der letzte Sommer auf Sizilien der letzte Sommer auf ... - Ventura Film
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Das Barockjuwel Noto<br />
Die honiggelbe Barockstadt NOTO wurde 1989 vom<br />
Europarat zur „Hauptstadt des sizilianischen Barock“<br />
gewählt. Eigentlich war die Ernennung ein Hilferuf.<br />
Seit Jahrzehnten befand sich die Stadt (25 000 Ew.) in<br />
einem ruinösen Zustand. Bei vielen Gebäuden ließ<br />
sich kaum noch unterscheiden, was älter war: <strong>der</strong><br />
Bau o<strong>der</strong> das stützende Gerüst. Doch erst als im März<br />
1996 nach einem leichten Erdbeben die Domkuppel<br />
einstürtzte, kam eine öffentliche Diskussion in Gang<br />
und setzte damit auch endlich die Mühlen <strong>der</strong> Bürokratie<br />
in Bewegung. Seither sind Architekten und<br />
Steinmetze am Werk, um die bröckelnden Fassaden<br />
und verwitterten Putti, Sirenen und Tuffsteinblumen<br />
wie<strong>der</strong> in einen blühenden „Garten aus Stein“ zu verwandeln.<br />
Die streng rechtwinklige Anlage <strong>der</strong> Stadt und <strong>der</strong><br />
überschwängliche Fassadenschmuck ihrer Bauwerke<br />
ist <strong>letzte</strong>ndlich Folge des katastrophalen Erdbebens<br />
von 1693, das die Stadt in eine Trümmerlandschaft<br />
verwandelte. Noch heute kann man <strong>auf</strong> dem 10 km<br />
entfernten Monte Alvéria die eindrucksvollen Ruinen<br />
des alten Noto sehen. Lange stritt man über den Ort,<br />
wo genau die neue Stadt errichtet werden sollte; doch<br />
als man sich endlich <strong>auf</strong> die Hänge des Meti-Hügels<br />
geeinigt hatte, wurde <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong><strong>auf</strong>bau zügig angepackt.<br />
Die Architekten Rosario Gagliardi, Paolo Labisi<br />
und Vincenzo Sinatra überboten sich gegenseitig mit<br />
innovativen städteplanerischen Konzepten.<br />
Gemeinsam mit einer Schar von Steinmetzen schufen<br />
sie himmelsstürmende Fassaden und weite Plätze mit<br />
überraschenden Durchblicken. Virtuos spielte man<br />
mit Perspektiven und geschwungenen Linien. Die<br />
Fassade wurde wichtiger als die Gestaltung des Inneren.<br />
Das Ergebnis war – und ist heute wie<strong>der</strong> – ein<br />
Zauberreich fantasievoller Baukunst, die im Abendlicht<br />
wie in Gold getaucht erscheint.<br />
Mit drei parallel verl<strong>auf</strong>enden Achsen, gekreuzt von<br />
rechtwinkligen Straßenzügen, zieht sich die Stadt den<br />
Hang hin<strong>auf</strong>. Jede <strong>der</strong> drei Hauptstraßen war einer<br />
gesellschaftlichen Schicht vorbehalten. Die Via<br />
Cavour schmücken Palazzi des Adels, den Corso<br />
Vittorio Emanuele Kirchen und Klöster sowie städtische<br />
Represäntationsbauten, und in <strong>der</strong> Via Ducezio<br />
stehen die Häuser <strong>der</strong> einfachen Leute. Die Lebensa<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Stadt ist <strong>der</strong> Corso Vittorio Emanuele, den<br />
man durch die Porta Reale betritt.<br />
Zunächst erreicht man die grandiose Piazza Municipio,<br />
die von <strong>der</strong> geschwungenen Säulenhalle des<br />
Palazzio Ducezio (1746) und <strong>der</strong> breiten Doppelturmfassade<br />
<strong>der</strong> 1770 vollendeten Kathedrale Santi Nicola<br />
e Corrado gesäumt wird. Ihre Mächtigkeit wird durch<br />
die ausladende Freitreppe noch betont (voraussichtlich<br />
bis 2004 in restauro). Zu Füssen <strong>der</strong> Kirche steht<br />
das Rathaus – so wird durch architektonische<br />
Gewichtung den weltlichen Gewalten ihr Platz zugewiesen<br />
(das obere Stockwerk des Palazzio Ducezio<br />
kam erst in den 1950er Jahren hinzu).<br />
Ein schöner Blickfang ist das rechts abzweigende,<br />
steil ansteigende Via Nicolaci, die an <strong>der</strong> doppeltürmigen<br />
Fassade <strong>der</strong> Chiesa die Montevergini (1748-50)<br />
endet. Mit überschäumen<strong>der</strong> Fantasie sind die Balkone<br />
des Palazzo Nicolaci di Villadorata (1737) gestaltet:<br />
Die Konsolen schmücken Putti und Nixen, Löwen,<br />
geflügelte Pferde und dämonische Fabelwesen.<br />
An <strong>der</strong> Piazza XVI. Maggio steht eines <strong>der</strong> Meisterwerke<br />
von Gagliardi. Eine halbkreisförmige Treppenrampe<br />
führt zum himmelwärts strebenden Gotteshaus<br />
S. Domenico (1703-27), dessen <strong>auf</strong>schwingende<br />
Fassade die Giebel zu sprengen scheint.<br />
Aus: Dumont Reisetaschenbuch, 2003<br />
Dumont Reiseverlag, Köln