Sanierung von Umgebindehäusern - dargestellt am Beispiel einer ...
Sanierung von Umgebindehäusern - dargestellt am Beispiel einer ...
Sanierung von Umgebindehäusern - dargestellt am Beispiel einer ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Dr.-Ing. E. Richter, Dr.-Ing. L. Vogel u.a. 1<br />
Informationszentrum Umgebindehaus 2<br />
<strong>Sanierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Umgebindehäusern</strong> - <strong>dargestellt</strong> <strong>am</strong> <strong>Beispiel</strong> <strong>einer</strong><br />
Blockstube<br />
1. Vorbemerkungen<br />
Umgebindehäuser sind im Rahmen der Ostexpansion der Germanen (Thüringer, Franken und<br />
Fl<strong>am</strong>en) in die slawisch besiedelte Lausitz entstanden. Sie erbauten ihre Häuser in der Fachwerkbauweise.<br />
Bald mussten sie erkennen, dass die hier vorherrschende Blockbauweise der<br />
Slawen unter den klimatischen Bedingungen in der Lausitz wesentliche Vorteile hat. Die Entwicklung<br />
des Umgebindehauses als Mischform beider Bauweisen konnte beginnen. Erstmals<br />
erwähnt wurde die Bauweise 1580 <strong>am</strong> „Hirtenhaus“ in Friedland [1]. Die ersten heute noch<br />
vorhandenen Bauten entstanden vor rund 350 Jahren.<br />
Die heute noch hervorragenden raumklimatischen Bedingungen <strong>einer</strong> Blockstube wurden mit<br />
der holzsparenden Fachwerkbauweise kombiniert. Die Schwindeigenschaften <strong>von</strong> Holz lassen<br />
kein direktes Aufsetzen eines Obergeschosses in Fachwerkbauweise direkt auf die Blockstube<br />
zu. Die Lösung war, in ein Fachwerkhaus die Blockstube als völlig selbständigen Baukörper zu<br />
integrieren. Man erreichte dies durch die Konstruktion des Umgebindes [2]. Alle Lasten vom<br />
Obergeschoss werden über das Umgebinde auf das Fund<strong>am</strong>ent weitergeleitet (siehe Bild 1).<br />
Bild 1: Umgebindehaus 3<br />
1<br />
unter Mitwirkung <strong>von</strong> Prof. Dr.-Ing. Matthias Fichna, Frau Langkowski, Prof. Dr.-Ing. Henning Löber, Prof. Dr.-<br />
Ing. Christian Schurig, Dipl.-Ing. (FH) Manja Springer<br />
2<br />
Das Informationszentrum Umgebindehaus ist Mitglied des ZAF e.V. - Zentrum für angewandte Forschung - an<br />
der Hochschule Zittau/Görlitz (FH)<br />
3<br />
ein Umgebindehaus, das etwa 1820 gebaut sein könnte; alle Zeichnungen <strong>von</strong> Dipl.-Ing. (FH) Manja Springer<br />
1
2. Nachhaltigkeit, ein Synonym für das Umgebindehaus<br />
Der Begriff der Nachhaltigkeit ist heute in aller Munde und trotzdem ist das Anliegen so alt wie<br />
die Umgebindehäuser selbst. Geprägt wurde der Begriff der Nachhaltigkeit im 16. Jahrhundert<br />
durch den Oberberghauptmann und Kurfürstlich Sächsische K<strong>am</strong>merrat Carlowitz. Zur Leipziger<br />
Ostermesse 1713 veröffentlicht er sein Buch „Sylvicultura Oeconomica, die naturmäßige<br />
Anweisung zur wilden Baumzucht" [3] im Zus<strong>am</strong>menhang mit der Erhaltung des Waldbestandes<br />
im Erzgebirge infolge des Kahlschlages für die Silbererzgewinnung und seinen Vorschlägen<br />
für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung.<br />
Dreieck der Nachhaltigkeit<br />
(Abschlussbericht der Enquète-Kommission „Schutz des Menschen<br />
und der Umwelt“ 1998<br />
Ökonomie<br />
• Erhaltung <strong>von</strong> Kapital<br />
• Minimierung der<br />
Lebenszykluskosten<br />
• Relative Verbilligung <strong>von</strong><br />
Umbau- und Erhaltungsinvestitionen<br />
• Verringerung des<br />
Subventionsaufwandes<br />
Ökologie<br />
• Reduzierung des Flächenverbrauches<br />
• keine Landschaftszersiedlung und<br />
Bodenversieglung<br />
• Schutz der Ressourcen<br />
• Schutz des Ökosystems (CO 2-Emissionsreduktion,<br />
keine Schadstoffe)<br />
• Gesundheit und Behaglichkeit<br />
Bild 2: Dreieck der Nachhaltigkeit<br />
Soziales<br />
• Erhaltung sozialer und<br />
kultureller Werte<br />
• Sicherung bedarfsgerechten<br />
Wohnraumes<br />
• Schaffung <strong>von</strong> Wohneigentum<br />
• Sicherung <strong>von</strong> Arbeitsplätzen<br />
im Wohnumfeld<br />
• Städtebau<br />
•geeignetes Wohnumfeld<br />
•Vernetzung <strong>von</strong> Arbeit,<br />
Wohnen und Freizeit<br />
•„Gesundes Wohnen“<br />
innerhalb der Wohnung<br />
Nachhaltige Entwicklung<br />
(„Substainable Development“<br />
4 ) bedeutet heute,<br />
dass die Bedürfnisse der<br />
heute lebenden<br />
Generationen befriedigt<br />
werden, ohne kommenden<br />
Generationen die<br />
Möglichkeiten zur<br />
Befriedigung ihrer<br />
Bedürfnisse zu nehmen.<br />
Nachhaltigkeit hat eine<br />
ökologische, eine<br />
ökonomische (wirtschaftliche)<br />
und eine soziale Dimension<br />
(Bild 2) [4].<br />
Betrachtet man das Umgebindehaus unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit, lassen sich u.a.<br />
folgende Thesen formulieren, die das Umgebindehaus als nachhaltige Baukonstruktion ausweisen:<br />
Ökologische Dimension<br />
• Das Gebäude ist aus einheimischen, teilweise nachwachsenden Rohstoffen hergestellt,<br />
die bei der <strong>Sanierung</strong> wieder zum Einsatz kommen.<br />
• Die eingesetzten Baustoffe sind der Natur in unmittelbarer Nähe entnommen und können<br />
ohne Problem der Natur zurückgeführt werden.<br />
• Der Baustoff Holz ist CO2-neutral und ökologisch unbedenklich, wenn der Wald nach dem<br />
Prinzip der "Nachhaltigkeit" bewirtschaftet wird.<br />
• Durch den Einsatz der Fachwerkbauweise im Obergeschoss wurde Holz eingespart und<br />
d<strong>am</strong>it ein Raubbau an Holz zu d<strong>am</strong>aliger Zeit vermieden.<br />
• Das Gebäude ist der Nutzung optimal angepasst:<br />
• Unbeheizte Räume im Obergeschoss sichern durch die Fachwerkbauweise einen<br />
spars<strong>am</strong>en Baustoffeinsatz.<br />
• Für die Feuchträume (Stallungen) haben sich die einheimischen Natursteine (später<br />
Mauerwerk) gegenüber dem Holzbau bewährt (Dauerhaftigkeit).<br />
• Die Blockstube als Wohn- und Arbeitsraum gewährleistet durch den Baustoff Holz einen<br />
für die d<strong>am</strong>alige Zeit hervorragenden Wärmeschutz.<br />
• Die Sorptionseigenschaften <strong>von</strong> Holz sorgen für die in der Weberei (als Haupt- oder<br />
Nebenerwerb) wichtige gleichmäßige Raumfeuchte.<br />
4 Nachhaltige Entwicklung ist wie folgt definiert [3]: „Entwicklung, welche den Bedürfnisse der gegenwärtig<br />
lebenden Menschen entspricht, ohne die Möglichkeiten zukünftiger Generationen zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse<br />
zu gefährden.“<br />
2
Ökonomische Dimension<br />
• Die Dauerhaftigkeit der Konstruktion (200 Jahre und mehr) sichert die Erhaltung des investierten<br />
Kapitals.<br />
• Die Baukonstruktion ist einfach und reparaturfreundlich und sichert d<strong>am</strong>it eine langfristige<br />
Nutzung. Sogar das Umsetzen dieser Baukonstruktion ist durch die lösbaren Verbindungen<br />
mittels Holznägeln möglich.<br />
• Der für die d<strong>am</strong>alige Zeit sehr gute Wärmeschutz in Verbindung mit <strong>einer</strong> Ofenheizung ist<br />
heute noch eine kostengünstige Heizungsvariante.<br />
• Die Umgebindehauslandschaft der Oberlausitz ist heute Werbeträger für die Tourismusentwicklung<br />
der Region (siehe www.Umgebindeland.de).<br />
Soziale Dimension<br />
• Die Umgebindehauslandschaft im ländlichen Raum prägt die Landschaft der Oberlausitz<br />
und stellt d<strong>am</strong>it einen sozial-kulturellen Wert dar. Dieses stetig gewachsene Erbe als Teil<br />
der kulturellen Identität der Dörfer der Oberlausitz gilt es zu erhalten.<br />
• Die Erhaltung der Umgebindehäuser ist die Grundlage für die Tourismusentwicklung der<br />
Region und d<strong>am</strong>it für Arbeit und Wohlstand.<br />
• Die <strong>Sanierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Umgebindehäusern</strong> erfordert die Wiederbelebung und den Erhalt alter<br />
Handwerkstechniken und bringt d<strong>am</strong>it Arbeit.<br />
Das Umgebindehaus, wie auch jede andere Volksbauweise, ist somit Sinnbild für den Begriff<br />
der Nachhaltigkeit. Die alten Handwerkstechniken zur Errichtung dieser Gebäude wiederspiegeln<br />
die in den Jahrhunderten gewonnenen Erfahrungen. Was sich im Lebenszyklus eines<br />
Umgebindehauses nicht bewährt hat, wurde verworfen. Bewährtes wurde weitergegeben. Es<br />
war die Zeit, wo man auch <strong>von</strong> der Kunst sprach, ein Handwerk auszuüben. Heute müssen wir<br />
diese Handwerkskunst teilweise mühs<strong>am</strong> wieder erforschen und wiedererlangen.<br />
Ein <strong>Beispiel</strong> zeigt das Bild 3. Jeder weis, das Lehm als Baustoff die Eigenschaft hat, beim<br />
Trocknen zu schwinden. Wie man einen Lehmverstrich herstellt, ohne das sich extreme<br />
Schwindrisse zeigen, war die Kunst der alten Handwerker durch Zusätze <strong>von</strong> Sand und Stroh<br />
diese Schwinden zu minimieren. Eine Kunst, die heute wieder erlernt werden muss.<br />
Bild 3: Lehmschwindrisse eines Fachwerkfeldes<br />
3
Gerade weil das Umgebindehaus eine den Kriterien der Nachhaltigkeit entsprechende Baukonstruktion<br />
ist, müssen wir heute bei <strong>einer</strong> <strong>Sanierung</strong> diese Probleme besonders beachten.<br />
Es gilt, die alten Handwerkstechniken mit neuen <strong>Sanierung</strong>slösungen zu verbinden. Einige der<br />
genannten Thesen sollen nachfolgend unter dem Aspekt der <strong>Sanierung</strong> der Blockstube eines<br />
Umgebindehauses <strong>am</strong> <strong>Beispiel</strong> des Sockels näher untersucht werden.<br />
Nichts ist schlimmer, als durch <strong>Sanierung</strong>sfehler den Verfall dieser historischen Bausubstanz<br />
zu beschleunigen. Leider gibt es nur niedergeschriebene Erfahrungen, welche Fehler man bei<br />
der <strong>Sanierung</strong> eines Umgebindehauses begehen kann, aber über <strong>Sanierung</strong>slösungen für<br />
Umgebindehäuser existiert wenig Spezialliteratur, die auf wissenschaftlichen Untersuchungen<br />
basiert.<br />
3. Bauphysikalische Eigenschaften <strong>einer</strong> Blockstube und Vorschläge der <strong>Sanierung</strong><br />
3.1. Wärmeschutz<br />
Die für den Wärmeschutz charakteristische Größe ist der Wärmedurchgangskoeffizient U.<br />
Dieser Wert beträgt für eine Blockstube mit <strong>einer</strong> Wandstärke <strong>von</strong> 20 cm Nadelholz<br />
0,58 W/m²K.<br />
Die Entwicklung des U-Wertes für Wohngebäude zeigt Tabelle 1.<br />
Jahr Typischer Wandaufbau U - Wert Jahresheizwärmebedarf<br />
(Einf<strong>am</strong>ilienhaus<br />
freistehend)<br />
[W/m²K] [kWh/m²a]<br />
um 1800 Blockstube Umgebindehaus 0,55 - 0,7 ca. 150<br />
bis 1960 Homogenes Mauerwerk ca. 1,5 210 – 260 (350)<br />
1. WSVO 5<br />
ab 1977<br />
2. WSVO<br />
ab1984<br />
3. WSVO<br />
ab 1995<br />
EnEV 6<br />
2002<br />
Mehrschichtiges Mauerwerk mit<br />
minimaler Wärmedämmung<br />
Mehrschichtiges oder homogenes<br />
Mauerwerk aus verschieden. Materialien<br />
zur Wärmedämmung<br />
Wärmedämmende Außenwandsysteme<br />
Entwicklung hochgedämmter<br />
Außenwandsysteme<br />
Tabelle 1: Entwicklung des U-Wertes für Wohngebäude<br />
ca. 1,2 150 - 220<br />
0,6 - 0,7 130 - 170<br />
0.3 - 0,5 54 - 100<br />
0,3 – 0,45 45 –70 7<br />
Die Tabelle 1 zeigt, dass die Blockstube eines Umgebindehauses aus energetischer Sicht in<br />
den letzten Jahrhunderten eine vorbildliche baukonstruktive Lösung darstellte. Erst durch die<br />
mit Beginn der Ölkrisen und den durch Verordnung festgelegten erhöhten Anforderungen an<br />
den Wärmeschutz (nach WSVO 95 bzw. EnEV 2002) bei maximalen U-Werten <strong>von</strong> 0,5 bzw.<br />
0,45 W/m²K, können die Anforderungen des heutigen Wärmeschutzes bei <strong>einer</strong> Blockstubenwand<br />
nicht mehr eingehalten werden. Möglichkeiten der Verbesserung des Wärmeschutzes<br />
durch Außendämmung müssen aus Denkmalschutzgründen abgelehnt werden. Innendämmungen<br />
sind technisch möglich, sollten aber aus gestalterischer Sicht und wegen der Erhaltung<br />
der Sorptionseigenschaften des Baustoffes Holz nicht zum Einsatz kommen. Auch ist<br />
wegen des Denkmalschutzes eine zusätzliche Dämmung der Blockstube nicht erforderlich.<br />
5 WSVO - Wärmeschutzverordnung<br />
6 EnEV 2002 – Energieeinsparverordnung 2002<br />
7 Heizenergiebedarf<br />
4
3.2. Schallschutz<br />
Schallschutz hat für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen eine große Bedeutung.<br />
Bedingt durch die Entstehung der Dörfer der Oberlausitz als Waldhufendörfer stehen die<br />
Häuser meist direkt an <strong>einer</strong> Gemeindestrasse, über die heute der ges<strong>am</strong>te Verkehr teilweise<br />
sogar als Bundesstraße geführt wird. Das Hauptproblem der <strong>Sanierung</strong> eines Umgebindehauses<br />
ist die Behebung der bestehenden Schallschutzmängel infolge der Zunahme des Verkehrs<br />
im letzen Jahrhundert.<br />
Der Mindestschallschutz ist in der DIN 4109 [5] geregelt. Entscheidend für die Bemessung ist<br />
das erforderliche Schalldämm-Maß R ’ w,res in Kombination <strong>von</strong> Außenwänden und Fenstern.<br />
Nachfolgend soll an einem <strong>Beispiel</strong> entsprechend Bild 4 die Bemessung für eine Gemeindestraße<br />
als Hauptverkehrsstraße mit einem 10% LKW-Anteil durchgeführt werden.<br />
Bild 4: Blockstube<br />
Die Berechnung geht neben den in Bild 4 <strong>dargestellt</strong>en Abmessungen <strong>von</strong> folgenden Vorgaben<br />
für die Blockstube aus:<br />
• Konstruktionsdicke 20 cm<br />
• Flächengewicht 120 kg/m²<br />
• Schalldämmmaß RW 47 dB [6]<br />
Da an der Blockstube selbst keine Veränderungen zur Verbesserung des Schallschutzes vorgenommen<br />
werden können, besteht nur die Möglichkeit, den Mindestschallschutz nach DIN<br />
4109 durch eine Schallschutzverglasung der Fenster zu erreichen. Dabei sind folgende<br />
Schallschutzklassen als Sonderanfertigung (wegen der erforderlichen Sprossung) der Fenster<br />
möglich.<br />
Schallschutzklasse 1 (25 bis 29 dB)<br />
Einfachfenster mit Isolierverglasung (Glasdicken ≥ 6 mm, Scheibenzwischenraum ≥ 8 mm)<br />
ohne Falzdichtung<br />
Schallschutzklasse 2 (30 bis 34 dB)<br />
Einfachfenster mit Isolierverglasung (Glasdicken ≥ 6 mm, Scheibenzwischenraum ≥ 8 mm)<br />
mit Falzdichtung<br />
Schallschutzklasse 3 (35 bis 39 dB)<br />
Einfachfenster mit Isolierverglasung (Glasdicken ≥ 6 mm, Scheibenzwischenraum ≥ 8 mm)<br />
mit Falzdichtung und vorgehangenem Winterfenster (entspricht Kastenfenster)<br />
5
Schallschutzverglasungen <strong>von</strong> Fenstern bei höheren Schallschutzklassen sind bei <strong>Umgebindehäusern</strong><br />
kaum praktikabel, weil dann Ges<strong>am</strong>tglasdicken <strong>von</strong> ca. 30 mm erreicht werden und<br />
diese wiederum zu einem Fensterflügel mit ca. 65 mm Breite führen. Diese breiten Fensterflügel<br />
reduzieren den Anteil der Glasfläche bei kleinen Fenstern mit Sprossung erheblich.<br />
Weiterhin ist bei der Rechnung der Außenlärm mit seinen Einflussgrößen<br />
• beiderseitige Bebauung ja/nein?<br />
• Längsneigung der Straße >5% ja/nein?<br />
• < 100 m <strong>von</strong> <strong>einer</strong> Ampel entfernt ja/nein?<br />
zu beachten.<br />
Die Ergebnisse der Berechnung des erforderlichen Schallschutzes der Fenster <strong>einer</strong><br />
Blockstube in Abhängigkeit <strong>von</strong> der Verkehrsdichte (KFZ/d) und dem Abstand der Blockstubenwand<br />
<strong>von</strong> der Straßenmitte zeigt Tabelle 2.<br />
Abstand<br />
5m 7m 10m 15m 20m 25m 30m 40m 50m 70m<br />
KFZ pro Tag<br />
100 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2<br />
200 3 2 2 2 2 2 2 2 2 2<br />
300 3 2 2 2 2 2 2 2 2 2<br />
400 3 3 2 2 2 2 2 2 2 2<br />
500 3 3 2 2 2 2 2 2 2 2<br />
600 48 3 3 2 2 2 2 2 2 2<br />
700 4 3 3 2 2 2 2 2 2 2<br />
800 4 3 3 2 2 2 2 2 2 2<br />
900 4 3 3 3 2 2 2 2 2 2<br />
1000 4 3 3 3 2 2 2 2 2 2<br />
2000 6 4 4 3 3 3 3 2 2 2<br />
4000 6 6 4 4 4 3 3 3 3 2<br />
8000 6 6 6 6 4 4 4 3 3 3<br />
Tabelle 2: Erforderliche Schallschutzklasse der Fenster als Ergebnis der Schallschutzrechnung<br />
für das <strong>Beispiel</strong> nach Bild 4<br />
Folgende Schlussfolgerungen lassen sich daraus ableiten:<br />
• Es sind generell Schallschutzfenster der Schallschutzklasse 2 bei <strong>einer</strong> <strong>Sanierung</strong> eines<br />
UGH erforderlich.<br />
• Steht die Außenwand des Gebäudes sehr nahe an der Straße (< 7m <strong>von</strong> der Straßenmitte),<br />
wird die Schallschutzklasse 3 erforderlich, die nur durch den ständigen Einsatz der<br />
Winterfenster erreichbar ist.<br />
• Bei <strong>einer</strong> Lage direkt an <strong>einer</strong> Bundesstraße (< 7m <strong>von</strong> der Straßenmitte), mit Verkehrsdichten<br />
über 2000 Fahrzeuge pro Tag ist der erforderliche Mindestschallschutz nur mit<br />
Fenstern der Schallschutzklasse 4 realisierbar.<br />
Es zeigt sich, dass die Möglichkeiten des Bauplaners zur Verbesserung dieses Zustandes für<br />
den Schallschutz der Blockstube begrenzt sind. Deshalb wäre es günstiger, durch verkehrsplanerische<br />
Maßnahmen (z.B. Umgehungsstraßen) für eine Verkehrsberuhigung zu sorgen.<br />
8 nur bedingt realisierbar<br />
6
3.3. Raumfeuchte<br />
Der Einbau der luftdichten Schallschutzfenster erfordert wegen der Falzdichtungen die Beachtung<br />
des hygienisch erforderlichen Mindestluftwechsels (DIN 4108 Teil 2 vom August<br />
1981, Punkt 4.2.4) und ein Konzept für die Raumlüftung.<br />
Folgende Maßnahmen werden vorgeschlagen:<br />
• Ersatz der Fugenlüftung durch Außenluftdurchlasselemente (ALD) gemäß DIN 1946-6.<br />
• Alternativ kann geprüft werden, ob auf der Straße abgewandten Seite keine Schallschutzfenster<br />
(und d<strong>am</strong>it keine Falzdichtungen) eingebaut werden.<br />
• Um Feuchteverschleppungen aus den Nassräumen (Küche, Bäder) in die Blockstube zu<br />
vermeiden, sind diese Räume mechanisch zu entlüften (Luftabsaugung mit zeitgesteuertem<br />
Ventilator).<br />
• Um die Sorptionseigenschaften des Baustoffes Holz als Feuchtenpuffer nutzbar zu machen<br />
(siehe Tabelle 3), sind die Innenanstriche mit Lackfarben auf den Blockbohlen zu<br />
entfernen.<br />
Gipsputz 5,3 g/m²<br />
Zementputz 9,4 g/m²<br />
Holz 6,7 - 7,5 g/m²<br />
Holz/Lack 3,7 g/m²<br />
Tabelle 3: Wasserd<strong>am</strong>pfaufnahme bei einem Sprung der relativen Luftfeuchte <strong>von</strong> 50 auf<br />
80 % während <strong>einer</strong> Stunde [7]<br />
4. Details der <strong>Sanierung</strong> des Sockels <strong>einer</strong> Blockstube<br />
Der Erhalt dieses in Europa einmaligen Haustyps ist nur durch Nutzung möglich. Dabei müssen<br />
moderne Wohnfunktionen durch die <strong>Sanierung</strong> integrierbar sein. Bei der <strong>Sanierung</strong> historischer<br />
Gebäude besteht immer die Gefahr, dass moderne Baustoffe und <strong>Sanierung</strong>sverfahren<br />
zum Einsatz kommen oder Baukonstruktionen gewählt werden, die mit der denkmalgeschützten<br />
historischen Bausubstanz unvereinbar sind und d<strong>am</strong>it nicht zu deren Erhaltung sondern zu<br />
deren Schädigung führen.<br />
Nachhaltige <strong>Sanierung</strong> macht baufachliche Kenntnisse dringend erforderlich. Nachfolgende<br />
Hinweise sollten vom Laien wegen der Komplexität bauplanerischer Entscheidungen nur unter<br />
Hinzuziehung eines Fachplaners/Architekten umgesetzt werden.<br />
Ein Problem <strong>am</strong> Umgebindehaus stellt die bauphysikalisch und konstruktiv richtige Gestaltung<br />
des Sockels unter der Blockstube dar.<br />
4.1. Schadensanalyse und <strong>Sanierung</strong>sziele<br />
Die Blockstube steht auf einem verrottungsfesten Unterbau. In der Niederlausitz waren als<br />
Unterbau früher nur Feldsteine praktiziert (Bild 5).<br />
Bild 5: Unterbau aus Feldsteinen<br />
im Spreewaldmuseum Lehde<br />
7
Die Ursachen für Feuchtigkeit im Sockelbereich sind kapillar aufsteigendes Wasser, wenn der<br />
Sockelstein aus einem kapillarporösen Baustoff wie Sandstein besteht sowie Spritzwasser und<br />
Tauwasser und Feuchtigkeit durch schmelzenden Schnee (Bild 6).<br />
Bild 6: Feuchtigkeitsangriff <strong>am</strong> Sockel eines Umgebindehauses<br />
Besonders der nicht vorhandene Spritzwasserschutz <strong>am</strong> Umgebindehaus (Bild 7) in Verbindung<br />
mit Bewuchs <strong>am</strong> Sockel (Bild 8) führt zu <strong>einer</strong> längerfristigen Durchfeuchtung der untersten<br />
Blockbohle durch Wasser <strong>von</strong> außen.<br />
Bild 7:<br />
kein<br />
Spritzwassersockel<br />
8
Bild 8:<br />
Bewuchs <strong>am</strong><br />
Sockel<br />
Neben der fehlenden Horizontaldichtung führt das Auftreten <strong>von</strong> Tauwasser im Auflagerbereich<br />
der untersten Blockbohle zu Bauschäden (Bild 9). Der gut wärmedämmende Baustoff<br />
Holz liegt auf einem sehr schlecht dämmenden Baustoff (Sandstein oder Granit) auf. Nachfolgend<br />
soll nur auf die baukonstruktiven Probleme der <strong>Sanierung</strong> des Sockels eingegangen<br />
werden.<br />
Bild 9: Braunfäule 9 an den Blockbohlen<br />
9 Foto <strong>von</strong> C. Schurig<br />
9
Ausgehend <strong>von</strong> der historischen Situation in Bild 10 sind bei der <strong>Sanierung</strong> des Sockels folgende<br />
Probleme zu lösen:<br />
• Sicherung des Spritzwasserschutzes,<br />
• Tauwasserschutz für die untere Blockbohle und die Innenwandoberfläche des Sockelsteines,<br />
• Begrenzung der konstruktiv bedingten Wärmebrücke durch den Sockelstein,<br />
• Vergrößerung der Raumhöhe durch Absenkung des Fußbodens,<br />
• Verbesserung des Wärmeschutzes des Fußbodens,<br />
• Lösungsvorschläge zur Führung <strong>von</strong> Installationskanälen,<br />
• Forderungen des Denkmalschutzes nach Erhaltung des Sockelsteines<br />
Bild 10: Historische Situation<br />
Eine günstige Ausführung des Sockels zeigt Bild 11 hinsichtlich der Spritzwasserführung mit<br />
<strong>einer</strong> geneigten Wasserablauffläche zwischen den Aufstandsflächen der Säulen.<br />
Bild 11: Sockelausführung mit Wasserablauffläche<br />
10
Leider ist eine solche Ausführung des Sockelsteines relativ selten anzutreffen. Bild 12 ist ein<br />
Lösungsvorschlag zur Sockelgestaltung mit Kiesschüttung als Spritzwasserschutz. Bei Sandsteinsockeln<br />
lässt sich auch eine Wasserablauffläche nacharbeiten. Bild 13 zeigt solch eine<br />
Ausführung.<br />
Bild 12: Sockel mit Traufstreifen durch eine Kiesschüttung und Wasserführung weg vom<br />
Gebäude<br />
Bild 13: Ausführungsbeispiel eines Sockels mit Traufstreifen<br />
11
Um die Raumhöhe in der Blockstube, die bei
Die bauphysikalisch günstigere Lösung zeigt Bild 16 mit der Wärmedämmung auf der kalten<br />
Seite. In der Praxis wird eher die energetisch schlechtere und konstruktiv aufwendigere Lösung<br />
in Bild 17 realisiert. Diese Lösung ist besonders günstig zur Lösung der Problematik der<br />
Installationskanäle, weil hier Kabel und Rohrleitungen in der Fußbodendämmung verlegt werden<br />
können.<br />
Bild 17: Sockel mit abgesenktem Fußboden,<br />
Innendämmung und Wärmedämmung<br />
oberhalb<br />
der Tragschicht<br />
Bei der Lösung nach Bild 17 ist der Sockelstein mit Abtropfkante ausgeführt. Eine Lösung die<br />
sinnvoll aber selten praktiziert ist.<br />
Eingangs wurde die Vermutung <strong>einer</strong> der Tauwasserbildung in der untersten Blockbohle durch<br />
die Wärmebrückenwirkung des Sockelsteines schon erwähnt.<br />
Eine baukonstruktive Lösung zur Beseitigung dieses Problems zeigt Bild 18, wo der Sockelstein<br />
gekürzt und darunter ein neuer Sockel aufgemauert ist. Die unterste Blockbohle liegt auf<br />
Schaumglas auf. Dieser Dämmstoff ist druckbeständig (bis ca. 0,5 N/mm²). Brandschutzanfoderungen<br />
ist der Dämmstoff ggf. mit <strong>einer</strong> Rigipsplatte zu schützen.<br />
Bild 18: Sockel mit Innendämmung<br />
13
Die Lösung der bauphysikalisch günstigeren Außendämmung zeigt Bild 19. Diese technisch<br />
sehr aufwendige Lösung ist jedoch mit dem Denkmalschutz abzustimmen, weil der historische<br />
Sockelstein nicht mehr sichtbar ist oder nicht wieder eingebaut wird. Deshalb ist ein kerngedämmter<br />
Sockelstein entsprechend Bild 20 dieser Lösung vorzuziehen. Nur sind solche kerngedämmten<br />
Sockelsteine nicht auf dem Baumarkt erhältlich.<br />
Bild 19:<br />
Sockel mit Außendämmung<br />
Bild 20:<br />
Sockel mit kerngedämmtem Sockelstein<br />
14
5. Zus<strong>am</strong>menfassung<br />
Die Lösung der bauphysikalischen Probleme <strong>am</strong> Sockel eines Umgebindehauses ist wichtig<br />
für eine nachhaltige <strong>Sanierung</strong>. Das Problem der durch den Sandsteinsockel bedingten baukonstruktive<br />
Wärmebrücke ist bei der <strong>Sanierung</strong> im Bereich der Blockstube immer zu lösen.<br />
Wünschenswert ist die Entwicklung eines kerngedämmten Sockelsteines durch Baustoffindustrie.<br />
Die <strong>dargestellt</strong>en Lösungen sind Vorschläge, um die Fachdiskussion dieses Problems<br />
anzuregen. Auf die bauphysikalischen Bewertung der hier vorgestellten Lösungen wird im<br />
Vortrag <strong>von</strong> Frau Dr.-Ing. L. Vogel eingegangen. Bei allen Überlegungen ist die Wahl des Heizungssystems<br />
für die Blockstube ein wichtiges Kriterium für die Auswahl <strong>einer</strong> Vorzugslösung,<br />
wobei eine Beheizung der Wärmebrücke auch eine praktizierbare Lösung darstellt.<br />
6. Literaturverzeichnis<br />
[ 1 ] Bernert, K.: Umgebindehäuser. EUROVERLAG GmbH Cottbus, 2. Auflage, 1998<br />
[ 2 ] Bernert, K.: Umgebindehäuser, eine europäische Einmaligkeit. Olesch-Werbung Löbau,<br />
V. überarbeitete Auflage 2003<br />
[ 3 ] Calowitz, H.C.: Sylvicultura Oeconomica – oder Anweisung zur wilden Baumzucht,<br />
1713, Reprint der TU BA Freiberg<br />
[ 4 ] Deutscher Bundestag, Referat Öffentlichkeitsarbeit (Hrsg.): Konzept Nachhaltigkeit -<br />
Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt –<br />
Ziele und Rahmenbedingungen <strong>einer</strong> nachhaltigen zukunftsverträglichen Entwicklung“<br />
des 13. Deutschen Bundestages, Bonn, 1997<br />
[ 5 ] DIN 4109.: Schallschutz im Hochbau, Beuth Verlag Berlin, 1989<br />
[ 6 ] König, H.: Wege zum gesunden Bauen, Ökobuch Verlag Freiburg 1989<br />
[ 7 ] Otto, F.: Einfluss <strong>von</strong> Sorptionsvorgängen auf die Raumfeuchte, Diss., Uni Kassel, 1995<br />
15