Abb. 5: Auszugsweise Abschrift einer eidesstattlichen Erklärung von Erwin Säzler zur Person Richard G. Spöcker, 1948, Archiv JuliusRiemer92
„Die Tätigkeit im abgelaufenen Jahre gliederte SPÖCKER in zwei Hauptteileund zwar in die Verwaltungsarbeit und in die wissenschaftliche Arbeit.Während erstere, behindert durch Gesetze und Verordnungen derMilitärregierung, wenig ersprießlich war, sei das Ergebnis der wissenschaftlichenArbeit, das zum Teil aus den Mitteilungen bekannt ist, erfreulicher,im Vordergrund der ständigen Bemühungen stand die Lizenzierung derGesellschaft, die trotz unermüdlicher Versuche bis heute noch nicht gelungensei.“ Und weiter: „Die Deutsche Gesellschaft für Karstforschung genießtdurch ihre verwaltungsmäßige Verflechtung mit der NaturhistorischenGesellschaft Nürnberg auf dem Wege über deren Abteilung für Karstforschungim Luitpoldhaus ein stillschweigendes, vertraglich nicht eigens verankertesGastrecht für ihre Geschäftsführung und für die Aufbewahrungund Pflege ihrer Bestände.“ Oder aber im Heft 2/1949 die Aufforderungan diejenigen, die ihre Jahresbeiträge „noch nicht oder nichtvoll überwiesen haben, dies möglichst bald zu tun“, damit „die Herausgabeunserer Zeitschrift gesichert ist.“Das Ende der Deutschen Gesellschaft für KarstforschungDie personelle und räumliche Verflechtung der Deutschen Gesellschaftfür Karstforschung mit der Abteilung für Karstforschungder NHG führte zunehmend zu Unklarheiten undStreitigkeiten. So heißt es im Protokoll der „Jahres-Geschäftssitzung“vom 10. Dezember 1949 der DGfK (offenbar war es nicht möglichgewesen, eine Jahresversammlung abzuhalten): „Unter Berücksichtigungverschiedener Doppel-Mitgliedschaften Abteilung .... undDGfK ..., die noch einer Klärung bedürfen, ist mit 75 zahlenden Mitgliedernzu rechnen...“ Im gleichen Protokoll wird die Frage aufgeworfen,wie lange die DGfK noch das Gastrecht bei der Abteilungfür Karstforschung der NHG Nürnberg haben werde: „Bis jetztgenießt die Deutsche Gesellschaft für Karstforschung noch das Gastrecht beider Abteilung für Karstforschung der Naturhistorischen GesellschaftNürnberg. Ob dies weiterhin der Fall sein wird, wenn er, SPÖCKERseinen Vorsitz bei dieser Abteilung, den er noch inne hat, niederlegen wird?Diese Frage muß angesichts des Verhältnisses Abteilung für Karstforschungund Deutsche Gesellschaft für Karstforschung offen bleiben.“In der Jahreshauptversammlung der Abteilung am 5. Januar 1950scheinen dann die Fetzen geflogen zu sein. Spöcker lehnt eineWiederwahl als Obmann der Abteilung ab. Zimmermann wirdin Personalunion Obmann und Geschäftsführer. Wörtlich heißtes im Protokoll: „Anschließend kommen die Differenzen zwischen Spöckerund Zimmermann bzw. das Verhältnis DGfK - Abt. f. Karstforschungzur Sprache ...“. Vordergründig ging es unter anderem um verlorengegangeneDrahtseilleitern, die Eigentumsrechte an einem Belichtungsmesserund, wie Frau Oßwald dem Erstautor mitteilte,um eine Schreibmaschine. Der Streit war so heftig, dass die Versammlungabgebrochen und erst drei Wochen später zu Endegeführt wurde. Doch dahinter steckte offenbar viel mehr – esging um die Ausrichtung der Vereinsarbeit und den Nachlassvon Dr. Benno Wolf und des alten Hauptverbandes („FrankfurterMaterial“), um dessen Freigabe sich Spöcker lange und intensivbemüht hatte und das seit einiger Zeit nach jahrelangenBemühungen, vielem Hin und Her dezimiert und z.T. stark beschädigt,aber immerhin wieder in Händen der NürnbergerHöhlenforscher war.Die Protokollbücher schweigen zu diesem Punkt und bleiben ander Oberfläche. Sie können nur in Verbindung mit weiterenDokumenten richtig eingeschätzt werden. Glücklicherweise isteinige Korrespondenz von Spöcker zu diesem Thema erhalten.Lassen wir ihn daher selbst sprechen, hier zitiert aus einem Briefan Helmuth Cramer vom 27. Januar 1950: „Wie ich dir schon letzthinkurz berichtete, hat es auf der Jahreshauptversammlung der Abteilung fürKarstforschung Krach gegeben. Nachdem der zweite Teil dieser illustrenVersammlung am vergangenen Donnerstag abermals unter unglaublichenAspekten ablief, hat sich die Kluft zwischen zwei Lagern noch erweitert.Daß ich meinen Posten als Obmann niederlegte weißt du ebenfalls. Grundfür all diese Vorgänge: unqualifiziertes Vorgehen von Zimmermann, Griesund Wohlleben in Sache Frankfurter Material. … Zimmermann undGenossen sind hinter meinem Rücken soweit gekommen, daß das BayerischeLandesamt für Vermögensverwaltung beim Finanzministerium inMünchen eine Entscheidung fällen wird, die der Sektion, bezw. der NaturhistorischenGesellschaft Nürnberg das gesamte Material zuspricht, dasaus Offenbach bezw. Frankfurt nach Nürnberg überführt wurde, wennnicht sofort dagegen eingeschritten wird. … Um vor allem auch die Beständeaus dem Nachlaß Wolf in die Hände der Sektion der Naturhist. Ges.Nbg. zu bringen, wurde an Riemer, den ehemaligen Vorsitzenden desHauptverbandes, ein Ansuchen um Übereignung dieser Vermögenswertean die Sektion gerichtet. Von diesem Schreiben erhielt ich erst viel späterKenntnis. Es erging sich in Diffamierungen und Lügen gegen mich undunter diesem irreführenden Einfluß hat angeblich Riemer eine „Schenkungsurkunde“über das Wolfsche Material an die Abteilung für Karstforschungausgestellt. … Riemer ist m.E. juristisch gar nicht in der Lage, etwas zuverschenken, was einem in Theresienstadt umgekommenen „religiös oderrassisch Verfolgten“ gehörte und inzwischen bereits dem Reich, bezw. derForschungsstätte Pottenstein unterstand.“Am 13. Juli 1950 heißt es anläßlich einer Mitgliederversammlungder Abteilung für Karstforschung: „Verhandlungen mit der DGfKbzw. R.C. Spöcker...“. Im Protokoll einer Mitgliederversammlungvom 12. Oktober 1950 wird dann mitgeteilt: „... wird Zimmermannin einem neuen Schreiben offiziell den Austritt der Abteilung aus derDGfK erklären, unter Betonung des weiteren Interesses an den Veröffentlichungenbesagter Gesellschaft.“Zimmermann schilderte den Vorgang in einem Brief an GustaveAbel, Salzburg, unter dem 12. Dezember 1950 so: „Die neugegründete„Deutsche Gesellschaft für Karstforschung“ ist eine Vereinigungvon Einzelmitgliedern, denen es zum größtenteil nur auf den Erhalt derZeitschrift ankommt. Wir sind, trotzdem wir die Gründer waren, ausgetreten,da Spöcker über die Neugründung seine alte Abteilung in den Hintergrundgestellt hatte, sodaß der größte Teil der Mitglieder bei diesem Kursnicht mehr mithalten wollten, wozu noch für uns der doppelte Beitrag eineRolle spielte. Auch hatte er den Ehrgeiz, in seiner Zeitschrift die hochwissenschaftlichstenProbleme zu erörtern, die dem größten Teil unsererMitglieder zu hoch waren, sodaß kein Interesse an der Zeitschrift bestand.Wie sich die Sache weiterentwickelt, ist noch ungewiss, wir gehen von unseremStandpunkt nicht ab.“ (Brief im Nachlass Gustave Abel, NaturhistorischesMuseum Wien, Karst- und höhlenkundlicheAbteilung).Etwas über ein Jahr später, im Protokoll der Jahreshauptversammlungder Abteilung für Karstforschung vom 24. Januar1952, wird die DGfK mit keinem Wort mehr erwähnt, es findetsich aber ein Vermerk über den Austritt von R.G. Spöcker ausder Abteilung, der er bis dahin über 30 Jahre angehört hatte.Letztlich scheiterte die neue Gesellschaft auch, weil die Begeisterungeiniger weniger, hauptsächlich jedoch R.G. Spöcker, nichtausreichte, um bei den allfälligen Problemen in einem zerstörtenLand einen solchen Verband auf Dauer zu etablieren. Ein Dachverbandmit nur einem oder zwei angeschlossenen Vereinigungen,der zudem engagierte eigene Forschungsarbeit betrieb, wareben kein Dachverband, sondern ein Verein mit Einzelmitgliedern.Persönliche Differenzen führten dazu, dass eineTrennung der DGfK von der Abteilung für Karstforschung unumgänglichwurde. Mit dieser Trennung war aber auch die Basisfür die DGfK nicht mehr existent.Es ist noch unklar, ob die DGfK offiziell aufgelöst wurde oderob sie einfach sanft entschlafen ist. Im Protokoll der Jahreshauptversammlungder Abteilung für Karstforschung vom 30.Dezember 1954 heißt es jedenfalls: „Bestrebungen zur Bildung eineseinheitlichen deutschen Höhlenverbandes, wie sie durch die Gründung derehemaligen DGfK zum Ausdruck kamen, seien dadurch zu erkennen, daßdie in Österreich erscheinende Zeitschrift „Die Höhle“, die z.T. durch einensog. Höhlengroschen finanziert wird, zum Fachorgan für ganz Deutsch-93