Sport macht schlau!?Bis gegen Ende der 90er Jahre des letzten Jahrtausends galt es als gesichert, dass das menschlicheGehirn auch bei sportlicher Belastung konstant durchblutet wird. Durch die neuen bildgebendenVerfahren (MagnetResonanzTomografie) konnte jedoch gezeigt werden, dass aerobe dynamischesowie koordinative Muskelbeanspruchungen in den dafür zuständigen Gehirnregionen eine regionalverstärkte Durchblutung sowie einen veränderten Stoffwechsel auslösen. Körperliche Aktivität wirdso zu einem stimulierenden Faktor für eine Synapsenneubildung. Gleichzeitig wird die Bildung neuerNervenzellen im Gehirn angeregt, ein bis 1998 für unmöglich gehaltener Befund! Sport – insbesondereAusdauersport – wird daher für die Gehirnstrukturen, Gehirnleistungsfähigkeit sowie Gehirngesundheit(Prävention von Alzheimer, Demenz) ebenso empfohlen, wie er seit Jahrzehnten für das Herz-Kreislauf-System empfohlen wird (vgl. Hollmann, 2005).Mit der Verbesserung der Ausdauerleistungsfähigkeit verbessert sich auch das Erholungsverhalten.Man kann also von einem verbesserten Erholungsverhalten auf eine erhöhte Ausdauerleistungsfähigkeitschließen. Ein weiteres bestimmendes Merkmal der Ausdauer ist ihre kontinuierliche Beanspruchungder Energiebereitstellung. Ohne Energie kann sich ein Muskel nicht bewegen.<strong>Ausdauertraining</strong> kann sehr vielseitig und abwechslungsreich gestaltet werden. Es geht nicht immernur ums Joggen! Ein variantenreiches Training kann verschiedene Sportarten im Outdoor-Bereich sowieunterschiedliche Cardiogeräte im Indoor-Bereich umfassen. Dabei gibt es auch ganz unterschiedlicheTrainingsmethoden.Ein <strong>Ausdauertraining</strong> stellt nach allen bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfahrungendie effektivste und wirkungsvollste Vorbeugung im Kampf gegen die Bewegungsmangelkrankheitendar, da es fast alle Funktionssysteme des menschlichen Organismus’ anspricht.PsycheVerbesserung vonStimmung, Wohlbefinden,antidepressiveWirkung, Stressabbau,AngstabbauHormonsystemBlutdrucksenkung,weniger Stresshormonausschüttung,Erholungsnerv(Vagus)gewinnt anEinflussHerz-Kreislauf-SystemNiedrigerer Ruhepuls,weniger Herzrhythmusstörungen,bessereSauerstoffversorgungBewegungsapparatStärkung vonKnochen, Knorpeln,Sehnen und Bändern,Kräftigung derMuskulaturImmunsystemVerringerte Infektanfälligkeit,Vorbeugunggegen Krebs undTumore, Stärkung desImmunsystemsStoffwechselbessere Insulinsensivität,Vorbeugunggegen Diabetes Typ II,verbesserte Fettverbrennung,CholesterinsenkungAbb. 14: Die positiven gesundheitlichen Effekte von <strong>Ausdauertraining</strong> auf denmenschlichen Organismus26 Ausdauer
Praxisbeispiel:Damit die Ermüdung erst möglichst spät einsetzt und damit sie nicht zu starken Einflussauf das Spiel hat, muss ein Fußballspieler ausdauertrainiert sein. Neben der weiter obenbeschriebenen Belastbarkeit im Training benötigt der Fußballspieler Ausdauer zudem, umTurniere oder sog. Englische Wochen (= Spielrhythmus: Samstag/Mittwoch/Samstag) erfolgreichbestehen zu können. Hinzu kommen zum Teil mehrwöchige Vorbereitungslehrgängeder Landes- oder Bundeskader mit bis zu drei Trainingseinheiten am Tag. Die Effektivitätsolcher Lehrgangsmaßnahmen wird durch eine gute Grundlagenausdauer gewährleistet.Diese hilft, die Regenerationsfähigkeit entscheidend zu verbessern und dieEffizienz des Trainings maßgeblich zu steigern.5.2 Die EnergiebereitstellungOhne Energie gibt es keine Muskelbewegung. Und ohne Muskelbewegung keinen Fitnesssport! DerMuskel benötigt ständig Energie in Form von Adenosintriphosphat (=ATP). Es gibt drei verschiedeneMöglichkeiten für den Muskel, an ATP zu kommen, die im Folgenden beschrieben werden.5.2.1 Die anaerob-alaktazide EnergiebereitstellungIm Muskel ist eine sehr geringe Menge an ATP gespeichert. ATP ist für den Muskel während des Sportsdie einzige direkt verwendbare Energiequelle. Die Menge an ATP ist allerdings so klein, dass mandamit nur 3 bis 4 hochintensive Muskelbewegungen ausführen kann, was bei einer intensiven sportlichenBelastung in etwa einer Zeit von 1 bis 2 Sekunden entspricht – also nicht besonders lange.Daher gibt es ein System, welches auf anaerobem Weg, d.h. ohne Sauerstoff, für Nachschub an ATPsorgt. Das in der der Muskelzelle vorhandene, energiereiche Kreatinphosphat (KP) ermöglicht durchÜbertragung seiner energiereichen Phosphatgruppe die Regeneration von ATP und stellt so indirektfür weitere 5 bis 6 Sekunden Energie bereit. Beide Speicher kommen in der Summe auf ca. 6 bis 8 SekundenEnergielieferung bei hochintensivem Sporttreiben. Ist dieser Speicher leer, dauert es ungefähreineinhalb Minuten, bis er wieder aufgefüllt ist. Da diese Form der kurzzeitigen Energiebereitstellungohne Glukoseabbau (Glykolyse) und damit ohne die Bildung von Lakatat (Milchsäure) erfolgt, wirdsie als „alaktazid“ bezeichnet.Typische Sportarten, Disziplinen und sportliche Bewegungstechniken, welche diesen Speicher benötigen,sind: Kugelstoßen, Speerwurf, Weit-, Hoch-, Stabhochsprung, Turmspringen, Gewichtheben,Golfschläge, Skisprung, Korbleger im Basketball, Block- und Schmetterschlag im Volleyball, Kopball,Spannstoß im Fußball, Tennisschläge, Tischtennisschläge, Schlagwurf im Handball.Da viele Sportarten deutlich länger als6 bis 8 Sekunden dauern, muss es imOrganismus weitere Möglichkeiten derEnergienachlieferung geben.5.2.2 Die anaerob-laktazideEnergiebereitstellungWird eine hochintensive sportliche Belastunglänger als 8 bis 10 Sekunden durchgeführt,dann schaltet der Organismusauf die anaerob-laktazide Energiebereitstellungdurch Kohlenhydratverbrennungum. Dabei fällt Laktat (= Salz der Milchsäure)an. In diesem Stoffwechselbereichsind Maximalbelastungen von ca. 40 bis60 Sekunden Dauer möglich.Praxisbeispiel:Der in der Literatur häufig erwähnte 100-Meter-Sprint ist kein gutes Beispiel für eine ausschließlichanaerob-alaktazide Belastung. WissenschaftlicheUntersuchungen haben gezeigt, dass esbereits bei Sprints über 30 Meter zu signifikantenLaktatzunahmen im Bereich zwischen 5 und7 mmol pro Liter kommt. Dies ist ein Hinweis aufdie anaerobe-laktazide Energiebereitstellung(vgl. 5.2.2). Bei 60-Meter-Serien-Sprints werdenNachbelastungswerte von 5 bis 6 mmol pro Litererreicht. Führt man 60-Meter-Sprint-Seriendurch, so kommt es sogar zu einem sprunghaftenLaktatanstieg auf Werte über 10 mmol pro Liter(Mouchbahani/Seeger, 1998).Ausdauer 27