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Religiösität und Demenz „Solange das AMEN noch Widerhall findet“

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Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 1<br />

Blitzlicht der 16. Arbeitstagung<br />

3.April 2003 in Gera<br />

Moderation: Eva Trede-Kretzschmar, Martin Hamborg<br />

Protokoll: Mechthild Lärm<br />

Das Blitzlicht stand unter dem Thema „Seltene therapeutische Verfahren in der Arbeit<br />

mit <strong>Demenz</strong>kranken?“ Im Protokoll sind nur die Beiträge ausführlicher aufgenommen, die<br />

zum Thema beitragen. Mit 90 TeilnehmerInnen ein Blitzlicht durchzuführen ist eine große<br />

<strong>und</strong> einmalige Aufgabe. Eine bemerkenswerte Konzentration beim Zuhören <strong>und</strong> bei den<br />

Redebeiträgen hat dieses außergewöhnliche Unterfangen gelingen lassen. Auf dem Band<br />

fehlen einige Redebeiträge, die ich aus dem Gedächtnis ergänzen musste. Falls Wesentliches<br />

fehlt, bitte ich um Meldung.<br />

Dr. Jan Wojnar, Psychiater, pflegen & wohnen Hamburg:<br />

Als Einführung berichte ich, wie ich ein seltenes Behandlungsverfahren kennen lernte. Am<br />

Rande einer Tagung 1993 in Stuttgart sprach ein Kollege aus Österreich über einen Patienten<br />

mit sexueller Enthemmung <strong>und</strong> ein Kollege empfahl Hyoscamos niger D4. Damals habe ich<br />

nicht all zu viel von homöopathischer Behandlung gehalten, bis ich drei Jahre später, eine<br />

<strong>Demenz</strong>kranke mit schwerer sexueller Enthemmung betreuen musste. Bis dahin dachte ich,<br />

die sexuelle Enthemmung ist eine Erfindung der Psychiater. Ich erlebte damals, <strong>das</strong> diese<br />

Störung ein erhebliches Problem sein kann. Kein therapeutisches Verfahren half <strong>und</strong> da fiel<br />

mir der Kollege ein. Ich ließ mir den Namen des Mittels sagen, nach einer Woche war die<br />

Dame unauffällig. Seitdem setze ich in allen Fällen mit diesen Problemen Hyoscyamos niger<br />

D4 ein, wenn ich angerufen wurde, <strong>und</strong> gefragt wurde, was man tun könnte, empfahl ich<br />

Hyoscyamos niger D4 <strong>und</strong> es wirkte.<br />

In einer großen Kultur, in Mesopotamien, vor etwa dreitausend Jahren, gab es keine Ärzte.<br />

Für die Theorie der Krankheiten waren die Priester zuständig. Sie konnten erklären, warum<br />

ein Mensch krank wird, sie kannten aber keine wirksamen Therapiemethoden. Damals gab<br />

es eine w<strong>und</strong>erbare Behandlungsmethode. Die Kranken wurden auf einem öffentlichen Platz<br />

in ihren Betten oder Liegen aufgestellt, <strong>und</strong> alle Vorübergehenden mussten sich mit ihnen<br />

unterhalten <strong>und</strong> fragen: „Wo fehlt es? Welche Probleme haben Sie?“ Und wenn sie eine<br />

ähnliche Krankheit selbst erlebt hatten, oder von einer Behandlungsmethode gehört hatten,<br />

waren sie verpflichtet, diese Ratschläge weiterzugeben. Es funktionierte Jahrh<strong>und</strong>erte lang<br />

bestens.<br />

In der Behandlung <strong>Demenz</strong>kranker entscheiden wir oft nach unserem Erfahrungswissen. Wir<br />

wenden Medikamente an, sie wirken, oder sie wirken nicht, aber niemand kann eigentlich<br />

sagen, warum sie wirken. Meistens entscheiden wir uns dafür, es zu versuchen. Viele Stoffe


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 2<br />

sind in der Fachliteratur mit einem Fragezeichen versehen. Man weiß um ihre Wirksamkeit.<br />

Es ist aber wissenschaftlich nicht nachgewiesen, warum sie wirken.<br />

Auch im Bereich des herausfordernden Verhaltens <strong>Demenz</strong>kranker ist man immer <strong>noch</strong> auf<br />

Erfahrung angewiesen. Und Erfahrungen, die wiederholt gute Wirkung zeigen, werden<br />

irgendwann auch wissenschaftlich untersucht. Zur Zeit gibt es eine große Untersuchung zur<br />

Wirkung von Lavendelduft bei aggressiven <strong>Demenz</strong>kranken. Solche Therapieformen werden<br />

genauso wie Medikamente im Doppel-Blind-Versuch untersucht, <strong>und</strong> man stellt fest, ob es<br />

wirkt.<br />

Ähnlich ist es mit Lichttherapie <strong>und</strong> mit vielen anderen Therapieformen. Es ist also wichtig,<br />

<strong>das</strong>s wir genau beobachten. Wir werden täglich mit solchen Problemen konfrontiert <strong>und</strong><br />

wenn wir eine zufällige Wirkung eines therapeutischen Vorgehens bemerken, sollten wir<br />

diese Wirkung nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern dokumentieren <strong>und</strong> die Erfahrungen<br />

zusammentragen. Wenn man dann, wie bei Hyoscyamos niger D4, eine regelmäßige<br />

Wirksamkeit feststellt, dann wird es auch möglich sein, es wissenschaftlich zu untersuchen.<br />

Stellt sich dann heraus, <strong>das</strong>s z.B. Lavendelduft wirkt, wird es auch als Therapeutikum<br />

zugelassen <strong>und</strong> abgerechnet werden können.<br />

Dies ist eine Aufforderung an uns. Es entsteht immer wieder von neuem eine<br />

Aufbruchstimmung, seit dreitausend Jahren: beobachten, was wirkt, untersuchen, wie es<br />

wirkt, warum es wirkt <strong>und</strong> dann breit anwenden.<br />

Martin Hamborg: Jetzt sind wir auf dem Marktplatz, wie vor dreitausend Jahren. Ich bin<br />

sehr gespannt auf die verschiedenen Beiträge <strong>und</strong> Erfahrungen, die vielleicht <strong>das</strong> Lavendel<br />

von Morgen betreffen.<br />

Mechthild Lärm, Heimleiterin, Geschäftsführerin im Pflegeheim „Haus<br />

Schwansen“ in Rieseby, berichtet von einer unvollständigen Erfahrung mit einem<br />

homöopathischen Mittel, „Argentum Nitricum D30“. Viele unserer BewohnerInnen leiden<br />

unter Angstzuständen. Wir setzen angstlösende Mittel aus dem allopathischen Bereich ein.<br />

Einer der Hausärzte behandelt auch homöopathisch <strong>und</strong> hat dieses Medikament bei einer<br />

Bewohnerin versucht. Mitarbeiterinnen sagen, es geht ihr besser, die Angstzustände sind<br />

weniger geworden. Es ist schwer zu beurteilen, ob <strong>das</strong> Medikament wirkt oder ob auch<br />

etwas anderes verändert wurde, z.B. der Transfer. Bei einer anderen Patientin hat es nicht<br />

gewirkt. Bei einer dritten Heimbewohnerin wirkt es scheinbar. Es gibt also drei Erfahrungen,<br />

in zwei Fällen wirkt <strong>das</strong> Mittel.<br />

In der Homöopathie werden die Substanzen für jedem Menschen speziell ausgesucht. Im<br />

Arzneimittelbild des Medikaments werden Persönlichkeitseigenschaften,<br />

Charaktereigenschaften <strong>und</strong> Besonderheiten des Menschen beschrieben. Daher gehört zur<br />

homöopathischen Therapie eine sehr intensive <strong>und</strong> ausführliche Anamnese. Dazu steht die


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Dementenbetreuung e.V. Seite 3<br />

Erfahrung mit Hyoscyamos niger D4 im Widerspruch. Bei der Indikation, bei der wir es<br />

anwenden, hat es immer gewirkt. Wir haben uns nun vorgenommen, uns intensiver damit<br />

auseinander zusetzen, regelmäßiger homöopathische Medikamente anzuwenden <strong>und</strong> <strong>das</strong><br />

auch vollständig zu dokumentieren.<br />

Anne Heinrichs, Altentherapeutin, Alzheimer Gesellschaft Bochum,<br />

In unseren Beratungsräumen haben wir eine Wohnküche, dort bieten wir eine<br />

Betreuungsgruppe an. Hier wenden wir eine seltene Therapie an: Die 1:1 -Betreuung. Diese<br />

Therapie ist natürlich sehr, sehr wirksam.<br />

Christel Schulz, Alzheimer Beratungsstelle in Bochum,<br />

Das düsterste Kapitel in meiner Arbeit ist, wenn mich Angehörige anrufen <strong>und</strong> von den<br />

Misserfolgen der Behandlung mit Medikamenten bei Unruhezuständen <strong>und</strong> Schlaflosigkeit<br />

berichten. Es wird mal dieses Medikament <strong>und</strong> mal jenes Medikament verordnet <strong>und</strong> morgen<br />

wieder ein anderes. Sie wissen nicht recht, wie damit umzugehen ist. Ich weiß es auch<br />

nicht, ich bin ja keine Medizinerin. Was aber häufig helfen kann, auch bei schlechtem<br />

Schlafen, ist etwas, was ich dann guten Gewissens weitergeben kann, weil ich von seiner<br />

Wirksamkeit überzeugt bin. Es wichtig, im Bett ein gemütliches Nest zu bauen, angenehm<br />

<strong>und</strong> warm, auch auf warme Füße zu achten. Vor dem Schlafengehen oder in der Nacht<br />

Ovomaltine zu trinken, dunkles Bier oder Sekt, je nach Geschmack. Eine Angehörige aus der<br />

Beratung berichtete, Rosinenstuten mit Butter sei es dann gewesen für die Mutter, weil sie<br />

<strong>das</strong> besonders gerne mag. Zusammen mit Ovomaltine sei <strong>das</strong> besser als <strong>das</strong> Neuroleptikum.<br />

Und <strong>das</strong> ist vielleicht auch ein seltenes Therapieverfahren.<br />

Ursula Fiebig-Kuberski, Heimleiterin Seniorenzentrum Franz-Lenzner, Gera,<br />

Wir versuchen unter Anleitung einer Aroma-Therapeutin die ersten Schritte in der Aroma-<br />

Therapie. Gute Erfahrung machen wir mit Nackenmassagen mit Aromaölen. Die Bewohner<br />

genießen die Massage <strong>und</strong> sie bleiben in dieser entspannten Haltung sitzen. Bei unruhigen<br />

<strong>Demenz</strong>kranken sind 10 Minuten ruhiges Genießen schon eine fantastische Wirkung.<br />

Am Abend legen wir neben <strong>das</strong> Kopfkissen ein Taschentuch mit einigen Tropfen Lavendel-Öl,<br />

nur neben <strong>das</strong> Kissen. So kann der Bewohner sich auch mal wegdrehen <strong>und</strong> wenn er sich<br />

zurückdreht, riecht es wieder etwas mehr. Lavendel fördert den Schlaf <strong>und</strong> es ist uns<br />

gelungen, in einigen Fällen abends <strong>das</strong> Beruhigungsmittel abzusetzen.<br />

Neu dabei: Carolin Schneider, Altenpflegerin <strong>und</strong> Fachkraft für<br />

gerontopsychiatrische Pflege, Rauschenberg,


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 4<br />

Berichtet von den positiven Wirkungen der Basalen Stimulation, vom Nachtcafé <strong>und</strong> von<br />

vielfältigen Gruppenaktivitäten mit guten Personalschlüsseln. Damit werden Beruhigungs-<br />

<strong>und</strong> Schlafmittel eingespart.<br />

Horst Seibert, Heimleiter, Alten- <strong>und</strong> Pflegeheim Rauschenberg, Marburg-<br />

Biedenkopf<br />

Betont die wohltuende Wirkung von guter Schokolade auf <strong>Demenz</strong>kranke <strong>und</strong> auf alle, die<br />

mit ihnen zu tun haben. Die Wirkung potenziert sich, wenn die Schokolade herzförmig ist, in<br />

Goldpapier eingewickelt ist <strong>und</strong> zusätzlich <strong>noch</strong> die Aufschrift trägt: Ich hab dich lieb!<br />

Harald Reinhardt, Albertinenhaus, Hamburg,<br />

Berichtet von einer Therapie, die wirksam, aber zum Glück nicht so selten ist: Angehörige<br />

berichten darüber, <strong>das</strong>s die Mutter nach 4 schwierigen Jahren zu Hause nun im Pflegeheim<br />

glücklich <strong>und</strong> zufrieden ist.<br />

Cornelia Schimikowski Dipl.-Psychologin, Margarete Mahlberg, Tagesgruppe, Haus<br />

am Römerkanal, integrative Einrichtung in Bonn<br />

Stehen vor der Schließung der Tagesbetreuung <strong>und</strong> sind mit dem Abschied von der Arbeit<br />

der letzten Jahre beschäftigt.<br />

Neu dabei: Herr Hufer, Leiter des Sozialen Dienstes für 3 Heime der Stadt Bonn,<br />

Annette Mandelartz, Leiterin der Tagespflege im Gerontopsychiatrischen Zentrum<br />

Clemens Wallrath-Haus,Münster,<br />

Die Physiotherapie-Abteilung des Clemens-Wallrath-Hauses wird eine Lichttherapie-Anlage<br />

mit 5000-6000 Lux bekommen, die auch von den Tagespflegegästen genutzt werden kann.<br />

Wir werden sehen, welche Erfahrungen wir machen. Insgesamt wollen wir aber alles<br />

einfacher werden lassen <strong>und</strong> nicht komplizierter <strong>und</strong> nicht therapeutischer.<br />

Sehr gute Erfahrung mit dem „Schönheitssalon“: Die Männer gehen kegeln, die Frauen<br />

lassen sich pflegen <strong>und</strong> schön machen. Die Wirkung des „Schön-gemacht –Seins“ wird<br />

erkennbar im Verhalten der Frauen: Sie sind erwartungsvoll, ob man „es“ sieht. Und man<br />

sieht es.<br />

Cornelia Domdey, Gerontopsychiatrischen Beratungsstelle, Clemens-Wallrath-<br />

Haus, Münster<br />

Berichtet über die Zeitung „Geronimus“, die von der Beratungsstelle für Münster zum Thema<br />

Gerontopsychiatrie herausgegeben wird.


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Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 5<br />

Heidrun Schönfeld, Leiterin DRK Christianenheim, Erfurt,<br />

178 Plätzen, 24 Plätze in 3 Hausgemeinschaften<br />

Berichtet über die große Zufriedenheit der <strong>Demenz</strong>kranken <strong>und</strong> ihrer Angehörigen mit dem<br />

Leben in den Hausgemeinschaften. In-house-Schulungen in Integrativer Validation, DCM<br />

zeigt bei den BewohnerInnen der Hausgemeinschaften bessere Werte als bei den<br />

BewohnerInnen in den herkömmlichen Betreuungsstrukturen.<br />

Neu dabei: Hans Meissner, Heimleiter Seniorenzentren der Henneberg-Kliniken,<br />

Hildburghausen, Thüringen, Simone Kothe, Pflegedienstleiterin, Andrea Laube,<br />

Leiterin des Wohnbereichs für <strong>Demenz</strong>kranke<br />

Haben bisher keinen besonderen Pflegesatz für die Dementenbetreuung, stellen aus den<br />

anderen Bereichen des Hauses Mitarbeiterinnen dafür ab, haben aber insgesamt zuwenig.<br />

Die umliegenden Heime haben einen um 7 € /Tag niedrigeren Investitionskostenanteil<br />

(Neubau wird stärker gefördert als Modernisierung), daher nehmen manche Familien die<br />

Bewohner aus der Einrichtung heraus <strong>und</strong> bringen sie kostengünstiger in stärker geförderten<br />

Einrichtungen unter.<br />

neu dabei: Karin Rosenfeldt, Leiterin des Pflegedienstes in Drochtersen, Kreis<br />

Stade.<br />

Bereitet in Zusammenarbeit mit der „Herbstzeitlosen-Gruppe“ in Stade die Gründung eine<br />

Wohngruppe für an <strong>Demenz</strong> erkrankte Menschen vor.<br />

Regina Fleck, Leiterin des Sozialdienstes im Altenpflegeheim St. Georg in<br />

Buchholz/Nordheide,<br />

Leider... immer <strong>noch</strong> integrative Betreuung von <strong>Demenz</strong>kranken. Berichtet von einer<br />

Erfahrung mit der Betreuung durch Ehrenamtliche: Wenn <strong>Demenz</strong>kranken z.B. vormittags,<br />

intensiv betreut werden, auch mal 1:1, fällt auf, <strong>das</strong>s diese Personen nachmittags<br />

unruhiger, auch aggressiver sind. Anmerkung der Protokollantin: Sind die Ehrenamtlichen<br />

ausreichend im Umgang mit <strong>Demenz</strong>kranken geschult?<br />

neu dabei: Claudia Schöpper-Röpke, Norderstedt<br />

Macht im Auftrag des Diakonischen Werkes Rendsburg <strong>und</strong> des Altenwerkes Hamburg-<br />

Niendorf Biografiearbeit mit <strong>Demenz</strong>kranken. besucht die Menschen zu Hause <strong>und</strong> betreibt<br />

eine „biografische Recherche“, schreibt auf <strong>und</strong> fügt Bilder hinzu. Erlebt es als schwierig, im<br />

Spannungsfeld zwischen den Familienmitgliedern zu agieren. Interessiert sich für <strong>das</strong> Thema<br />

Märchenerzählen <strong>und</strong> <strong>Demenz</strong>erkrankung.


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Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 6<br />

Renate Heinz, Malteserstift St. Nikola, Passau<br />

Gute Erfahrung mit dem Nachtcafe, Schlafmittel <strong>und</strong> andere Medikamente konnten reduziert<br />

oder abgesetzt werden. Machen Versuche mit Elementen aus der Montessori-Pädagogik, z.B.<br />

verschiedenfarbiges Wasser herzustellen <strong>und</strong> umzugießen???<br />

Anmerkung der Protokollantin: Darüber möchten wir <strong>noch</strong> mehr wissen.<br />

neu dabei: Christiane Neudert, Dezernentin für Soziales, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Jugend,<br />

Gera<br />

Überbringt Grüße des Oberbürgermeisters.<br />

Rein rechnerisch leben in Gera 5200 <strong>Demenz</strong>kranke. Im Vergleich zu dieser großen Zahl gibt<br />

es nur wenige spezialisierte Pflegeplätze. Die Stadt ist froh über <strong>das</strong> bestehende Angebot<br />

<strong>und</strong> strebt eine Weiterentwicklung an.<br />

neu dabei: Margit Jung, Geschäftsführerin des Kreisverbandes der Volkssolidarität<br />

in Gera<br />

Betreiben eine Tagesgruppe für <strong>Demenz</strong>kranke, es ist oft schwierig, den Ausgleich zwischen<br />

den Ansprüchen der Senioren aus dem Betreuten Wohnen <strong>und</strong> den <strong>Demenz</strong>kranken<br />

herzustellen.<br />

Helga Köster-Wais, Ergotherapeutin, Klara-Röhrscheid-Haus, Schwerte<br />

leitet eine Tagesgruppe für <strong>Demenz</strong>kranke <strong>und</strong> berichtet von einer schwierigen Situation:<br />

Eine demenzkranke Frau war sehr verzweifelt, weil sie „übermorgen nach Bad Wörrishofen<br />

zur Kur“ musste, - „aber die Waschmaschine war kaputt“. Nach fehlgeschlagenen<br />

Versuchen, die Kranke zu beruhigen oder abzulenken, sollte ein Spaziergang sie auf andere<br />

Gedanken bringen. Unterwegs trafen wir den Handwerker <strong>und</strong> baten ihn, sich um <strong>das</strong><br />

Problem zu kümmern. Die Männerstimme vermittelte die Gewissheit, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Problem<br />

gelöst werden könnte. Nach dem Spaziergang trafen wir den Handwerker <strong>noch</strong>mals, er hat<br />

wiederum mitgespielt. Im Tagesraum wurde die Spülmaschine angemacht <strong>und</strong> die Kranke<br />

konnte sich sofort entspannen. Diese Wirkung war verblüffend. Eine Weile hielt dieser<br />

Zustand an, dann aber musste sie in die Schule........<br />

Ich wollte herausfinden, ob eine solche Intervention wirkt. Für den Moment brachte sie eine<br />

Lösung, aber nur für eine kurze Zeit.<br />

neu dabei: Birgit Beuthel, Leiterin Heimeinrichtungen Mühlhausen, Thüringen <strong>und</strong><br />

Angela Schön<br />

132 Heimbewohner, eine Wohnetage mit 24 Plätzen für <strong>Demenz</strong>kranke bereits umgestaltet,<br />

eine weitere soll hinzu kommen.


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 7<br />

Zu seltenen Therapieverfahren: Wünscht sich viel Sonnenschein, weil der Aufenthalt in der<br />

Sonne wirksam <strong>und</strong> preiswert für gute Stimmung sorgt.<br />

Sabine Hellmonds, „Halma e.V.“, ambulante, gerontopsychiatrische<br />

Beratungsstelle, Würzburg<br />

In Würzburg gibt es in diesem Jahr die erste gerontopsychiatrische Fachtagung<br />

ausschließlich für Altenpflegeleute.<br />

Sabine Ponikau, Leiterin des Katharinenhofs am Dorfanger in Fredersdorf bei<br />

Berlin<br />

Berichtet von einer Erfahrung mit Sprudelsäulen mit roten Lichteffekten: Das rote Licht kann<br />

Erinnerungen an den Krieg wecken.<br />

In der Einrichtung werden demnächst Clowns vom Verein „Clowns e.V. – Therapieclowne“ zu<br />

Gast sein.<br />

neu dabei: Astrid Stoltmann, Pflegedienstleiterin im Katholischen Seniorenheim<br />

„Edith Stein“ in Gera<br />

Sind an die Grenzen der integrative Betreuungsform gestoßen, betreiben seit einem Jahr<br />

einen geschützten Wohnbereich, wo die demenzkranken BewohnerInnen vor den anderen<br />

Heimbewohnern beschützt sind.<br />

Gute Erfahrungen mit Süßigkeiten, zur Nacht bei Unruhezuständen eine Tasse warme Milch.<br />

Uwe Berens, Villa am Buttermarkt „Das Dorf“ in Adenau<br />

„Das Dorf“ ist ein Wohnbereich für demenzkranke Menschen, Teil eines Seniorenzentrums.<br />

Regina Stielecke, Pflegedienstleiterin im Pro Vita Seniorenheim in Neu-Wulmstorf<br />

Sigrid L<strong>und</strong>, Leiterin des ambulanten Pflegedienstes Sozialarbeit Süderelbe in<br />

Hamburg<br />

Elke Eddelbüttel, Albertinenhaus in Hamburg<br />

Berichtet von einer demenzkranken Dame, die von ihrer Tochter aus Frankreich besucht<br />

wurde. Diese Tochter hat dort eine Massage- <strong>und</strong> Badeabteilung. Die abendlichen <strong>und</strong><br />

nächtlichen Schwierigkeiten mit dem Schlafen lösten sich durch Massagen auf, nach<br />

spätestens 10 Minuten schlief die Mutter jeden Abend süß <strong>und</strong> selig ein.<br />

Hans-Jürgen Freter, Deutsche Alzheimer Gesellschaft, Berlin<br />

Hat in den letzten Wochen darauf geachtet, welche Art Anfragen kommen.


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 8<br />

Eine Anfrage betraf Erfahrungen mit Märchentherapie Es gibt offenbar ein Projekt in Hessen,<br />

was sich damit beschäftigt. Literaturangabe „Märchen als Therapie“. Das Zweite war eine<br />

Anfrage eines Arztes, der in Zusammenarbeit mit der Deutschen Ärztegesellschaft für<br />

Akupunktur ein Projekt durchführen will über die Wirkung von Akupunktur. Wenn da jemand<br />

interessiert ist, könnte ich auch einen Kontakt herstellen. Tel 030 259379518<br />

Sabine Panzer, BMFSFJ, Berlin<br />

Stellt die Frage „Welche Vorschriften behindern ihrer Meinung nach besonders die Arbeit der<br />

Pflegekräfte in Einrichtungen der <strong>Demenz</strong>?“ Das Ministerium sammelt dazu die<br />

Stellungnahmen der Praxis. Bitte die Stellungnahmen bis Ende Mai an die DED schicken.<br />

Brigitte Labesius, Wohnbereichsleiterin, Ernst + Claire Jung Stiftung, Hamburg<br />

Berichtet vom “Süßen M<strong>und</strong>“: Eine Schale mit Süßigkeiten, der Inhalt wird von den<br />

Angehörigen finanziert. Als kurze Aktivität werden auf Folien kopierte Scherenschnitte mit<br />

Märchenthemen an die Wand projiziert.<br />

Sylvia Daube, Maria Tönnes, Seniorenzentrum St. Markus in Hamburg<br />

Das Badezimmer wurde mit mediterranem Flair verändert, Duftöl <strong>und</strong> die schöne Umgebung<br />

laden zum Baden ein.<br />

Hartmut Emme von der Ahe, Alzheimer- <strong>und</strong> <strong>Demenz</strong>beratung Minden<br />

Eine Klientin, der es sehr schlecht ging, bekam Vitamin A,B <strong>und</strong> C in hoher Dosierung <strong>und</strong><br />

erholte sich schnell <strong>und</strong> nachhaltig.<br />

neu dabei: Claus Lemke, Anna-Luise-Altendorf-Stiftung in Minden<br />

Anna-Luise-Altendorf-Stiftung betreibt ein selbstverwaltetes Wohn- <strong>und</strong> Betreuungsprojekt<br />

für alte Menschen.<br />

neu dabei: Jan Dalke, Altenpflegeheim Albert Schweitzer in Leipzig<br />

neu dabei: Sabine Stößel, Das Netz, Ratgeberzentrale, Gera<br />

neu dabei: Marion Stieler, Diakonisches Werk Thüringen, Eisenach<br />

Die Vorsorgemappe der IGSL wird ergänzt um Informationen zur Biographie.<br />

Neu dabei:Cornelia Bucksch, Pflegedienst Gera<br />

neu dabei: Beate Mühlenberg, Philipp-Reemtsma-Stiftung in Hamburg


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 9<br />

Sind mit 10 Plätzen in 750-Plätze-Programm eingestiegen. Betonen als Gr<strong>und</strong>lage für die<br />

Beziehungsarbeit die Kenntnis der Biographie.<br />

Gerda Zielke<br />

Jutta Kindereit<br />

Nicole Richard, Trainerin für Integrative Validation, Kassel<br />

Berichtet von Rollenspielen in Gruppen von <strong>Demenz</strong>kranken. Die GruppenteilnehmerInnen<br />

bekommen Gegenstände in die Hand, die „märchenhafte“ Symbole sein können. Damit<br />

werden Assoziationen in Gang gesetzt <strong>und</strong> die Gruppe ermöglicht verbalen <strong>und</strong> nonverbalen<br />

Austausch. FH Köln begleitet ??? (bitte Nachmeldung, <strong>das</strong> Band ist nicht zu verstehen).<br />

neu dabei: Sylvia Körbitz, Landkreis Bitterfeld, betreibt ambulanten Pflegedienst für<br />

<strong>Demenz</strong>kranke, plant stationäre Einrichtung, überlegt <strong>noch</strong>, ob Wohngruppen oder<br />

traditionelle Einteilung.<br />

Ulla Burkhardt, Sozialpädagogin, Braunschweig, integrative Einrichtung<br />

berichtet von Handmassage <strong>und</strong> rhythmischem Vortrag von Kinderreimen<br />

Juliane Frech, Sozialpädagogin in integrativer Einrichtung, Köln<br />

berichtet von einem demenzerkrankten ehemaligen Chorleiter, der die Gruppenleitung<br />

übernimmt. Er erlebt sich als kompetent <strong>und</strong> sinnvoll tätig, er empfindet Glück <strong>und</strong> kann<br />

anderen etwas geben.<br />

Hans-Werner Bärsch, Geschäftsführer der Altenheimgesellschaft Brandis,<br />

Altenpflegeheim Bergstraße Haus 2<br />

Das Pflegebad wird umgestaltet, mit Wandbemalung <strong>und</strong> Snoezelen-Elementen, es wird ein<br />

2. Badezimmer erforderlich, weil <strong>das</strong> Baden bei den BewohnerInnen sehr beliebt ist. Das<br />

Haus 1 profitiert vom Transfer der Erfahrungen mit der Betreuung der <strong>Demenz</strong>kranken im<br />

darauf spezialisierten Haus 2.<br />

neu dabei: Frau Koppitz, Ergotherapeutin, Altenpflegeheim Bergstraße Haus 1<br />

Berichtet von Erfahrungen mit Therapieh<strong>und</strong> <strong>und</strong> -Meerschweinchen. Benutzt große<br />

Stofftiere (Handpuppen), um Gespräche anzuregen.<br />

neu dabei: Christine Zwingschuß, betreibt Pflegedienst, teilstationäre <strong>und</strong> stationäre<br />

Pflegeeinrichtung, auch WG mit 8 Plätzen in Dresden <strong>und</strong> Pflegeheim mit 70 Plätzen, davon.


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 10<br />

37 BewohnerInnen in 3 Gruppen mit Präsenzkraft bis 20.00 Uhr. Viele Tiere, auch Ziege <strong>und</strong><br />

Schaf.<br />

LQV mit einer Vergütungsvereinbarung abgeschlossen, konnte Vergütungsvereinbarung für<br />

besondere Dementenbetreuung nicht durchsetzen.<br />

Geritt Beyer, Städtisches Altenheim Glauchau<br />

Michael Oehler, Pflegedienstleiter, Städtisches Altenheim Glauchau<br />

Berichtet von der Heimbewohnerin, die den Mitbewohnerinnen Märchen vorliest.<br />

Randolph Krebs, Heimleiter, Seniorenhaus Poggensee<br />

Berichtet von der Anziehungskraft des Aufenthaltsbereiches für die <strong>Demenz</strong>kranken auf die<br />

anderen BewohnerInnen der Einrichtung. Sie verlassen den Speisesaal <strong>und</strong> halten sich lieber<br />

dort auf. Seitdem ein „ges<strong>und</strong>er“ Mensch mit bei Tisch sitzt, haben sich die Mahlzeiten zu<br />

erholsamen Höhepunkten des Tages entwickelt.<br />

Neu dabei: Susann Jensen Ergotherapeutin, Seniorenhaus Poggensee<br />

Neu dabei: Jürgen Probst, Heimseelsorger, Hamburg<br />

Sandra Eisenberg, Diplom-Pflegewirtin, pflegen& wohnen, Holstenhof in<br />

Hamburg<br />

Beschäftigt sich neben ihrer Arbeit im Sozialdienst mit den Fragen, was erleben die<br />

Pflegenden in der Dementenbetreuung, wie treffen sie ihre Entscheidungen, wie verändert<br />

<strong>und</strong> entwickelt sich <strong>das</strong> Verstehen.<br />

Berichtet von überaus positiven Erfahrungen mit Molicare mobile, die wie ein Schlüpfer<br />

angezogen werden: <strong>Demenz</strong>kranke werden damit deutlich selbständiger, auch in der Nacht.<br />

Jan Sonntag, Musiktherapeut, pflegen& wohnen, Pflegezentrum Altona in<br />

Hamburg<br />

Berichtet von einer Erfahrung als DCM-Mapper in den Tagesräumen:<br />

Die Ergotherapeutin leitete 4 Bewohnerinnen beim Mandala-Malen an <strong>und</strong> bedachte<br />

nebenbei <strong>und</strong> zwischendurch die anderen Heimbewohnerinnen im Raum mit kleinen<br />

Aufmerksamkeiten <strong>und</strong> Interventionen. Diese Bewohnerinnen bekamen beim Mappen genau<br />

so hohe Werte, wie die malenden Bewohnerinnen. Es stellt sich die Frage nach der<br />

Bedeutung <strong>und</strong> dem Wert von subtiler Beeinflussung der Atmosphäre <strong>und</strong> dem Zulassen von<br />

Selbstorganisation.


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 11<br />

Cornelia Domdey weist auf die wichtige Funktion des Mittelpunktes hin, die Therapeutin<br />

war <strong>das</strong> Zentrum des Geschehens.<br />

Martin Hamborg spricht die „Macht der Fre<strong>und</strong>lichkeit“ an <strong>und</strong> erinnert an <strong>das</strong> „Validieren<br />

im Vorübergehen“.<br />

neu dabei: Friedrich Güttel, Heimleiter, Jakobus-Haus in Mösen<br />

Baut eine neue Einrichtung für <strong>Demenz</strong>kranke<br />

neu dabei: Ulrike Weigel wird die Leiterin der neuen Einrichtung, leitet zu Zeit<br />

Selbsthilfegruppe <strong>und</strong> Beratungsstelle für Angehörige von Alzheimerkranken, bauen<br />

Helferkreis auf <strong>und</strong> streben Vernetzung der Hilfen an.<br />

neu dabei: Frank Schreier, Jakobus-Haus in Mülsen<br />

Wünscht sich mehr homöopathische Therapie <strong>und</strong> will dies befördern<br />

neu dabei: Maja Weigold, Corinna Kallfuß, Diakonisches Zentrum Graupa<br />

Berichtet von der Umgestaltung ihrer Einrichtung: Die modernen Möbel wurden gegen alte<br />

Möbel ausgetauscht, die Tagesstruktur auf den Bedarf der <strong>Demenz</strong>kranken umgestellt <strong>und</strong><br />

<strong>das</strong> alles tatkräftig <strong>und</strong> in kürzester Zeit.<br />

neu dabei: Andrea Tosse, Krankenschwester, Qualitätsbeauftragte, Soziale<br />

Dienste Strehla<br />

Dementenstation mit 13 Plätzen, Dementenbetreuung soll ausgebaut werden.<br />

neu dabei: Martina Schulze, Wohnbereichsleiterin Angelikastift, Leipzig<br />

48 BewohnerInnen,<br />

Zeitung (Leipziger Volkszeitung) lesen zum Frühstück hat den Geräuschpegel merklich<br />

gesenkt.<br />

neu dabei: Andrea Schüler, Leiterin des Pflegeheims Matthias Claudius, Leipzig<br />

Ein seniorengerechter Computer soll ausprobiert werden.<br />

Alfred Borgers Pflegedienstleiter, Haus Schwansen, Rieseby<br />

Berichtet von der heilsamen <strong>und</strong> beruhigenden Wirkung eines H<strong>und</strong>es in der Nacht. Bei<br />

Bewohnerinnen, von denen man weiß, <strong>das</strong>s sie dies mögen, darf der H<strong>und</strong> aufs Bett <strong>und</strong> sie<br />

schlafen dann schnell wieder ein. Die H<strong>und</strong>e verfügen über eine große Sensibilität, sie<br />

spüren sehr genau, wer sie mag oder wer sie ablehnt, auch wer Angst vor ihnen hat. Es<br />

handelt sich bei den H<strong>und</strong>en allerdings um gut ausgebildete H<strong>und</strong>e oder um Therapieh<strong>und</strong>e.


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 12<br />

Nachfrage: Blindenh<strong>und</strong> zur Beleitung von „Spaziergängern“: Ein jüngerer H<strong>und</strong> kann,<br />

wenn er dazu veranlagt ist, zum „Begleiter“ ausgebildet werde. Der/die <strong>Demenz</strong>kranke muss<br />

aber verstehen können, <strong>das</strong>s der H<strong>und</strong> den Weg nach Hause kennt. Am besten funktioniert<br />

es natürlich, wenn der H<strong>und</strong> schon lange da ist <strong>und</strong> den „Gassi-Weg“ kennt. Dann wird er<br />

immer nach Hause laufen <strong>und</strong> der/die Kranke wird mitgehen.<br />

Adresse des Verbandes für Therapieh<strong>und</strong>e kann bei Herrn Bärsch erfragt werden Tel 03429<br />

241 730<br />

Myriam Heitz, Einrichtungsleiterin Reutlingen<br />

Organisieren ihre Präsenzkräfte mit Altenpflegeschülerinnen im Austausch mit einer<br />

befre<strong>und</strong>eten Einrichtung.<br />

Karl-Heinz Pastoors, Heimleiter, Evangelische Heimstiftung, Schönaich<br />

Berichtet über eine unruhige Abschiedsfeier für einen verstorbenen Bewohner. Das<br />

Abspielen einer Meditationsmusik ließ schließlich 4 von 6 BewohnerInnen einschlafen.<br />

neu dabei: Karl-Heinz Kaiser, ASB Altenpflegeheim, Rieske<br />

Große Einrichtung mit integrativer Betreuung, fragen sich wie die Betreuung gestalttet<br />

werden kann<br />

Partner des Modellprojektes Gerontopsychiatrische Verb<strong>und</strong>systeme,<br />

neu dabei: Karina Brahner, Pflegedienstleiterin, ASB Altenpflegeheim, Rieske<br />

Eva Trede-Kretzschmar Heimleiterin Richard-Bürger-Heim, Stuttgart<br />

Eine homöopathisch arbeitende Ärztin, Tochter einer Bewohnerin wendet Akupunktur an<br />

(Ohrläppchen <strong>und</strong> Schädelmitte), die Kranke ist nach der Akupunktur einige St<strong>und</strong>en<br />

deutlich wacher.<br />

Martin Hamborg, Dipl. Psychologe, AWO-Service-Häuser, Kiel<br />

Würde gern mehr wissen über die Wirkung von Hypnose bei <strong>Demenz</strong>kranken<br />

Brainfood: Nahrungsmittel, die die Hirnaktivität anregen: Backpflaumen <strong>und</strong> Rosinen.<br />

Artikel dazu kann angefordert werden Tel 0431 5333073<br />

Jan Wojnar, Psychiater, pflegen& wohnen Hamburg<br />

Plädiert für die Gabe alkoholischer Getränke in kleinen Mengen zur Appetitanregung, als<br />

Schlafmittel <strong>und</strong> zur Gestaltung der Atmosphäre. Zur Frage der Wechselwirkung mit


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 13<br />

Medikamenten sollte man eher darüber nachdenken, die Medikamente zu reduzieren, 1-2-3<br />

Gläschen Eierlikör schaden in keinem Fall.<br />

Bei demenzkranken jüngeren Männern mit eher unruhigem <strong>und</strong> aggressivem Verhalten ist<br />

<strong>das</strong> Aufnehmen von Augenkontakt hilfreich, bei Schlafstörungen <strong>das</strong> Schlafen auf der<br />

Matratze auf dem Fußboden.<br />

Bei Schlafstörungen sollte der Vit. B1 <strong>und</strong> B6 Spiegel bestimmt werden, bei allen<br />

<strong>Demenz</strong>kranken mit Schlafstörungen wurde ein Mangel festgestellt. Hefeflocken, Nutella <strong>und</strong><br />

Hülsenfrüchte können den Mangel ausgleichen<br />

Thomas Scharfenberg, freiberuflicher Berater, Wiehl<br />

Assoziiert zu vielen der heutigen Beiträge den Begriff Wellness<br />

Bei nächtlicher Unruhe eine Scheibe Brot kauen lassen, bindet Magensäure <strong>und</strong> beruhigt: Es<br />

ist Brot im Haus. Schlägt vor, eine Studie zur Wirkung von Cannabis bei <strong>Demenz</strong>krankheit<br />

durchzuführen.<br />

Christel Schulz schlägt vor, die Betreuung von demenzkranken Männern zum<br />

Blitzlichtthema zu machen <strong>und</strong> macht Mut, die Hoffnung auf Projektgelder nicht aufzugeben.<br />

In NRW fördert die Stiftung Wohlfahrtspflege den dezentralen Aufbau von<br />

Betreuungsgruppen <strong>und</strong> Helferinnenkreise, <strong>das</strong> Projekt heißt „Betreuung auf Schlappen“


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 14<br />

<strong>Religiösität</strong> <strong>und</strong> <strong>Demenz</strong><br />

<strong>„Solange</strong> <strong>das</strong> <strong>AMEN</strong> <strong>noch</strong> <strong>Widerhall</strong><br />

<strong>findet“</strong><br />

Pastor Jürgen Probst<br />

Habermannstr. 19<br />

21031 Hamburg<br />

Tel: 040-73928474<br />

Fax 040-73938676<br />

Juergen.Probst@T-Online.de<br />

www.gutehirte.de/heimseel.htm<br />

Vortrag von Jürgen Probst, Hamburg


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 15<br />

<strong>Religiösität</strong> <strong>und</strong> <strong>Demenz</strong><br />

<strong>„Solange</strong> <strong>das</strong> <strong>AMEN</strong> <strong>noch</strong> <strong>Widerhall</strong> <strong>findet“</strong><br />

Meine Damen <strong>und</strong> Herren,<br />

in seinen Briefen aus der Haft bei der Gestapo schreibt der Theologe <strong>und</strong><br />

Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer, der kurz vor Kriegsende durch die<br />

Gestapo hingerichtet wurde, etwa sinngemäß: „ Wir gehen einer religionslosen Zeit<br />

entgegen... Gott als Lückenbüßer für die ungelöste Fragen der Menschen befindet<br />

sich auf dem ständigen Rückzug <strong>und</strong> hat ausgedient.“<br />

Haben sich die Menschen <strong>noch</strong> bis in die Neuzeit hinein z.B. vor Blitz <strong>und</strong> Donner<br />

gefürchtet, weil sie in ihnen Zornausbrüche Gottes (oder ihrer Götter) sahen, so sind<br />

diese inzwischen naturwissenschaftlich nicht nur erklärt, sondern auch in ihrer<br />

Wirkung bezwungen.<br />

Und der Theologe Heinz Zahrnt resümiert in seiner „Theologie des 20.Jahrh<strong>und</strong>erts“:<br />

„Nach 200 Jahren hat uns nun die Aufklärung erreicht.“ Er meint damit<br />

insbesondere die Auswirkung der Philosophie Emanuel Kants mit der Relativierung<br />

des ontologischen Gottesbeweises: Gott kann nicht mehr als selbstverständlich<br />

vorausgesetzt werden.<br />

So führte seine Kants Philosophie wirkungsgeschichtlich dazu, Religion in die<br />

persönliche Beliebigkeit zu stellen, wenn nicht Religionen ganz abzulehnen.<br />

Einer Religion anzugehören ist also nicht selbstverständlich. Einige von Ihnen<br />

werden <strong>das</strong> sicher bestätigen.<br />

So könnte man denken, daß unser Thema nur ein Randthema sei.<br />

Andererseits fällt aber auf, daß zwar die großen Kirchen in den letzten Jahrzehnten<br />

sehr viele ihrer Mitglieder verloren haben <strong>und</strong> weiterhin verlieren, daß aber religiöse<br />

Zirkel – besonders fernöstlicher Ausrichtung -einen starken Zulauf haben.<br />

Und es fällt auf, daß viele säkulare öffentliche Großveranstaltungen <strong>und</strong> private<br />

Festakte geradezu religiöse Züge tragen, Kultcharakter haben.<br />

Und <strong>noch</strong> eine Beobachtung sei erwähnt: die meisten von uns – <strong>und</strong> damit auch die<br />

Menschen, die uns als demente Menschen begegnen <strong>und</strong> anvertraut sind – sind<br />

selbstverständlich vom Christentum, von christlicher Geschichte <strong>und</strong> Kultur <strong>und</strong> von<br />

christlichem Kultus direkt oder indirekt geprägt.<br />

So macht es fraglos Sinn, sich dem Thema „<strong>Religiösität</strong> <strong>und</strong> <strong>Demenz</strong>“ zuzuwenden.


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 16<br />

Ich erlaube mir zudem, diesem Thema einen Untertitel zu geben:<br />

<strong>„Solange</strong> <strong>das</strong> Amen <strong>noch</strong> <strong>Widerhall</strong> <strong>findet“</strong>.<br />

Schwerpunkt meiner Ausführungen soll also die Tiefendimension der <strong>Religiösität</strong><br />

sein, nicht dogmatische oder ethische Lehrfragen, weil die Tiefendimension für mich<br />

der wichtigste Aspekt in der Begegnung mit Dementen zu sein scheint.<br />

Selbstverständlich erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit bei meinen<br />

Ausführungen.<br />

Der Aufbau meines Vortrages gliedert sich wie folgt:<br />

Vorbemerkungen<br />

I Theorie:<br />

A <strong>Religiösität</strong> als Ausdruck des Menschen<br />

1 Sinnsuche <strong>und</strong> Symbolbildung<br />

2 Weltoffenheit <strong>und</strong> Ritualbildung<br />

B <strong>Religiösität</strong> als Prägung des Menschen<br />

II Praxis:<br />

C <strong>Religiösität</strong> im Dementenbereich<br />

1 <strong>Religiösität</strong> bei Dementen<br />

Exkurs: Gottesdienstgestaltung<br />

2 <strong>Religiösität</strong> bei Mitarbeitenden im Dementenbereich<br />

3 <strong>Religiösität</strong> bei Angehörigen von Dementen<br />

Nachbemerkung<br />

Der Theorieteil mag Ihnen als im übertragenen Sinne als „Schwarzbrot“ dienen,<br />

während der Praxisteil den Charakter eines „Rosinenkuchens“ tragen mag, aus dem<br />

Sie sich die eine oder andere Rosine herauspicken mögen.<br />

I. Theorie<br />

A. <strong>Religiösität</strong> aus Ausdruck des Menschen<br />

1. Sinnsuche <strong>und</strong> Symbolbildung<br />

Von den Ureinwohnern Ausstraliens wurde berichtet, daß ein Mitglied eines<br />

Stammes starb, wenn es auf Beschluß der Gruppe von der Gemeinschaft<br />

ausgeschlossen wurde, z.B. wegen eines schwerwiegenden Vergehens. Der Tod trat<br />

nicht deshalb ein, weil die Lebensbedingen außerhalb der Gruppe so gefährlich<br />

waren, sondern weil der Betroffene seelisch zugr<strong>und</strong>e ging. Das weist auf Energien<br />

hin, die über <strong>das</strong> sichtbare hinaus wirksam sind.


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 17<br />

Eine zweite Beobachtung: nicht selten erleben wir, daß nach einer langjährigen Ehe,<br />

wenn ein Ehepartner stirbt, ihm kurz darauf der zweite folgt. Ihm ist durch den<br />

Verlust der Lebenssinn verloren gegangen.<br />

Einen Lebenssinn haben, von seelischen Energien leben, die nicht sichtbar sind –<br />

<strong>das</strong> sind Gr<strong>und</strong>bedingungen für menschliches Leben. Dazu paßt auch die Aussage<br />

des kleinen Prinzen von Antoine de St.Excupery: „Man sieht nur mit dem Herzen<br />

wirklich gut. Das wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“<br />

Ähnlich äußert sich Martin Luther: „Woran du dein Herz hängst, da ist dein Gott!“<br />

<strong>und</strong> weist damit auf die religiöse Dimension dieser Wahrnehmungen hin.<br />

Wie aber <strong>das</strong> Unbeschreibbare, Unsichtbare ausdrücken? Schon früh haben die<br />

Menschen dafür Symbole gef<strong>und</strong>en oder erf<strong>und</strong>en, Zeichen <strong>und</strong> Gegenstände, die in<br />

ihrer Bedeutung über sich hinausweisen: den Kreis, die Spirale, die Rose, <strong>das</strong> Kreuz,<br />

Mandalas. (Merkwürdig [Zufall?] in diesem Zusammenhang: die Ein-Dollar-Note<br />

trägt den Aufdruck: In God we trust!)<br />

Symbole haben aber auch nur dadurch ihre Kraft, daß sie zugleich <strong>Widerhall</strong> im<br />

tiefen Innern des Menschen finden, seine Spiritualität wecken. Das können auch -<br />

ganz wörtlich - Klänge sein: Mantras, z.B. <strong>das</strong> „Omm“ der buddhistischen Mönche,<br />

verwandt mit dem hebräischen „Amen“, <strong>das</strong> wir auch in christlichen Gottesdiensten<br />

singen; liturgische Gesänge wie in der Gregorianik oder in Taise‘.<br />

2. Weltoffenheit <strong>und</strong> Ritualbildung<br />

Zum Menschsein gehört auch die Freiheit, Entscheidungen zu treffen. Ungeachtet<br />

dessen, daß wir dabei selbstverständlich an die Grenzen unseres Körpers geb<strong>und</strong>en<br />

sind (was uns mit zunehmendem Alter im wahrsten Sinne des Wortes immer<br />

schmerzhafter bewußt wird); <strong>und</strong> ungeachtet der von Siegm<strong>und</strong> Freud entdeckten<br />

Erkenntnis, daß uns <strong>das</strong> Unbewußte mehr lenkt als uns bisweilen lieb ist, erleben<br />

wir uns als frei; als frei, unser Handeln zu bestimmen; als frei, unsere Welt, unsere<br />

Kultur, zu gestalten – oder auch: sie zu zerstören.<br />

Arnold Gehlen nennt diese Fähigkeit des Menschen: seine „Weltoffenheit“. Tiere<br />

reagieren durchweg instinktgeleitet, sie haben nur Umwelt – der Mensch kann die<br />

Welt bewußt gestalten, er schafft sich (s)eine Kulturwelt.<br />

Zur Freiheit gehört als Schwester die Verantwortung für <strong>das</strong> eigene Tun <strong>und</strong> Lassen.<br />

Beide, Freiheit <strong>und</strong> Verantwortung, sind starke Seiten des Menschen. Sie haben aber<br />

auch Kehrseiten: Erfahrungen von Angst <strong>und</strong> Schuld. Diese können zu schweren


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 18<br />

Lasten werden. Jean Paul Sartre sagt deshalb nicht ohne Gr<strong>und</strong>: „Wir sind zur<br />

Freiheit verdammt.“<br />

Zur psychischen Stabilisierung hat sich der Mensch (unbewußt) Rituale geschaffen,<br />

sich wiederholende <strong>und</strong> jederzeit wiederholbare Handlungsabläufe, die – besonders<br />

in Krisensituationen – Sicherheit vermitteln. Sie werden individuell oder<br />

gemeinschaftlich vollzogen. Sie binden <strong>und</strong>/oder leiten die seelischen, geistigen,<br />

körperlichen <strong>und</strong> emotionalen Kräfte, sie schaffen <strong>das</strong> Gefühl von Ordnung im<br />

Chaos. Sie lassen <strong>das</strong> Ganzsein erleben, den Einklang von Körper, Geist, Seele <strong>und</strong><br />

aufgewühlten Emotionen. Beispiele sind rituelle Tänze, Gebetshandlungen,<br />

Gottesdienste, die Welle im Fußballstadion.<br />

B. <strong>Religiösität</strong> als Prägung des Menschen<br />

Die bisherigen Ausführungen sind natürlich ein Zirkelschluß. Sie versuchen<br />

vorfindliche Phänomene zu erklären. Niemand von uns war bei der Entstehung der<br />

alten Symbole <strong>und</strong> Rituale dabei. Wir befinden uns im laufenden Strom der<br />

Menschheitsgeschichte; wir werden in bestehende Gemeinschaften hineingeboren,<br />

die bereits Kultur geschaffen haben. Wir wachsen in vorfindliche Sinndeutungen<br />

hinein, werden in Rituale eingeübt – manchmal spielerisch, manchmal mit Zwang.<br />

Einige Rituale haben wir bereits in einer Lebenszeit in uns aufgenommen, die<br />

unserer Erinnerung nicht mehr zugänglich ist – <strong>und</strong> die aus dem Unbewußten<br />

heraus weiterwirken.<br />

Als Beispiel dafür möchte die Wirkung des Aaronitischen Segens am Ende des<br />

Gottesdienstes anführen. Der Segen heißt im Wortlaut: „Der Herr segne dich <strong>und</strong><br />

behüte dich. Der Herr lasse sein Antlitz leuchten über dir <strong>und</strong> sei dir gnädig. Der<br />

Herr erhebe sein Antlitz auf dich <strong>und</strong> gebe dir Frieden.“ Es gibt viele Menschen,<br />

denen vor allem diesem Segenswort der wichtigste Teil des Gottesdienstes ist. Das<br />

hat seinen Gr<strong>und</strong>. Der Theologe <strong>und</strong> Pschoanalytiker Joachim Scharfenberg<br />

aufgezeigt , daß sich in dem Bild des Segens die frühe Erfahrung des Kleinkindes<br />

wiederfindet, daß bei seinem Schreien in der Wiege <strong>das</strong> vertraute Gesicht der<br />

Mutter über ihm erscheint, was ihm Geborgenheit gibt <strong>und</strong> ihn somit beruhigt.<br />

Wir hören Klänge, die wir <strong>noch</strong> nicht verstehen <strong>und</strong> die doch starke emotionale<br />

Wirkung in uns auslösen – unser Leben lang.


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 19<br />

So habe ich vor zwei Tagen an einer Veranstaltung in der evangelischen Akademie<br />

in der Kinder-Abendlieder vorgetragen wurden. Sie glauben nicht, welche Gelöstheit<br />

in den Gesichtern der ZuhörerInnen sichtbar wurde...<br />

Wir lernen Verhaltensweisen, Rituale, die uns als Mitglieder einer bestimmten<br />

Familie, eines bestimmten Clans, eines bestimmten Volkes, einer bestimmten<br />

Religion, einer bestimmten Konfession erkennbar machen.<br />

So geschieht es immer, daß einige TeilnehmerInnen meiner Gottesdienste in den<br />

Pflegezentren beim Abschlußsegen (s.o.) sich spontan bekreuzigen <strong>und</strong> somit als<br />

Katholiken erkennbar werden.<br />

Sie kennen <strong>das</strong> Bekreuzigen aber auch aus anderen Situationen als Sicherheit<br />

gebendes Ritual bei seelischer aufgewühltheit, z.B. bei Erhalt einer Todesnachricht;<br />

im Fernsehen war bei der Fußballweltmeisterschaft mitzuverfolgen daß sich die<br />

südamerikanischen Spieler durchweg nach einem wichtigen Torschuß bekreuzigt<br />

haben.<br />

Das schließt nicht aus, daß Heilzeichen manchmal auch im Gegensinn gebraucht<br />

werden. So hörte ich neulich den Ausruf einer Mitarbeiterin: „Wenn die (gemeint war<br />

eine andere Mitarbeiterin) <strong>das</strong> macht, dann kriegt sie aber ein Ave Maria von mir zu<br />

hören!“ Das Heilsritual wird zur Drohung. Das sagt natürlich auch etwas darüber<br />

aus, daß manche rituelle Sozialisierungen fehlgehen können.<br />

Ich fasse zusammen:<br />

• <strong>Religiösität</strong> ist eine konstitutive <strong>und</strong> lebenswichtige Dimension des Menschseins.<br />

• <strong>Religiösität</strong> äußert sich in Symbolen, Mantren <strong>und</strong> Ritualen.<br />

• <strong>Religiösität</strong> prägt <strong>das</strong> Selbstbewußtsein, <strong>das</strong> Selbstwertgefühl <strong>und</strong> (ethisches)<br />

Verhalten.<br />

• <strong>Religiösität</strong> prägt die kollektive <strong>und</strong> individuelle Identität.<br />

• <strong>Religiösität</strong> vermittelt Ganzheit <strong>und</strong> Geborgenheit.<br />

• <strong>Religiösität</strong> hat Heilungscharakter durch seine Tiefenwirkung <strong>und</strong> seine soziale<br />

Komponente.<br />

Anmerkung:<br />

Ich will hier nicht verschweigen, daß <strong>Religiösität</strong> auch fehlgeleitet werden kann, die<br />

zur Ausbeutung <strong>und</strong> zum Mißbrauch von Menschen führen kann. Immer wieder<br />

kommt es vor, <strong>das</strong>s (charismatische) Führungspersonen von Religionen die Religion


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 20<br />

als Opium des Volkes benutzen; Rituale können den Charakter einer kollektiven<br />

Zwangsneurose annehmen; Moral kann zur Doppelmoral werden <strong>und</strong> hinter<br />

kriegerischen religiösen Zielen verbergen sich meistens Machtkämpfe - um<br />

Landbesitz oder Öl.<br />

Ich komme zum praktischen Teil meines Vortrags.<br />

II. <strong>Religiösität</strong> im Dementenbereich<br />

„Bei Dementen spielt Gott keine Rolle mehr.“ Dieser Satz von Dr.Wojnar ist mir bei<br />

der Vorbereitung sehr nachgegangen.<br />

Es stimmt natürlich, daß mit dementen Menschen ab einem gewissen<br />

Krankheitspunkt keine theologischen Diskussionen mehr zu führen sind.<br />

Der Satz stimmt nicht mehr, wenn wir den Blick auf die sich im Symbol „Gott“<br />

widerspiegelnde Religion mit ihren Prägungen richten.<br />

Ich möchte <strong>das</strong> unter den drei Aspekten<br />

• <strong>Religiösität</strong> bei Dementen<br />

• <strong>Religiösität</strong> bei Mitarbeitenden im Dementenbereich<br />

• <strong>Religiösität</strong> bei angehörigen von Dementen<br />

ausführen, wobei ich die beiden letztgenannten Aspekte nur streifen werde.<br />

A. <strong>Religiösität</strong> bei Dementen<br />

Aus dem bisher Vorgetragenen ergibt sich, daß, wenn auch die Grade der<br />

<strong>Demenz</strong>erkrankung mit den entsprechenden Gedächtnisverlusten unterschiedlich<br />

sind, doch die religiösen Prägungen <strong>noch</strong> im Dementen vorhanden sind - nicht<br />

selten gerade auch die aus frühester Kindheit.<br />

So können Symbole <strong>und</strong> Handlungen wiedererkannt <strong>und</strong> die mit ihnen<br />

konditionierten Gefühle freigesetzt werden – sowohl Wohlgefühle als auch<br />

Unwohlgefühle.<br />

Gegenstände <strong>und</strong> Bilder aus der religiösen Sozialisation wecken Erinnerungen,<br />

helfen bei de Biographiearbeit.<br />

Religiöse Klänge lösen Stimmungen aus <strong>und</strong> können therapeutische Wirkung haben.


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 21<br />

Die Atmosphäre von Akzeptanz <strong>und</strong> Wertschätzung – es gibt in meinen Augen kein<br />

lebensunwertes Leben allein aufgr<strong>und</strong> von <strong>Demenz</strong> – bewirkt Selbstwert <strong>und</strong><br />

Geborgenheit.<br />

Selbstverständlich gelten auch im in der Begegnung mit religiösen Inhalten die<br />

üblichen Umgangsregeln mit Dementen.<br />

Ich möchte <strong>und</strong> kann hier jetzt keinen Katalog von religiösen<br />

Begegnungsmöglichkeiten, Symbolen <strong>und</strong> Ritualen vor Ihnen ausbreiten. Nicht alle<br />

haben zudem bei jedem positive Wirkungen. Auch ich probiere einfach aus, achte<br />

aber darauf, daß alles, was ich unternehme, mit mir stimmig bleibt. Ich lerne immer<br />

wieder dazu – <strong>und</strong> bin nie vor Überraschungen sicher.<br />

Und auch <strong>das</strong> ist gültige Erfahrung:<br />

Nicht sichtbar reagieren seitens des Dementen bedeutet nicht, daß keine Wirkung<br />

erzielt wird. In der Tiefe der Seele ist immer eine Wirkung möglich, die nicht sofort<br />

sichtbar wird.<br />

Ich möchte dazu ein Beispiel aus einem anderen Zusammenhang erzählen: neulich<br />

wurde um einen Besuch bei einer Sterbenden Frau gebeten. Diese Frau lag bereits<br />

seit zwei Jahren im Siechtum. Jetzt war sie in ein Krankenhaus eingeliefert worden.<br />

Einen Rücktransport in <strong>das</strong> Pflegeheim wollte der behandelnde Arzt in der<br />

Aufnahme nicht mehr durchführen. Ich fühlte mich sehr hilflos, als ich im kahlen<br />

Untersuchungszimmer bei der Frau saß. Sie atmete leicht röchelnd <strong>und</strong> war nicht<br />

ansprechbar. Ich wußte von ihr, daß sie früher sehr gläubig war <strong>und</strong> regelmäßig an<br />

den Gottesdiensten im Pflegeheim teilgenommen hatte. Ich hielt ihre Hand <strong>und</strong> fing<br />

einfach an, ihr bekannte Kirchenlieder vorzusingen. Dann betete ich <strong>das</strong> Vater unser<br />

<strong>und</strong> sprach den Aaronitischen Segen. Danach saß ich <strong>noch</strong> eine Weile bei ihr,<br />

atmete mit ihr bewußt im gleichen Rhythmus, bis ich sie verließ. Später habe ich<br />

erfahren, daß sie eine halbe St<strong>und</strong>e nach meinem Besuch gestorben ist.<br />

Ich kann es nicht beweisen, aber mein Gefühl sagt mir, daß die Rituale, die ich bei<br />

meinem Besuch mit ihr vollzogen habe, ihr geholfen haben loszulassen.


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 22<br />

Exkurs: Gottesdienstgestaltung<br />

Lassen Sie mich Ihnen als komplexes Beispiel praktizierter <strong>Religiösität</strong> meinen<br />

Gottesdienst im Dementenbereich mit Anmerkungen über die Wirkungen der<br />

einzelnen Teile vorstellen.<br />

Im folgenden Bild sehen Sie, wie ich den Altar gestalte. Da ich auf den<br />

Wohnbereichen keinen eigenen Sakralraum habe, muß ich diesen erst mit Hilfe des<br />

Alttaraufbaus herstellen. Das geschieht in Gegenwart der BewohnerInnen, die mein<br />

Tun mit neugierigen Blicken <strong>und</strong> Kommentaren verfolgen.<br />

Im einzelnen erkennen Sie:<br />

• Die Antependien (hier: Altartuch) in den Farben des Kirchenjahres mit christlicher<br />

Symbolik – <strong>das</strong> Auge feiert mit<br />

• Das Kreuz - zentrales christliches Symbol<br />

• Die Leuchter<br />

• Die aufgeschlagene Bibel


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 23<br />

• Das Abendmahlsgeschirr – mit Traubensaft <strong>und</strong> Oblaten<br />

Alle Gegenstände besitzen einen hohen Wiedererkennungswert. Die Gesamtheit<br />

vermittelt die vertraute Altaransicht aus der Kirche.<br />

Zur Kirche <strong>und</strong> zum Gottesdienst gehört auch die besondere Kleidung der<br />

PastorInnen. So ziehe ich bewußt meinen Talar an. Auch hierzu ein Bild:<br />

Der Talar hat unterschiedliche Reaktionen ausgelöst:<br />

• Eine Teilnehmerin meinte, als ich meinen Talar anzog: „Das ist mir<br />

zuviel“ <strong>und</strong> verließ sofort den Raum<br />

• Eine andere Teilnehmerin kam spontan auf mich zu <strong>und</strong> erklärte: „Ich<br />

muß <strong>noch</strong> meine Schulden bei Ihnen bezahlen!“ Offensichtlich wurde


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 24<br />

durch den Talar die Erinnerung an eine verborgene Schuld in ihr<br />

aktiviert.<br />

• Köstlich auch eine weitere Reaktion: „Sind Sie der Chauffeur?“<br />

Die Stola (Schal) führt zu Übertragungen aus dem katholischen Gottesdienst. Auf ihr<br />

befinden sich ebenfalls vertraute christliche Symbole, <strong>und</strong> sie vermittelt<br />

Lebensfreude durch ihre bunten Farben.<br />

Kommen wir nun zum Gottesdienstablauf:<br />

• Vorspiel<br />

• (vertrautes) Lied: z.B. Lobe den Herren –<br />

• Psalm 23<br />

• liturgischer Wechselgesang: Gloria, Kyrie<br />

• (freie)„sinnliche“ Predigt (z.B. Gespräch über „Engel“ mit einer Engelsfigur)<br />

• Gospel: z.B. Er hält die ganze Welt in seiner Hand<br />

• Feier des Abendmahls –„Danke“<br />

• Vater unser – Gebet<br />

• (Aaronitischer) Segen<br />

• (vertrautes) Lied: z.B. So nimm denn meine Hände<br />

• Nachspiel<br />

Ich singe bewußt die alten, vertrauten Lieder. So war einmal die Reaktion einer<br />

Teilnehmerin: „Das hat meine Mutter immer mit mir gesungen.“ Die meisten<br />

Dementen singen die Lieder auch mit, ja sie kennen häufig die Texte besser als ich.<br />

Bei dem o.g. Gospellied singen die meisten sofort mit, weil der Text sehr einfach ist<br />

<strong>und</strong> problemlos gelernt werden kann. Aber ich hatte auch die Reaktion einer<br />

Teilnehmerin: „Das ist ja immer <strong>das</strong>selbe. Das ist mir zu blöd. Macht doch euren<br />

Gottesdienst alleine.“ Sie ist dann gegangen.<br />

Der Predigtteil ist keine intellektuelle Rede, sondern vermittelt auf sinnlich<br />

erfahrbare Weise Annahme, Wertschätzung <strong>und</strong> Geborgenheit. In der Regel stelle<br />

ich Gegenstände christlicher Symbolik in den Mittelpunkt (z.B. einen Engel, den ich<br />

betrachten, anfassen <strong>und</strong> kommentieren lasse). Ich führe ein Gespräch mit den<br />

Teilnehmenden <strong>und</strong> fasse die Botschaft abschließend mit wenigen Sätzen<br />

zusammen. Diese Form tut auch den anwesenden Angehörigen gut.


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 25<br />

Für mich gehört in jeden Gottesdienst im Dementenbereich die Feier des<br />

Abendmahls. Das Abendmahl eine sinnliche Erfahrung von Zuwendung,<br />

Gemeinschaft, Wertschätzung <strong>und</strong> Geborgenheit. Dies finde ich auch immer wieder<br />

in den Reaktionen der Teilnehmenden bestätigt.<br />

Jedes „Amen“ im Gottesdienst wird spontan im Chor beantwortet. Daher auch der<br />

Titel dieses Vortrages.<br />

Gestern kam eine demente Frau nach dem Gottesdienst zu mir, schaute mir mit<br />

einem beglückten Gesichtsausdruck in die Augen <strong>und</strong> sagte: „Das war schön“ – Das<br />

hat dann auch mir richtig gutgetan.<br />

B. <strong>Religiösität</strong> bei Mitarbeitenden im Dementenbereich<br />

Auch Mitarbeitende sind religiös geprägte Menschen, bzw. die Begegnung mit<br />

Dementen läßt religiöse Fragen aufbrechen.<br />

Demente stellen die gängige Werteordnung infrage, die sich an Leistung,<br />

Machbarkeit <strong>und</strong> Erfolg orientiert. Der Wegfall der geistigen Kräfte wird als<br />

verletzend <strong>und</strong> bedrohlich erlebt.<br />

Die Sinnfrage stellt sich unverhüllt bis hin zur direkten Frage, wie Gott denn eine<br />

solche Krankheit zulassen kann.<br />

Der Umgang mit Dementen führt an physische <strong>und</strong> psychische Grenzen, erschüttert<br />

bis ins Mark, läßt Nerven blank liegen.<br />

Gottesbild, Menschenbild <strong>und</strong> Selbstbild brechen nicht selten zusammen <strong>und</strong><br />

müssen neu entdeckt <strong>und</strong> aufgebaut werden.<br />

Auf diesem Weg der religiösen Neufindung spielen die Selbstachtung <strong>und</strong> die<br />

Wertschätzung des anderen eine gewichtige Rolle, der direkte Umgang mit<br />

Gefühlen, die Ehrlichkeit mit sich selbst <strong>und</strong> anderen, der Zuspruch vom<br />

unbedingten Angenommensein.<br />

<strong>Religiösität</strong> (wenn sie bewußt zugelassen wird) kann ermutigend, stärkend, heilend<br />

wirken – für die Mitarbeitenden <strong>und</strong> die Dementen.<br />

„Gott wohnt, wo man in einläßt“, heißt es in einer rabbinischen Geschichte.<br />

C. <strong>Religiösität</strong> bei Angehörigen von Dementen<br />

Das für die Mitarbeitenden Gesagte gilt in gleicher Weise auch für die Angehörigen.<br />

Deren Situation ist jedoch <strong>noch</strong> viel bedrängender. Denn nicht selten haben sie den<br />

geistigen Verfall des nahestehenden Menschen miterlebt, eine Geschichte der


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 26<br />

Wechselbäder unterschiedlichster Gefühle bis hin zu tätlicher Gewalt hinter sich. Sie<br />

haben den Verlust einer wichtigen vertrauten Seite des nahestehenden Menschen<br />

zu beklagen <strong>und</strong> zu verkraften. Schuld sucht nach Vergebung, Schuldgefühle suchen<br />

nach Aufarbeitung, Aggressionen – nicht selten verschoben auf Mitarbeitende –<br />

suchen nach Verarbeitung, Befriedung.


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 27<br />

Nachbemerkung:<br />

<strong>Religiösität</strong> <strong>und</strong> <strong>Demenz</strong> – es wäre <strong>noch</strong> viel mehr dazu zu sagen. Ich breche hier<br />

ab.<br />

<strong>Religiösität</strong> als Gr<strong>und</strong>zug des Menschen ist – <strong>das</strong> möge deutlich geworden sein –<br />

eine große Chance, Heilung durch Heilzuspruch zu erfahren.<br />

Um <strong>das</strong> zu erleben, bedarf es jedoch Offenheit, Einübung, Kreativität <strong>und</strong> – nicht<br />

zuletzt – Gelassenheit <strong>und</strong> Humor. Das alles wünsche ich Ihnen.<br />

Lassen Sie mich <strong>noch</strong> einmal auf den Engel zurückkommen, der während des<br />

Vortrages durch Ihre Reihen gegangen ist.<br />

Er mag zum Abschluß <strong>noch</strong> einmal für den Schutzengel stehen, den jeder von uns<br />

hat.<br />

Aber bedenken Sei bitte, wenn es jetzt gleich nach Hause geht:<br />

Man soll nie schneller fahren, als der eigene Schutzengel fliegen kann.<br />

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

Jürgen Probst<br />

Gera, den 05.04.2003<br />

Nachträge aus der Diskussion nach dem Vortrag:<br />

1. Literaturhinweis: Klaus Depping, Altersverwirrte Menschen seelsorgerlich<br />

begleiten, Band 1, Hintergründe – Zugänge – Begegnungsebenen, Hannover<br />

1997, 2.korr.Auflage; Ders., Altersverwirrte Menschen seelsorgerlich begleiten,<br />

Band 2, Eine Vermittlungshilfe für Aus- <strong>und</strong> Fortbildende verschiedener Bereiche,<br />

Hannover 1993.<br />

2. Berichte: Es gibt gute Erfahrungen mit Gottesdiensten auch in anderen<br />

Einrichtungen <strong>und</strong> auch mit Gottesdiensten mit Dementen <strong>und</strong> deren<br />

Angehörigen.<br />

3. Nachfrage: Erfahrungen mit Salbungsgottesdiensten? Diese werfen psychische<br />

Energie fast ausschließlich bei Katholiken ab. Es gilt dabei zu bedenken, daß<br />

Krankensalbungen aber immer <strong>noch</strong> unter dem Aspekt der „Letzten Ölung“<br />

empf<strong>und</strong>en werden.<br />

4. Zur Beachtung: Religiöse Rituale können große Energien wecken. Sie müssen<br />

deshalb behutsam <strong>und</strong> mit eigener innerer Beteiligung vollzogen werden.


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 28<br />

„Zeit haben“<br />

Ehrenamtliche Lebensbegleitung für Menschen mit <strong>Demenz</strong> im Heim<br />

Vortrag von Anne Heinrichs<br />

Kongress der Deutschen Alzheimergesellschaft Friedrichshafen 2002<br />

Guten Tag, meine Damen <strong>und</strong> Herren!<br />

Ich freue mich, Ihnen heute unser Projekt „Zeit haben“ vorstellen zu können.<br />

Wie Sie sehen, handelt es sich um ein Kooperationsprojekt dreier Bochumer Institutionen,<br />

die alle – ob theoretisch oder praktisch - mit der Versorgung von Menschen mit <strong>Demenz</strong><br />

zu tun haben.<br />

Und ich bin Anne Heinrichs, Gründungsmitglied der DED <strong>und</strong> Altenpflegerin/<br />

Altentherapeutin im Ruhestand. Das heißt, <strong>das</strong>s ich Zeit habe, <strong>das</strong> Projekt „Zeit<br />

haben“ zu begleiten.<br />

„Es gibt Dienste, die unsere Dienstleistungsgesellschaft weder kaufen <strong>noch</strong><br />

bezahlen kann, die aber geleistet werden müssen.“ J. Rau 2000<br />

Diese Dienste, von denen unser B<strong>und</strong>espräsident hier spricht, werden seit langem<br />

von unzähligen freiwilligen Helfern geleistet. Und zwar in der Pflege <strong>und</strong> Betreuung<br />

dementiell erkrankter Menschen. Ich spreche natürlich von den Angehörigen der<br />

Kranken.<br />

Doch in Zukunft wird der Einsatz von ehrenamtlicher Mitarbeitern <strong>noch</strong> wichtiger<br />

werden - speziell für die ständig zunehmende Zahl der <strong>Demenz</strong>kranken.<br />

Die Bereitschaft zum Ehrenamt ist vorhanden. Es fehlt oft nur der Anreiz.<br />

Wo in unserem Projekt „Zeit haben“ der Anreiz zum Mitmachen lag, zeige ich Ihnen<br />

gleich.<br />

Doch vorher möchte ich Ihnen kurz die beteiligten Institutionen vorstellen:


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 29<br />

Ev. Fachhochschule Bochum<br />

Die Ev. Fachhochschule Bochum bietet neben sozial- <strong>und</strong> heilpädagogisch Bereichen<br />

auch den Fachbereich „Pflege“ als Studiengang an.<br />

Eine Studentin dieses Fachbereichs die sich vorrangig mit dem Thema „<strong>Demenz</strong>“<br />

befasst, absolvierte den ersten Teil ihres Praxissemesters in der Beratungsstelle der<br />

Alzheimer Gesellschaft Bochum.<br />

Alzheimer Gesellschaft Bochum e.V.<br />

Sie feiert in diesem Jahr ihr 10-jähriges Bestehen.<br />

1994 wurde die Beratungsstelle für Angehörige <strong>und</strong> Betroffene gegründet <strong>und</strong><br />

schon seit 6 Jahren bildet die Alzheimer Gesellschaft ehrenamtliche Mitarbeiter<br />

„ HUFA“–Helfern aus, die als häusliche Unterstützung für Alzheimer-Familien die<br />

Angehörigen entlasten.<br />

Den 2. Teil des Praxissemesters absolvierte die Studentin im Wichern-Haus Gerthe.<br />

Wichern-Haus Gerthe Bochum<br />

Das Wichern-Haus Gerthe ist ein Alten- <strong>und</strong> Pflegeheim im Evangelischen<br />

Johanneswerk e.V..<br />

90 Damen <strong>und</strong> Herren, so nennt man die Bewohner achtungsvoll, werden hier nach<br />

dem Modell von Monika Krohwinkel gepflegt. Einmal wöchentlich kommt ein<br />

Ehepaar mit „Therapieh<strong>und</strong>en“ ins Haus, um mit einigen Damen <strong>und</strong> Herren<br />

therapeutisch zu arbeiten.<br />

Die wichtigste Besonderheit aber ist der Wohnbereich C, ein Wohnbereich nur für<br />

Menschen mit <strong>Demenz</strong>. Er entstand 1996 auf Initiative des Heimleiters, Herrn<br />

Przybysz <strong>und</strong> wurde nach den neuesten Erkenntnissen für dementen gerechtes<br />

Wohnen eingerichtet. Die Projektleitung übernahm Frau Schulz, Leiterin der Alzh.<br />

Beratungsstelle Bochum.<br />

Frau Schulz nimmt heute <strong>noch</strong> - einmal monatlich- beratend an einer Teamsitzung<br />

teil.<br />

Die Idee<br />

Und in einer Teamsitzung, am 25. März 2001, liegt die Geburtsst<strong>und</strong>e des Projektes<br />

„Zeit haben“.


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 30<br />

Als nämlich die beruflich Pflegenden die Erkenntnis äußerten, <strong>das</strong>s sie mit ihrer<br />

Pflege allein nicht mehr die umfassende Betreuung leisten können, wie sie den<br />

demenzkranken Damen <strong>und</strong> Herren zukommen müsste.<br />

Diese Äußerung brachte die anwesende Studentin, Frau Woeste, auf die Idee, durch<br />

den Einsatz von ehrenamtlichen Mitarbeitern die Betreuungssituation im<br />

Wohnbereich zu verbessern.<br />

Die Idee wurde angenommen.<br />

Die Studentin entwickelte ein Konzept <strong>und</strong> erstellte einen Projektplan.<br />

Wissenschaftlich begleitet wurde sie dabei wurde sie von Frau Prof. Dr. Koch-<br />

Straube, Dozentin der Ev. Fachhochschule. Das Ziel des Projektes war, durch eine<br />

individuelle Lebensbegleitung einzelner Bewohner, die über wenige oder gar keine<br />

sozialen Kontakte verfügen, die Lebenschancen zu erhöhen <strong>und</strong> gleichzeitig die<br />

beruflich Pflegenden indirekt zu entlasten. Eine Projektgruppe wurde gegründet, die<br />

Pflegemitarbeiter vorbereitet, die Angehörigen <strong>und</strong> gesetzlichen Betreuer informiert<br />

<strong>und</strong> ein Ausbildungsplan erstellt. Dann begann die Suche nach Menschen mit<br />

Interesse an dem Projekt.<br />

Das Ziel des Projektes war, durch eine individuelle Lebensbegleitung einzelner<br />

Bewohner, die über wenige oder gar keine sozialen Kontakte verfügen, die<br />

Lebenschancen zu erhöhen <strong>und</strong> gleichzeitig die beruflich Pflegenden indirekt zu<br />

entlasten. Eine Projektgruppe wurde gegründet, die Pflegemitarbeiter vorbereitet,<br />

die Angehörigen <strong>und</strong> gesetzlichen Betreuer informiert <strong>und</strong> ein Ausbildungsplan<br />

erstellt. Dann begann die Suche nach Menschen mit Interesse an dem Projekt.


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 31<br />

Die Zeitungsannonce<br />

Sie war wohl der Anreiz, von dem ich eben gesprochen habe, denn auf diese<br />

Anzeige, (13 x 14 cm) die in einem kostenlosen Bochumer Wochenblatt erschien,<br />

meldeten sich 12 von 15 Interessenten.<br />

Die anderen hatten durch M<strong>und</strong>propaganda von unserem Projekt erfahren.<br />

Auf Flyer <strong>und</strong> Plakate gab es keine direkte Resonanz.<br />

Anwerbung <strong>und</strong> Qualifizierung<br />

Wie ich schon sagte, meldeten sich insgesamt 15 Bewerber – 12 Damen <strong>und</strong> 3<br />

Herren im Alter zwischen 37 <strong>und</strong> 63 Jahren.<br />

Die Motivationen der Teilnehmer waren - in der Reihenfolge der Mehrfachnennung :<br />

� etwas Sinnvolles tun<br />

� Zeit, die ich habe, nicht vertrödeln sondern verschenken –<br />

� soziales Empfinden ausleben<br />

� Interesse am Thema „<strong>Demenz</strong>“.<br />

Der Wunsch nach Qualifizierung war vor allem bei Langzeitarbeitslosen vorhanden.<br />

Eine Betroffene bekam während der Schulungsphase den Anstoß zur Ausbildung zur<br />

Altentherapeutin. Das Arbeitsamt finanziert die Maßnahme.


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 32<br />

Unsere Auswahlkriterien besagten, <strong>das</strong>s wir keine sucht- oder andere psychisch<br />

chronisch -kranke Menschen aufnehmen wollten. Und keine, denen die soziale<br />

Kompetenz fehlt.<br />

Aus diesem Personenkreis war niemand erschienen.<br />

Schulungsplan<br />

Und so sah unser Schulungsplan aus:<br />

Schulung der ehrenamtlichen MitarbeiterInnen<br />

Zeit: Mittwochs von 18-20 Uhr<br />

Ort: Fortbildungszentrum des Wichern-Hauses<br />

Leitung: Anne Heinrichs<br />

29.8.2001 Kennenlernen der TeilnehmerInnen untereinander, der Begleiterinnen des<br />

Projektes <strong>und</strong> der Einrichtung<br />

5.9.2001 Wahrnehmen <strong>und</strong> Verstehen der Alzheimer Kranken Referentin: Frau<br />

Schulz, Alzheimer Gesellschaft Bo<br />

12.9.2001 Wissenswertes zur Alzheimer-Krankheit <strong>und</strong> anderer dementieller<br />

Erkrankungen.<br />

Referentin: Frau Dr. Brüne-Cohrs, Zentrum für Psychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie,<br />

Bochum<br />

19.9.2001 Erkennen <strong>und</strong> Fördern der Fähigkeiten bei Alzheimer Kranken<br />

Referentin: Frau Kempf, Fachseminar für Altenpflege, Bochum, Caritasverband<br />

26.9.2001 Mit allen Sinnen – Möglichkeiten der Begegnung, der Ansprache <strong>und</strong><br />

Beschäftigung mit Menschen<br />

Referentinnen: Frau Wallbruch <strong>und</strong> Frau Nedza, Leiterinnen des Wohnbereichs C<br />

10.10.2001 Rollstuhl- <strong>und</strong> Transferübungen<br />

Anleitung: Frau Schwering, Pflegedienstleiterin im Wichern-Haus, Bochum-Gerthe<br />

Die Schulungseinheit zum Thema „Umgang mit Tod <strong>und</strong> Sterben“ folgt zu einem<br />

späteren Zeitpunkt.<br />

Am 03.10 01 fand eine zusätzliche Schulungseinheit zum Thema „Integrative<br />

Validation“, statt.<br />

Ein „Sterbeseminar“, <strong>das</strong>s durch Urlaub <strong>und</strong> Krankheit nur mäßig besucht war, wird<br />

wiederholt.


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 33<br />

Zum Abschluss der Qualifizierungsmaßnahme erhielten alle Teilnehmer einen<br />

Vertrag mit dem Wichern-Haus, der u. A. den Versicherungsschutz beinhaltet <strong>und</strong><br />

zur Schweigepflicht auffordert.<br />

Ohne Vertrag gilt die moralische Verpflichtung für die Ehrenamtlichen, den<br />

Menschen, den sie betreuen, mindestens 1 mal wöchentlich 1 St<strong>und</strong>e zu besuchen.<br />

Vermittlungsphase / Praktische Erfahrungen<br />

Der erste Besuch auf dem WB C fand in Begleitung der Wohnbereichs- <strong>und</strong><br />

Plegedienstleiterin in Kleingruppen statt. (Nach dem Abendbrot, weil es dann im<br />

Wohnbereich ruhiger ist)<br />

Die theoretische Vorstellung der <strong>Demenz</strong>kranken, die vorher im Team für eine<br />

Betreuung ausgesucht worden waren, erfolgte in 2 Sitzungen. Die Pflegemitarbeiter<br />

beschrieben die in Frage kommenden Damen <strong>und</strong> Herren <strong>und</strong> die Ehrenamtlichen<br />

suchten sich die zu Betreuenden aus. Eine der Ehrenamtlichen suchte nicht aus,- sie<br />

wurde ausgesucht.U. z. von einer Dame, die gleich beim ersten Besuch im WB auf<br />

sie zugelaufen kam mit der Begrüßung:„Irmgard, da bist du ja!“<br />

Die ehrenamtlichen Mitarbeiter versorgten sich mit biografischen Informationen <strong>und</strong><br />

brachten sich mit Eifer ein. Es machte ihnen Spaß, <strong>das</strong> konnte man merken. Sie<br />

begleiteten die Kranken beim Laufen im WB, bei Spaziergängen oder -fahrten, beim<br />

Betrachten von Fotos <strong>und</strong> Bildern <strong>und</strong> besonders gern bei Besuchen im Café. Die<br />

Café Besuche mehrten sich, verständlicherweise: Da war Austausch möglich, da<br />

waren die Ehrenamtlichen mit ihren Ängsten <strong>und</strong> Unsicherheiten nicht allein.......<br />

Der erste Konflikt zeichnete sich ab<br />

Konflikte <strong>und</strong> Lösungen<br />

„Die gehen ja nur mit den Bewohnern Kaffee trinken!“ Das war die Ansicht der<br />

beruflich Pflegenden.<br />

Mit der Käferberg-Besucher-Studie aus Zürich wurde wissenschaftlich belegt, <strong>das</strong>s<br />

regelmäßige Besuche von freiwilligen Helfern <strong>das</strong> Befinden der Menschen mit<br />

<strong>Demenz</strong> positiv beeinflusst.<br />

Die Art der Besuche ist dabei nicht ausschlaggebend.<br />

Aber die Pflegemitarbeiter <strong>und</strong> deren Leitung hatten andere Erwartungen.


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 34<br />

Ein offenes Gespräch brachte Klärung <strong>und</strong> die Kenntnisse der Pflegemitarbeiter über<br />

die Bedürfnisse der Erkrankten <strong>und</strong> die inzwischen gesammelten Erfahrungen der<br />

Ehrenamtlichen führten zur Erweiterung des Betreuungsfeldes. Essen <strong>und</strong> Getränke<br />

anreichen, kleine Einkäufe für die zu Betreuenden erledigen <strong>und</strong> ein<br />

Gruppenangebot, vornehmlich am Sonntagmorgen, mit Singen, Bewegung nach<br />

Musik <strong>und</strong> Erzählen kamen dazu. Letzteres hatte den Vorteil, <strong>das</strong>s andere Damen<br />

<strong>und</strong> Herren mit einbezogen wurden. Die Zusammenarbeit war wieder gut.<br />

Aber der nächste Konflikt zeichnete sich schon ab. Dazu ein Satz aus dem Konzept:<br />

„Ehrenamtliche stellen mit ihrer Motivation <strong>und</strong> Schulung neue Anforderungen an<br />

die beruflich Pflegenden.“<br />

Und die Ehrenamtlichen forderten an!!<br />

Sie hatten gerade umfangreiches Wissen über die Auswirkungen der <strong>Demenz</strong> <strong>und</strong><br />

den Auftrag zum wertschätzenden Umgang mit den Kranken mitbekommen.<br />

Sie waren aufmerksam <strong>und</strong> kritisch. Und sie prangerten <strong>das</strong> negativ erlebte<br />

Verhalten einiger Pflegemitarbeiter an.<br />

Das geschah nicht immer sehr diplomatisch <strong>und</strong> der Tenor bei den beruflich<br />

Pflegenden war dann auch dementsprechend: „Die meckern ja nur“! -- Natürlich<br />

fühlten sie sich angegriffen.<br />

Aber bei einigen beruflich Pflegenden waren die Wissensdefizite im Umgang mit den<br />

Erkrankten ganz offensichtlich.<br />

Die beiden Leiterinnen des Wohnbereichs C sind durch spezielle Schulungen hoch<br />

qualifiziert <strong>und</strong> motiviert, nur wo lässt der Stellenplan Zeit zur Weitergabe des<br />

Fachwissens an die Mitarbeiter?!<br />

Wenn die aber nicht wissen, <strong>das</strong>s den <strong>Demenz</strong>kranken wichtige Fähigkeiten <strong>und</strong><br />

Funktionen verloren gehen, empfinden sie doch <strong>das</strong> Verhalten der Kranken als reine<br />

Willkür <strong>und</strong> „greifen durch“!<br />

Wissen ist Macht. - Doch wenn aus Unwissenheit Macht ausgeübt wird, ist Gewalt<br />

vorprogrammiert.<br />

Der Heimleiter reagierte schnell <strong>und</strong> sorgte für eine Wohnbereichs-Fortbildung, in<br />

der die Mitarbeiter geschult wurden. Die beiden Gruppen kamen sich wieder näher.<br />

Evaluation<br />

Von den anfänglich 15 Interessenten, sind <strong>noch</strong> 10 dabei. Alle vier Wochen trifft sich<br />

die Gruppe der Ehrenamtlichen zum Erfahrungsaustausch mit der


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 35<br />

Ansprechpartnerin aus dem Pflegeteam oder der Wohnbereichsleiterin. In<br />

Konfliktsituationen auch mit dem Heimleiter.<br />

Die Treffen sind wichtig. Sie öffnen neue Perspektiven im Umgang mit den<br />

Erkrankten, deren Angehörige, den beruflich Pflegenden <strong>und</strong> uns selbst.<br />

Die Gruppe hat sich zu einer lebendigen, interessierten, Einheit entwickelt.<br />

Die Bereitschaft zum Lernen ist groß <strong>und</strong> die Teilnahme an Fortbildungen wird zum<br />

Teil sogar selbst organisiert.<br />

Während eines Angehörigenabends, zu dem wir auch eingeladen waren, verbat sich<br />

eine pflegende Tochter massiv, <strong>das</strong>s ehrenamtliche Mitarbeiter ihre Mutter zu Bett<br />

bringen.<br />

Das hatte auch keiner vor, denn gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> behandlungspflegerischen Tätigkeiten<br />

werden nicht ausgeführt.<br />

Um in ähnlichen Situationen sachlich argumentieren zu können, regte der<br />

Heimleiter die Entwicklung von Standards für den Einsatz der Ehrenamtlichen an.<br />

In Kooperation mit dem Pflegeteam entstehen nun diese Standards <strong>und</strong> bringen<br />

nicht nur Sicherheit sondern auch eine zusätzliche Anerkennung der ehrenamtlichen<br />

Tätigkeit.<br />

Und Anerkennung ist <strong>das</strong> wichtigste Honorar für die freiwilligen Helfer. Die<br />

bekommen sie in erster Linie von den Betreuten durch ein Lächeln, einen<br />

Händedruck oder ein anderes Zeichen von Wohlbefinden. Anekdote:<br />

Aber auch die Anerkennung in Form von gleichberechtigter Behandlung im Wichern-<br />

Haus, wenn es um Feiern, Feste oder Ausflüge für die Mitarbeiter geht <strong>und</strong> alle<br />

eingeladen sind, tut auch gut.<br />

Außerdem erhält jeder ehrenamtlichen Mitarbeiter eine Aufwandsentschädigung<br />

von monatlich 20 Euro. Das entspricht beinahe der Summe von 300 Euro im Jahr,<br />

die die Enquete-Kommission der B<strong>und</strong>esregierung als Vergütung für alle Freiwilligen<br />

vorschlägt.<br />

Ziele<br />

Wir können mit Stolz behaupten, <strong>das</strong>s wir die uns gesteckten Nahzeile innerhalb<br />

dieses einen Jahres erreicht haben:<br />

� Verbesserung der Lebensqualität der Menschen mit <strong>Demenz</strong><br />

� Begleitung durch den Alltag bis zum Tod der Erkrankten


Deutsche<br />

Expertengruppe<br />

Dementenbetreuung e.V. Seite 36<br />

� Unterstützung der Angehörigen - Nebeneffekt<br />

� Indirekte Entlastung der beruflich Pflegenden<br />

� Gute Kooperation zwischen allen Beteiligten<br />

� Ehrenamtliche durch Schulung, Fortbildung <strong>und</strong> Begleitung zu befähigen, aus<br />

ihrer Aufgabe positiven Nutzen für sich, die Erkrankten <strong>und</strong> alle Beteiligten zu<br />

ziehen<br />

� Dauerhafte Mitarbeit der ehrenamtlich tätigen Menschen sichern<br />

Letzteres ist allerdings nur durch eine ständige Begleitung möglich.<br />

Auch die Fernzielen sind uns nicht mehr so fern:<br />

� Multiplikatoren zu sein, um die Öffentlichkeit für <strong>das</strong> Thema <strong>Demenz</strong> zu<br />

sensibilisieren.<br />

� Beitrag zur „neuen Kultur des Helfens“ zu leisten<br />

� Vernetzungen mit anderen stationären Einrichtungen einzugehen .<br />

„Ehrenamtlichkeit als dritte Säule – neben Angehörigenhilfe <strong>und</strong> professionellen<br />

Systemen - ist bei den Altenhilfestrukturen der Zukunft unverzichtbar.“ ( Neues<br />

Deutschland)<br />

Wir vom Projekt „Zeit haben“ liegen somit voll im Trend.

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