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Seiten 122 - Georg Thieme Verlag

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<strong>122</strong> . . .. 3 Therapieprozess<br />

Schienenbau<br />

Die Methode des Schienenbaus umfasst verschiedene<br />

Techniken:<br />

| Schnittgewinnung: Markierung von Länge und<br />

Umfang der Schiene durch Anzeichnen der Schienenform<br />

auf der Haut direkt oder auf einem<br />

übergezogenen Plastikhandschuh mithilfe eines<br />

Fettstiftes. Abnahme der Zeichnung von der Haut<br />

mithilfe von dünnem Durchschlagpapier/Pergamentpapier<br />

oder durchsichtiger Plastikfolie. Nach<br />

Zuschnitt Übertrag auf das Plattenmaterial mit<br />

hartem Bleistift.<br />

| Zuschnitt des Rohlings aus dem harten Plattenmaterial<br />

mit grober Schere/Gartenschere im Abstand<br />

von 1–2 mm um die Anzeichnung herum.<br />

Feinschnitt des durch warmes Wasser (je nach<br />

Materialauswahl 60–80°C) weichen Materials<br />

mit normaler Schere.<br />

| Anformen: Arm und Hand in die gewünschte Position<br />

bringen bzw. entsprechend lagern. Das<br />

warme, weiche Material auf die Haut auflegen<br />

und anformen, indem der Rohling mit einer elastischen<br />

Binde angewickelt wird. Dabei zuerst die<br />

gewünschten Gelenkstellungen herstellen und<br />

das Material entsprechend hart werden lassen. In<br />

weiteren Arbeitsgängen die Ausformungen z.B.<br />

an Knochenvorsprüngen, die seitlichen Umfassungen<br />

usw. vornehmen.<br />

| Bänder anbringen, Anzahl je nach Länge der<br />

Schiene, Anzahl der eingeschlossenen, in jeweils<br />

bestimmter Stellung zu fixierender Gelenke –<br />

hier je ein Band am proximalen und distalen<br />

Ende der Schiene als reine Haltebänder und ein<br />

Band am mittleren Drehpunkt, also etwas proximal<br />

vom Handgelenk als Druckpunkt K = Reaktionskraft.<br />

Die Bänder sollen alle so breit wie möglich<br />

sein, um die notwendige Kraft durch Verteilung<br />

auf eine große Fläche zu minimieren. Das<br />

proximale Band sollte ca. 4,5–5 cm breit sein,<br />

ebenso das Band am Handgelenk. Das dorsale<br />

Band über den Metacarpus benötigt in der Regel<br />

nicht mehr als 2,5–3 cm Breite.<br />

| Auf Polster sollte nach Möglichkeit verzichtet<br />

werden. Die Schiene soll prinzipiell durch ihre<br />

Passform keine Polsterung benötigen. Lediglich<br />

beispeziellemBedarfz.B.anausgeprägtenKnochenvorsprüngen<br />

könnten kleine Polster notwendig<br />

sein. Durch den Kunststoff kommt es allerdings<br />

leicht zu starkem Schwitzen in der<br />

Schiene, die deshalb täglich mit kaltem Wasser<br />

und Seife oder Zahnpasta gereinigt werden soll.<br />

Auch deshalb sollte die Schienen nicht vollstän-<br />

dig ausgepolstert sein. Gegen das Schwitzen können<br />

Hand und Arm mit einer leicht auswechselbarenSchlauchbindeüberzogenwerden.<br />

Schienenkontrolle<br />

Ehe der Patient die Abteilung mit der fertigen<br />

Schiene und einer Anleitung mit den Tragevorschriften<br />

und Hinweisen zur Reinigung verlässt,<br />

sollte auf jeden Fall ein Kontrolltermin spätestens<br />

für den nächsten Tag festgelegt werden. Trotz guter<br />

Anpassung der Schiene zeigen sich Druckstellen,<br />

Ödembildung, Hautunverträglichkeiten oder sogar<br />

Allergien, übermäßige Schweißbildung usw. erst<br />

nach längerem Tragen. Ziel und Zweck der Schiene<br />

müssen erneut auf ihre tatsächliche Wirksamkeit<br />

hin überprüft werden. Das Gleiche gilt für die Einhaltung<br />

der Tragevorschriften, der Hygieneregeln<br />

und des korrekten Schienensitzes durch den Patienten.<br />

Weitere regelmäßige Kontrolltermine neben der<br />

eigentlichen funktionellen Behandlung geben Aufschluss<br />

über die Effektivität der Behandlung und die<br />

Compliance des Patienten, ermöglichen ein schnelles<br />

Eingreifen bei Problemen und gewährleisten<br />

eine regelmäßige Anpassung an sich verändernde<br />

Umstände.<br />

Literatur<br />

Bomholt Andersen A. Orthopädische Behandlungsschienen.<br />

Stuttgart: Gustav Fischer; 1982<br />

Moberg E. Orthesen in der Handtherapie. Stuttgart:<br />

<strong>Thieme</strong>; 1982<br />

Malick MH. Dynamische Schienen für die Hand. Pittsburgh:<br />

Harmarville Rehabilitation Center; 1978<br />

3.7.5 Prothesentraining<br />

Yolanda Tavera, Connie Koesling<br />

Die Einbuße einer Extremität bedeutet für den betroffenen<br />

Menschen immer einen irreversiblen Verlust<br />

und hat damit eine sehr einschneidende Wirkung.<br />

Die körperliche Integrität, funktionell wie<br />

kosmetisch, und das Körpergleichgewicht sind entscheidend<br />

und unwiederbringlich gestört. Dieser<br />

Verlust lässt sich weder durch hochrangige ärztliche<br />

Kunst noch durch ausgefeilte Prothesentechnik<br />

aus: Koesling u.a., Ergotherapie in Orthopädie, Traumatologie und Rheumatologie (ISBN 9783131256119) © 2008 <strong>Georg</strong> <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong> KG


wirklich ausgleichen. Speziell die Hand mit ihrer<br />

großen, sehr differenzierten neuronalen Repräsentanz<br />

und ihren vielfältigen, exakt aufeinander abgestimmten,<br />

äußerst differenzierten sensiblen und<br />

motorischen Funktionen lässt sich bis heute noch<br />

durch keine Technik nachbilden.<br />

Trotz alldem – die Technik bietet inzwischen differenzierte<br />

Systeme, die Arm- und Handbewegungen<br />

mechanisch und elektronisch möglich machen.<br />

Sie kann das Äußere der Prothesenhand der gesunden<br />

Hand fast vollständig anpassen und hat sowohl<br />

das Gewicht der Prothesen als auch ihren Tragekomfort<br />

erheblich verbessert. Die Sensibilität, eine<br />

unbedingte Notwendigkeit für die Funktionalität<br />

der gesunden Hand, kann sie bisher nicht ersetzen.<br />

Der frühe Zeitpunkt einer prothetischen Versorgung,<br />

die Kompatibilität von Technik und Bedarfslage<br />

des betroffenen Menschen und ein individuell<br />

angepasstes, frühes Training mit der Prothese tragen<br />

wesentlich zur Annahme einer Prothese bei<br />

(Baumgartner u. Botta 2008).<br />

Aufbau einer Prothese<br />

Das Herzstück einer jeden Prothese ist der Schaft.<br />

Die Kontaktfläche zwischen Stumpf und Schaft<br />

überträgt die mechanischen Kräfte vom Stumpf auf<br />

die Prothese, es werden aber umgekehrt auch die<br />

sensorischen Informationen von der Prothese auf<br />

den Stumpf und damit an den Menschen übermittelt.<br />

Der Schaft muss u.a. folgenden Anforderungen<br />

genügen, um Funktion, Qualität und Tragekomfort,<br />

die wesentlichen Voraussetzungen für die Akzeptanz<br />

der Prothese, zu gewährleisten:<br />

| feste Verbindung zwischen Stumpf und Schaft,<br />

| gleichmäßige Belastung des Stumpfes bei allen<br />

Funktionen,<br />

| einwandfreie Durchblutung und Innervation des<br />

Stumpfes,<br />

| leichtes, einhändig mögliches An- und Ausziehen<br />

und<br />

| dennormalenArmaufkeinenFallübersteigendes,<br />

in der Regel sogar darunterliegendes Gewicht.<br />

Für den Schaft wird heute als Material überwiegend<br />

Carbonfaser und Gießharz eingesetzt. Aber auch ein<br />

Rohrskelett aus Metall (analog zu den Röhrenknochen)<br />

mit einer „Weichteil“-Polsterung aus Schaumstoff<br />

oder Silikon oder nur Silikon für Schaft und die<br />

Hand, meist für rein passive Prothesen, kommen<br />

zum Einsatz.<br />

3.7 Verfahrensweisen . . .. 123<br />

Abb. 3.28 Prothesenhand (mit Kosmetikhandschuh).<br />

Die weiteren Passteile wie verschiedene Hände<br />

oder sonstige Handersatzteile, passive Arbeitsgeräte<br />

und Gelenke werden industriell hergestellt:<br />

| Die Prothesenhand besteht aus der Mechanik (für<br />

die aktive Hand, in verschiedenen Varianten<br />

möglich), einer Innenhand und dem Kosmetikhandschuh<br />

(Abb. 3.28). An dieser Hand bewegen<br />

sich in einer Ebene der Daumen einerseits und<br />

die Finger 2 und 3 andererseits aufeinander zu<br />

und umgekehrt. Dabei kommt ein allerdings relativ<br />

grober Dreipunktegriff zustande. Greifen und<br />

Loslassen funktionieren durch aktive Öffnung<br />

und passives Schließen der Finger (Einzughand)<br />

oder beide Male über einen aktiven Zug (Zweizughand).<br />

| Der Greifhaken – oder Hook – ist ein Werkzeug<br />

oder Arbeitsgerät (Abb. 3.29). Er eignet sich speziell<br />

für feine wie auch schwere Arbeiten und ist<br />

darin der Prothesenhand eindeutig überlegen.<br />

Sein Nachteil liegt in der mangelnden Kosmetik.<br />

Er ist nur in Zusammenhang mit der Eigenkraftprothese<br />

nutzbar.<br />

| Der Elektrogreifer stellt das Pendant zum Hook<br />

für die myoelektrisch gesteuerte Prothese dar.<br />

| Sowohl für die Eigenkraft- als auch die myoelektrische<br />

Prothese gibt es verschiedene Modelle<br />

bzgl. Bau- und Funktionsweise für das Handgelenk,<br />

Ellbogen- und Schultergelenk.<br />

Die Bandagen an einer Eigenkraftprothese haben einerseits<br />

die Aufgabe, den Schaft am Körper zu fixieren,<br />

und andererseits, die Bewegung vom Schultergürtel<br />

oder dem Brustkorb über Kabelzüge auf die<br />

Hand/den Hook und, wenn vorhanden, auf aktive<br />

Gelenke zu übertragen. Sie können sowohl unelas-<br />

aus: Koesling u.a., Ergotherapie in Orthopädie, Traumatologie und Rheumatologie (ISBN 9783131256119) © 2008 <strong>Georg</strong> <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong> KG


124 . . .. 3 Therapieprozess<br />

Abb. 3.29 Hook.<br />

tisch (zur Verankerung der Prothese) als auch teilelastisch<br />

mit eingebautem Kabelzug, z.B. zur Betätigung<br />

von Hook oder Hand, sein. Die Kabel oder<br />

Züge stellen die Verbindung zwischen den Bandagen<br />

und den zu bewegenden Passteilen dar.<br />

Prothesenarten<br />

Die Art der Prothesenversorgung und des Prothesentyps<br />

sind von verschiedenen Komponenten abhängig:<br />

| Amputationshöhe: Bei hoher Oberarmamputation<br />

werden die mechanische und die elektronische<br />

Funktionsweise eher miteinander kombiniert,<br />

während z.B. bei langem Unterarmstumpf<br />

eine myoelektrische Prothese gut möglich ist.<br />

| Vorhandene Muskelfunktionen: Sowohl die<br />

Stumpfmuskulatur als auch die Muskulatur der<br />

angrenzenden Gelenke bis hinauf in den Schulter-Nacken-Bereich<br />

sollten zur Steuerung der<br />

Prothese einen gesunden, kräftigen Status aufweisen.<br />

| Stumpfverhältnisse: Ohne einen einwandfreien,<br />

belastungsfähigen Stumpf mit abgeheilter, reizfreier<br />

Narbe ist keine Prothesenversorgung möglich.<br />

| Bedarfslage des Patienten (Alltag, Beruf, Hobby):<br />

Durch die Vielfältigkeit der Systeme und Hander-<br />

Abb. 3.30 Schmuckprothese.<br />

satzteile muss im Vorfeld genau geklärt werden,<br />

wofür und wann die Prothese benutzt werden<br />

soll.<br />

| Vorstellungen und Wünsche des Patienten müssen<br />

beachtet, aber auch den technischen Möglichkeiten<br />

angepasst werden.<br />

PassiveProtheseundpassiver<br />

Handersatz<br />

Dabei handelt es sich um eine reine „Schmuckprothese“,<br />

d.h., Arm und Hand haben keinerlei bzw. allenfalls<br />

nur passiv einstellbare Funktionen<br />

(Abb. 3.30). Die Schmuck- oder kosmetische Prothese<br />

dient dem optischen Ersatz des amputierten<br />

Körperteils und dem Kräfteausgleich bzgl. des Körpergleichgewichts<br />

(bei hoher oder vollständiger<br />

Armamputation). Bei fehlender oberer Extremität<br />

ohne entsprechenden Ersatz würde es auf Dauer zu<br />

Veränderungen an der Wirbelsäule mit der Folge<br />

von Beschwerden und möglichen, irreversiblen<br />

Schäden kommen.<br />

Ein solcher passiver Arm kann aber auch durch<br />

Einsatz spezieller Handersatzstücke wie z.B. Haken<br />

oder Ringe mechanische, kraftvolle (handwerkliche)<br />

Arbeit ermöglichen. Die Prothese hat damit überwiegend<br />

die Funktion, gegen-/festzuhalten.<br />

Patienten, denen nur einzelne Finger oder ein Teil<br />

der Hand fehlen (d.h., normale Greiffunktion ist<br />

nicht mehr vorhanden), erhalten einen direkten,<br />

passiven Fingerersatz (wird, wenn möglich, auf den<br />

Stumpf aufgestülpt, s. Abb. 3.31) oder eine sog. Widerlagerungsschiene.<br />

Beide Möglichkeiten bieten einen<br />

Gegenhalt für die verbliebenen Finger beim<br />

Greifen.<br />

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Abb. 3.31 Handersatzstücke.<br />

Kleinkinder mit angeborener Dysmelie/Amelie<br />

usw. werden in der Regel zunächst mit einer passivenProtheseversorgt,diealsHandersatzeineundifferenzierte<br />

Patschhand hat (siehe Kap. 4.5 Fehlbildungen).<br />

Aktive Prothesen<br />

Mechanische/Eigenkraftprothese<br />

Mechanik<br />

Für eine Eigenkraftprothese stehen verschiedene<br />

Kraftquellen zur Verfügung (Abb. 3.32):<br />

| Bei der Kraftzugprothese ist es die Muskulatur<br />

des Schultergürtels, deren Kraft und Bewegung<br />

über Bandagen und Kabelzüge auf Hand (Hook)<br />

und Ellenbogen der Prothese übertragen werden.<br />

Dann ist die Rede von einer indirekten Kraftquelle.<br />

Abb. 3.32 Bandagenführung an der Eigenkraftprothese.<br />

| Bei der Kineplastik nach Sauerbruch übernimmt<br />

der Bizeps- oder Pectoralismuskel diese Aufgabe<br />

und überträgt seine Kontraktion direkt auf die<br />

Hand. Ebenso funktioniert die Übertragung bei<br />

einem Handwurzelstumpf direkt von der Extension/Flexion<br />

im Handgelenk auf die Prothesenhand.<br />

Beispiel: Eine Oberarmprothese hat 3 Kraftzüge: einen<br />

Greifzug (aktives/konzentrisches Greifen, passives/exzentrisches<br />

Loslassen), einen Zug für die Flexion im Ellbogengelenk<br />

und einen Zug zum Sperren und Entsperren<br />

des vorher bewegten Ellbogengelenkes. Weitere<br />

Gelenke, z.B. ein Handgelenk für die Pro- und Supination,<br />

müssen passiv eingestellt werden.<br />

|<br />

|<br />

|<br />

|<br />

|<br />

|<br />

Vorteile<br />

DieVorteiledermechanischenEigenkraftprothese<br />

sind:<br />

sensorische Rückmeldung über die Zugbandagen<br />

und/oder die Stumpf-Schaft-Kontaktfläche,<br />

Zuverlässigkeit durch die direkte Ansteuerung,<br />

Robustheit, weniger reparaturanfällig,<br />

geringes Gewicht,<br />

Unabhängigkeit<br />

und<br />

von externen Energiequellen<br />

geringere Kosten.<br />

Nachteile<br />

Es bestehen jedoch folgende Nachteile:<br />

3.7 Verfahrensweisen . . .. 125<br />

| bei der Übertragung entstehende Kraftverluste,<br />

| unbequeme Kraftzüge um den Schultergürtel.<br />

aus: Koesling u.a., Ergotherapie in Orthopädie, Traumatologie und Rheumatologie (ISBN 9783131256119) © 2008 <strong>Georg</strong> <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong> KG


126 . . .. 3 Therapieprozess<br />

Fremdkraft- oder myoelektrische Prothese<br />

Funktionsweise<br />

Elektrizität, gespeichert in einem eingebauten, aufladbaren<br />

Akkumulator, ist die Energiequelle der<br />

Wahl für die Fremdkraftprothese. Diese Energie<br />

treibt je einen Elektromotor für die Handöffnung<br />

und -schließung, für die Pro- und Supination und/<br />

oder die Flexion und Extension im Ellbogengelenk<br />

an. Die Muskelströme des Patienten, abgenommen<br />

durch Hautelektroden, steuern „nur“ den Schalter<br />

zwischen Batterie und Motor (Baumgartner u. Botta<br />

1997). Der Wechsel zwischen den verschiedenen<br />

Funktionen geschieht durch eine elektrische Weiche,<br />

die einen schnellen oder kurzen Impuls erkennt,<br />

und danach die gewollte Funktion reguliert.<br />

Damit sich die Prothese nicht ungewollt bewegt,<br />

kann das System ausgeschaltet werden.<br />

Geeignete Steuermuskeln<br />

Nach Möglichkeit werden die „alten“ Bewegungsmuster<br />

beibehalten, d.h., die gleichen Muskeln wie<br />

bisher öffnen und schließen die Hand bzw. bewegen<br />

den Ellbogen oder drehen im Handgelenk. Dazu<br />

muss der Patient lernen, die entsprechenden Muskelgruppen<br />

getrennt voneinander anzuspannen.<br />

Vorteile<br />

Die Vorteile der Fremdkraft- oder myoelektrischen<br />

Prothese sind:<br />

| ohne Seilzüge bietet sie mehr Tragekomfort,<br />

| gute Griffkraft,<br />

| kosmetisch meist ansprechender,<br />

| die Ansteuerung erfolgt mit den Muskeln am<br />

Stumpf oder der Schulter und ist nicht mit anderen<br />

Bewegungen gekoppelt.<br />

Nachteile<br />

Die Fremdkraft- oder myoelektrische Prothese weist<br />

aber auch Nachteile auf:<br />

| höheres Gewicht (wegen der Elektronik),<br />

| reparaturanfällig,<br />

| keine sensorische, nur visuelle Rückmeldung,<br />

| bei myoelektrisch gesteuertem Ellbogengelenk<br />

kein Mitschwingen des Armes beim Gehen,<br />

| teuer.<br />

Sensorhand<br />

Mit der DMC-(Dynamic-Mode-Control-)Steuerung<br />

werden Griffgeschwindigkeit und Griffkraft durch<br />

die Stärke des Muskelsignals geregelt, die heutige<br />

Entwicklung ermöglicht einen Eins-zu-eins-Einsatz.<br />

Die sensiblen Funktionen können durch eine Prothese<br />

(noch) nicht ersetzt werden. Mit der Sensorhand<br />

werden Greifsicherheit und entsprechendes<br />

Festhalten durch den SUVA-Sensor erhöht. Die Hand<br />

„merkt“ dadurch, wenn der ergriffene Gegenstand<br />

z.B. seine Lage verändert (rutscht), und reguliert<br />

dann die Greifkraft automatisch nach (Plusgreifen).<br />

Die sonst notwendige visuelle Kontrolle entfällt damit<br />

weitestgehend. Das bis dahin ständige Nachregulieren<br />

fällt weg.<br />

Vorteile<br />

Der Hauptvorteil der Sensorhand besteht darin, dass<br />

durch die Impulssteuerung das Tempo für das Öffnen<br />

und Schließen der Hand selbst wählbar ist (proportionale<br />

Steuerung, normale Elektrohand ist digital<br />

gesteuert).<br />

Nachteile<br />

Die Sensorhand weist folgende Nachteile auf:<br />

| Es sind doppelt so starke Muskelsignale wie bei<br />

einer normalen Elektrohand (20 mV statt 10 mV)<br />

notwendig. Patienten mit schwachen Signalen<br />

können diesen Handtyp nicht verwenden.<br />

| Bei langem Unterarmstumpf oder Handgelenkexartikulation<br />

ist sie nicht verwendbar, da sie durch<br />

die größere Elektronik einen Teil des Unterarmschaftes<br />

braucht.<br />

Hybridprothese<br />

DieHybridprotheseunterscheidetsichvondenvorhergehenden<br />

Modellen durch die Kombination von<br />

Fremd- und Eigenkraft zur Betätigung der Prothese,<br />

d.h.dieHandwirdmyoelektrischbewegtunddas<br />

Ellbogengelenk durch einen Kraftzug (die Protraktion<br />

im Schultergürtel bewirkt die Ellbogenflexion).<br />

Für Halt und Funktion der Prothese muss der<br />

Stumpf mindestens mittellang sein.<br />

Vorteile<br />

DerVorteilderHybridprothesebestehtdarin,dass<br />

alle Vorteile der myoelektrischen und der Kraftzugprothese<br />

kombiniert ausgenutzt werden können.<br />

aus: Koesling u.a., Ergotherapie in Orthopädie, Traumatologie und Rheumatologie (ISBN 9783131256119) © 2008 <strong>Georg</strong> <strong>Thieme</strong> <strong>Verlag</strong> KG

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