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Hurra, die Klinik-Clowns sind da! - Klinik-Clowns Hamburg e.V.

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EPPENDORFER<br />

Ausgabe 2 / 2004 Jahrgang 19 C 42725 2,30 Euro<br />

Zeitung für Psychiatrie<br />

Psychiatrie Gerontopsychiatrie<br />

Mit Tietjen gegen Depression<br />

Mit dem „Harburger Bündnis<br />

gegen Depression“ gibt es nun<br />

auch in <strong>Hamburg</strong> einen Stützpunkt<br />

des größten Projektes gegen <strong>die</strong><br />

Depression in der Geschichte des<br />

deutschen Gesundheitswesens.<br />

Ziele <strong>sind</strong> u. a. Aufklärung der Öffentlichkeit<br />

sowie Verbesserung der<br />

Diagnose und Versorgung depressiv<br />

erkrankter Menschen. Schirmherren<br />

<strong>sind</strong> Bettina Tietjen (Foto)<br />

und Prof. Hermann Rauhe. Seite 5<br />

Auslandsprojekte<br />

unter Druck<br />

In <strong>Hamburg</strong> wurden an einem<br />

Tag gleich zwei Einrichtungen für<br />

Demenzkranke eröffnet: Das<br />

„Haus am Kanal“ in Dulsberg und<br />

<strong>da</strong>s Max Herz-Haus in Schnelsen.<br />

Hier gibt es ein Nebeneinander von<br />

Wohngemeinschaften, Tagespflege<br />

und Angehörigenwohnungen. Mittelpunkte<br />

<strong>sind</strong>, wie auch bei einer<br />

neuen Einrichtung in Kropp, große<br />

Gemeinschaftsräume mit integrierter<br />

Küche. Seite 4 u. 14<br />

„Erlebnispä<strong>da</strong>gogik“ in der Kritik / Ermittlungen gegen „Buschschule“<br />

Flensburg/Berlin/Windhuk. Ihr<br />

Anteil an den Hilfen zur Erziehung ist<br />

denkbar gering, ihr Effekt gerade in<br />

scheinbar aussichtslosen Fällen oft<br />

durchaus positiv, doch geraten sie immer<br />

wieder in den Mittelpunkt von<br />

Grundsatzdiskussionen der Jugendhilfe:<br />

Auslandsmaßnahmen für schwer erziehbare<br />

Jugendliche, wie sie in<br />

Deutschland Jahr für Jahr für Hunderte<br />

von Teenagern organisiert werden.<br />

Jüngster Anlass für Aufregung: Krisenfälle<br />

im Zusammenhang mit jungen<br />

Kriminellen. Die Risiken solcher<br />

Pä<strong>da</strong>gogik lasse es „empfehlenswert erscheinen,<br />

<strong>die</strong> so genannte Erlebnispä<strong>da</strong>gogik<br />

im Ausland vollständig<br />

einzustellen“, zitierte jetzt der „Spiegel“<br />

(6/2004) aus einer im Auswärtigen Amt<br />

angefertigten Expertise. Ein Gesetzesvorschlag<br />

aus Bayern, Auslandsmaßnahmen<br />

ganz zu stoppen, scheiterte im<br />

Herbst vorigen Jahres im Bundestag.<br />

Doch im Familienministerium ist eine<br />

Gesetzesänderung in Arbeit, <strong>die</strong> zumindest<br />

schärfere Kontrollen sowie den<br />

Ausschluss von Tour-Unternehmern<br />

vorsieht, <strong>die</strong> nicht auch in Deutschland<br />

arbeiten und <strong>da</strong>her bei Verstößen<br />

schwer zur Rechenschaft zu ziehen <strong>sind</strong>.<br />

Besonders im Focus der Öffentlichkeit<br />

stehen derzeit zwei Projekte aus<br />

Schleswig-Holstein. Zum einen der<br />

Kinder- und Jugendhilfe-Verbund Kiel<br />

mit seinem Resozialisierungsprojekt in<br />

Nicaragua. Dort büxten im Dezember<br />

vorigen Jahres sechs Jugendliche aus,<br />

um sich – laut einem Pressebericht – an<br />

einem Marihuanafeld im benachbarten<br />

Honduras gütlich zu tun. Dabei sollen<br />

sie von Grenzposten aufgegriffen worden<br />

sein – zum Ärger der Deutschen<br />

Botschaft, der <strong>da</strong>s reichlich Arbeit bescherte.<br />

Ganz besonders hart trifft es derzeit<br />

<strong>die</strong> beim Flensburger Verbund sozialpä<strong>da</strong>gogischer<br />

Initiativen (VSPI) angesiedelte<br />

„Buschschule“, <strong>die</strong> Kinder und<br />

Jugendliche in „Integrationsfamilien“ in<br />

Namibia unterbringt und betreut. Mit<br />

Artikeln – insbesondere der „Allgemeinen<br />

Zeitung“ in Windhuk, aber auch in<br />

der <strong>Hamburg</strong>er Morgenpost – drangen<br />

teils schon länger zurückliegende kriminelle<br />

Vorkommnisse in <strong>die</strong> Öffentlichkeit.<br />

Darunter der Missbrauch einer<br />

vierjährigen Tochter einer Integrationsfamilie,<br />

<strong>die</strong> Vergewaltigung einer Betreuten<br />

und weitere Vorwürfe im Zusammenhang<br />

mit dem Fall einer ehemaligen<br />

„Buschschülerin“, <strong>die</strong> in Namibia<br />

längere Zeit in der Psychiatrie saß. Jetzt<br />

ermittelt <strong>die</strong> Staatsanwaltschaft Flensburg<br />

wegen des Ver<strong>da</strong>chts auf Abrechnungsbetrug<br />

im Zusammenhang mit<br />

Zuschüssen von Jugendämtern sowie<br />

wegen des Ver<strong>da</strong>chts von Misshandlungen<br />

durch Gasteltern in Namibia. Der<br />

Projektgründer und derzeitige pä<strong>da</strong>gogische<br />

Leiter der „Buschschule“, Helmuth<br />

Scharnowski, 55, sieht sich einer –<br />

nicht zuletzt vor dem Hintergrund der<br />

politischen Situation in der ehemaligen<br />

deutschen Kolonie zu sehenden – Kampagne<br />

ausgesetzt. Er räumt Vorkommnisse<br />

ein, bestreitet aber <strong>die</strong> Richtigkeit<br />

der Darstellungen: „Wir <strong>sind</strong> ein Krisenprojekt.<br />

Das <strong>sind</strong> Dinge, mit denen wir<br />

rechnen müssen. An allem ist was dran,<br />

aber <strong>da</strong>s wurde alles geregelt und bearbeitet.<br />

Eine Krise ist immer auch eine<br />

Sache mit der man arbeiten kann“, sagte<br />

Scharnowski dem Eppendorfer.<br />

Allerdings steckt nun sein Projekt<br />

selbst in der Krise. In letzter Zeit kamen<br />

keine Anfragen mehr nach freien Plätzen.<br />

Nach 60 Jugendlichen, <strong>die</strong> noch im<br />

vorigen Jahr in Namibia betreut wurden,<br />

<strong>sind</strong> es derzeit nur noch 45 Jugendliche.<br />

„Da wird eine blühende Infrastruktur<br />

kaputtgemacht, <strong>die</strong> in zehn Jahren aufgebaut<br />

wurde und mehr als 300 junge<br />

Leute ernährt“, fürchtet Helmuth Scharnowski,<br />

der <strong>die</strong> Geschäftsführung im<br />

vorigen Jahr abgeben musste, weil ihn<br />

<strong>die</strong> Vorgänge gesundheitlich schwer<br />

mitgenommen hatten.<br />

Verunsicherte Jugendämter wie <strong>da</strong>s<br />

des Kreises Pinneberg, von wo derzeit<br />

sieben Jugendliche in Namibia untergebracht<br />

<strong>sind</strong>, sprechen von bislang guten<br />

Erfahrungen, legen aber weitere „Unterbringungen“<br />

bis zur Klärung eines der<br />

„Buschschule“ zugeleiteten „Fragenkatalogs“<br />

auf Eis. Außerdem ist man in<br />

Kontakt mit der zuständigen Behörde in<br />

<strong>Hamburg</strong>-Wandsbek, <strong>die</strong> im Februar eine<br />

Mitarbeiterin nach Afrika geschickt<br />

hat, um sich vor Ort umzugucken. Aus<br />

<strong>Hamburg</strong> weilen derzeit zwei Jugendliche<br />

aus Wandsbek und Harburg im<br />

„Busch“.<br />

Blickpunkt<br />

WG’s und Wohnküche „<strong>Clowns</strong>“ in der <strong>Klinik</strong><br />

Dass <strong>die</strong> Ämter aus Geldmangel nur<br />

selten vor Ort nachgucken, was mit<br />

ihren Schützlingen geschieht, gilt als<br />

gravierende Schwachstelle der Jugendfürsorge<br />

– und ist ein Punkt, der mit der<br />

geplanten Änderung des Kinder- und<br />

Jugendhilfegesetzes neu geregelt werden<br />

soll. Anders handhabt <strong>die</strong>s etwa <strong>die</strong><br />

zum Diakonie-Hilfswerk Schleswig-<br />

Holstein gehörende Diakonische Arbeitsgemeinschaft<br />

Sozialpä<strong>da</strong>gogischer<br />

Initiativen (DASI), <strong>die</strong> im Auftrag verschiedener<br />

Jugendämter insgesamt 14<br />

Jugendliche in Projekten in Frankreich,<br />

Spanien und eben Namibia untergebracht<br />

hat. Bereichsleiter Sven Gebauer<br />

fliegt zweimal im Jahr nach Windhuk,<br />

war zuletzt im November dort, wo er <strong>die</strong><br />

Vorwürfe anhand von ihm vorgelegten<br />

Dokumenten selbst überprüfte. Und er<br />

ist und bleibt vom Konzept der „Buschschule<br />

überzeugt: Dort werde eine „tolle<br />

Arbeit“ gemacht, <strong>die</strong> „eine wichtige<br />

Partitur auf dem pä<strong>da</strong>gogischen Klavier“<br />

<strong>da</strong>rstelle.<br />

Doch es scheint in der Natur der so<br />

genannten Erlebnispä<strong>da</strong>gogik zu liegen<br />

– wie der Oberbegriff für alle Maßnahmen<br />

von Reise- über Schiffs- bis zu<br />

„Standprojekten“ lautet – besonders<br />

schnell in <strong>die</strong> öffentliche Kritik zu geraten.<br />

Das mag auch am Begriff liegen,<br />

der scheinbar allzu schnell Gratis-Urlaub<br />

auf teure Staatskosten assoziieren<br />

lässt. Tatsächlich <strong>sind</strong> <strong>die</strong> Maßnahmen<br />

teils nicht teurer als deutsche Angebote<br />

– und ihr Anteil an den Hilfen zur Erziehung<br />

lag gemäß einer Evaluationsstu<strong>die</strong><br />

des Instituts des Rauhen Hauses<br />

für Soziale Praxis (isp) in <strong>Hamburg</strong> auf<br />

Basis einer Befragung von 158 Jugendämtern<br />

nur bei 1,9 Prozent. Die Effekte<br />

erlebnispä<strong>da</strong>gogischer Maßnahmen<br />

wurden von den Ämtern „eher positiv<br />

eingeschätzt“, selbst abgebrochene<br />

Maßnahmen könnten „positive Effekte“<br />

haben, urteilten <strong>die</strong> Ämter, wie es in der<br />

Zusammenfassung heißt. Doch es gibt<br />

auch Jugendämter, <strong>die</strong> aus pä<strong>da</strong>gogischen<br />

Gründen ganz auf Auslandseinsätze<br />

verzichten: So im Kreis Schleswig-Flensburg,<br />

wo man eher zur personellen<br />

Verstärkung hiesiger Einrichtungen<br />

greift, um <strong>die</strong> vor Ort entstandenen<br />

Probleme auch vor Ort zu lösen. (hin)<br />

Mehr zur „Buschschule“ auf Seite 9<br />

Lachen ist gesund – es bringt<br />

positive Gefühle, lenkt von Angst<br />

und Schmerzen ab und stärkt sogar<br />

<strong>da</strong>s Immunsystem. Kein Wunder,<br />

<strong>da</strong>ss <strong>Klinik</strong>-<strong>Clowns</strong> beliebt<br />

<strong>sind</strong>. Nicht nur in Kinderkliniken.<br />

Auch in der Heilpä<strong>da</strong>gogik haben<br />

sich <strong>die</strong> lustigen Besucher als<br />

„Türöffner“ erwiesen. In der Kinder-<br />

und Jugendpsychiatrie wurden<br />

sie bereits ebenso eingesetzt<br />

wie bei Dementen. Seite 3<br />

Diese jungen Leute werden in den kommenden Monaten aus zwei alten<br />

Eisenbahnwaggons ein Café gestalten.<br />

I<br />

Bahn frei für neues Café<br />

n Glückstadt haben sich<br />

mehrere Einrichtungen für<br />

ein ungewöhnliches Projekt<br />

zusammengetan: Innerhalb eines<br />

Jahres soll auf dem Gelände<br />

der Glückstädter Werkstätten<br />

in einer alten Lok und zwei<br />

Waggons ein „Eisenbahncafé“<br />

Protest ebbt nicht ab<br />

<strong>Hamburg</strong>/Bremen. Frau K. leidet<br />

unter einer schweren Persönlichkeitsstörung.<br />

Sie lebt allein in<br />

ihrer Wohnung und bekommt Sozialhilfe.<br />

Im Januar musste sie bereits<br />

43 Euro für Ergotherapie, Praxis-<br />

und Rezeptgebühr bezahlen.<br />

Auf <strong>die</strong> zusätzlichen Belastungen<br />

durch <strong>die</strong> Gesundheitsreform reagiert<br />

<strong>die</strong> 28-Jährige mit Panikattacken.<br />

Sie fürchtet, hungern zu<br />

müssen und ihre Wohnung zu verlieren.<br />

Um Geld zu sparen, will sie<br />

nun ihre Ergotherapie abbrechen.<br />

Ihr Beispiel sei kein Einzelfall, kritisierte<br />

Heiko Münch, Bereichsleiter<br />

für psychosoziale Hilfen beim<br />

Verein für Innere Mission in Bremen,<br />

in einem Bericht des Evangelischen<br />

Presse<strong>die</strong>nstes (epd).<br />

Auch nach der Einigung auf eine<br />

Zuzahlungs-Ausnahmeregelung für<br />

chronisch Kranke stehen <strong>die</strong> jüngsten<br />

Regelungen zur Gesundheitsre-<br />

als sozial-integrative Begegnungsstätte<br />

entstehen. Damit<br />

werden nicht nur Jobmöglichkeiten<br />

für arbeitslose Jugendliche<br />

geschaffen. Auch behinderte<br />

Beschäftigte der Werkstätten<br />

werden eingebunden. Bericht<br />

auf Seite 2 / Foto: Petersen<br />

Die Reform und <strong>da</strong>s Leid der Kranken<br />

form weiter unter heftiger Kritik.<br />

Künftig gilt zwar als chronisch<br />

krank, wer wegen seines Leidens<br />

mindestens einmal im Vierteljahr<br />

zum Arzt muss, außerdem noch eine<br />

60-prozentige Behinderung, eine<br />

Einstufung in Pflegestufe II oder III<br />

oder eine psychotherapeutische<br />

Dauerversorgung vorweisen kann.<br />

Doch auch chronisch Kranke müssen<br />

ein Prozent ihres Einkommens<br />

für Zuzahlungen aufbringen und bis<br />

zur Freistellung in Vorleistung treten.<br />

Für <strong>die</strong> Befreiung müssen sie<br />

sich – zusätzlich zu ihren anderen<br />

Problemen – um <strong>die</strong> Sammlung von<br />

Belegen und um Anträge kümmern,<br />

protestierte der Bundesverband der<br />

Angehörigen psychisch Kranker.<br />

Der fordert, ganz auf <strong>die</strong> Zuzahlungen<br />

zu verzichten. Probleme werden<br />

insbesondere auch im Bereich<br />

der Ob<strong>da</strong>chlosenhilfe gesehen.<br />

Ausführlicher Bericht Seite 4


Seite 2 V ERMISCHTES & BERLIN-KOLUMNE � Eppendorfer 2 / 2004<br />

A<br />

BRIEF AUS DER HAUPTSTADT<br />

* * *<br />

n den Berliner Gummibären<br />

wird im Moment<br />

tüchtig herumgezogen.<br />

Mal straight nach oben – wir kommen<br />

ganz groß raus – und <strong>da</strong>nn<br />

wieder nach unten in <strong>da</strong>s Jammerloch.<br />

Sie <strong>sind</strong> schon ganz derangiert.<br />

Alle großen Musikkonzerne<br />

kommen nach Berlin, <strong>die</strong> Werbeagenturen,<br />

<strong>die</strong> Banken, <strong>die</strong> Diplomaten,<br />

<strong>die</strong> Betrüger, <strong>die</strong> Politiker<br />

und <strong>die</strong> Journalisten und <strong>die</strong> Abzocker<br />

und <strong>die</strong> Agenten und Agen-<br />

Impressum<br />

Vitanas GmbH & Co. KGaA<br />

Betriebsstätte Koog-Haus<br />

Zweckbetrieb Eppendorfer<br />

Koogstr. 32<br />

25541 Brunsbüttel<br />

Tel.: 04852 / 96 50-0<br />

Fax: 04852 / 96 50-65<br />

Internet:<br />

www. eppendorfer.de bzw.<br />

www. koog-haus.de<br />

e-mail: Koog-Haus@t-online.de<br />

Herausgeber: Matthias Sommer,<br />

Vitanas Sozialpsychiatrisches<br />

Centrum Koog-Haus &<br />

Jörg Hemmersbach,<br />

psychatrium GRUPPE (ViSdP)<br />

Re<strong>da</strong>ktionsleitung, Organisation<br />

Gestaltung und Produktion:<br />

Anke Hinrichs (hin)<br />

Re<strong>da</strong>ktionsbüro NORDWORT<br />

Große Brunnenstr. 137<br />

22763 <strong>Hamburg</strong><br />

Tel.: 040 / 41358524<br />

Fax: 040 / 41358528<br />

e-mail: ahhinrichs@aol.com<br />

Mitarbeiter <strong>die</strong>ser Ausgabe:<br />

Doris Brinkmann,<br />

Ilse Eichenbrenner, Michael<br />

Freitag (frg), Werner Hajek (wh),<br />

Annemarie Heckmann (heck),<br />

Hans-Dieter Hellmann (hdh),<br />

Werner Loosen (wl), Michael<br />

Rahn (mi), Jens Riedel,<br />

Christina Will-Bruhn (cwb)<br />

Fachbeirat:<br />

Dr. Klaus Behrendt (Sucht)<br />

Dr. Charlotte Köttgen<br />

(Kinder- und Jugendpsychiatrie)<br />

Dr. Arndt Michael Oschinsky<br />

(Fachkliniken)<br />

Dr. Claus Wächtler<br />

(Gerontopsychiatrie)<br />

Druck: Beig-Verlag, Pinneberg<br />

Es gilt <strong>die</strong> Anzeigenpreisliste 8/01.<br />

Der Eppendorfer erscheint<br />

monatlich und kostet jährlich<br />

27, 60 Euro<br />

Für unverlangt eingesandte<br />

Manuskripte und Fotos wird<br />

keine Gewähr übernommen.<br />

turen und neuerdings auch <strong>die</strong> Modefreaks.<br />

„Bread & Butter“ hieß eine<br />

angesagte Modemesse letzte<br />

Woche, natürlich wieder mal in irgend<br />

einer völlig abgefahrenen Location,<br />

einem ehemaligen Umspannwerk<br />

weit draußen in Span<strong>da</strong>u.<br />

Am Pots<strong>da</strong>mer Platz und am<br />

Gen<strong>da</strong>rmenmarkt eröffnen ständig<br />

neue Edelabsteigen, sogar <strong>da</strong>s Ritz!<br />

hat hierhergefunden und letzte Woche<br />

schon ein bisschen gebrannt. An<br />

den Wochenenden laufen wir mit<br />

tränenden Augen rum, drücken <strong>die</strong><br />

kalten Nasen<br />

beim Doorman<br />

platt und<br />

schnüffeln<br />

Trüffelabluft<br />

aus der Ventilation.<br />

Geil! Ja, Berliner<br />

U<br />

müsste man sein.<br />

Die Berlin-Kolumne<br />

im Eppendorfer<br />

nser Finanzsenator Thilo<br />

Sarrazin, den ich neulich<br />

tatsächlich ohne Body-<br />

guards am Reichstag herumschlendern<br />

sah, versucht momentan <strong>die</strong><br />

letzten Reserven aus den gebeutelten<br />

Berlinern herauszuquetschen.<br />

Er hat hervorragende Argumente:<br />

Vielleicht hat sich auch nach Eppendorf<br />

herumgesprochen, <strong>da</strong>ss<br />

Berlin eine Verfassungsklage gegen<br />

den Bund auf Zahlung von Sanierungshilfen<br />

eingereicht hat. Wir<br />

brauchen Knete! Wir wollen Mäuse!<br />

Her mit dem Schotter! Für unseren<br />

irren Angeberjob als Superregierungsmetropolenkapitalebenötigen<br />

wir dicke Klunker und dralle<br />

Hintern. Damit aber Thilo Sarrazins<br />

Bread & Butter<br />

Klage überhaupt eine Chance hat,<br />

muss er nachweisen, <strong>da</strong>ss unsere<br />

Taschen total, wirklich ratzekahl<br />

leer <strong>sind</strong>. Also kramt er bei allen<br />

Bezirken, in allen Ressorts herum,<br />

und stülpt <strong>die</strong> Taschen nach außen<br />

und wirft auch noch den letzten<br />

Krümel in <strong>die</strong> Berliner Geldvernichtungsmaschine.<br />

Das Sozialticket<br />

für den öffentlichen Nahverkehr<br />

schmerzt <strong>die</strong> Klienten und uns<br />

Sozialarbeiter am meisten, aber<br />

auch <strong>die</strong> kleinen Kulturprojekte,<br />

Jugendbildungsstätten,Stadtteilinitiativen<br />

und Seni-<br />

D<br />

orenclubs schluchzen.<br />

Schwarzbrot! Schwarz<br />

brot! Mehr soll es<br />

nicht mehr geben, <strong>da</strong>mit<br />

<strong>die</strong> dicke fette But-<br />

ter von oben endlich tropfen kann.<br />

ie Zeitung, <strong>die</strong> ich zu meiner<br />

Butterstulle lese,<br />

ist voll mit schlechten<br />

Botschaften. Oder doch nicht?<br />

Die 14 000 Mitarbeiter unseres<br />

<strong>Klinik</strong>konzerns Vivantes dürfen<br />

jetzt abstimmen, ob sie auf Gehalt<br />

verzichten wollen oder lieber<br />

auf den sicheren Arbeitsplatz.<br />

Eine gute Wahl, finde ich.<br />

Michael Naumann soll 9000 Euro<br />

zahlen, weil er in einer Talkshow<br />

einen in Berlin nicht besonders<br />

beliebten Staatsanwalt in<br />

der Angelegenheit Friedmann<br />

als „durchgeknallt“ bezeichnet<br />

hat. Ausführlich und leidenschaftlich<br />

soll sich <strong>da</strong>s Gericht<br />

mit der Frage beschäftigt haben,<br />

ob „total durchgeknallt“ ein völ-<br />

* * *<br />

lig normaler Begriff für „irre“ oder<br />

eine abgrundtiefe Beleidigung ist.<br />

Ich finde, <strong>da</strong>s ist ein Fall für <strong>die</strong> Anti-Stigma-Bewegung.<br />

Naumann hat<br />

<strong>da</strong>s Urteil nicht akzeptiert, und so<br />

wird <strong>die</strong> Affäre „Durchgeknallt“<br />

demnächst in <strong>die</strong> zweite Instanz gehen.<br />

Hiermit rufe ich auf: Die Seelenpresse,<br />

den Irrtu®m, den Bunten<br />

Spleen und alle anderen betroffenen<br />

Organe aus <strong>Hamburg</strong>, Leipzig<br />

und Lillytown, einen engagierten<br />

Reporter zum Prozess nach Berlin<br />

zu schicken. Endlich werden wir<br />

berühmt, endlich können <strong>die</strong> Nobelherbergen<br />

ihre Betten belegen.<br />

Butterbrot gibt's gratis,verspricht<br />

Eichenbrenner/<br />

Charlottenburg und grüßt alle „Eppendorfer“.<br />

„IM Berlin“<br />

„Under-cover“-Beobachtungen<br />

aus Berlin<br />

liefert: Ilse Eichenbrenner,<br />

Jg. 1950, Verfasserin<br />

diverser<br />

ernsthafter und satirischer<br />

Beiträge zur Sozialen<br />

Arbeit, Kolumnistin<br />

des „Filmknäcke“<br />

in der „Sozialen<br />

Psychiatrie“ und<br />

nicht zuletzt Mitarbeiterin<br />

des SozialpsychiatrischenDienstesBerlin-Charlottenburg.<br />

Treffpunkt Eisenbahnwaggon<br />

Ungewöhnliches sozialintegratives Projekt in Glückstadt<br />

Glückstadt (mi). Wenn viele<br />

Hände zugreifen, lässt sich auch in<br />

Zeiten finanzschwacher öffentlicher<br />

Kassen einiges bewegen. Diese Erfahrung<br />

machen derzeit <strong>die</strong> Initiatoren<br />

eines Eisenbahncafés im Kreis<br />

Steinburg. Mehrere Einrichtungen<br />

haben sich zusammengeschlossen,<br />

um innerhalb eines Jahres auf dem<br />

Gelände der Glückstädter Werkstätten<br />

eine sozial-integrative Begegnungsstätte<br />

zu schaffen.<br />

Ursprünglich suchten <strong>die</strong> Aktiven<br />

des Vereins „Freund der Marschbahn<br />

Glückstadt“ nur einen Stellplatz<br />

für eine Diesellok. Da <strong>die</strong><br />

Gruppe häufig mit den Werkstätten,<br />

<strong>die</strong> von der Norddeutschen Gesellschaft<br />

für Diakonie getragen werden,<br />

zusammenarbeitet, war man<br />

sich schnell einig und erweiterte <strong>da</strong>s<br />

Konzept.<br />

Zur schmucken Ausstellungslok<br />

kauften <strong>die</strong> Werkstätten noch zwei<br />

alte Waggons, und zwar nicht nur<br />

zum Anschauen sondern als Treffpunkt.<br />

So fehlten nur noch <strong>die</strong>jenigen,<br />

<strong>die</strong> <strong>da</strong>s Vorhaben als Handwerker<br />

in <strong>die</strong> Tat umsetzen. Für <strong>die</strong>sen<br />

Bereich sprang <strong>die</strong> örtliche Agentur<br />

für Arbeit ein: Sie vermittelt und finanziert<br />

bis zu acht Jugendliche und<br />

Heranwachsende, <strong>die</strong> auf dem ersten<br />

Arbeitsmarkt noch keine Chance erhalten<br />

haben.<br />

Glückstadts Agentur-Chef Gunnar<br />

Fritsche erklärt <strong>die</strong> Gründe für <strong>da</strong>s<br />

Engagement: „Wir können <strong>die</strong> jungen<br />

Leute so an den Arbeitsalltag<br />

heranführen, ohne sie zu überfordern.<br />

Außerdem können sie <strong>die</strong> Ergebnisse<br />

ihrer Arbeit sofort sehen.“<br />

Die Aufgaben <strong>sind</strong> vielfältig: Es fallen<br />

sowohl Schlosser-, als auch<br />

Elektro-, Klempner-, Tischler- und<br />

Malerarbeiten an.<br />

Darüber hinaus werden behinderte<br />

Beschäftigte der Werkstätten an <strong>da</strong>s<br />

Projekt Hand anlegen. Gruppenleiter<br />

aus der Werkstatt sollen <strong>die</strong> Jugendlichen<br />

fachlich anleiten. Um <strong>die</strong><br />

Regie des Projekts will sich der Architekt<br />

Pieter Dubbel<strong>da</strong>mm kümmern<br />

– „ehrenamtlich“, wie er bei<br />

der Vorstellung des Vorhabens versicherte.<br />

Wenn alles klappt, übernimmt der<br />

Heimbeirat der Wohnstätten <strong>da</strong>s Eisenbahncafé.<br />

Gemeinsam mit den<br />

Erziehern wird der Betrieb organisiert.<br />

Emanuel Gaenslen, Gesamtleiter<br />

für <strong>die</strong> 420 Beschäftigten in den<br />

Werkstätten und <strong>die</strong> Wohnungen für<br />

160 Mitarbeiter, äußert sich erfreut:<br />

„Wir haben mit <strong>die</strong>sem Projekt<br />

gleich mehrere Ziele erreicht: Die<br />

jungen Leute haben eine sinnvolle<br />

Aufgabe, unsere behinderten Beschäftigten<br />

lernen neue Arbeitsfelder<br />

kennen, und <strong>die</strong> historischen<br />

Fahrzeuge bleiben erhalten.“<br />

Meldungen<br />

„Innovatio“-Preis<br />

für Sprechstunde<br />

<strong>Hamburg</strong> (rd). Die vom Diakonischen<br />

Werk <strong>Hamburg</strong> und dem Sozial<strong>die</strong>nst<br />

des <strong>Klinik</strong>ums Nord betriebene<br />

psychiatrische Sprechstunde für<br />

wohnungslose Menschen in der Tagesaufenthaltsstätte<br />

(TAS) in Eimsbüttel<br />

hat als eines der zehn innovativsten<br />

sozialen Projekte in Deutschland einen<br />

„innovatio-Preis“ erhalten. Bundesweit<br />

hatten sich rund 230 Projekte beworben.<br />

Das Preisgeld in Höhe von<br />

500 Euro wird von der „Bruderhilfe<br />

Pax Familienfürsorge“ und der HUK-<br />

Coburg gestiftet.<br />

Holst klagt auf<br />

Ehevollzug<br />

<strong>Hamburg</strong> (rd). „Heidemörder“<br />

Thomas Holst beschäftigt einmal<br />

mehr <strong>die</strong> Gerichte: Der als nicht therapierbar<br />

geltende Patient des <strong>Hamburg</strong>er<br />

Maßregelvollzugs klagt gegen <strong>die</strong><br />

Leitung des <strong>Klinik</strong>ums Nord auf Vollzug<br />

seiner Ehe im so genannten Intimraum<br />

des Hauses 18. Zuvor hatten <strong>die</strong><br />

Leitung des Maßregelvollzugs wie<br />

auch der Ärztliche Direktor einen Antrag<br />

Holsts auf ungestörte intime Stunden<br />

mit seiner Frau, seiner ehemaligen<br />

Betreuerin und Fluchthelferin, abgelehnt.<br />

Zur Begründung wird laut einem<br />

Bericht der „Welt“ nicht ausgeschlossen,<br />

<strong>da</strong>ss bei einem nicht beobachteten<br />

Treffen für <strong>die</strong> Ehefrau akute<br />

Gefahr „für Leib und Leben“bestehe.<br />

Ebenso sei nicht ausgeschlossen, <strong>da</strong>ss<br />

<strong>da</strong>s Paar erneut flüchten könnte. Ein<br />

unbewachter Vollzug der Ehe könne<br />

<strong>da</strong>her nicht genehmigt werden, ein bewachter<br />

Ehevollzug sei <strong>Klinik</strong>-Mitarbeitern<br />

nicht zuzumuten. Das Oberlandesgericht<br />

hielt <strong>die</strong> Stellungnahme der<br />

<strong>Klinik</strong> für nicht ausreichend, weshalb<br />

nun erneut <strong>da</strong>s Landgericht zusammentreten<br />

muss.<br />

Dienste werden<br />

konzentriert<br />

<strong>Hamburg</strong> (rd). In <strong>Hamburg</strong>-<br />

Barmbek entsteht ein neues behördliches<br />

Dienstleistungszentrum für behinderte<br />

Menschen. In dem Gebäude<br />

am Barmbeker Markt 22 und in dem<br />

gegenüberliegenden Haus in der Maurienstraße<br />

3 werden <strong>die</strong> bislang an verschiedenen<br />

Standorten untergebrachten<br />

Dienststellen der Abteilung „Landes<strong>die</strong>nste<br />

Soziale Hilfen und Leistungen“<br />

konzentriert, <strong>da</strong>runter ein<br />

sozialpä<strong>da</strong>gogischer Fach<strong>die</strong>nst, der<br />

Eingliederungsmaßnahmen vermittelt,<br />

sowie der sozialhilferechtliche Fach<strong>die</strong>nst,<br />

der Angebote der Eingliederungshilfe<br />

und zur Pflege prüft und bewilligt.<br />

Flüchtlingsleid<br />

Gewalterfahrung<br />

<strong>Hamburg</strong> (rd). „Mehr als ein Fünftel<br />

der Flüchtlinge, <strong>die</strong> sich in<br />

Deutschland befinden, haben leichte<br />

bis schwere Gewalt erlitten. Gravierende<br />

psychische Probleme aber auch<br />

Vertrauensverlust <strong>sind</strong> nicht selten <strong>die</strong><br />

Folgen einer unmittelbaren Bedrohung<br />

mit dem Tod und des Erlebens<br />

der eigenen Ohnmacht.“ Mit <strong>die</strong>sen<br />

Worten eröffnete Staatssekretär Horst-<br />

Dieter Fischer <strong>die</strong> Bilderausstellung<br />

„Gewalt auch im Herzen Europas“ im<br />

Sozialministerium in Kiel. Veranstaltet<br />

von dem Flüchtlingshilfsverein „Refugio“<br />

zeigt <strong>die</strong> Berliner Künstlerin Keike<br />

Twisselmann dort noch bis 13. Februar<br />

Bilder zum Thema Folter und<br />

Gewalt.


� Eppendorfer 2 / 2004<br />

å<br />

K<br />

inderkrankenhaus <strong>Hamburg</strong>-Altona.<br />

Im Spielzim-<br />

mer der Chirurgischen<br />

Station wird operiert, was der Elefantenrüssel<br />

hergibt. Da werden<br />

Spritzen gegeben, Seifenblasen-<br />

Bakterien vernichtet und knallbunte<br />

Blumen gezaubert. Frau Prof. Prof.<br />

Dr. Dr. Piccolina Hosenstock und ihr<br />

etwas schusseliger Assistent „Pölli“<br />

machen heute Nachmittag <strong>die</strong> Visite.<br />

<strong>Hurra</strong>, <strong>die</strong> <strong>Klinik</strong>-<strong>Clowns</strong> <strong>sind</strong> <strong>da</strong>!<br />

Bettina Natho und Kristina A.<br />

Müller wissen genau, was <strong>die</strong> kleinen<br />

Patienten mögen. Schon bald ertönt<br />

fröhliches Lachen. Und ein anfänglich<br />

ernster, blasser Junge läuft<br />

auf zur Höchstform. „Könnt ihr<br />

Handstand?“, fragt er schließlich.<br />

Die <strong>Clowns</strong> verneinen – und schon<br />

macht der Knirps einen Handstand,<br />

der sich gewaschen hat. Applaus.<br />

„Mein Papa sagt auch immer, du<br />

musst zum Zirkus“, sagt er, der Stolz<br />

steht ihm ins nun rosige Gesicht geschrieben.<br />

Positive Gefühle und Erlebnisse<br />

vermitteln, von Schmerzen und<br />

Angst ablenken – <strong>da</strong>s <strong>sind</strong> wichtige<br />

Ziele der <strong>Klinik</strong>-<strong>Clowns</strong>. „Bei den<br />

Nummern der <strong>Clowns</strong> geht es um<br />

Spaß und Unterhaltung, aber auch<br />

um <strong>die</strong> konkrete Förderung der Gesundheit.<br />

Lachen stärkt <strong>da</strong>s Immunsystem<br />

und <strong>die</strong> Lebensfreude. Wir<br />

spielen mit dem Gesunden im Kind<br />

und versuchen <strong>da</strong>s zu stärken“, sagt<br />

Bettina Natho, Vorsitzende der <strong>Klinik</strong>-<strong>Clowns</strong><br />

<strong>Hamburg</strong> e. V.. Wie sie,<br />

<strong>sind</strong> auch einige andere Vereinsmitglieder<br />

als Spaßmacher aktiv. Die<br />

Vereinsarbeit wurde bislang aus eigenen<br />

Mitteln finanziert, vieles läuft<br />

auch ehrenamtlich. Die Honorare für<br />

<strong>die</strong> <strong>Clowns</strong>-Visiten zahlen <strong>die</strong> Einrichtungen<br />

– oftmals aus Spenden<br />

oder Stiftungsgeldern. „Wir wollen<br />

unsere Öffentlichkeitsarbeit intensivieren,<br />

um Spender und Sponsoren<br />

zu gewinnen, <strong>da</strong>mit wir unsere Visiten<br />

ausweiten können. Auch Materialspenden<br />

<strong>sind</strong> willkommen“, so <strong>die</strong><br />

Vereinsvorsitzende. Gerade kranke<br />

Kinder freuen sich riesig über ein<br />

kleines Geschenk.<br />

Die Bewegung der <strong>Klinik</strong>-<strong>Clowns</strong><br />

wurde 1986 von dem amerikanischen<br />

Arzt und Clown Patch A<strong>da</strong>ms<br />

ins Leben gerufen. Heute bringen<br />

<strong>Clowns</strong> in vielen Ländern Spaß und<br />

Freude in Krankenhäuser und Altenpflegeheime<br />

– in der Schweiz und<br />

England sogar als Angestellte! In<br />

Deutschland <strong>sind</strong> mehr als 150 <strong>Klinik</strong>-<strong>Clowns</strong><br />

im Einsatz. Tendenz<br />

steigend.<br />

Überhaupt ist <strong>die</strong> Figur des <strong>Clowns</strong><br />

ein wunderbarer „Türöffner“. Etwa<br />

in der Heilpä<strong>da</strong>gogik mit behinderten<br />

Kindern. Und im saarländischen<br />

Homburg bringen zwei <strong>Clowns</strong> nach<br />

dem Motto „Ein bisschen Theater ist<br />

<strong>die</strong> beste Medizin“ seit nunmehr vier<br />

Jahren Leben in <strong>die</strong> Kinder und Jugendpsychiatrie.<br />

So können <strong>die</strong><br />

Langzeitpatienten den <strong>Klinik</strong>alltag<br />

mal für eine Weile vergessen. Die<br />

jungen Patienten <strong>sind</strong> depressiv, gewalttätig,<br />

leiden an Magersucht oder<br />

<strong>sind</strong> suizidgefährdet. Wie gut, <strong>da</strong>ss es<br />

<strong>die</strong> „Zirkustherapie“ gibt. Die Kids<br />

können zaubern, Einrad fahren und<br />

über Scherben laufen. Tolle Therapie-<br />

Erfahrungen, <strong>die</strong> ihr Selbstbewusstsein<br />

stärken und ihnen <strong>die</strong> Kraft geben,<br />

wieder gesund zu werden.<br />

Zurück zu den <strong>Klinik</strong>-<strong>Clowns</strong> in<br />

<strong>Hamburg</strong>. Vereinsmitglied Silvia Maria<br />

Lingemann und ihr sprechender<br />

Plüsch-Löwe Leo („Tiere wecken<br />

Emotionen“) besuchen regelmäßig<br />

<strong>die</strong> Dementen im Hospital zum Hei-<br />

BLICKPUNKT: HUMOR IN DER PFLEGE Seite 3<br />

<strong>Hurra</strong>, <strong>die</strong> <strong>Klinik</strong>-<strong>Clowns</strong> <strong>sind</strong> <strong>da</strong>!<br />

Ob im Kinderkrankenhaus oder im Altenheim – Humor und Lachen erheitern den Pflege-Alltag<br />

å<br />

achen ist uns angeboren,<br />

Ldoch so manchem ist <strong>da</strong>s Lachen<br />

verloren gegangen. Während<br />

Kinder etwa 400-mal täglich lachen,<br />

tun Erwachsene es durchschnittlich<br />

nur noch 15-mal täglich<br />

– und Depressive so gut wie nie.<br />

Dabei ist Lachen <strong>die</strong> beste Medizin<br />

für Körper und Seele, wie <strong>die</strong><br />

Gelotologen (Lachforscher) herausgefunden<br />

haben. Bis zu 300<br />

verschiedene Muskeln werden bei<br />

einem einzigen Lachvorgang aktiviert<br />

und im Anschluss entspannt.<br />

Kaum zu glauben: Eine Minute<br />

kräftiges Lachen hat den Effekt von<br />

45 Minuten Entspannungstraining.<br />

Lachen fördert zudem den Heilungsprozess<br />

bei Krankheiten,<br />

stoppt <strong>die</strong> Produktion von Stresshormonen,<br />

kurbelt <strong>die</strong> Ausschüttung<br />

von Glückshormonen (Endorphinen)<br />

an, stärkt <strong>da</strong>s Immunsystem,<br />

aktiviert und stärkt <strong>da</strong>s Herz-<br />

Kreislauf-System, lässt <strong>die</strong> Zahl<br />

natürlicher Killerzellen im Körper<br />

ansteigen, befreit <strong>die</strong> Atemwege,<br />

regt den Stoffwechsel an...<br />

Lachen und eine humorvolle Haltung<br />

können sich aber auch positiv<br />

auf den Alltag auswirken: Lachen<br />

ist ansteckend, knüpft Kontake,<br />

kann Kommunikation verbessern<br />

und (familiäre) Spannungen entschärfen.<br />

Und: „Arbeitssituationen<br />

erfahren durch ein Lachen, Lächeln<br />

Lachen ist gesund!<br />

oder Humor neue Lebendigkeit –<br />

vorausgesetzt, <strong>die</strong> Dosis und der<br />

Zeitpunkt stimmen“, sagt Silvia<br />

Maria Lingemann. Die quirlige<br />

Kunsttherapeutin muss es wissen.<br />

Seit mehr als zwei Jahren tritt sie<br />

als Clownin auf, macht Humor- und<br />

Kreativtrainings, hält Kurse ab zum<br />

Thema „Humor in der Pflege“.<br />

„Die Arbeit im Krankenhaus, Alten-<br />

oder Pflegeheim ist oft bedrückend.<br />

Mitarbeiter fühlen sich<br />

häufig erschöpft oder gar ausgebrannt,<br />

und so verschwinden Humor<br />

und Leichtigkeit in der Arbeit<br />

und letztlich auch in der Freizeit“,<br />

so Silvia Maria Lingemann.<br />

Ähnliche „Betriebs-Störungen“<br />

<strong>sind</strong> auch in den vielen anderen<br />

Branchen zu finden. Alles Fälle für<br />

Humortrainerin Lingemann. Themen<br />

ihrer Kurse <strong>sind</strong>: Humor als<br />

Haltung, Aufspüren von komischen<br />

Situationen im Berufsalltag, Aktivierung<br />

und Belebung des eigenen<br />

Körpers, humorfördernde Übungen<br />

wie z. B. Lachyoga – eine Kombination<br />

aus traditioneller Atemübung<br />

und künstlichem Lachen.<br />

Mitte der 90-er Jahre entwickelte<br />

der indische Arzt Dr. Ma<strong>da</strong>n Kataria<br />

<strong>die</strong> Methode, <strong>die</strong> eine zunächst<br />

vorgetäuschte Heiterkeit mit etwas<br />

Übung in echten Frohsinn verwandelt.<br />

Sein Ansatz: Wenn Lachen<br />

tatsächlich gesund ist, <strong>da</strong>nn müsste<br />

Bringen Kinder im Krankenhaus<br />

zum Lachen und lenken<br />

sie spielerisch von ihrer Krankheit<br />

und ihren Ängsten ab: <strong>die</strong><br />

<strong>Klinik</strong>-<strong>Clowns</strong> Bettina Natho<br />

und Silke Mühlenstedt (l.)<br />

Fotos: Anja Beutler<br />

ligen Geist im Alstertal. Heute steht<br />

Putzen auf dem Programm. Nicht<br />

besonders aufregend, wenn <strong>da</strong> nicht<br />

der schwarze Fleck an der Zimmerdecke<br />

des Gruppenraums wäre. Was<br />

tun? „Steig doch auf den Stuhl“, rät<br />

eine grauhaarige Dame nach einigem<br />

Überlegen. „Ja, so wirds gemacht.“<br />

„Na, nun mal los!“ Eine<br />

fröhliche Stimmung keimt auf. Zumal<br />

es natürlich gar nicht so einfach<br />

ist, den Stuhl zu erklimmen... Eine<br />

alte Dame flirtet höchst vergnügt mit<br />

der entzückenden Handpuppe Leo.<br />

Die anderen amüsierts, Erinnerungen<br />

werden wach. Und als Leo<br />

schließlich ein Liedchen anstimmt,<br />

singen alle begeistert mit. Nur ein<br />

Mann, der teilnahmslos am Rand<br />

Voll im Trend: Humortraining und Lach-Yoga<br />

man <strong>die</strong>se „Medizin“ bewusst zu<br />

sich nehmen können wie eine Pille.<br />

Lachclubs, in denen <strong>die</strong> Menschen<br />

nach Katarias Methode prusten,<br />

gackern und kichern, gibts bereits<br />

in mehr als 40 deutschen Städten.<br />

Na, heute schon gelacht? (cwb)<br />

Kontaktadressen: Silvia Maria Lingemann,<br />

Anime –Werkstatt für Kreativität<br />

und Humor, Onckenstr. 11, 22607<br />

<strong>Hamburg</strong>, Telefon: 040-86690774,<br />

www.anime-humorwerkstatt.de, email:<br />

silvia.lingemann@t-online.de<br />

Verband der deutschen Lach-Yoga-<br />

Therapeuten e. V. , Hohenstaufenring<br />

30-32, 50674 Köln, Telefon:<br />

0221/01647-128, Fax:–123, www.hohohaha.de<br />

Lacht immer wieder für ihr Leben<br />

gern: Clownin und Humortrainerin<br />

Silvia Maria Lingemann.<br />

Foto: cwb<br />

sitzt, bleibt in seiner Welt.<br />

Wer bettlägerig ist, wird auf dem<br />

Zimmer „erheitert“. Selbstverständlich<br />

nur, wenn es erwünscht ist. „Der<br />

Clown ist wie alle anderen Therapiemittel<br />

nicht für jeden geeignet“, sagt<br />

Charlotte Helmke. Die Leiterin des<br />

Dementen-Bereichs im Hospital<br />

zum Heiligen Geist ist froh, <strong>da</strong>ss <strong>die</strong><br />

<strong>Klinik</strong>-<strong>Clowns</strong> – auch Bettina Natho<br />

ist mit von der Partie – in <strong>die</strong> Einrichtung<br />

kommen.<br />

Besonderheiten, <strong>die</strong> bei einzelnen<br />

Bewohnern unbedingt zu berücksichtigen<br />

<strong>sind</strong>, werden in einer Kladde<br />

festgehalten – eine große Hilfe<br />

für <strong>die</strong> Spaßmacher. „Der Erfolg unserer<br />

Arbeit in Krankenhäusern und<br />

Pflegeheimen hängt <strong>da</strong>von ab, ob sie<br />

å<br />

vom Personal akzeptiert und unterstützt<br />

wird“, sagt Silvia Maria Lingemann.<br />

„Sind wir erwünscht, ist es<br />

für alle Beteiligten eine tolle Sache.“<br />

Lebenselixier Lachen. Einfach<br />

sensationell, was <strong>da</strong>s Lachen im<br />

menschlichen Körper so alles bewirkt<br />

(siehe Kasten). Die Gelotologie,<br />

wie <strong>die</strong> Wissenschaft vom Lachen<br />

heißt, befasst sich mit den positiven<br />

Effekten des Lachens. Begründet<br />

wurde <strong>die</strong> wissenschaftliche<br />

Disziplin Anfang der 60-er Jahre<br />

von William F. Fry von der Stanford<br />

University in Kalifornien. Humor ist<br />

nicht zwingend so ausdrucksstark<br />

wie <strong>da</strong>s Lachen, aber genauso heilsam.<br />

Kein Wunder also, <strong>da</strong>ss Humor<br />

und Lachen in der Pflege zunehmend<br />

ernst genommen werden. <strong>Klinik</strong>-Clownerie<br />

ist nur ein Weg, für<br />

ein prima Klima in der Pflege zu<br />

sorgen. Auch <strong>die</strong> Mitarbeiter <strong>sind</strong><br />

gefragt. Sie sollten ihren eigenen<br />

Humoransatz erforschen und sehen,<br />

welche witzigen Ideen von ihnen<br />

entwickelt und umgesetzt werden<br />

können. Allerdings: Humor und Lachen<br />

dürfen nicht aufgezwungen<br />

werden – weder den Patienten noch<br />

den Mitarbeitern.<br />

Risiken, Nebenwirkungen? „Damit<br />

niemandem <strong>da</strong>s Lachen im Halse<br />

stecken bleibt, muss mit Humor<br />

und Lachen in der Pflege äußerst<br />

sensibel und verantwortungsvoll<br />

umgegangen werden“, sagt Silvia<br />

Maria Lingemann.<br />

Christina Will-Bruhn<br />

Kontakt: <strong>Klinik</strong>-<strong>Clowns</strong> <strong>Hamburg</strong><br />

e.V. Tel.: 040-28802811, Fax: 040-<br />

28802817, e-mail: office@<strong>Klinik</strong>-<strong>Clowns</strong>-<strong>Hamburg</strong>.de,<br />

www. <strong>Klinik</strong>-<strong>Clowns</strong>-Hamurg.de<br />

Zum Weiterlesen<br />

Kein Witz: Empfehlenswerte Bücher<br />

as ist eigentlich Humor? Wie<br />

Wkönnen Humor und Lachen<br />

sinnvoll in <strong>die</strong> Pflege und in <strong>die</strong> Curricula<br />

der Pflegeausbildung integriert<br />

werden? Einen guten theoretischen<br />

Hintergrund zu <strong>die</strong>sem Themenkomplex<br />

liefert <strong>da</strong>s Buch „Humor<br />

im therapeutischen Prozess“<br />

von Eckhard Lotze. Detailliert zeigt<br />

der Pflegewissenschaftler auf, <strong>da</strong>ss<br />

Humor und Lachen in der Pflege als<br />

„rezeptfreies“ Therapeutikum fast so<br />

etwas wie ein absolutes Muss ist.<br />

Denn: Humor ist <strong>da</strong>zu geeignet, <strong>die</strong><br />

Beziehung zwischen Pflegenden und<br />

Pflegeempfängern neue Qualität zu<br />

verleihen und sie so potentiell zu<br />

verbessern.<br />

Eckhard Lotze: „Humor im therapeutischen<br />

Prozess – Dimensionen, Anwendungsmöglichkeiten<br />

und Grenzen<br />

für <strong>die</strong> Pflege“, Mabuse Verlag, Frankfurt<br />

am Main 2003, 153 Seiten, 18,00<br />

Euro, ISBN 3-935964-19-6.<br />

***<br />

Schon allein der Titel macht Lust<br />

aufs Lesen. „Das kann ja heiter werden“<br />

heißt <strong>da</strong>s Werk, <strong>da</strong>s <strong>die</strong><br />

Schweizer Humorfachfrau Iren Bischofberger<br />

herausgegeben hat. Die<br />

ersten 2500 gedruckten Exemplare<br />

waren denn auch schnell ausverkauft.<br />

Zum Glück gibts eine 2. Auflage!<br />

Humor eignet sich für Menschen<br />

in der Akut-, Langzeit-, Rehabilitations-<br />

wie auch der Palliativver-<br />

sorgung. „Das Buch vereint wichtige<br />

Konzeptbausteine, innovative Projekte<br />

zu Humor in der Pflege sowie<br />

Reflexionen zu heiteren Situationen<br />

rund um Krankheit und Alter“, so <strong>die</strong><br />

Herausgeberin. Eine gelungene, eine<br />

hilfreiche Übersicht.<br />

Iren Bischofberger (Hrsg.): „Das<br />

kann ja heiter werden – Humor und Lachen<br />

in der Pflege“, Hans Huber Verlag,<br />

Bern 2002, 288 Seiten, 26,95 Euro, ISBN<br />

3-456-83831-X.<br />

***<br />

Mit viel Herzblut geschrieben, mit<br />

viel Einfühlungsvermögen fotografiert.<br />

Die Fotografin Anja Doehring<br />

und der Schriftsteller und Journalist<br />

Ulrich Renz geben mit ihrem Buch<br />

„Was ich mir wünsche ist ein<br />

Clown“ einen Einblick in <strong>die</strong> Arbeit<br />

der <strong>Klinik</strong>clowns auf der Kinderstation<br />

– mit allen Höhen und Tiefen. In<br />

bebilderten Reportagen erlebt der<br />

Leser fast spürbar <strong>die</strong> Begegnung<br />

zwischen den <strong>Clowns</strong> und „ihren“<br />

Kindern. Fakten und Hintergrundinfos<br />

über <strong>die</strong> Bewegung der <strong>Klinik</strong>clowns<br />

werden gegeben, einzelne<br />

Initiativen vorgestellt sowie Fortbildungsmöglichkeiten<br />

für <strong>Klinik</strong>clowns<br />

genannt.<br />

Anja Doehring, Ulrich Renz: „Was<br />

ich mir wünsche ist ein Clown – <strong>Klinik</strong>clowns<br />

auf der Kinderstation“, Beltz<br />

Verlag 2003, 128 Seiten, 19,90 Euro,<br />

ISBN 3-407-55884-8.

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