12.07.2015 Aufrufe

Liebe Eltern, liebe Freunde, liebe Bekannte, liebe Verwandte, -

Liebe Eltern, liebe Freunde, liebe Bekannte, liebe Verwandte, -

Liebe Eltern, liebe Freunde, liebe Bekannte, liebe Verwandte, -

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Abiturrede 2007 (Kristoff Köpke)___________________________________________________________________________<strong>Liebe</strong> <strong>Eltern</strong>, <strong>liebe</strong> <strong>Freunde</strong>, <strong>liebe</strong> <strong>Bekannte</strong>, <strong>liebe</strong> <strong>Verwandte</strong>, -Lehrer, Studienräte und Doktoren!Zunächst: Wir werden sie nicht allzu lange in Anspruch nehmen, wir wissen ja, dass diemeisten auf die Uhr kucken, da um dreiviertel neun Fußball anfängt. Bis dahin sind wir hierfertig!Seit wir vor sieben, acht oder neun Jahren auf diese Schule kamen, haben wir auf diesen Taggewartet. Nun ist er endlich da, wir werden ins freie Leben entlassen ...- endlich einmal vollen Eintritt im Zoo bezahlen- keine Monatskarte mehr- Arbeitslosengeld kassierenAngeblich beginnt nun der Ernst des Lebens. Der Ernst des Lebens?Hat der nicht schon mit vier Jahren beim Eintritt in den Kindergarten angefangen? Oder zweiJahre später bei der Einschulung? Oder mit 12 als wir auf diese fantastische Schulegekommen sind? Oder bei der Konfirmation, in der Oberstufe, zum achtzehnten Geburtstag,zum Führerschein, nach der ersten Ladung zur Musterung oder der ersten Vorstrafe, beimgestrigen Besäufnis... Nein!?Was ist denn überhaupt Ernst? Wer ist Ernst? Wo ist Ernst? Ernst?Vielleicht ist das Leben gar nicht so ernst... oder wie? Und jetzt alle:[Lied: Das ganze Leben ist ein Quiz]An so einem Tag werden die meisten Schüler und <strong>Eltern</strong> und vielleicht auch ein paar Lehrerauf die vergangenen langen Jahre zurückblicken.Was war das doch für eine schöööne Zeit, jeden Morgen in unmenschlicher Frühe aufstehen,um pünktlich um acht Uhr anzutreten und dann zu erfahren, dass die ersten vier Stundenausfallen. Nachmittags das Planschen der Kinder im Swimmingpool von drinnen zu hören,während man sich fleißig mit der PW-Semesterarbeit beschäftigt, genauso wie die gesamteletzte Woche, obwohl man genau weiß, dass es trotzdem nur eine vier wird.Aber es soll jetzt nicht der Eindruck entstehen, dass die Schule nur schlechte Seiten hat. Nein,ganz im Gegenteil: man kann sich ja bekanntlich besonders an die Guten erinnern. Also icherinnere mich jetzt zum Beispiel an - ja - äh - also --- ach ja:Klassenfahrten, die ersten Erfahrungen, Küsse, Wandertage in Museen, Studienfahrten,Austausche.Alles in allem ein Weg voller Aufs und Abs, voller Höhen und Tiefen.[Lied: Zwischen Berg und tiefem, tiefem Tal]1


Nach all diesen Jahren voller Trauer und Zorn, voller Wut und Inkompetenz fragt man sichdann, wie das alles mal angefangen hat. Vor diesen berühmten sieben, acht oder neun Jahrensaßen alle, die auch hier heute versammelt sind, genau hier, und es wurden genauso langeReden gehalten.Jetzt sind wir alle ein wenig älter geworden - auch wenn man Ihnen das natürlich nicht soansieht wie uns - doch die Gedanken sind fast die gleichen. Ein neuer Lebensabschnitt für dieKinderchen, mal sehen, was das so mit sich bringt - also Spannung für alle ... Für die Einenvielleicht Erleichterung, für die anderen Ungewissheit.Die erste der beiden Feiern ist nun so weit weg - es liegt so viel Zeit zwischen damals undheute und trotzdem werden wir alle noch in 50 Jahren, wenn unsere Enkel eingeschultwerden, daran erinnern - genauso wie an heute, weil es ein ganz besonderer Tag ist; ein Tag,der für einen langen, holprigen Weg steht, den wir hinter uns lassen.[Lied: It's a long, long way, from where you want to go]Mit was für einem Anspruch geht man also an ein Gymnasium?Wenn man in den Supermarkt geht und sich das tolle Waschmittel aus der Werbung kauft,hofft man, dass das nun wirklich weißer und reiner wäscht. Wenn das Produkt nun keinWaschmittel ist, sondern eine Schule, die auf den vielversprechenden Namen "Gabriele-von"hört, was erwartet man dann von diesem Produkt?Die Vorbereitung auf das Leben, auf's ernste Leben "danach". Und vielleicht hofft man, dassman den in der Werbung angepriesenen Vorteil auch für sich nutzen kann - man möchte ja aufder Seite der Gewinner stehen.Man plagt sich also weitere sieben, acht, neun Jahre um am Ende die Voraussetzung für einerfülltes Leben zu haben, für Reichtum, Ruhm und Erfolg. Und nun?Wie Milliarden anderer Abiturienten steht man einer großen Entscheidung, die keiner für einetrifft, obwohl man doch alle Voraussetzungen erfüllt. Man hat sich 13 Jahre abgerackert, undder Lohn - der einzige Lohn, ist ein Stück Papier und eine Rose. Bei so einem schlechtenPreis-Leistungs-Verhältnis würde jeder andere Anbieter Pleite machen. Oder würden Sie soein Produkt kaufen?[Lied: Bruttosozialprodukt]Während man sich von Klasse zu Klasse schwingt, macht man sich ja auch keine Gedankenüber irgendeine Zukunft, die man vielleicht nie hat, man möchte nur weiterkommen, mitjedem Tag, ein Tag weniger... Dass auch jeder Tag ein Tag näher an der bevorstehendenKarriere ist, haben sicher viele von uns bis vor ein paar Monaten verdrängt.Und plötzlich stehen alle da, planlos vor einer schrecklichen, unbarmherzigen Welt, dieangeblich für jeden von uns einen Platz übrig hat.Doch anstatt zu verzweifeln, und nach etwas zu suchen, das man nicht finden kann, solltenwir mit gewohnter Gleichgültigkeit, am Kreuze baumelnd faulenzen und der Dinge harren,die da kommen mögen.2

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!