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„Fäuste ans Kinn und locker schlagen“,<br />

ruft Trainer Harald, und die zehn Jungs, die<br />

im Kreis stehen, schlagen ihre Fäuste mit<br />

Schwung, aber gezielt in die Luft. Nach einigen<br />

Minuten ist die Anstrengung sichtbar,<br />

bei einigen werden die Bewegungen langsamer.<br />

„Schneller, schneller, nicht schlapp-<br />

machen“, ruft der zweite Trainer Michel<br />

mit lauter Stimme und beginnt zu zählen:<br />

„zehn, neun, acht …“ Bei der Zahl drei angelangt<br />

beginnt Michel mit dem Zählen noch<br />

mal von vorn, die Jugendlichen stöhnen,<br />

aber keiner gibt auf, alle beißen die Zähne<br />

zusammen. Erst als Michel bei der Zahl eins<br />

angelangt ist und den Befehl gibt lockerzulassen,<br />

lassen die Jungs die Arme sinken.<br />

Jeden Freitagnachmittag treffen sich die<br />

zehn Jugendlichen zum Boxtraining im<br />

Jugendzentrum Molke in Friedrichshafen.<br />

„Einige haben sich früher jeden Tag in der<br />

Schule geschlagen“, sagt Harald Beck, der<br />

das Boxtraining als Projekt gegen die Gewaltbereitschaft<br />

von Jugendlichen vor<br />

knapp drei Jahren unter dem Motto „Gewaltfrei<br />

durchboxen“ ins Leben gerufen hat.<br />

Durch das Training und den dahinterstehenden<br />

Team- und Gemeinschaftsgedanken<br />

tendiert die Gewaltbereitschaft der Jugendlichen<br />

nahezu gegen null.<br />

Fairness, Zeit und Verständnis<br />

Denn das oberste Gebot beim Boxen ist<br />

Fairness – das ist es, was die Trainer den<br />

Jungs vermitteln. „Es geht um Körperbeherrschung,<br />

Disziplin und Respekt“, erklärt<br />

Michel Hofmann. Beim Training lernen<br />

die Jugendlichen auch, mit Aggressionen<br />

umzugehen. Bei einer Übung beispielsweise<br />

treten sich jeweils zwei Jungs abwechselnd<br />

gegen die Schenkel. „So erfahren sie,<br />

was es bedeutet, wenn man einen Schlag<br />

abbekommt, und lernen, dabei nicht gleich<br />

auszurasten“, so Harald Beck.<br />

Und dann geht es auch einfach darum,<br />

sich auszupowern, Kraft und Aggressionen<br />

loszuwerden. „Nach zwei Stunden Training<br />

sind die Jungs fertig, da kommen die<br />

nicht mehr auf dumme Gedanken“, grinst<br />

Michel Hofmann. Vor allem aber haben er<br />

und Harald Beck nach dem Training Zeit für<br />

die Jugendlichen, sprechen mit ihnen über<br />

Probleme, die es zu Hause oder in der<br />

Schule gibt. „Wir begegnen den Jungs mit<br />

Verständnis und sind für sie da – über das<br />

Training hinaus“, so Harald Beck. Für die<br />

meisten der Jungs ist das eine ganz neue<br />

Erfahrung. Viele kommen aus Familien, die<br />

wenig Zeit und Interesse für ihre Kinder haben.<br />

In der Schule fehlen den Lehrern die<br />

Zeit und die Kraft, sich um die oft schwierigen<br />

Jugendlichen zu kümmern. „Wir unterstützen<br />

sie dabei, sich eine Lebensperspektive<br />

zu erarbeiten und sich auf ihren<br />

Schulabschluss und den bevorstehenden<br />

Übergang ins Berufsleben zu konzentrieren“,<br />

sagt Michel Hofmann. Mit Erfolg. Stefo<br />

beispielsweise, der früher in der Schule<br />

ständig geschlägert hat und deswegen jede<br />

Die Vertriebsmitarbeiterinnen Sandra Dick und Inke Flohr<br />

besuchten zusammen mit Günter Nägele das Training.<br />

Im Rahmen ihres sozialen Engagements unterstützt die IT-Informatik ein Projekt<br />

in Friedrichshafen gegen die Gewaltbereitschaft von Jugendlichen.<br />

10<br />

Woche beim Rektor war, beginnt nun eine<br />

Ausbildung als Koch in einem der besten<br />

Hotels in Friedrichshafen. „Stefo war der<br />

erste Teilnehmer unseres Projekts – nach<br />

vier Monaten Boxtraining gab es keine gewalttätigen<br />

Vorfälle mehr – und nun hat er<br />

diesen tollen Ausbildungsplatz, das freut<br />

uns sehr“, so Harald Beck.<br />

Respekt vor beeindruckendem Projekt<br />

Er und Michel Hofmann engagieren sich für<br />

das gemeinsame Projekt ehrenamtlich. Die<br />

Zeit opfern sie gerne, für die Boxausrüstung<br />

sowie für gemeinsame Ausflüge sind<br />

sie aber auf Sachspenden sowie finanzielle<br />

Beiträge von Sponsoren angewiesen. Im<br />

Rahmen ihres sozialen Engagements leistet<br />

auch die IT-Informatik seit einigen Monaten<br />

Unterstützung. „Das Projekt beeindruckt<br />

mich“, so Geschäftsführer Günter<br />

Nägele. „Mein Respekt gilt sowohl den Jugendlichen,<br />

die mit Leidenschaft bei der Sache<br />

sind, als auch den Trainern, die ein anerkennenswertes<br />

Projekt ins Leben gerufen<br />

haben und mit Engagement verfolgen.“<br />

Zum Abschluss des Trainings stehen die<br />

Jungs mit ihren Trainern im Kreis. Michel<br />

gratuliert Stefo zu seinem Ausbildungsplatz,<br />

die anderen Jungs applaudieren. „Wir<br />

sind stolz auf euch“, sagt Michel, „vor allem<br />

aber könnt ihr stolz auf euch selbst sein.“<br />

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