />

Projektentwurf<br />

Zweiter<br />

Projektentwurf


8<br />

Hans <strong>Holzner</strong> in Ägypten um 1900<br />

Vor- und Rückseite<br />

<strong>ein</strong>es Rittnerbahn-Führers<br />

1908<br />

Im Sommer 1907 wurde die Bahn in Betrieb genommen,<br />

aber bei der großen Einweihungs- und Eröff nungsfeier<br />

kam es <strong>zu</strong> <strong>ein</strong>igen Pannen: <strong>ein</strong> stundenlanger Stromausfall<br />

führte <strong>zu</strong>r Verspätung der Bahn, die Reihen der Festgäste waren<br />

dünn gesät. Was aber von viel größerer Bedeutung war: Die<br />

Familie, die m<strong>ein</strong>e Ersch<strong>ein</strong>ung und Ausrichtung bis <strong>zu</strong>m heutigen<br />

Tage prägen sollte, war auf den Plan getreten. Ein gewisser<br />

Hans <strong>Holzner</strong>, <strong>ein</strong> gutaussehender, junger Herr, war mit der<br />

Hotelleitung betraut worden. Die Erwartungen, die in ihn gesetzt<br />

wurden, waren hoch. Auch von m<strong>ein</strong>er Seite, <strong>zu</strong>gegeben.<br />

Was aber verständlich war, bei all den Erfahrungen, die er bereits<br />

gesammelt hatte: Der aus Meran stammende Gastwirt<br />

war schon in der Schweiz, in Kairo, in Brennerbad und Meran<br />

als Hoteldirektor tätig gewesen und wollte nun nach s<strong>ein</strong>er<br />

Eheschließung mit Maria Krawany aus Mödling bei Wien auf<br />

dem Ritten sesshaft werden.<br />

Flugaufnahme von Oberbozen 1909<br />

Nur wenige Tage nach der Jungfernfahrt der Bahn von<br />

Bozen nach Oberbozen am 13. August 1907 kam es <strong>zu</strong> <strong>ein</strong>em<br />

schweren Unfall auf der Trasse. M<strong>ein</strong>e ersten Gäste, damals<br />

trug ich den Namen Hotel Maria Schnee, nach dem Kirchl<strong>ein</strong><br />

am Ort, mussten mit den altbewährten „Pennen“ wieder ins Tal<br />

gebracht werden.<br />

1908 fand dann endlich die endgültige Eröff nung statt.<br />

Ich war umbenannt worden in „Hotel Oberbozen“. In den darauf<br />

folgenden Jahren wurden die Kinder von Hans und Maria<br />

geboren. 1907 Johanna, 1909 Herbert und 1910 Wilhelm. Anlässlich<br />

der Geburten der zwei Söhne wurden vor m<strong>ein</strong>en Toren<br />

zwei Tannen gepfl anzt, die <strong>mir</strong> von Jahr <strong>zu</strong> Jahr mehr die<br />

Sicht rauben und mich heute schon fast überragen. Dennoch<br />

gehören wir <strong>zu</strong>sammen: Ist die Bahn m<strong>ein</strong>e große Schwester,<br />

so betrachte ich die alten Baumgiganten als m<strong>ein</strong>e Brüder.<br />

Bereits 1911 war Hans <strong>Holzner</strong> in der Lage, mich <strong>zu</strong> erwerben.<br />

<strong>Es</strong> folgte <strong>ein</strong>e überaus glückliche Zeit für alle Beteiligten.<br />

Ich kann mich noch gut daran erinnern. Im Sommer wälz-<br />

Der 1. Unfall im August 1907<br />

und die „überstürzte“<br />

Abreise der ersten Gäste<br />

9


10 11<br />

Hans und Maria <strong>Holzner</strong><br />

mit Hannerl 1908<br />

te sich Stunde um Stunde zähfl üssig und süß wie Honig durch<br />

die sonnendurchfl uteten Räumlichkeiten, die den Herrschaften<br />

vorbehalten waren; den Damen mit den breitkrempigen<br />

Hüten auf den sorgsam gesteckten Frisuren und ihren schmalen<br />

Taillen; den Herren in ihren maßgeschneiderten Anzügen,<br />

im Gesicht ausladende, penibel gepfl egte Schnurrbärte. Das<br />

Fußgetrappel der Bediensteten in den Wirtschaftsräumen, in<br />

der Wäscherei und den Ställen am anderen Ende des Grundstücks<br />

treppauf, treppab, tür<strong>ein</strong>, türaus kündete indes von <strong>ein</strong>em<br />

ganz anderen Lebensrhythmus. Auf zwei Hausgäste kam<br />

damals <strong>ein</strong> Mitarbeiter, während heute <strong>ein</strong> etwa 25-köpfi ges<br />

Team für das Wohlbefi nden der an die 100 Gäste <strong>zu</strong>ständig <strong>ist</strong>.<br />

In m<strong>ein</strong>er Kindheit mussten Lehrlinge noch selbst für ihre Ver-<br />

Einige „spitze“ Karikaturen<br />

<strong>zu</strong>r Eröff nungsfeier der Rittnerbahn 1907<br />

pfl egung aufkommen, Hilfskräfte arbeiteten für Kost und Unterkunft.<br />

Der mittlere Monatslohn <strong>ein</strong>er Fachkraft entsprach<br />

dem Tagespreis für <strong>ein</strong>en Gast. Ja, auf diesem Gebiet hat sich in<br />

m<strong>ein</strong>em hundertjährigen Leben besonders viel getan. Aber die<br />

Loyalität der Mitarbeiter <strong>ist</strong> heute so wichtig wie damals; obwohl<br />

ich persönlich den Standpunkt ablehne, dass all<strong>ein</strong> die<br />

Arbeit der Menschen für die Qualität des Betriebs steht. Wo<br />

bleibt da der Wert der Gemäuer, der Einrichtung? M<strong>ein</strong> Fundament<br />

<strong>ist</strong> es, das die Arbeit dieser Menschen, die kommen und<br />

gehen, trägt. Sie brauchen mich, und ich wäre ohne sie nichts,<br />

<strong>ein</strong> Wrack vielleicht, <strong>ein</strong>e Ruine. Aber wir haben <strong>ein</strong>ander und<br />

lassen uns nicht im Stich, allen voran die Familie <strong>Holzner</strong>.<br />

Die Küchenbrigade<br />

Maria und Hans <strong>Holzner</strong> mit<br />

Herbert, Hannerl und Wilhelm 1912


12<br />

Projektentwurf <strong>zu</strong>r Erweiterung des Hotel Oberbozen 1912<br />

Kurz nachdem mich Hans <strong>Holzner</strong> gekauft hatte, fasste er<br />

den Plan, mich <strong>zu</strong> mästen, auf dass ich größer und breiter<br />

werden sollte. Doch dann braute sich Unheil <strong>zu</strong>sammen.<br />

Hannerl, die Älteste der drei Kinder, erkrankte an <strong>ein</strong>er<br />

Gehirnhautentzündung und wurde nach ihrer Genesung nicht<br />

mehr so, wie sie gewesen war. Wie es damals in der gutbürgerlichen<br />

Gesellschaft Brauch war, wurde sie fortgeschickt, in <strong>ein</strong><br />

Heim im Salzburgerland. <strong>Es</strong> hieß, dort könne man sich besser<br />

um sie kümmern. Und soweit ich etwas darüber in Erfahrung<br />

bringen konnte, ging es ihr dort <strong>ein</strong>e Zeit lang recht gut.<br />

Auch anderes Unheil kam auf, Unheil von Menschen<br />

verursacht. Krieg brach aus. Die Um- und Anbaupläne wurden<br />

verworfen. Dies kann im Nachhin<strong>ein</strong> aber mehr als Glück denn<br />

als Unglück empfunden werden, da im Laufe der Jahrzehnte<br />

die me<strong>ist</strong>en Grandhotels in Südtirol nicht <strong>zu</strong> halten waren und<br />

<strong>zu</strong>grunde gingen.<br />

Hans <strong>Holzner</strong> zog noch im gleichen Jahr von dannen.<br />

Als Verpfl egungsoffi zier des K.u.K. Heeres war er in<br />

der Nähe von Wien stationiert, so hörte ich. Maria<br />

leitete derweil den Betrieb, so lange dies möglich war. Im Laufe<br />

des Krieges wurde ich dann <strong>zu</strong>nächst durch österreichische,<br />

später durch italienische Heeresstellen beschlagnahmt. Maria<br />

saß, sobald ihre Söhne schliefen, oft bis spät in die Nacht hin<strong>ein</strong><br />

an ihrem Schreibtisch und schrieb Hans lange Briefe, nicht<br />

wissend, ob sie ihn auch erreichen würden. Und <strong>zu</strong>weilen trafen<br />

auch Briefe von Hans <strong>ein</strong>, die sie sorgfältig in ihrem Sekretär<br />

barg, viele Jahre lang.<br />

Als 1918 der Krieg endete, waren aber noch längst nicht<br />

alle Hindernisse überwunden, die selbiger verursacht hatte.<br />

Hans <strong>Holzner</strong> kehrte erst 1919 aus Österreich <strong>zu</strong>rück, als <strong>ein</strong>er<br />

der letzten, weil er als Verpfl egungsoffi zier für jeden Soldaten<br />

verantwortlich war. So verharrte er auf s<strong>ein</strong>em Posten, bis auch<br />

der Letzte von ihnen heimkehren konnte. Im Jahre s<strong>ein</strong>er Rückkehr<br />

kam es <strong>zu</strong>r Vertragsschließung von Saint Germain. Die<br />

Siegermächte sprachen Italien Süd- und Welschtirol <strong>zu</strong>, vom<br />

Hans und Maria <strong>Holzner</strong><br />

im Park des Hotels 1912<br />

13


14 15<br />

Hans <strong>Holzner</strong> mit Freunden<br />

auf der Treppe <strong>zu</strong>m Park<br />

Brenner bis nach Ala an der Etsch. Die M<strong>ein</strong>ung des Heimatlandes<br />

Österreich als Verbündeter Deutschlands und Verlierer<br />

des Krieges fi el nicht besonders schwer ins Gewicht. Und <strong>zu</strong><br />

Beginn war für Südtirol die Annektion nicht mit schweren Unannehmlichkeiten<br />

verbunden: Währungswechsel, Änderung<br />

der Amtssprache und ähnliche logische Folgen des Anschlusses<br />

an Italien erwiesen sich als erträglich. Wie aber hinlänglich<br />

bekannt s<strong>ein</strong> dürfte, zeichnen sich die Tiroler durch <strong>ein</strong>en oft<br />

unverhältnismäßigen Stolz aus, bis heute. Deshalb fi el es ihnen<br />

von Anfang an schwer, die neuen Verhältnisse, denen sie<br />

machtlos gegenüberstanden, <strong>zu</strong> akzeptieren.<br />

1920 erfolgte dann die Wiederaufnahme des Hotelbetriebs.<br />

<strong>Es</strong> war verständlicherweise <strong>ein</strong>e schwache Saison, doch<br />

die Reichen erholen sich bekanntlich schneller von tragischen<br />

und wirtschaftshemmenden Ereignissen als die Armen. Zu<br />

m<strong>ein</strong>em Glück und dem der Familie <strong>Holzner</strong> gehörte unsere<br />

Klientel eher <strong>zu</strong> erstgenannter Gruppe. Und so erholte ich<br />

mich, genauso wie der Tourismus allgem<strong>ein</strong>. In den Zwischenkriegsjahren<br />

wurden in Oberbozen weitere Betriebe errichtet:<br />

das Hotel Latemar, die heutige Pension Anna und das Hotel<br />

Alljährlich gab es feierliche<br />

Menüs anlässlich des Geburtstages<br />

des Kaisers (18. August).<br />

Tour<strong>ist</strong>isches Plakat von „Lenhart“<br />

(Als Modell stand Willi <strong>Holzner</strong><br />

<strong>zu</strong>r Verfügung.)


16<br />

Erstes italienisches Hotelprospekt<br />

(um 1930)<br />

Die Rittnerbahn beim Abkoppeln von der Zahnradlok in Maria Himmelfahrt<br />

Regina. Ja, auch wir bekamen unsere Scheibe vom Schokoladen<br />

überzogenen Kuchen der goldenen 20er ab.<br />

1922 ergriff en die Fasch<strong>ist</strong>en unter Benito Mussolini die<br />

Macht in Italien. Die Südtirolpolitik nahm andere Formen an.<br />

Ganz im Sinne des national<strong>ist</strong>isch geprägten Faschismus wurden<br />

zahlreiche Versuche unternommen, das Land <strong>zu</strong> italienisieren.<br />

Doch mit all dem hatte ich wenig <strong>zu</strong> schaff en. M<strong>ein</strong>e<br />

Besitzer benannten mich in Hotel <strong>Holzner</strong> um, da man mich<br />

ansonsten <strong>zu</strong>m Hotel Soprabolzano gemacht hätte. Diese Aktion<br />

war allerdings nicht von besonderem Erfolg gekrönt: Wenige<br />

Jahre später erhielt ich dennoch den italienischen Namen<br />

„Hotel Savoia“.<br />

Von Vorteil war sicherlich, dass nun auch italienische<br />

Klientel in <strong>mir</strong> <strong>ein</strong> und aus ging. So war es Hans <strong>Holzner</strong> möglich,<br />

1925 die Pension Maria als ganzjährig geöff nete Dependance<br />

<strong>zu</strong> eröff nen (heutige Pension Fink) und 1931 das Café<br />

<strong>Holzner</strong> (heutiges Café Fink). Trotz aller Schwierigkeiten in<br />

der Zeit unmittelbar nach dem Krieg, gab es auch immer wieder<br />

erfolgreiche Saisonen. Die Familie <strong>Holzner</strong> und ich, wir<br />

hielten uns immer über Wasser. 1933 kam es erneut <strong>zu</strong> <strong>ein</strong>em<br />

Unglück: Hans <strong>Holzner</strong>, so<strong>zu</strong>sagen m<strong>ein</strong> oberster Herr und<br />

Me<strong>ist</strong>er, erlitt <strong>ein</strong>en Schlaganfall und war im Anschluss daran<br />

nicht mehr arbeitsfähig. Das machte mich <strong>sehr</strong> traurig, denn<br />

obwohl er immer noch in <strong>mir</strong> verweilte, hatte er s<strong>ein</strong>en Tatendrang<br />

verloren. S<strong>ein</strong> Sohn Herbert übernahm gem<strong>ein</strong>sam mit<br />

s<strong>ein</strong>er Mutter die Leitung m<strong>ein</strong>er Wenigkeit und auch die der<br />

Pension und des Kaff eehauses, während der jüngere Bruder<br />

Wilhelm in Turin <strong>zu</strong>m Ingenieur ausgebildet wurde. Bereits<br />

1939 ging Hans <strong>Holzner</strong> für immer von <strong>mir</strong>, die Trauer der Familie<br />

war noch größer als die Sorge um das Danach in diesen<br />

Maria <strong>Holzner</strong> Krawany<br />

mit Herbert und Wilhelm<br />

Herbert <strong>Holzner</strong> 1955<br />

Das Hotel Oberbozen<br />

„gezeichnet“<br />

17


18 19<br />

Die Küchenbrigade<br />

bewegten Zeiten. Die Leitung des Betriebs ging endgültig auf<br />

s<strong>ein</strong>en Sohn Herbert über, aber in Wirklichkeit hielt Hans’ Witwe<br />

Maria das Zepter mit eiserner Hand und gab es bis <strong>zu</strong> ihrem<br />

Tode nicht ab. Im selben Jahr brach erneut Krieg aus, und diesmal<br />

erging es <strong>mir</strong> schlechter als im letzten.<br />

Zunächst wurde ich durch die Treuhandumsiedlungsgesellschaft<br />

beschlagnahmt, die aber, als die ersten Bomben auf<br />

das nahe Bozen fi elen, ins Hotel Bemelmanns übersiedelte.<br />

In der Pension Maria waren viele untergebracht, die der<br />

Krieg und die Angst vor Angriff en aus den Städten vertrieben<br />

hatten.<br />

Nachdem die deutschen Truppen Norditalien besetzt<br />

hatten, wurde ich <strong>zu</strong>m Stützpunkt von Offi zieren des Regimentkommandos<br />

der Flak. In Baracken im Park und auf den<br />

Tennisplätzen waren Soldaten untergebracht. Als sie <strong>ein</strong>en Beobachtungsposten<br />

auf m<strong>ein</strong>em Dach errichten wollten, brachten<br />

sie mich um m<strong>ein</strong> wunderbares Türmchen. Jeder, der nie<br />

die Gelegenheit hatte, die Aussicht von da oben <strong>zu</strong> genießen,<br />

tut <strong>mir</strong> <strong>zu</strong>tiefst leid. Als Teile der Original-Einrichtung und die<br />

herrlichen Lampen und Leuchter im ganzen Haus verschwanden,<br />

blutete m<strong>ein</strong> Herz. Zum unglaublichen Glück aller, war es<br />

<strong>zu</strong> dieser Zeit undenkbar, dass etwas auf dem Müll landete.<br />

Dem Geldmangel sei Dank!<br />

Da fällt <strong>mir</strong> <strong>ein</strong>, erst kürzlich sah ich <strong>ein</strong>en von den<br />

deutschen Offi zieren wieder, gealtert zwar und verändert, aber<br />

<strong>ein</strong>er von ihnen war hier, da bin ich <strong>mir</strong> sicher. In m<strong>ein</strong>em Gästebuch<br />

vermerkte er:<br />

„<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>mir</strong> <strong>ein</strong> <strong>Bedürfnis</strong>, <strong>Ihnen</strong> <strong>sehr</strong> <strong>herzlich</strong> <strong>zu</strong> danken, dass ich<br />

die Möglichkeit erhalten habe, Ihr Haus <strong>zu</strong> sehen, wo ich in der<br />

Zeit von 1944 bis Anfang 1945, also vor 52 Jahren, als Mitarbeiter<br />

des Stabes der Flakabteilung 548 <strong>ein</strong>quartiert war. (…) Sie<br />

haben <strong>mir</strong> <strong>ein</strong>en langgehegten Lebenswunsch erfüllt. (…) Ich war<br />

schon etwas aufgeregt (…) als ich schließlich das Zimmer betreten<br />

konnte, in dem ich über <strong>ein</strong>ige Zeit gewohnt habe. Alles war<br />

so wie vor 52 Jahren.“<br />

Offi zierstab der<br />

deutschen Wehrmacht<br />

im 1. Stock des Hotels<br />

mit Hans-Joachim Timpe<br />

(2. von links) 1944


20<br />

Wilhelm und Hertha<br />

<strong>Holzner</strong> geb. Wehdorn<br />

Hochzeitsfoto 1941<br />

Im Laufe dieses schrecklichen Krieges erreichte uns <strong>zu</strong> allem<br />

Leid die Nachricht von Hannerls Tod. Als Todesursache<br />

war <strong>ein</strong>e „Lungenentzündung“ angegeben.<br />

Seltsam nur, dass alle Heiminsassen im selben Zeitraum<br />

von der Lungenentzündung dahingeraff t worden waren.<br />

Wilhelm <strong>Holzner</strong> indes lebte gem<strong>ein</strong>sam mit s<strong>ein</strong>er Frau<br />

Hertha, geborene Wehdorn aus Salzburg, in Potsdam, Berlin,<br />

wo er als Elektroingenieur tätig war. Vor dem Zusammenbruch<br />

schickte er sie mit dem Zug nach Südtirol <strong>zu</strong>rück. All<strong>ein</strong>e mit<br />

drei Kindern, Helmuth, dem Sohn aus erster Ehe, Werner und<br />

Peter, kämpfte sie sich bis nach Hause durch, wo sie bei <strong>mir</strong> auf<br />

ihren Gatten wartete. Erst nach dem Krieg gelang auch Wilhelm<br />

die Heimkehr. Auf der Flucht vor der Roten Armee, die<br />

gewiss an s<strong>ein</strong>em Wissen um so manche elektrotechnische<br />

Entwicklung interessiert gewesen wäre, durchquerte er ganz<br />

Deutschland <strong>zu</strong> Fuß, schwimmend, immer auf die Nächstenlie-<br />

be und Hilfe anderer angewiesen. Endlich, sechs lange Monate<br />

nach s<strong>ein</strong>em Aufbruch in Berlin, traf er hier <strong>ein</strong>. Er war nicht<br />

mehr der unbeschwerte junge Mann von früher. Er war<br />

schweigsam geworden und oft abwesend. S<strong>ein</strong> Arbeitseifer<br />

aber war ungebrochen und so wurden unter s<strong>ein</strong>er Mithilfe die<br />

wichtigsten Instandset<strong>zu</strong>ngsarbeiten an <strong>mir</strong> durchgeführt.<br />

1948 war es dann möglich, mich für die erste reguläre Sommersaison<br />

nach dem Krieg <strong>zu</strong> öff nen. Vielleicht war es wegweisend,<br />

dass im selben Jahr der dritte Sohn von Hertha und Wilhelm<br />

geboren wurde. In <strong>ein</strong>em Zimmer im Erdgeschoss kam<br />

der kl<strong>ein</strong>e Blondschopf <strong>zu</strong>r Welt, der den Namen s<strong>ein</strong>es Großvaters<br />

Hans tragen sollte.<br />

Mehr schlecht als recht kamen wir, die Familie <strong>Holzner</strong><br />

und ich, in der Folgezeit über die Runden. Unermüdlich arbeiteten<br />

alle, tagaus, tag<strong>ein</strong>. Jahraus, jahr<strong>ein</strong>. Die Zeiten waren<br />

hart, aber, wie sagt man so schön: Wir waren es auch. Die mit<br />

Abstand „Härteste“ war wohl Maria, die ihrem Wesen eher<br />

unangemessen „Mitzi“ gerufen wurde. 1948 bereits 70-jährig,<br />

schritt sie mit ungebrochenem Elan bis <strong>zu</strong> ihrem Tode im Jahre<br />

1969 durch m<strong>ein</strong>e Hallen. Sie war durch und durch <strong>ein</strong>e Hotelière<br />

der alten Schule. Emsig, tüchtig und entschieden, gleichzeitig<br />

aber unfähig, sich dem Wandel der Zeit und ihren<br />

<strong>Bedürfnis</strong>sen an<strong>zu</strong>passen. Was mich aber nicht im Geringsten<br />

erstaunt im Hinblick auf ihre schier endlose Lebensdauer und<br />

die darin vorkommenden, gravierenden Veränderungen. In<br />

den letzten Jahren ihres Lebens war die Ärmste blind wie <strong>ein</strong><br />

Maulwurf, was sie aber k<strong>ein</strong>eswegs in ihrem Arbeitseifer be<strong>ein</strong>trächtigte.<br />

Bis <strong>zu</strong>m Ende war sie die Verwalterin jedes<br />

Schlüssels <strong>zu</strong> jedem m<strong>ein</strong>er Zimmer. Immer trug sie <strong>ein</strong>en<br />

enormen Schlüsselbund mit sich herum und als sie nichts mehr<br />

sehen konnte, entwickelte sie in kürzester Zeit die Fähigkeit,<br />

jeden Schlüssel durch Tasten der richtigen Tür <strong>zu</strong>ordnen <strong>zu</strong><br />

können.<br />

Maria <strong>Holzner</strong> geb. Krawany<br />

90-jährig<br />

Peter, Hans und Werner <strong>Holzner</strong><br />

1960<br />

21


22<br />

Hertha und Wilhelm<br />

Berlin 1943<br />

Noch <strong>ein</strong> Jahr vor ihrem Dahinscheiden, starb ihr Sohn<br />

Herbert. Er war <strong>mir</strong> in s<strong>ein</strong>en letzten Jahren oft bedrückt und<br />

<strong>ein</strong>sam erschienen. Ja, so hart Maria bezüglich der Arbeit im<br />

Betrieb war, so hart war sie leider auch in Be<strong>zu</strong>g auf die Einschät<strong>zu</strong>ng<br />

ihrer <strong>zu</strong>künftigen Schwiegertöchter. So kam es, dass<br />

manch <strong>ein</strong>e, mit der Herbert vorstellig wurde, das Haus auch<br />

alsbald wieder verließ. Für Herbert vergingen so die Jahre als<br />

Hotelier im Schatten <strong>ein</strong>er Mutter, von der ich sich nie ganz<br />

lösen konnte. Allerdings kompensierte er die beschränkte<br />

Möglichkeit, sich berufl ich <strong>zu</strong> entfalten - für die er durch s<strong>ein</strong>en<br />

Abschluss der renommierten Hotelfachschule in Lausanne<br />

gut vorbereitet war - durch s<strong>ein</strong>e rege Teilnahme am gesellschaftlichen<br />

Leben von Oberbozen. Wie oft Dorfbewohner in<br />

s<strong>ein</strong>em Büro vorstellig wurden, um ihn um Hilfe oder auch nur<br />

um <strong>ein</strong>en Rat <strong>zu</strong> bitten, hörte ich bald auf <strong>zu</strong> zählen. Er war<br />

Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr und engagierte sich in hohem<br />

Masse für die Weiterentwicklung des Wintersports in ganz<br />

Südtirol. So war er Gründungsmitglied des Eisstockverbandes<br />

und dessen langjähriger Präsident. Auch bei den Hausgästen<br />

wurde Herbert wegen s<strong>ein</strong>er sanften, <strong>herzlich</strong>en Wesensart<br />

hoch geschätzt. Erst als ich Mitte der 60er Jahre unwiederbringlich<br />

am Ende <strong>zu</strong> s<strong>ein</strong> schien, begann s<strong>ein</strong> Rück<strong>zu</strong>g in sich<br />

selbst. Obgleich auch ich müde, geschunden und schwer krank<br />

war, schmerzte mich der Verfall Herberts weit mehr. In dieser<br />

Zeit ging das Gerücht um, die ANA (Associazione Nazionale<br />

Alpini) wolle mich erwerben, was sich jedoch nie bewahr-<br />

heiten sollte.<br />

Nach Marias Tod also, war diese Linie der Familie <strong>Holzner</strong><br />

erschöpft. Wilhelms älteste Söhne, Werner und Peter,<br />

strebten <strong>ein</strong>e Karriere als professionelle Eishockey-Spieler an.<br />

Einige Jahre führte Herta, Wilhelms Frau, den Betrieb unter<br />

größter persönlicher Aufopferung und Mühe als so genanntes<br />

Garni weiter.<br />

Die Eingangshalle um 1912<br />

Da war aber noch Hans, der bereits <strong>ein</strong>ige Jahre im Betrieb<br />

mitgearbeitet hatte und seit Herberts Tode an<br />

der Seite s<strong>ein</strong>er Großmutter gestanden hatte. Auch<br />

dieser zweite Hans, der <strong>ein</strong>e Hauptrolle in m<strong>ein</strong>em Das<strong>ein</strong> spielen<br />

sollte, gefi el <strong>mir</strong> außerordentlich gut. Jung, schwungvoll und<br />

optim<strong>ist</strong>isch, ganz nach m<strong>ein</strong>em Geschmack. S<strong>ein</strong>e Eltern standen<br />

ihm bei und halfen ihm so gut sie konnten über diese mageren<br />

Jahre hinweg. Das Kaff eehaus und die Villa Maria wurden<br />

verkauft, um <strong>ein</strong>en Umbau fi nanzieren <strong>zu</strong> können. Damals änderte<br />

sich in m<strong>ein</strong>em Inneren so manches <strong>zu</strong>m Guten. Anderes,<br />

wofür ich mich noch heute schäme, wurde erst rund 20 bis 30<br />

Jahre später wieder in Ordnung gebracht. Während die Wirtschaftsräume<br />

den Erfordernissen der Zeit angepasst wurden,<br />

wurde die Frühstücksveranda, die sich über m<strong>ein</strong>e gesamte<br />

Südseite erstreckte, <strong>zu</strong> <strong>ein</strong>em geschlossenen Speisesaal umfunktioniert.<br />

Die <strong>ein</strong>zelnen Zimmer bekamen eigene Bäder und<br />

wurden mit <strong>ein</strong>er Zentralhei<strong>zu</strong>ng ausgestattet. Ich verzweifelte,<br />

als der alte Terrazzoboden in der Eingangshalle <strong>ein</strong>em karierten<br />

Teppichboden wich. Dann kam der Wirtschaftsaufschwung,<br />

Zimmer N° 1 um 1912<br />

Koff eraufkleber<br />

23


24 25<br />

Mitarbeiter 1978<br />

Lesesaal 1909<br />

der <strong>ein</strong>e langsame Renovierung des gesamten Hauses möglich<br />

machte. Die majestätische Treppe an der Südseite wich <strong>ein</strong>er<br />

gemütlichen Terrasse. Und ich danke es der Familie <strong>Holzner</strong>,<br />

dass sie dabei so <strong>ein</strong>fühlsam ans Werk ging. Größere Veränderungen<br />

m<strong>ein</strong>es Äußeren und Inneren kamen nie <strong>zu</strong>stande. In<br />

dieser Zeit begannen auch nach und nach deutsche Gäste das<br />

bis dahin fast ausschließlich italienische Publikum <strong>zu</strong> ergänzen.<br />

1972 hatte Hans <strong>ein</strong>e gewisse Marianne Widmann aus<br />

Bozen kennen gelernt. Als er sie 1974 heiratete, begann für alle<br />

Beteiligten, auch für mich, <strong>ein</strong>e neue Ära. Diesem außergewöhnlichen<br />

Zweiergespann <strong>ist</strong> es <strong>zu</strong> verdanken, dass ich im<br />

Jahr m<strong>ein</strong>es hundertsten Geburtstags in altem Glanz erstrahlen<br />

kann. Wenn Marianne heute summend und singend durch<br />

m<strong>ein</strong>e Räume wandelt, hier und dort <strong>ein</strong> duftendes Blumenbouquet<br />

aus dem Garten platziert, so kommt <strong>mir</strong> in den Sinn,<br />

wie oft sie sich für mich <strong>ein</strong>setzte. Wie oft sie gegen den Strom<br />

schwamm und mich aufs Höchste schätzte und in Schutz nahm,<br />

als ich in den Siebzigern und Achtzigern aufs Tiefste beleidigt<br />

wurde. Gäste rümpften pikiert die Näschen und bezeichneten<br />

mich wiederholt als „alte Bude“ und „muffi ges Kabuff “.<br />

Speisesaal 1908<br />

heute Hotelbar<br />

Frühstück-Veranda 1908<br />

heute Speisesaal


26 27<br />

Erst im Laufe der Neunziger Jahre stieg das Ansehen <strong>ein</strong>es<br />

altehrwürdigen Baubestandes wie ich es bin wieder<br />

und alte Sünden wurden wett gemacht: Die alte Einrichtung<br />

wurde liebevoll restauriert. Heute sind nahe<strong>zu</strong> alle Zimmer<br />

original ausgestattet, die Lampen, die während des Krieges<br />

in Sicherheit gebracht worden waren, erhellen m<strong>ein</strong> gesamtes<br />

Inneres. Der St<strong>ein</strong>boden im Entree wurde vom Teppich befreit.<br />

Bei Malerarbeiten im Salon wurden Fresken aus der Zeit der<br />

Jahrhundertwende freigelegt, die die herrliche Aussicht auf die<br />

Dolomiten und die umliegende Landschaft zeigen. Küche und<br />

Wäscherei wurden erneut den Anforderungen der Zeit angepasst.<br />

Die Zimmer wurden mehrmals umgebaut. So bekamen<br />

jene auf der Südseite des ersten Stockes Wintergärten verpasst,<br />

die Bäder aller Zimmer wurden renoviert und erneuert. Das<br />

heutige Jugendstilrestaurant wurde <strong>ein</strong>gerichtet und die Zimmer<br />

im <strong>zu</strong>gehörigen Anbau.<br />

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurde der berühmt-berüchtigte<br />

Nachtclub „Eule“ in den Tiefen m<strong>ein</strong>er Eingeweide<br />

geschlossen und machte neuen Appartements<br />

Platz. Dort haben sich so manche Pärchen kennen und lieben<br />

gelernt und lieben sich noch heute, so auch Marianne und<br />

Hans. Ich muss sagen, manchmal vermisse ich den ganzen Trubel,<br />

worin <strong>mir</strong> die werten Gäste kaum beipfl ichten dürften. Ausserdem<br />

war dieser Trubel bereits durch <strong>ein</strong>en ganz anderen<br />

ersetzt worden: seit 1997 gehörten wir <strong>zu</strong> den Gründungsmitgliedern<br />

der „Familienhotels Südtirol“, kurze Zeit später <strong>zu</strong> denen<br />

der „Familyhotels Ritten“. Ja, das war ganz neues Publikum für<br />

mich, aber ich habe mich daran gewöhnt und muss sagen, mittlerweile<br />

pfl ichte ich m<strong>ein</strong>em hochgeschätzten Betriebsleiter<br />

bei, wenn er sagt: „Kinder bringen nicht Unordnung, sondern<br />

Im Lesesaal<br />

An der Rezeption


28 29<br />

Leben ins Haus!“ Was sollte er auch anderes sagen, wenn er<br />

selbst sechs davon s<strong>ein</strong> Eigen nennt. Mittlerweile sind die me<strong>ist</strong>en<br />

von ihnen wohl schon fl ügge, die kl<strong>ein</strong>en Racker haben <strong>mir</strong><br />

so manchen Kratzer und so manche Delle verpasst. Und auch<br />

die kommende fünfte Generation nimmt nicht gerade viel<br />

Rücksicht auf m<strong>ein</strong> fortgeschrittenes Alter. Aber was soll ich<br />

sagen, diese <strong>Holzner</strong>s sind <strong>mir</strong> ans Herz gewachsen. Und obwohl<br />

ich <strong>mir</strong> fest vorgenommen habe, k<strong>ein</strong>e Namen <strong>zu</strong> nennen,<br />

muss ich doch sagen: Am liebsten <strong>ist</strong> <strong>mir</strong>, welch <strong>ein</strong> Glück,<br />

derjenige Sprössling, der dieses Jahr die Betriebsleitung übernehmen<br />

wird. Sie erkennen ihn mit Sicherheit an s<strong>ein</strong>em<br />

selbstbewussten, in jeder Beziehung angemessenen Auftreten<br />

und s<strong>ein</strong>er ausgesprochen umgänglichen, <strong>herzlich</strong>en Art. Das<br />

muss bei dieser Familie wohl in den Genen liegen. Auch s<strong>ein</strong>e<br />

Frau <strong>ist</strong> gerade<strong>zu</strong> umwerfend! Kennengelernt haben sich die<br />

Beiden beim Besuch der Hotelfachschule „Kaiserhof“ in Meran.<br />

Anschließend haben sie gem<strong>ein</strong>sam <strong>ein</strong> Lehrjahr in Baden-Baden<br />

absolviert, Monika, so heißt die entzückende neue<br />

Schwiegertochter der Senior-Hausherren. Seit letztem Jahr arbeitet<br />

sie bei <strong>mir</strong> mit und im März 2007 haben sie den großen<br />

Schritt gewagt. Zu m<strong>ein</strong>em Unmut aber nicht in m<strong>ein</strong>em Beis<strong>ein</strong>,<br />

n<strong>ein</strong>, sie haben sich, wie es Brauch <strong>ist</strong>, im Heimatort der<br />

Braut, in Schenna das Jawort gegeben.<br />

Im Winter 2006/2007 wurde <strong>mir</strong> denn noch <strong>ein</strong>iges <strong>zu</strong>gemutet.<br />

Die Errichtung des neuen Wellnessbereichs und des<br />

Hallenbads hat mich in m<strong>ein</strong>en Grundfesten erschüttert.<br />

Im wahrsten Sinne. Was da gebetet wurde, dass ich nur nicht<br />

<strong>ein</strong>stürzen dürfe. Äußerst bedenkliche Risse durchzogen so<br />

manche Mauer und Decke, und ja, manchmal tat es <strong>sehr</strong> weh.<br />

Des weiteren wurde das alte Ölheizwerk durch <strong>ein</strong>e biologische<br />

Holzschnitzelverbrennungsanlage ersetzt. Aber ich tat m<strong>ein</strong><br />

Bestes und stürzte nicht <strong>ein</strong>, k<strong>ein</strong> bisschen! Und jetzt sehe ich<br />

besser aus denn je, ich fühle mich, als wäre ich k<strong>ein</strong>e zwanzig.<br />

Zum Lohne erhielten die Familie <strong>Holzner</strong> und ich die<br />

Auszeichnung „H<strong>ist</strong>orischer Gastbetrieb des Jahres<br />

2008 in Südtirol“. Und ich fi nde, das triff t sich gut in<br />

diesem Jahr, dem Jahr m<strong>ein</strong>es hundertsten Geburtstags.


30<br />

Familie <strong>Holzner</strong> 2007<br />

So wollen wir denn die Korken knallen lassen und die Feierlichkeiten<br />

anlässlich dieses besonderen Jubeljahres gebührend<br />

begehen. Natürlich noch immer unter der Vorausset<strong>zu</strong>ng,<br />

dass sie <strong>ein</strong> wenig Zeit dafür aufbringen können.<br />

Und ich verspreche erneut: Der Aufwand wird sich in jedem<br />

Falle lohnen.<br />

Der Stammbaum m<strong>ein</strong>er Familie<br />

Werner<br />

Helmuth<br />

Peter<br />

Hans <strong>Holzner</strong><br />

& Marianne Widmann<br />

Hans <strong>Holzner</strong><br />

& Maria Krawany<br />

1908<br />

Johanna<br />

(Hannerl)<br />

Wilhelm <strong>Holzner</strong><br />

& Herta Wehdorn<br />

Klaus<br />

Maria<br />

Wolfgang <strong>Holzner</strong><br />

& Monika Waldner<br />

2008<br />

Franz<br />

Herbert<br />

Eva<br />

Bettina


32 33<br />

Marianne und Hans <strong>Holzner</strong> 2008<br />

Rückblick<br />

Als ich 1969 dieses Hotel übernommen habe, war ich<br />

<strong>sehr</strong> jung, knapp 21 Jahre alt. M<strong>ein</strong> jugendlicher Optimismus<br />

hat mich in k<strong>ein</strong>em Moment daran zweifeln<br />

lassen, dass alles gut gehen und das Hotel irgendwann wieder<br />

<strong>zu</strong>m alten Glanz <strong>zu</strong>rückkehren würde. Die ersten Jahre waren<br />

ziemlich schwierig. 1974 habe ich geheiratet und mit Hilfe m<strong>ein</strong>er<br />

Frau Marianne konnte ich – auch durch den allgem<strong>ein</strong>en<br />

tour<strong>ist</strong>ischen Aufschwung – Schritt für Schritt jedes Jahr kl<strong>ein</strong>ere<br />

und größere Restaurierungen in Angriff nehmen. Im<br />

Rückblick sind wir auch <strong>sehr</strong> froh darüber, dass besonders in<br />

unseren ersten Jahren nur kl<strong>ein</strong>e Schritte möglich waren, vielleicht<br />

hätten wir sonst Dinge unwiederbringlich verändert, die<br />

heute unser Haus <strong>zu</strong> etwas Einzigartigem machen. Wenn wir<br />

an die vergangenen 40 Jahre <strong>zu</strong>rückdenken, empfi nden wir als<br />

Erstes Dankbarkeit: für unseren Beruf in dem man so vielen<br />

Menschen begegnet, Gästen und Mitarbeitern. <strong>Es</strong> war schön,<br />

wie aus langjährigen Mitarbeitern oft Freunde fürs Leben wurden<br />

und es war schön, Menschen <strong>zu</strong> beherbergen, die off en für<br />

Gespräche und Eindrücke sind; ihnen unser schönes Land<br />

nahe <strong>zu</strong>bringen und ihnen Erholung für Leib und Seele <strong>zu</strong> ermöglichen.<br />

Wir sind auch dankbar dafür, dass wir mit unseren Kindern<br />

so viele glückliche Jahre in diesem Haus erleben durften.<br />

Wir freuen uns jetzt auf ruhigere Zeiten und wünschen<br />

unserem Sohn Wolfi und s<strong>ein</strong>er Moni, dass sie mit Gottes Hilfe<br />

auch viel Erfüllung und Freude in Ihrer Aufgabe erleben können.<br />

Wir sind sicher, dass mit ihnen viel frischer Wind durch<br />

die Gemäuer des hundertjährigen Hauses wehen wird.<br />

Marianne und Hans <strong>Holzner</strong><br />

Vorausschau<br />

M<strong>ein</strong>e Frau und ich sind froh und stolz, in diesem für<br />

unsere Familie so wichtigen Jahr für unser ehrwürdiges<br />

Hotel, die Verantwortung und die Geschäftsführung<br />

übernehmen <strong>zu</strong> können. Wir sind <strong>sehr</strong> motiviert und<br />

gespannt auf die kommenden Jahre. Auch wenn niemand in die<br />

Zukunft blicken kann, hoff en wir natürlich, dass uns das Hotel<br />

für unser Leben genauso viel Glück bringen wird wie m<strong>ein</strong>en<br />

Eltern.<br />

Viele von Euch werden sich vielleicht schon gefragt<br />

haben, was denn so passieren wird, wenn die Jungen das Ruder<br />

übernehmen. Wir möchten alle, die sich Sorgen gemacht haben,<br />

beruhigen: M<strong>ein</strong>e Frau und ich werden versuchen, das


34<br />

Monika und Wolfgang <strong>Holzner</strong><br />

2008<br />

Hotel erfolgreich weiter <strong>zu</strong> führen und wo wir können, natürlich<br />

auch verbessern.<br />

Unser primäres Ziel wird es s<strong>ein</strong>, unseren Gästen <strong>ein</strong><br />

Hotel mit <strong>ein</strong>er <strong>sehr</strong> hochwertigen Dienstle<strong>ist</strong>ung <strong>zu</strong> bieten<br />

und unsere Qualität laufend <strong>zu</strong> steigern. All unseren Gästen,<br />

Mitarbeitern, Lieferanten und unserem ganzen Umfeld wollen<br />

wir die Einzigartigkeit unseres Hauses vermitteln. Dem<strong>zu</strong>folge<br />

werden wir alle künftigen Renovierungsarbeiten, Umbauarbeiten<br />

und Erweiterungen stets so durchführen, dass das Haus<br />

s<strong>ein</strong>en h<strong>ist</strong>orischen Charme bewahren kann. Außerdem werden<br />

wir versuchen, unseren Heimatort Oberbozen und unsere<br />

Gem<strong>ein</strong>de Ritten maßgeblich in ihrer tour<strong>ist</strong>ischen Entwicklung<br />

<strong>zu</strong> unterstützen. Wir möchten da<strong>zu</strong> beitragen, unseren<br />

Heimatort im positiven Sinne in der Welt bekannt <strong>zu</strong> machen.<br />

<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> unser großer Wunsch, auch weiterhin <strong>ein</strong> Urlaubsort für<br />

alle Generationen <strong>zu</strong> s<strong>ein</strong>.<br />

Unsere Vision <strong>ist</strong> es, <strong>ein</strong> Hotel <strong>zu</strong> führen, in welchem<br />

sich die Gäste, die Mitarbeiter und die Inhaberfamilie gleichermaßen<br />

wohlfühlen. Wir möchten das Hotel so weiterführen,<br />

dass es aufgrund s<strong>ein</strong>er originalen Ausstattung, s<strong>ein</strong>er besonderen<br />

Dienstle<strong>ist</strong>ung und Mitarbeiterführung, sowie s<strong>ein</strong>er<br />

Beziehung <strong>zu</strong> externen Partnern, auf internationaler Ebene<br />

<strong>ein</strong>zigartig und unverwechselbar <strong>ist</strong> und bleibt.<br />

Monika und Wolfgang <strong>Holzner</strong>

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