12.07.2015 Aufrufe

Bildbesprechung (pdf) - Jochem Roman Schneider

Bildbesprechung (pdf) - Jochem Roman Schneider

Bildbesprechung (pdf) - Jochem Roman Schneider

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Frauenbildnisse„Portraits, AKT und EROTIK“Frauenbildnisse nehmen im künstlerischen Schaffen <strong>Jochem</strong> <strong>Roman</strong>s einen großenRaum ein. Über das Medium Bild hat er vieles von dem zum Ausdruck gebracht, wasihn innerlich bewegt – beflügelt und begeistert, aber auch bedrückt und bedrängt.Aus der Psychotherapie wissen wir ja, wie heilsam es sein kann, innere Widersprüchlichkeitenund Konflikte, die das Ordnungsgefüge unserer Seele bedrohen, zuexternalisieren und im Idealfall künstlerisch zu gestalten.<strong>Jochem</strong> <strong>Roman</strong> weiß: Künstlerische Produktion ist immer auch Selbstverrat.Goethe hat im Alter einmal gesagt: „Die Wahl der Gegenstände zeigt immer, waseiner für ein Mann und wessen Geistes Kind er ist“. In der Tat, <strong>Jochem</strong> <strong>Roman</strong> stecktin allem, was er gemalt und gestaltet hat – und vor allem in seiner Darstellung vonFrauen. Gegenstandslose Unverbindlichkeit ist nicht seine Intention, ebensowenig eine verkrampfte Originalitätssuchtdurch die groteske Verzeichnung von Frauengestalten. Über seine Frauenbilder lässt sich in Analogie sagen, was OscarWilde über das Portrait gesagt hat:„Jedes mit Gefühl gemalte Portrait ist ein Portrait des Künstlers, nicht des Modells“.Sigmund Freud sah im künstlerischen Schaffen eine Möglichkeit, die schmerzlichen Versagungen, die dem Künstlerdie Realität auferlegt, durch Wunscherfüllungen in der Phantasie zu bewältigen. Nach Freud ist der Künstler„ursprünglich ein Mensch, welcher sich von der Realität abwendet, weil er sich mit dem von ihr zunächst gefordertenVerzicht auf Triebbefriedigung nicht befreunden kann, und seine erotischen und ehrgeizigen Wünsche im Phantasielebengewähren läßt. Er findet aber den Rückweg aus dieser Phantasiewelt zur Realität, indem er dank besondererBegabungen seine Phantasien zu einer neuen Art von Wirklichkeit gestaltet… Er versteht es… seine Tagträume so zubearbeiten, daß sie das allzu Persönliche, welches Fremde abstößt, verlieren und für die anderen genießbar werden“.Da ist vieles gesagt, was auf <strong>Jochem</strong> <strong>Roman</strong> und seine Frauenbilder zutrifft. Der Reiz seiner Frauenbilder liegtnicht zuletzt in der Verschmelzung von realistischer Sicht und romantischen Elementen, die allerdings schwerlich konkretzu beschreiben sind. Es geht hier um eine „Anmutung“, ein emotionales Mitschwingen und Miterleben, das sichnur bedingt verbalisieren läßt, das aber zu unmittelbarem Erleben führen kann. Mit Recht hat man <strong>Jochem</strong> <strong>Roman</strong>einen romantischen Realisten genannt (eigentlich ja eine „contradictio in se“). In der Tat, er ist ein „Traumwandler“, und(ich wage das zu sagen) wenn es um die materielle Seite der Kunst geht, ums „Geldverdienen“, dann ist er ein Traumtänzer.Das Bild „Wachwandler“, ein schon älteres Werk, ist in dieser Hinsicht typisch für ihn und kennzeichnet vielesvon seinem Wesen.Viele seiner Bilder verraten etwas von der existentiellen Notwendigkeit, die ihrer Gestaltung zugrunde liegt. Seininneres Frauenbild, seine „Anima“ (im Sinne C. G. Jungs) hat viele Facetten. Da ist die in ihrer Wirklichkeit noch nichtausgeformte Kindfrau im Bild „Rendezvous“, da begegnet uns anrührende Mütterlichkeit in dem Bild „Schöne Aussicht“.Aktbilder erinnern zuweilen an den entblößten Expressionismus eines Egon Schiele und sind geeignet, sexuellePhantasien des Mannes zu provozieren. Die „Ballerina erotica“ mag als besonders eklatantes Beispiel dieser sinn-131


lich freien Körperlichkeit dienen. Und dann ist da die romantische „Sehnsüchtige Elfe“ vor dem geheimnisvollen Hintergrundeiner verzauberten Mondnacht. Immer wieder bewegt ihn die „geheimnisvolle Frau“ („Phantasmagoria“).Hier erleben wir den Künstler, der so oft vor einem krassen Realismus nicht zurückschreckt, als empfindsamen<strong>Roman</strong>tiker. Manche Bilder erscheinen atmosphärisch erfüllt von dem Gefühl eines geheimnisvollen, zärtlichen Glücks.Frauen – fern, verfremdet, zuweilen sogar gesichtslos („Aktstudien“), „rätselhaft“, unerreichbar, als „Brieffreundin“distanziert. Diese Form der Distanzierung ist für ihn auffallend häufig ein Thema:„Brief“,„Brieffreundin“,„Schatzbrief“,„Loveletter“. Und es ist gewiß kein Zufall, daß seine Frauenbilder oft mit vielen Schriftzeilen verbunden sind, die anBriefe gemahnen.In den „Vier Jahreszeiten“ hat das uralte Motiv des Jahresablaufes als Symbol menschlichen Werdens und Vergehenseine originelle Gestaltung gefunden, wiederum im Spiegel des Weiblichen. In manchen seiner Frauenbildnisseschimmern Trauer,Tod und Vergänglichkeit durch die Schönheit hindurch. Ergeifende Menschlichkeit spricht aus denGesichtern alter Frauen, in denen ein schweres, arbeitsreiches Leben seine Runen gezeichnet hat.Für die Frauendarstellungen <strong>Jochem</strong> <strong>Roman</strong>s gibt es kein normatives Interpretationsmuster aus tiefenpsychologischerSicht. In breitgefächerter Vielfalt spiegeln sich in seinen Bildern Varianten des androgynen Menschseinswider, mal in aggressiv-maskulinen Attributen einer Frau, dann wieder in der durchtrainierten Body-building-Gestalteiner „Miss-Fit“ und schließlich in der fraglichen geschlechtlichen Zuordnung überhaupt („Bildnis eines Androgynen“,S. 162). Bilder von Frauen, die als bedrohliche Amazonen oder gefährliche Verführerinnen dargestellt werden, bietensich an zur Projektion unbewältigter, zwanghaft verdrängter sexueller Triebbereiche im Unbewußten. Manche derBilder setzen klare Kontrapunkte zu einer patriarchalischen Frauenauffassung.Somit ist das Spektrum der Frauenbilder breit und bunt, allerdings oft überschattet von einer bedrückten Grundstimmungder Skepsis und Einsamkeit. Nur selten begegnen wir einem fröhlichen, lachenden Frauengesicht. DasSpektrum reicht von der dynamischen Amazone und androgynen Athletin („Bildnis eines Androgynen“, „Amazone“,siehe Titelbild) über die gleichsam „asexuelle“ Frau in konservativer Gewandung („Bauernmagd“) bis zur „erotischenBallerina“ und den vielen Aktbildern, deren Erotik zuweilen sogar recht aufdringlich anmutet. Ein Bild narzißtischerSelbstbespiegelung mit appellativer Erotik ist mit Hermann Hesses <strong>Roman</strong>titel „Narziß und Goldmund“ (AbbildungS. 270 als „Narziß und Rotmund“) verbunden. Und schließlich ist da im Hintergrund des Akkordeonspielers( „L’ Accordéon bleu“) die Frau mit der Peitsche, die sadomasochistische Assoziationen nahelegt.In seinen Frauenbildern schlägt <strong>Jochem</strong> <strong>Roman</strong> den Bogen von einem krassen Realismus, der in seiner Direktheitschmerzlich sein kann, bis zur stillen Melancholie einer versöhnlichen <strong>Roman</strong>tik. An die Stelle einer rational bestimmten„Augen-Wirklichkeit“ ist in seiner Betrachtung der Frau die „Kunst-Wirklichkeit“ einer vielfältigen Bildsprache getreten,die verbal kaum zu erfassende Gefühle und Empfindungen vermittelt. Und diese reicheren Ausdrucksmöglichkeitender Zeichnung gegenüber der sprachlichen Darstellung machen den unverwechselbaren Reiz und die Faszinationder Frauenbildnisse <strong>Jochem</strong> <strong>Roman</strong>s aus.Prof. Dr. Henner Völkel132

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!