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Historischer Abriss - Hilfskomitee der Galiziendeutschen eV

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2mit einem Auswan<strong>der</strong>er und Heimatlosen.“ Die Obrigkeit in den verschiedenensüdwestdeutschen Territorien reagierte, wenn überhaupt, meist hilflos mit Verboten gegen dieAuswan<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> „heimlich und boshaft austretenden Untertanen“ und Strafandrohungen fürdiese „Entweichungen“. Die kurpfälzische Regierung in Mannheim verankerte 1764 einenobersten Grundsatz in <strong>der</strong> Landesordnung, wonach „kein Untertan ohne Consens unter fremdeHerrschaft o<strong>der</strong> Kriegsdienste ziehen [darf]“, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Folge wie<strong>der</strong>holt <strong>der</strong> Bevölkerungbekanntgegeben wurde. Diese Erlaubnis zur Manumission (Abzug) wurde ausschließlich durchdie Landesregierung erteilt, die Emigranten erhielten Manumissionsscheine (auch Losscheinegenannt). Die Regelung bezog sich auch auf Leibfreie und Arme, Leibeigene waren jedochaußerhalb <strong>der</strong> Kurpfalz durch den Grundherrn frei. Eine weitere Verordnung vom 24.05.1770besagte: „Verkäufe und Veräusserungen zwecks Hinweggebung und zur Landesverwüstunggereichenden Verlassung des Vaterlandes sind kraftlos [...] und dies sei alle Quartale zupublizieren“. So kam die Obrigkeit, konnte sie den Fortzug nicht vollends unterbinden,wenigstens an den Besitz <strong>der</strong> Auswan<strong>der</strong>er.In Frankenthal, <strong>der</strong> dritten Residenzstadt <strong>der</strong> Kurpfalz, legt Regierungsrat von Schmiz am16.06.1777 eine „Denkschrift über die Auswan<strong>der</strong>ung und die daraus für den Staat sichergebenden Fragen“ vor. Darin for<strong>der</strong>t er für die Untertanen u.a. „erträgliche Abgaben und eineunter dem Schutze <strong>der</strong> Gerechtigkeit stehende Gewerbefreiheit“ ein, da „aus einem solchenLande dann die Bewohner nicht so bald entweichen [würden], und ein etwaiger Abzug vonEinheimischen durch die Zuwan<strong>der</strong>ung von bemittelten Fremden ausgeglichen werden[könne]“. Es folgt die Empfehlung, Fortzugswillige auf öden Plätzen in <strong>der</strong> Pfalz zurUrbarmachung des Landes anzusetzen und das zutreffende Eingeständnis, daß die Pfalz nichtüberbevölkert sei. Von Schmiz unterstellt den Pfälzern „Wan<strong>der</strong>lust“, sieht in <strong>der</strong> unerlaubtenAuswan<strong>der</strong>ung ein Verbrechen und for<strong>der</strong>t ein verschärftes Verbot <strong>der</strong>selben bei Strafe <strong>der</strong>Vermögenseinziehung. Interessant ist seine Anregung, auswan<strong>der</strong>ungswillige Untertanen ausden linksrheinischen Gebieten <strong>der</strong> Kurpfalz in <strong>der</strong> Gegend von Schwetzingen (<strong>der</strong>Sommerresidenz <strong>der</strong> Kurfürsten bei Rhein) anzusiedeln und diesen einen Vorschuß zu geben,anstatt sie nach Preußisch-Polen o<strong>der</strong> Galizien ziehen zu lassen. Die häufige Abwesenheit desKurfürsten verursachte bei den Schwetzinger Händlern und Gewerbetreibenden starkeEinnahmeausfälle und sorgte für <strong>der</strong>en Abwan<strong>der</strong>ung. Alles in allem beläßt es von Schmizjedoch bei einer sehr vorsichtigen, maßvollen Kritik am Herrschaftgebaren des Kurfürsten KarlTheodor und vermeidet es, offensichtliche Mißstände anzuklagen; letztlich wird auch keinerseiner Vorschläge in die Tat umgesetzt.Um das Wohl seiner Untertanen besorgt, ordnet Herzog Christian IV. von Zweibrücken diesenden Anbau von Kartoffeln und Klee sowie die Pflanzung von Obstbäumen an, sucht so dieEinnahmen und Lebensgrundlagen <strong>der</strong> Bevölkerung zu verbessern. Darüber hinaus empfiehlt<strong>der</strong> Zweibrücker Hofrat Medicus 1769 eine weitere För<strong>der</strong>ung des Zuzugs durch religiöseToleranz, die Auflösung <strong>der</strong> Güter <strong>der</strong> sog. Toten Hand sowie die Erleichterung des Eintritts indas Bürgerrecht.Bereits 1767 stimmt <strong>der</strong> kaiserliche Hof in Wien einer von den südwestdeutschen Fürsten seitlangem gefor<strong>der</strong>ten Vereinbarung über ein Auswan<strong>der</strong>ungsverbot in Gebiete zu, die nicht inumittelbarer Verbindung mit dem Reiche stehen. Damit waren neben Nordamerika v.a. Rußlandund Ungarn gemeint. Mit <strong>der</strong> ersten Teilung des Königreiches Polen-Litauen im Jahre 1772fallen dessen östliche Gebiete an Rußland, die westlichen an Preußen und die südlichen als„Königreiche Galizien und Lodomerien“ an Österreich, das trotz <strong>der</strong> Vereinbarung ab 1782 inSüdwestdeutschland um Auswan<strong>der</strong>er nach „Kayserlich-Pohlen“ wirbt. Zu den baldkursierenden Gegenparolen zur neuerlichen Auswan<strong>der</strong>ung gehört „In Pohlen ist nichts zuholen“, die auf verborgene preußische Werber und „Übelgesinnte“ unter den Fürsten (vondenen dem Hof in Wien jedoch keiner offen entgegentrat) zurückgeht, darunter v.a. <strong>der</strong>Landgraf von Hessen-Hanau.Bindungen zwischen <strong>der</strong> Pfalz einerseits sowie dem Territorium <strong>der</strong> österreichischenKönigreiche und des späteren Kronlandes „Galizien und Lodomerien“ an<strong>der</strong>erseits bestanden<strong>Hilfskomitee</strong> <strong>der</strong> <strong>Galiziendeutschen</strong> e.V. 10/2012

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