Gesundheits- und Sozialpflegedienste auf dem Weg zu modernen ...

� Universität
Bremen
Kooperation Universität / Arbeiterkammer
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ENTWICKLUNGSPLANUNG
QUALIFIKATION
IM LANDE
BREMEN
Kooperationsprojekt der Arbeiterkammer Bremen und der Universität Bremen-Kooperationsbereich Universität/Arbeiterkammer (KUA)
Gesundheits- und Sozialpflegedienste
auf dem Weg zu modernen Dienstleistern
Beschäftigungsentwicklung und Qualifikationsbedarf
Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung
Empirische Untersuchung in Einrichtungen der Wirtschaftsregion Bremen
Krankenhäuser/Fachkliniken
Altenwohn- und Pflegeheime
Häusliche Pflege- und Betreuungsdienste
Bremen 2000
EUROPÄISCHE GEMEINSCHAFT
Europäischer Sozialfonds
Freie Hansestadt Bremen
Der Senator für Arbeit,
Frauen, Gesundheit,
Jugend und Soziales

Gesundheits- und Sozialpflegedienste
auf dem Weg zu modernen Dienstleistern
Beschäftigungsentwicklung und Qualifikationsbedarf
Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung
Empirische Untersuchung in Einrichtungen der Wirtschaftsregion Bremen
Krankenhäuser/Fachkliniken
Altenwohn- und Pflegeheime
Häusliche Pflege- und Betreuungsdienste
Bremen 2000
Ulf Benedix, Jutta Knuth, Gerlinde Hammer, Erich Wachtveitl
Fachliche Beratung und Mitarbeit:
Christoph Hübner: baw - Büro für Arbeitswissenschaften und Weiterbildung, Dortmund
Das Projekt EQUIB wird im Auftrag des Senators für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales durchgeführt und aus
Landesmitteln sowie aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert.
An der Projektdurchführung beteiligen sich als Kooperationspartner die Arbeiterkammer Bremen und die Universität Bremen –
Kooperationsbereich Universität/Arbeiterkammer (KUA).

Inhaltsverzeichnis
Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
Zusammenfassung und Übersicht über wichtige Ergebnisse der Untersuchung .. III
0. Einleitung....................................................................................................................1
1. Einführung in die Untersuchung .............................................................................. 5
1.1 Zum Strukturwandel im Humandienstleistungsbereich.......................................... 5
1.2 Aufgabenverlagerung und neue Qualifikationsanforderungen............................... 7
1.3 Schwerpunkte zukunftsorientierter Pflegekompetenzen ........................................ 9
2. Empirisches Informations- und Erhebungsnetz ................................................... 11
2.1 Ermittlung der Grundgesamtheit........................................................................... 11
2.2 Zur Struktur des eingesetzten Fragebogens .......................................................... 12
2.3 Der Rücklauf der postalischen Befragung ............................................................ 12
2.4 Ergänzende Experteninterviews und deren Themenschwerpunkte ...................... 13
3. Struktur der Pflegeeinrichtungen........................................................................... 15
3.1 Zusammensetzung des Samples nach Einrichtungsarten...................................... 15
3.2 Die Organisationsformen der Einrichtungen ........................................................ 15
3.3 Verteilung der Pflegeleistungen differenziert nach Einrichtungsarten................. 17
4. Personalstruktur und -entwicklung bei den Gesundheits- und
Sozialpflegediensten ................................................................................................. 21
4.1 Der zukünftige Bedarf an Pflegepersonal nach Einrichtungsarten....................... 22
4.2 Der geschätzte zukünftige Bedarf differenziert nach Qualifikationsstufen.......... 23
4.3 Deckung des Arbeitskräftebedarfs über den regionalen Arbeitsmarkt................. 26
4.4 Hindernisse bei Neueinstellungen......................................................................... 29
4.5 Rekrutierungsstrategien für geplante Neueinstellungen ....................................... 30
5. Organisationsstrukturelle Entwicklung................................................................. 31
5.1 Qualitätssicherung................................................................................................. 31
5.2 Die Bedeutung von Managementaktivitäten in Bezug auf Arbeits-, Gesundheitsund
Umweltschutz (Integrierte Managementsysteme) ......................................... 33
5.3 Bedeutung und Präferenzen der technologischen Innovationen
im Pflegebereich ................................................................................................... 34
5.3.1 Rangskala technologischer Innovationen im Pflegebereich insgesamt ......... 35
5.3.2 Die Präferenzen technologischer Innovationen nach Einrichtungsarten ....... 36
5.3.3 Ergänzungen zum Einsatz neuer Technologien in der Pflege ....................... 37
5.4 Die Veränderungen in der Arbeits- und Ablauforganisation................................ 39
6. Die Entwicklung des Qualifikationsbedarfs .......................................................... 43
6.1 Zur Methodik der Qualifikationsbedarfsanalyse .................................................. 43
6.2 Qualifikationsbedarf insgesamt für alle Einrichtungsarten................................... 46
6.3 Qualifikationsbedarf in der stationären Krankenpflege:
Krankenhäuser/Fachkliniken ................................................................................ 49
6.4 Qualifikationsbedarf in der stationären Altenpflege: Altenwohnund
Pflegeheime.................................................................................................... 52
I

EQUIB
6.5 Qualifikationsbedarf in der ambulanten Pflege: Häusliche Pflege- und
Betreuungsdienste................................................................................................. 55
6.6 Fazit und Empfehlungen....................................................................................... 58
6.7 Strategien der Qualifikationsbedarfsdeckung in den Einrichtungen .................... 64
7. Entwicklungstendenzen der Aus- und Weiterbildung.......................................... 67
7.1 Neue integrierte Bildungsansätze zur Professionalisierung der Pflegeberufe und
Ansätze der Verschmelzung der Berufe in der Pflegepraxis ................................ 68
7.2 Zum Problem der Arbeitsplatzsicherung aufgrund zunehmender
„Akademisierung“ der gehobenen Pflegeausbildung ........................................... 69
7.3 Spezifische Probleme der Weiterbildungspraxis .................................................. 70
7.4 Pflegeüberleitung als eigenständiger Dienst in den
Krankenhäusern/Fachkliniken .............................................................................. 72
Anhang........................................................................................................................... 77
II
Literatur.......................................................................................................................77
Abbildungsverzeichnis................................................................................................ 79
Tabellenverzeichnis .................................................................................................... 79
Projekt EQUIB............................................................................................................ 80
Von EQUIB verwendete Methoden zur Erhebung des zukünftigen
Qualifikationsbedarfs............................................................................................ 81
Liste der EQUIB-Veröffentlichungen......................................................................... 88

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
Zusammenfassung und Übersicht über wichtige Ergebnisse der Untersuchung
1. Gesellschaftspolitische Strukturbedingungen der Untersuchung
Im bundesdeutschen Gesundheitswesen ist seit Jahren ein struktureller Veränderungssprozess
zu beobachten, der nach einer Phase der Expansion, Spezialisierung
und Technisierung dieses Sektors nun eher auf strukturelle und qualitative Veränderungen
fokussiert ist.
Die beginnende Umstrukturierung der Krankenhäuser zu Gesundheitszentren, die
Schaffung von regionalen Netzwerken für integrierte Gesundheitsleistungen und die
Verringerung der Anzahl der Krankenhäuser evozieren in zunehmendem Maße integrative
multifunktionale Versorgungsstrukturen. Es entstehen Einrichtungen, die eine Erweiterung
des Dienstleistungsangebots zu modernen integrierten Gesundheitsdienstleistern
vorantreiben.
Dabei stellen die Patienten als Kunden medizinisch-pflegerischer Dienstleistungen gestiegene
Ansprüche an die Qualität der medizinischen und pflegerischen Versorgung,
die die Entwicklung neuer Pflegekonzepte, die Anwendung neuer Technologien sowie
moderner Arbeits- und Kooperationsbeziehungen in und zwischen den Pflegeeinrichtungen
erfordern.
Eine sich abzeichnende Tendenz zur Einrichtung von selbständig wirtschaftenden Abteilungen
in den Krankenhäusern, sog. Profit-Center, eine beginnende Enthierarchisierung
der Krankenhausorganisation und die Zunahme interdisziplinärer Arbeit und projektorientierter
Arbeitsstrukturen führen auch zu einer Ausweitung von administrativen
und betriebswirtschaftlichen Tätigkeiten auf Seiten des Pflegepersonals und nicht nur
bei den Leitungsfunktionen.
Kundenorientierung und Qualität der Pflegeleistungen bei gleichzeitiger Wirtschaftlichkeit
sind u.a. auch die Kriterien, an denen sich im Zuge der skizzierten Entwicklung
ebenfalls Altenwohn- und Pflegeheime wie die seit Inkrafttreten der Pflegeversicherung
anwachsende Anzahl der ambulanten Pflegedienste messen müssen.
In der berufsbildungspolitischen Diskussion überwiegen gegenwärtig Bildungskonzepte,
die die Vereinheitlichung und Zusammenfassung einzelner Berufsfelder favorisieren.
Angestrebt wird eine integrierte Pflegeausbildung zur „Pflegefachkraft“ im Berufsfeld
Gesundheit und Soziales. Der Einigungsprozess der einzelnen Interessenvertretungen
und Instanzen ist z.Z. noch nicht abgeschlossen.
Für die zukünftige Professionalisierung der Pflege werden auch für den Fort- und Weiterbildungsbereich
Strukturen angestrebt, die gezielt auf die neuen Anforderungen fachund
arbeitsfeldbezogen sowie funktionsbezogen vorbereiten. Hier wird insbesondere der
Ausbau bzw. die Neuschaffung von Bildungsmöglichkeiten mit aufstiegsbezogener
Relevanz angestrebt.
III

EQUIB
Im Kontext dieser Entwicklung ist die vorliegende Studie von EQUIB (Entwicklungsplanung-Qualifikation-Industrieregion
Bremen) zu sehen. Im Auftrag des Senators für
Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales wird eine regionalspezifische Repräsentativerhebung
aller regionalen Anbieter der „Gesundheits- und Sozialpflegedienste“
vorgelegt, die folgende Schwerpunkte hat:
• Beschäftigungsstruktur und –entwicklung der Pflegeberufe im Lande Bremen,
• technologische und arbeitsorganisatorische Innovationsentwicklung in den Einrichtungen
der stationären Kranken- und Altenpflege sowie der häuslichen Pflege,
• qualitativ und quantitativ ermittelte und nach Einrichtungsart differenzierte Qualifikationsbedarfe
einschließlich der gewählten Bedarfsdeckungsstrategien sowie Anforderungen
an die berufliche Aus- und Weiterbildung.
2. Das Untersuchungsfeld
Die Grundgesamtheit der Repräsentativuntersuchung bilden alle Anbieter ambulanter
und stationärer Gesundheits- und Sozialpflege in Bremen und Bremerhaven. Dazu gehören
die Krankenhäuser sowie die Altenwohn- und Pflegeheime für die überwiegend
stationäre Versorgung und die häuslichen Krankenpflege- und Betreuungsdienste für
den ambulanten Pflegebereich.
Als Resultat einer Vorermittlung wurde der Fragebogen im 2. Quartal 1999 an die bereinigte
Grundgesamtheit von insgesamt 203 Einrichtungen versandt.
Krankenhäuser/Fachkliniken
gesamt: 15 Einrichtungen
Bremen: 12 Einrichtungen
Bremerhaven: 3 Einrichtungen
Altenwohn- und Pflegeheime
gesamt: 73 Einrichtungen
Bremen: 63 Einrichtungen
Bremerhaven: 10 Einrichtungen
Ambulante häusliche Pflege- und Betreuungsdienste
gesamt: 115 Einrichtungen
Bremen: 91 Einrichtungen
Bremerhaven: 24 Einrichtungen
Das Ergebnis der postalischen Befragung ist ein Rücklauf aus insgesamt 94 Einrichtungen.
Dies entspricht einer Rücklaufquote von 46% und weist auf eine hohe Akzeptanz
des Untersuchungsvorhabens bei den Diensteanbietern hin.
Zur Absicherung bzw. qualitativen Ergänzung der Repräsentativdaten wurden umfangreiche
leitfadengestützte Interviews mit Experten aus Institutionen und Pflegeeinrichtungen
durchgeführt. Es sollten persönliche Erfahrungen und Ansichten, die sowohl aus
dem unmittelbaren Funktionsbereich aber auch aus internem Expertenwissen in Bezug
auf die allgemeine Situation und Entwicklung des Gesundheits- und Sozialpflegebereichs
resultieren, ermittelt werden.
IV

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
Im Einzelnen wurden folgende Schwerpunkte thematisiert:
• zentrale Entwicklungstrends des Strukturwandels aus der Sichtweise des jeweiligen
Experten,
• wesentliche organisationsstrukturelle Veränderungen des gesamten Sektors: Qualitätssicherung,
Arbeits- und Gesundheitsschutz, Umweltschutz; Veränderungen der
Arbeits- und Ablauforganisation aufgrund organisationsstruktureller und technologischer
Innovationen,
• Entwicklung der technologischen Innovationen im Pflegebereich und ihre Konsequenzen
für die Qualifikationsstrukturen und den Qualifikationsbedarf der Einrichtungen,
• allgemeine Entwicklungstendenzen und Erfordernisse der Aus- und Weiterbildung.
3. Zur Methodik der Qualifikationsbedarfsanalyse
Es wurden drei, für die Einrichtungsarten stationäre Kranken- und Altenpflege sowie
häusliche Pflege spezifizierte Fragebögen entwickelt, die sich aus fünf identischen
Gliederungspunkten aufbauen.
1. Angaben zur Einrichtung
2. Personalstruktur und –entwicklung
3. Organisationsstrukturelle Entwicklung
4. Qualifikationsbedarfe und Strategien ihrer Deckung
5. Entwicklungstendenzen der Aus- und Weiterbildung
Die durchgeführte Qualifikationsbedarfsanalyse, die auf ermittelten Daten unter Punkt 4
„Qualifikationsbedarfe und Strategien ihrer Deckung“ basiert, umfasst fünf Ebenen:
1. Sie erfasst die in den Pflegeberufen zu differenzierenden 21 Einzelqualifikationen
nach drei Unterscheidungskriterien:
a) Pfegequalifikationen
• Pflegeplanung/-prozess/-dokumentation
• neue Pflegeverfahren
• geronto-psychiatrische Kompetenz
• Pflegeberatung
• präventive/rehabilitative Beratung
• interkulturelle Pflegekompetenz
b) Überfachliche Qualifikationen
• BWL-Grundlagen/Controlling
• Recht
• Organisationsentwicklung
• Personalplanung/-einsatz
• Marketing
• Informations- und Kommunikationstechnologie, Vernetzung
• EDV-Grundlagen
• Qualitätssicherung
V

EQUIB
• Arbeits- und Gesundheitsschutz
• Umweltschutz
c) Schlüsselqualifikationen
• soziale/kommunikative Kompetenz
• Kompetenz für interdisziplinäre Zusammenarbeit (Teamarbeit)
• Verantwortungsbereitschaft
• Gestaltungskompetenz
• Qualitätsbewusstsein
2. Die einzelnen insgesamt 21 Qualifikationselemente werden jeweils auf drei Qualifikationsebenen
bezogen, die im Pflegebereich unterschieden werden können:
• Personal in Leitungsfunktionen
• Examinierte Pflegekräfte (3 Jahre)
• Examinierte Pflegekräfte (1 Jahr)
3. Die Ergebnisse werden mit den Daten der einzelnen Einrichtungsarten Kranken-, Alten-
und häusliche Pflege korreliert, so dass je nach Einrichtungsart spezifizierte Qualifikations-
und Anforderungsprofile gewonnen werden können.
4. Dabei wurde in einem vierten Schritt der unmittelbare Bedarf und die Art und Weise
seiner Deckung nach den Kriterien „intern“, „extern“, „in- und extern“, „offen“ unterschieden.
5. Um die empirischen Ergebnisse zu arrondieren, wurden ergänzend zur Repräsentativerhebung
Expertenmeinungen zu verschiedenen Schwerpunkten der Thematik eingeholt
und in die empirischen Ergebnisse eingearbeitet.
4. Angaben zu den Einrichtungen
Bei den Einrichtungsarten setzt sich der Befragungsrücklauf wie folgt zusammen:
• 17% der Einrichtungen sind Krankenhäuser/Fachkliniken (16),
• 36% der Einrichtungen sind als Altenwohn- und Pflegeheime der stationären Pflege
zuzuordnen (34),
• 47% der Einrichtungen sind Anbieter ambulanter häuslicher Pflege und Betreuung
(44).
Die Organisationsformen:
Die regionalen Krankenhäuser/Fachkliniken sind zu 75% kommunal organisiert.
Bei den Altenwohn- und Pflegeheimen überwiegt die frei gemeinnützige Organisationsform
mit 67,6%.
Die Anbieter ambulanter häuslicher Pflege- und Betreuung sind mit 70,5% überwiegend
privatwirtschaftlich organisiert.
VI

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
5. Personalbedarfsdeckung
Der Bereich der ambulanten Pflege, in dem seit der Einführung der Pflegeversicherung
zahlreiche Arbeitsplätze neu geschaffen wurden, bleibt weiterhin auf Wachstumskurs,
denn bei den häuslichen Pflege- und Betreuungsdiensten wird mit den höchsten Zuwachsraten
für Beschäftigung gerechnet. Die Einrichtungen gehen überwiegend von
einem zunehmenden Bedarf für alle Qualifikationsstufen aus; die höchste Rate ist bei
den examinierten Pflegekräften (3j.) zu erwarten.
Auch für den Bereich der Altenwohn- und Pflegeheime prognostizieren die Experten
eine gleichbleibende bis zunehmende Tendenz für Personalbedarf für alle Funktionsebenen
im Pflegebereich. Dies gilt auch für die Anzahl der zukünftigen Ausbildungsplätze.
Ganz anders stellt sich das Bild für die Krankenhäuser/Fachkliniken dar. Im Bereich
der stationären Krankenpflege gehen die befragten Experten überwiegend von zukünftig
geringerem Personalbestand aus. Dies ist nicht zuletzt eine Konsequenz der bisherigen
Gesundheitsreformen, die u.a. zu Zentralisations- und Konzentrationsprozessen in den
Krankenhäusern/Fachkliniken und damit zu Arbeitsplatzabbau geführt haben. Es ist
damit zu rechnen, dass sich diese Tendenz auch zukünftig weiter fortsetzen wird. Ein
Teil des im Krankenhausbereich freigesetzten Personals wird sicherlich in den Bereich
der häuslichen Pflege und der stationären Altenpflege überwechseln. Die damit verbundenen
neuen bzw. erweiterten Aufgaben- und Anforderungsprofile werden Anpassungsqualifizierungen
notwendig machen.
Deckung des Arbeitskräftebedarfs über den regionalen Arbeitsmarkt
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Krankenhäuser/Fachkliniken
im Wesentlichen keine Rekrutierungsprobleme für Neueinstellungen über den regionalen
Arbeitsmarkt sehen.
Im Bereich der stationären Altenpflege ergibt sich aber ein etwas differenzierteres
Bild. Nur für die Qualifikationsstufe der examinierten Fachkräfte (1j.) hält der regionale
Arbeitsmarkt ein ausreichendes Angebot vor. Bei der Suche nach Personal für Leitungsfunktionen
und examinierten Pflegekräften (3j.) stoßen die Einrichtungen überwiegend
auf Schwierigkeiten.
Noch problematischer ist die Situation für die häuslichen Pflege- und Betreuungsdienste.
Für die gehobenen Qualifikationsstufen finden sie nur zu etwa einem Drittel
adäquates Fachpersonal auf dem regionalen Arbeitsmarkt vor. In diesem Ergebnis reflektiert
sich der Umstand, dass der Pflegezweig der häuslichen Pflege eine noch relativ
junge und zudem wachsende Disziplin ist, so dass der Arbeitsmarkt einer entsprechenden
quantitativen Nachfrage nach qualitativ ausgewiesenem Pflegepersonal für diesen
Bereich (noch) nicht mit einem ausreichenden Personalangebot begegnen kann.
VII

EQUIB
Fazit: Krankenhäuser bauen auf allen Qualifikationsstufen perspektivisch eher Personal
ab. Die größte Arbeitsplatzzuwachsrate in den nächsten Jahren bezüglich des gesamten
Pflegebereichs ist in der häuslichen Pflege zu erwarten. Die Altenpflege nimmt in diesem
Vergleich einen mittleren Platz ein. Den Qualifikationsbereich mit der erwarteten
größten Zuwachsrate stellt die examinierte Pflegekraft mit dreijähriger Ausbildung dar.
6. Organisationsstrukturelle Entwicklung
Qualitätssicherung
Gemäß dem in der Pflegebranche mittlerweile durchgesetzten Leitsatz: „Wir sind der
Qualität verpflichtet“, womit ein konsequentes Qualitätsmanagement praktiziert werden
soll, wird der Kunde in den Mittelpunkt der angebotenen Dienstleistung gestellt.
Ebenso stellen Bestimmungen des SGB XI den Pflegebedürftigen in den Mittelpunkt
der Leistungserbringung und stärken dessen Position. Dabei sieht sich der Leistungsanbieter
mit neuen Anforderungen hinsichtlich seiner Leistungsqualität in Richtung einer
Kopplung der Versorgungsverträge an die Erfüllung von Leistungsbeschreibungen nach
Art, Umfang, Inhalt (siehe § 93ff BSHG/ § 80 SGB Xl) konfrontiert. Die Gewähr für
eine angemessene Leistung in den Einrichtungen wird von den Kostenträgern zukünftig
weniger über die Steuerung von finanziellen Mitteln zur Leistungserbringung erreicht
als über den Weg der Einforderung einer kontinuierlichen Qualitätssicherung durch das
Qualitätsmanagement der Leistungsanbieter.
Dieser Sachverhalt wird durch die Untersuchung bestätigt: Über 90% aller von EQUIB
befragten Einrichtungen betreiben Qualitätssicherung und zwar fast zu gleichen Teilen
nach den befragten Methoden DIN ISO 9000 ff., EFQM, Gütesiegel mit einem leichten
Übergewicht bei DIN ISO 9000 ff.
Auf die Beachtung der Prinzipien eines ausgewiesenen Qualitätsmanagements wird
Wert gelegt. Dabei werden äußerst unterschiedliche Ansätze für ein Qualitätsmanagement
in den Einrichtungen praktiziert, wobei Qualitätsbeauftragte und die Implementation
von Qualitätszirkeln, vor allem im Sinne praxisnaher Lösungen, eine große Rolle
spielen.
In Krankenhäusern wird das Instrument „Supervision“ deutlich öfter eingesetzt als bei
der Alten- und der häuslichen Pflege. Für die übrigen Kriterien wie Pflegeleitbild, Pflegestandards,
Controlling gilt, dass sie für alle Einrichtungsarten eine nahezu gleich
große praktische Bedeutung haben.
Die Bedarfsbefunde dieser Untersuchung bestätigen auf der Ebene der Gewichtung der
Anforderungen „Qualitätsbewusstsein und –sicherung“ diesen Trend. Die Einrichtungen
reagieren auf die öffentliche Vorgabe von Qualitätsmaßstäben durch eigene Qualifizierungsanstrengungen,
wobei sie auch auf die Dienstleistungen externer Qualitätssicherungs-
und Zertifizierungseinrichtungen zurückgreifen.
VIII

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
Integrierte Managementaktivitäten
Im Zuge einer wachsenden Orientierung des Pflegemanagements an allgemeingültigen
Pflegequalitätsstandards, die in der beruflichen Praxis entwickelt, umgesetzt und gesichert
werden müssen, rücken weitere Schutzbereiche in den Managementhorizont der
Pflegeleitungen. Hierzu gehören der Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie der Umweltschutz.
Als Bestandteile eines integrierten Managementverständnisses sollen betriebliche
Maßnahmen auf diesen Gebieten nicht nur gesetzlichen Auflagen und den
Schutzbestimmungen von EU-Richtlinien Genüge leisten, sondern insgesamt der Aktivierung
einer qualitätsorientierten und ganzheitlichen Pflegepraxis dienen. Hervorzuheben
sind die außerordentlich hohen Prozentangaben in diesen Bereichen (ca. 70 – 95%).
Vor allem der Arbeits- und Gesundheitsschutz wird von allen drei Einrichtungsarten
sehr hoch bewertet (im Durchschnitt zwischen 83% und 100%). Die Qualifikationsbedarfsanalyse
bestätigt diese hohe Wertschätzung qualifikationsseitig, d.h. dass für dieses
Qualifikationssegment mit die höchsten Bedarfsmeldungen abgegeben wurden.
Technologische Präferenzen
Im Pflegesektor entwickeln sich neue Technologien mit dem Schwerpunkt IuK-Technologie/Netzwerke/EDV,
wobei auch bei der Implementation moderner Pflegetechnik
ein Innovationsprozess zu beobachten ist. Schwerpunkte liegen bei der Pflegedokumentation
wie auch in der interinstitutionellen Netzwerkorientierung, die langfristig zu
einem Integrations- und Kooperationsprozess verschiedener Pflegeeinrichtungsarten
und –tätigkeitsstrukturen, vor allem im Bereich der Schnittstellen zwischen stationären
und ambulanten Pflegedienstleistungen, führen wird.
Die sich abzeichnende zunehmende „Technologisierung“ des Gesundheits- und Sozialpflegesektors
ist bedeutsam für die künftige Entwicklung dieser Branche, weil sich in
dieser Entwicklungstendenz neue Qualifikationsperspektiven, arbeitsorganisatorische
Innovationen und möglicherweise künftig erhebliche Rationalisierungspotenziale im
Pflegebereich dokumentieren.
Veränderungen der Arbeitsorganisation
Neue Arbeitsorganisationskonzepte, wie sie im Zuge der öffentlich und politisch geforderten
Reorganisation des Gesundheitssektors induziert werden, verknüpfen technologische
Innovation vor allem im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik
mit organisatorischen Veränderungen. Diese sind durch Privatisierungs- und Kommerzialisierungstendenzen
gekennzeichnet, so dass man heutzutage auch im Pflegesektor
von einer Tendenz zu in sich geschlossenen Organisations- und Wirtschaftlichkeitskonzepten
spricht (Profitcenter), die mit der Forderung nach größerer Flexibilität und Aufgabenorientierung
korrespondiert.
In der Repräsentativerhebung wurden die Einrichtungen zu diesem Thema nach
folgenden Unterscheidungskriterien befragt:
• Tendenz zu selbständigen Untereinheiten
• Abteilungen mit eigener Budgetverantwortung
• organisatorische Dezentralisierung
IX

EQUIB
• Schnittstellen für stationäre/ambulante Pflege
• Arbeit in Kooperationsmodellen mit anderen Diensteanbietern
• Care-Management (individuelle Zuschneidung von Leistungen)
• Ansätze interdisziplinärer Teamarbeit
Die Krankenhäuser weisen deutlicher als die anderen Abteilungen eine arbeitsorganisatorisch
innovative Orientierung auf. Die Bedeutung von vier Kriterien, Teamarbeit,
Care-Management, Schnittstellen stationär-ambulanter Pflege und Abteilungen mit
Budgetverantwortung, wird für den Krankenhaussektor mit 100% angegeben. Eine
Tendenz zur organisatorischen Dezentralisierung und zur Schaffung autonomer institutioneller
Subeinheiten mit Budgetverantwortung und erweiterter Handlungskompetenz
ist unverkennbar. Dabei scheint sich in der Entwicklung pflegerischer Tätigkeitsstrukturen
ein Trend zu kooperativen und teamförmigen Arbeitszusammenhängen zu bestätigen,
wie er aus dem industriellen Arbeitssektor oder aus bestimmten Entwicklungsströmungen
im Verwaltungssektor inzwischen geläufig ist. Doch auch die restlichen abgefragten
innovativen arbeitsorganisatorischen Kriterien erreichen im Schnitt Werte über
70%.
Die arbeitsorganisatorischen Entwicklungen in der häuslichen Pflege und in der stationären
Altenpflege zeigen die gleiche Richtung an. In der häuslichen Pflege sind Kooperations-
und Schnittstellenmodelle und damit der Aufbau von interdisziplinärer
Teamarbeit schon weiter fortgeschritten als bei der Altenpflege.
Die aufgezeigten organisationsstrukturellen Entwicklungen haben Auswirkungen auf
das Berufsbild der Pflege. Der Pflegeberuf wird in jedem Falle durch die Informations-
und Kommunikationstechnologie, Management und Controlling komplexer werden,
da sich die Informationsverarbeitung von der Dateneingabe bis zur Interpretation
ohne pflegerisch-medizinisches Fachwissen schwerlich erschließen läßt. Die Abteilungspflegeleitung
muss neben pflegerisch-fachlichen Aufgaben neue Funktionen erfüllen:
Personalentwicklungsplanung, Marketing für das spezifische Patientensegment
der Abteilung, Qualitätssicherung, Controlling, Koordination mit anderen Berufsgruppen
und anderen Einrichtungen. Bei der Erfüllung dieser Managementaufgaben wird,
neben kommunikativer und fachlicher Kompetenz, insbesondere ein kompetenter Umgang
mit der Informationstechnologie zu einer Schlüsselqualifikation („Medienkompetenz“)
werden.
7. Zusammenfassung der Qualifikationsbedarfstrends für alle Einrichtungsarten
Als erstes sind die durchweg hohen Qualifikationsbedarfsmeldungen aller untersuchten
Einrichtungen der Gesundheits- und Sozialpflegedienste hervorzuheben.
Die technischen und organisationsstrukturellen Veränderungen (vgl. Kap. 5) in dieser
Branche stellen notwendigerweise neue Arbeits- und Aufgabenanforderungen an die
Beschäftigten aller Hierarchiestufen. Ein wichtiges Ergebnis der vorliegenden Qualifikationsbedarfsanalyse
ist, dass die Verantwortlichen erkannt haben, dass die Umstrukturierung
der Gesundheits- und Sozialpflegedienste zu modernen Dienstleistern einer
qualifikatorischen Flankierung auf Seiten der Humanressourcen bedarf.
X

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
• Qualifizierungsbedarf für Arbeits- und Gesundheitsschutz
Auffallend sind die z.T. fast 100%igen Bedarfsmeldungen für dieses Qualifizierungssegment,
die quer durch alle Einrichtungen und für alle Qualifikationsebenen angegeben
werden.
Diese Bedarfsmeldungen dürften sich einmal aus dem Arbeitsschutzgesetz ergeben, das
für Ende 1999 die letzte Frist für die Durchführung von arbeitsplatzbezogenen Gefährdungsanalysen,
die eine Unterweisung/Unterrichtung der Mitarbeiter über potenzielle
gesundheitliche Gefährdungen sowie deren Vermeidung miteinschließen, vorsieht.
Zum zweiten steigen die gesundheitlichen, körperlichen wie psychischen Belastungen
der in diesem Sektor Beschäftigten als Folge der Entwicklung zum Dienstleistungssektor
in Kombination mit der Gesundheitsreform und der Pflegeversicherung, die mit reduzierten
Budgets qualitäts- und kundenorientierte Dienstleistungen verlangen, an.
Bemerkenswert ist, dass die Einrichtungen aus diesen beiden Momenten, der rechtlichen
Verpflichtung wie den gesundheitlichen Belastungen für die Beschäftigten, den Schluss
gezogen haben, einen Qualifizierungsschwerpunkt im Bereich Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung
zu setzen. Konsequent ist die Meldung entsprechender Qualifizierungsbedarfe
für alle Qualifikationsstufen, da Arbeits- und Gesundheitsschutz nur als
ganzheitlicher Prozess im Unternehmen seine gesundheitsförderlichen Wirkungen entfalten
kann.
Empfehlung: Spezifische auf diese Gesundheitsdienstleistungseinrichtungen zugeschnittene
ganzheitliche Beratungs- und Qualifizierungsangebote, z.B. Arbeits- und
Gesundheitsschutzmanagementsysteme, fehlen in der Region Bremen/Bremerhaven.
Angesichts des hohen gemeldeten Bedarfs der Einrichtungen sollte überlegt werden,
wie zu einzelnen Bereichen bestehende Angebote (Stressprävention, Rückenschule
usw.) zu einem Gesamtpaket ergänzt und eventuell in Modellprojekten zur betrieblichen
Gesundheitsförderung bei Gesundheits- und Sozialpflegediensten durchgeführt werden
könnten.
• Qualifizierungsfeld Umweltschutz
Auch in diesem Bereich finden sich vor allem für das Leitungspersonal aller Einrichtungsarten
sehr hohe Bedarfsmeldungen. Neben rechtlichen Kenntnissen sind Verfahren
der Integration von Umweltschutzauflagen auf arbeitsorganisatorischer Ebene zu klären.
Beratungsangebote zugeschnitten auf die Belange (z.B. Gefahrstoff-, Abfallbeseitigung
bei medizinischen Hilfsmitteln, Medikamenten, Desinfektionsmitteln usw.) dieses Sektors
werden nachgefragt.
Empfehlung: Es bietet sich an, den Umweltschutz in Verfahren und Systemen zum
Arbeits- und Gesundheitsschutz und Qualitätssicherung zu integrieren (Integrierte
Managementsysteme).
XI

EQUIB
• Qualitätssicherung (überfachliche Qualifikation) und Qualitätsbewusstsein
(Schlüsselqualifikation)
Als weiteres Qualifikationssegment ist in allen Einrichtungen, wenn auch abgestuft
nach den drei Qualifikationsebenen, die Qualitätssicherung als Implementation eines
abprüfbaren Verfahrens wie als extrafunktionale Kompetenz des Einzelnen zu identifizieren.
Zum einen sind diese Qualifikationsbedarfsmeldungen sicherlich begründet in der mit
der Pflegeversicherung festgeschriebenen Verpflichtung, Qualitätssicherung zu betreiben;
zum anderen setzen alle Einrichtungen auf die Schulung eines Qualitätsbewusstseins
ihrer Mitarbeiter, sehen also die Notwendigkeit, Qualität jeder einzelnen Pflegeleistung
zu einem der wichtigsten Kriterien ihres Dienstleistungsangebots zu erklären.
Analog zu dem Qualifikationssegment Arbeits- und Gesundheitsschutz kann auch hier
nur ein ganzheitlicher Ansatz, der die Einrichtungen als „lernende Unternehmen“ begreift,
auf Dauer Erfolg, sprich Durchsetzung auf dem Markt der Gesundheitsdiensteanbieter,
versprechen.
Empfehlung: Ausgehend von Forderungen nach Qualitätssicherungsverfahren, die
speziell auf die Pflegesituation zugeschnitten sind, sollte angesichts der hohen Bedarfsmeldungen
überlegt werden, ob auch hier die unterschiedlichen Angebote und Ansätze
in der Region gebündelt und zu einem solchen einrichtungsspezifischen Modellprojekt
weiterentwickelt werden könnten, das Qualifizierung der Mitarbeiter, Beratung
bei den Schritten der Implementation sowie Hilfestellung bei der Anerkennung/Zertifizierung
kombiniert. Ein Beratungs- und Qualifizierungsprojekt für Qualitätssicherung
könnte auf dem „Bremer Qualitätssiegel für ambulante Pflegedienste“
beruhen und Weiterentwicklungen für andere Bereiche initiieren. Für den Bedarf solcher
spezifischen Qualifizierungs- und Beratungsangebote sprechen auch Modellprojekte,
die in anderen Regionen angeregt wurden.
Im Hinblick auf die hohen Handlungsbedarfe im Bereich Arbeits- und Gesundheitssowie
Umweltschutz ist an die Entwicklung von Schnittstellen des Qualitätsmanagements
zu diesen Bereichen bzw. von Integrierten Managementsystemen speziell für
diesen Sektor zu denken.
• Qualifizierungsbedarf (nicht nur) für das Leitungspersonal
Für die übrigen überfachlichen Qualifikationen bezogen auf die Schwerpunkte
Führungs- und Managementkompetenzen (Recht, BWL, Marketing, Personal- und Organisationsentwicklung)
wurden durchweg sehr hohe (im Durchschnitt über 85 – 90%)
Bedarfsmeldungen für das Personal in Leitungsfunktionen abgegeben. Dieselbe Aussage
trifft auf den Bereich der neuen IuK-Technologien/Netzwerke/EDV zu.
Mit dem Qualifikationsniveau sinken in der Tendenz auch die angegebenen Bedarfe.
Bemerkenswert ist, dass der Modernisierungs-, Professionalisierungs- und Umstrukturierungsprozess
(Stichworte: Dezentralisierung, Profit-Center, Kundenorientierung,
Prävention, Rehabilitation) des Gesundheits- und Sozialpflegesektors von den Verantwortlichen
noch umfangreiche Qualifizierungsanstrengungen zu verlangen scheint.
XII

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
Empfehlung: Da gerade dieser Sektor eine wichtige Rolle für die Stärkung des regionalen
Dienstleistungssektors spielt, sollte das schon bestehende Angebot in der Region
auf seine Bedarfsdeckung hin überprüft werden und gegebenenfalls vor allem durch
handlungsorientierte Angebote im Bereich der Personal- und Organisationsentwicklung
ergänzt werden; gemeint sind damit Beratungs- und Qualifizierungsangebote, die
Theorie und direkte einrichtungsspezifische Umsetzungsstrategien (z.B. durch
Coaching) kombinieren.
Zum zweiten ist die Bedeutung der neuen Technologien für den ganzen Sektor unübersehbar;
sie werden alle gewohnten Pflegetätigkeiten sowie Verwaltungs- und Organisationsaufgaben
tangieren. Weiterbildungsangebote hier sollten sich nicht nur auf die
Vermittlung technischer Kompetenzen beschränken, sondern auch dazu beitragen, die
Einsatzmöglichkeiten hinsichtlich arbeitserleichternder und –einsparender technikbasierter
Prozesse aufzuzeigen. Den gerade dieses Wissen – das zeigten auch die Expertengespräche
– ist Voraussetzung für eine zukunftsweisende und wettbewerbsentscheidende
Planung zur Implementation neuer Technologien. Auf diesem Sektor werden –
gerade weil die technischen Möglichkeiten neu zu erschließen sind – zur Zeit kontinuierlich
neue Produkte auf den Markt gebracht bzw. innovative technologische Projektvorhaben
gestartet.
Die Einrichtungen benötigen Experten, die den Pflegesektor und den sich neu entwikkelnden
Pflegetechniksektor kennen, als kompetente Technik-Berater. Zu überlegen
wäre die öffentliche Förderung solcher Experten, die zudem eine Vernetzung des ganzen
Sektors vorantreiben könnten.
• Fachspezifischer Qualifizierungsbedarf
Auffallend ist, dass auch in diesem Segment das Personal in Leitungsfunktionen den
höchsten Bedarf anmeldet (im Durchschnitt ähnliche Prozentzahlen um 80 – 90% wie
für die übrigen Qualifikationen). Eine Arbeitsteilung streng nach Leitungs- und ausführenden
Arbeiten scheint in diesem Sektor nicht durchgängig ausgeprägt zu sein.
Für das dreijährig qualifizierte Pflegepersonal bildet dieses Qualifikationssegment
erwartungsgemäß den Schwerpunkt aller Bedarfsmeldungen. Die neuen fachlichen
Kompetenzen, z.T. durch die Nutzung neuer IuK-Technologien, z.T. durch die neu auf
die Gesundheitsdienstleister zukommenden Aufgaben (z.B. Pflege zunehmend älterer,
oft psychisch kranker Menschen) bestimmt, erfordern breite Qualifizierungsanstrengungen
(im Durchschnitt 80% Angaben). Aber auch hier ist eine abfallende Kurve der Bedarfsmeldungen
für die Helferberufe (wenn auch differenziert in den einzelnen Einrichtungsarten)
zu konstatieren.
Empfehlung: Da das Angebot in diesem Segment – zum großen Teil durch interne
Maßnahmen abgedeckt, z.T. durch geförderte Projekte unterstützt – ausreichend erscheint,
kann angesichts der hohen Bedarfsmeldungen nur die Empfehlung gegeben
werden, das Niveau und auch die öffentliche Projektförderung aufrechtzuerhalten.
Da auch in anderen deutschen Regionen wie im europäischen Ausland ähnliche Anstrengungen
zur Entwicklung innovativer Qualifizierungsmaßnahmen unternommen
werden, könnte ein Informationsaustausch eventuell zu neuen Ideen und Synergien für
die hiesige Region führen.
XIII

EQUIB
• Qualifizierungsbedarf für Schlüsselqualifikationen
Für alle Qualifikationsebenen, angeführt vom Leitungspersonal abgestuft bei den Helferberufen,
werden hier im Bereich der extrafunktionalen Kompetenzen Defizite
gesehen. Neue Formen der Arbeitsorganisation, eine Neuausrichtung der Aufgaben hin
zum Kunden erfordert konsequenterweise – soll die Neudefinition des pflegerischen
Selbstverständnisses und neuer Berufsbilder gelingen – neue personale, soziale und
kommunikative Kompetenzen. Diese Kompetenzen sind kein fassbarer Lehrgegenstand
wie z.B. Dokumentationsverfahren, sondern betreffen in der Regel Einstellungen und
Haltungen in der täglichen Berufsausübung sowie Fähigkeiten im Umgang mit anderen
Menschen.
Am besten werden diese Kompetenzen in der Aus- und Weiterbildung zum Beruf gelernt,
wenn die Methodik und Didaktik den Erwerb extrafunktionaler Qualifikationen
befördert und fordert. Teamfähigkeit usw. wird durch Bearbeitung von Aufgaben in der
Form von Team-/Projektarbeit gelernt. Kommunikative Kompetenzen werden erworben,
wenn die Gelegenheit besteht, sich über Probleme/Themen auseinanderzusetzen,
Rollen zu tauschen usw. Zum zweiten spielt die Unternehmensphilosophie bzw. –
führung eine entscheidende Rolle für die Ausbildung dieser Fähigkeiten. Teamfähigkeit
und autoritärer Führungsstil passen nicht zusammen.
Empfehlung: Insofern sind die hohen Bedarfsmeldungen eine Aufforderung an die
Aus- und Weiterbildungsanbieter, verstärkt die Förderung dieser extrafunktionalen
Kompetenzen in die Konzeption und Entwicklung ihrer Angebote zu integrieren. Moderne
Lern- und Lehrformen, die selbstständiges, selbstverantwortliches Lernen fördern,
Projektarbeit anbieten, die Vermittlung von Moderationstechniken einschließen
und die nicht zuletzt auch die Neuen Medien als Lernmittel, z.B. Internetrecherche, einsetzen,
sind für die Erfüllung dieser Anforderung nötig.
Schlussempfehlungen: Koordinierungsstelle – Informationsnetzwerk – Modellprojekte
In dieser Untersuchung konnten qualifikatorische Implikationen eines sozialen und
ökonomischen Wandlungsprozesses in Einrichtungen der Gesundheits- und Sozialpflegedienste
in der Region Bremen identifiziert werden, die im Zuge technologisch und
arbeitsorganisatorisch induzierter Innovationen in diesem Sektor relevant sind oder zukünftig
relevant werden. Die Notwendigkeit, auf diese Entwicklungen mit zukunftsorientierten
Aus- und Weiterbildungsaktivitäten zu reagieren, kann auf lange Sicht arbeitsplatzrelevante
Stabilisierungswirkungen für dieses Arbeitsmarktsegment zeitigen. Es
erscheint daher sinnvoll, auf der gesundheits- wie arbeitsmarktpolitischen Entscheidungsebene
solche Qualifizierungsaktivitäten durch entsprechende Flankierungsmaßnahmen
zu fördern.
Angesichts der sehr hohen und zum großen Teil anspruchsvollen Qualifikationsbedarfsmeldungen
wie auch des breiten Qualifizierungsangebots in der Region sollte
darüber nachgedacht werden, wie Aus- und Weiterbildungsaktivitäten in dem gesamten
potenziellen Wachstumssektor der Gesundheits- und Sozialpflege koordiniert werden
können, um auch hier Kosten zu senken, Synergien auszunutzen und so ein effektives,
auf die spezifischen innovativen Bedarfe der Region abgestimmtes Angebot präsentieren
zu können.
XIV

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
In diesem die Qualifizierungsaktivitäten koordinierenden Gremium (z.B. ständige
Arbeitsgruppe, „Runder Tisch“) sollten neben den Vertretern aller Einrichtungsarten
und ihrer Verbände, Vertreter von beteiligten senatorischen Dienststellen, von Arbeitsverwaltungen,
von Aus- und Weiterbildungsträgern sowie der akademischen Ausbildung/Wissenschaft
vertreten sein.
Da nicht nur in der Region Bremen/Bremerhaven der Gesundheits- und Sozialpflegesektor
im Umbruch ist, wäre u.E. eine wichtige zusätzliche Aufgabe dieses Gremiums,
die Informationen über innovative Projekte, neue Ausbildungsprojekte, Konferenzen
etc. in Deutschland wie in Europa für die Betroffenen hier in der Region zugänglich zu
machen sowie einen überregionalen Erfahrungs-/Informationsaustausch anzuregen;
nur so lassen sich gerade in „Aufbruchsituationen“ synergetische Effekte gewinnen. Da
neue IuK-Technologien auch im Gesundheits- und Sozialpflegesektor zunehmend die
Arbeit bestimmen, würde es sich anbieten, eine Art „internetgestütztes Informationsnetz“
aufzubauen, in dem überregionale Informationen wie regionalspezifische Nachrichten
verbreitet werden könnten.
Auf jeden Fall sollten Modellprojekte, die neue Methoden (z.B. Telelearning, selbstgesteuertes
Lernen) und Inhalte (z.B. Integrierte Managementsysteme für den Pflegebereich,
technisch-basierte Pflegeaufgaben, integrierte Erstausbildungskonzepte) entwikkeln,
die für die notwendige qualifikatorische Flankierung der erfolgreichen Umstrukturierung
dieses Wachstumssektors sorgen, weiterhin verstärkt initiiert und gefördert werden.
8. Zusammenfassung der Qualifikationsbedarfsdeckungsstrategien in allen Einrichtungen
In der Untersuchungskonzeption wurden vier Kriterien der Bedarfsdeckung unterschieden:
Bedarfsdeckung durch intern durchgeführte Maßnahmen, Bedarfsdeckung durch
externe Anbieter, Bedarfsdeckung durch die Verknüpfung von internen und externen
Maßnahmen sowie Bedarfsdeckungsstrategie „noch offen“.
Da die Weiterbildungslandschaft für den Gesundheits- und Sozialpflegebereich sehr
stark durch einrichtungsinterne Abteilungen geprägt ist – Krankenhäuser und der Bereich
der Altenpflege verfügen über eigene Weiterbildungsabteilungen – dominieren im
Vergleich der vier Bedarfsdeckungsstrategien die Qualifizierungen durch einrichtungsintern
durchgeführte Schulungsmaßnahmen für alle drei untersuchten Funktionsbereiche.
Bedarfsdeckung durch intern durchgeführte Weiterbildungsmaßnahmen
Für das Leitungspersonal kann im Wesentlichen für alle Qualifikationsbereiche eine
hohe interne Qualifizierung festgestellt werden, bei den examinierten Pflegekräften (3j.)
liegen die Spitzen bei den Pflegekompetenzen und Schlüsselqualifikationen. Die Beschäftigten
in Helferfunktionen werden in allen Bereichen überwiegend intern geschult.
XV

EQUIB
Bedarfsdeckung durch die Inanspruchnahme von externen Weiterbildungsanbietern
Der Umfang an extern durchgeführten Qualifizierungen fällt deutlich geringer aus. Beachtenswerte
Nennungen gibt es für das Leitungspersonal nur für die Qualifikationselemente
geronto-psychiatrische Kompetenz, BWL-Grundlagen/Controlling, Recht
sowie Arbeits- und Gesundheitsschutz und Qualitätssicherung. Für diese letztgenannten
Bereiche werden auch für die Qualifizierung der examinierten Pflegekräfte externe Berater
in Anspruch genommen.
Bedarfsdeckung durch die Verknüpfung von interner und externer Weiterbildung
Diese Strategie wird am häufigsten für die Bereiche Qualitätssicherung, Arbeits- und
Gesundheitsschutz sowie die Schlüsselqualifikation Qualitätsbewusstsein angewendet.
Für die Fachkräfte und Helferfunktionen in der Pflege erweitert sich diese Art und
Weise der Schulung noch auf die Anwendung neuer Pflegeverfahren.
Zukünftige Bedarfsdeckungsstrategie „noch offen“
Für diese Kategorie, die interessant ist für zu entwickelnde zukunftsorientierte Weiterbildungsmaßnahmen
der externen Anbieter, liegen die Spitzen für die Leitungsfunktionen
bei der geronto-psychiatrischen Kompetenz, der präventiven/rehabilitativen Beratung,
der interkulturellen Kompetenz sowie dem Umweltschutz. Für die examinierten
Pflegekräfte ergeben sich die höchsten Bedarfsnennungen ebenfalls für die gerontopsychiatrische
und interkulturelle Kompetenz, den Umweltschutz sowie für erforderliche
EDV-Grundlagenschulungen.
9. Entwicklungstendenzen der Aus- und Weiterbildung
Für die Weiterentwicklung der Qualität der Berufe, deren Handlungskompetenzen,
fachliche Orientierungen und Wissensbezüge bieten sich vor allem Aus- und Weiterbildungskonzepte
an, die eine Förderung beruflicher Schlüsselkompetenzen fokussieren
und sich auf eine berufsübergreifende Struktur von Handlungskonzepten und Methoden
konzentrieren. Dieser Trend wird durch die Befunde der Qualifikationsbedarfsanalyse
dieser Untersuchung nachhaltig gestützt.
Neue integrierte Bildungsansätze zur Professionalisierung der Pflegeberufe und
Ansätze der Verschmelzung der Berufe in der Pflegepraxis
Der Frage der Integrationsnotwendigkeit von Pflegeberufen in der Erstausbildung, die
dann durch Spezialisierungsprozesse komplettiert wird, messen die befragten Experten
insgesamt eine große Bedeutung bei. Alle Befragten aus den Krankenhäusern/Fachkliniken
halten eine integrierte berufliche Ausbildung für wünschenswert, in
der stationären Altenpflege sind es 83% und in der häuslichen Pflege 95%. Dieses repräsentative
Ergebnis untermauert eindeutig die aktuelle berufsbildungspolitische Diskussion
und die Berechtigung von Modellversuchen für eine einheitliche pflegerische
Grundausbildung mit darauf aufbauenden Spezialisierungen.
Ansätze einer Verschmelzung von Berufen in der täglichen Pflegepraxis sehen die Experten
– wenn auch im Vergleich zur wünschenswerten zukunftsorientierten Berufsausbildungsreform
– in weit geringerem Maße auch schon zum Zeitpunkt der Repräsenta-
XVI

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
tivbefragung. Etwas mehr als die Hälfte der Experten aus den Bereichen häusliche
Pflege und stationäre Altenpflege stellt heute schon Verschmelzungen der Berufsbilder
in der Pflegepraxis fest, so z.B. die Zusammenarbeit bzw. gleiche Aufgabenprofile für
Kranken- und Altenpflegepersonal. Die Experten weisen darauf hin, dass diese Verzahnungstendenz
zukünftig an Bedeutung gewinnen wird. Im Krankenhausbereich stellt
sich schon jetzt die Situation etwas anders dar. Hier sehen 70% der Experten Verschmelzungsansätze
in der Pflegepraxis. Sie beziehen sich im Wesentlichen auf die Bereiche
Krankenpflege mit spezieller geronto-psychiatrischer Orientierung sowie allgemeine
Krankenpflege mit Kinderkrankenpflege.
Neue Qualifikation: Fachkraft für Pflegeüberleitung
Der Bereich der Pflegeüberleitung wird insbesondere vor dem Hintergrund der Gesundheitsreform
2000, die in vielen Segmenten die ambulante Pflege vor die stationäre stellt,
zukünftig sowohl quantitativ als auch qualitativ an Bedeutung gewinnen. Für die Qualitätssicherung
der Pflegeüberleitung bedarf es deshalb eines systematischen Pflegeüberleitungsmanagement,
das die komplexen Aufgabenfelder professionell gestaltet.
Empfehlung: Die Schaffung einer neuen Qualifikation „Fachkraft für Pflegeüberleitung“
scheint sich für die Experten als notwendige Konsequenz zu ergeben, um so die
optimale schnittstellenübergreifende Versorgung der Patienten zu erreichen. Darüber
hinaus sollte das Aufgabenfeld „Pflegeüberleitung“ auch in der intendierten integrierten
Grundausbildung für die Pflegeberufe Berücksichtigung finden, um das nötige
Problembewusstsein bei den zukünftigen Pflegekräften schon in der Erstausbildungsphase
zu schaffen. Und nicht zuletzt vor dem Hintergrund der skizzierten aktuellen
komplexen Aufgaben und genannten Qualifikationsdefizite für eine qualitätsorientierte
Pflegeüberleitung sollten Weiterbildungen für das Personal in der Pflegeüberleitung
sowie für weitere Funktionsgruppen, z.B. Stationspflegekräfte, angeboten werden.
Spezifische Problematik der Weiterbildungspraxis
Obwohl Qualifizierungsbedarf in den Einrichtungen existiert, der auch aus Sicht der
Aus- und Weiterbildungsexperten zur Bewältigung der zukünftigen Pflegeaufgaben
befriedigt werden muss, findet die dafür notwendige Qualifizierung nicht in ausreichendem
Maße statt. Es gibt also eine Diskrepanz zwischen Bedarfsnennungen und der
Weiterbildungspraxis. Ein wesentlicher Grund hierfür dürfte in mangelnder systematischer
Personalentwicklungsplanung der Einrichtungen liegen. Aber auch andere
Hemmnisse wie gültige Arbeitszeitregelungen (Schichtpläne), Doppelbelastung (Familie
und Beruf) des weiblichen Pflegepersonals etc. spielen eine wichtige Rolle.
Empfehlung: Unter Berücksichtigung der spezifischen Arbeitszeitregelungen im Pflegebereich
sollten Weiterbildungsanbieter in der Lage sein, die Weiterbildungskurse
sehr flexibel auf die zeitlichen Bedürfnisse bzw. Notwendigkeiten der potentiellen
Teilnehmerkreise zuzuschneiden.
Da ein großer Anteil des Teilnehmerkreises weibliche Pflegekräfte sein wird, könnte
durch die Möglichkeit der begleitenden Kinderbetreuung die Motivation zur Teilnahme
an einer Qualifizierung erhöht werden.
XVII

EQUIB
Aber auch neue Formen und Methoden des Lernens sollten angesichts der spezifischen
Situation im Pflegebereich in das Blickfeld der Weiterbildungsgestaltung kommen.
Hierzu gehören der modulare Aufbau von Weiterbildungsinhalten, Ansätze von
Telelearning mit Vertiefung in Präsenzphasen in den Weiterbildungseinrichtungen sowie
die Vermittlung von Fähigkeiten für selbstorganisiertes Lernen.
Um den aktuell drängenden Bedarf an qualifiziertem Leitungspersonal zu begegnen,
wird empfohlen, das schon in der Region bestehende Angebot an diesbezüglicher aufstiegsbezogener
Qualifizierung zu verstärken und es „frauen- bzw. familienfreundlicher“
zu gestalten.
Eine weitere Maßnahme, die zur Ankurbelung der Weiterbildungsbereitschaft der Einrichtungen
überlegt werden sollte, könnte das in der Region Bremen schon erprobte
Modell von „Job-Rotation“ darstellen, da es gerade in Unternehmen mit knapper Personaldecke
eine Entlastung durch das Zurverfügungstellen von „Stellvertreter/innen“
schafft
XVIII

0. Einleitung
Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
Das Gesundheitswesen ist seit Jahren in einem tiefgreifenden Wandlungsprozess begriffen.
Nach Jahren der Expansion, Spezialisierung und Technisierung werden zunehmend
neue, strukturelle und qualitative Veränderungen erkennbar. Maßgebend für diese Entwicklung
sind Veränderungen der demografischen Entwicklung. Mit dem Wachsen
der sogenannten Alterspyramide ist ein Wandel des Krankheitsspektrums verbunden.
Experten sprechen von einem veränderten Panorama der Krankheitsbilder. Multimorbidität
und chronische Leiden werden immer häufiger diagnostiziert.
Daneben ist ein grundlegender gesellschaftlicher Wandel festzustellen. Eine Tendenz
zur Singularisierung und eine Zunahme von Einpersonen- und kinderlosen Haushalten
sowie die tendenzielle Auflösung der privaten sozialen Sicherungsnetze und der überkommenen
Familienstrukturen sind unübersehbar.
Steigender Personalbedarf im Gesundheits- und Sozialpflegebereich
Durch diese Veränderungen steigt die Nachfrage nach personenbezogenen Dienstleistungen
und damit der Personalbedarf für Pflege, Beratung und Betreuung. Auf der
anderen Seite sind die Diensteanbieter mit veränderten rechtlichen Rahmen- und Finanzierungsbedingungen
und umfangreichen Kostensenkungsmaßnahmen im Gesundheitswesen
konfrontiert.
Die Entwicklung der gesellschaftlichen Versorgungsstrukturen ist durch Verteilungskämpfe
im Gesundheitswesen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung sowie
zwischen den Kranken- und Pflegekassen geprägt. Andererseits ist ein massiver Ausbau
dezentraler ambulanter Versorgungsstrukturen, Vor- und Nachsorgeeinrichtungen der
stationären Behandlung insbesondere von privaten ambulanten Pflegediensten und
Krankenhausdiensten zu konstatieren, der durch einen Prozess zunehmender Privatisierung
begleitet wird.
Die Einrichtung von Profit-Centern in den Krankenhäusern ist dafür ein Beleg. Die
Umwandlung von Teilbereichen kommunaler Krankenhäuser in „wirtschaftlich selbständige
ambulante oder stationäre Pflegeeinrichtungen“ ist explizit vom Gesetzgeber
gefordert. 1 Die Umstrukturierung der Krankenhäuser zu Gesundheitszentren, die Schaffung
von regionalen Netzwerken für integrierte Gesundheitsleistungen und die zunehmende
Konzentration der Einrichtungen und die Verringerung der Anzahl der Krankenhäuser
evozieren in zunehmendem Maße integrative multifunktionale Versorgungsstrukturen,
die eine Erweiterung des Dienstleistungsangebots und die Entwicklung der
Krankenhäuser zu modernen Gesundheitsdienstleistern vorantreiben.
Neue Qualifikationsanforderungen an das Pflegepersonal
Dabei sind auf der Kundenseite gestiegene Ansprüche an die Qualität der medizinischen
und pflegerischen Versorgung zu beobachten, die die Entwicklung neuer Pflegekonzepte,
die Anwendung neuer Technologien und moderner Arbeits- und Kooperationsbeziehungen
in und zwischen den Pflegeeinrichtungen erfordern.
1 Vgl: Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), § 6 Abs. 3
1

EQUIB
Eine sich abzeichnende Tendenz der Enthierarchisierung der Krankenhausorganisation
und die Zunahme interdisziplinärer Arbeit und projektorientierter Arbeitsstrukturen führen
auch zu einer Erweiterung von administrativen und betriebswirtschaftlichen Tätigkeiten
auf Seiten des Pflegepersonals vor allem bei den Leitungsfunktionen.
Neue Berufsprofile
Das Bundesinstitut für Berufsbildung, Gesundheits- und Pflegeverbände sowie die gewerkschaftliche
Interessenvertretung kommen übereinstimmend zu dem Befund, dass
die bestehenden Aus- und Weiterbildungsstrukturen der Gesundheits- und Sozialpflegeberufe
den veränderten Anforderungen nicht mehr gerecht werden und durch modifizierte
bzw. neue Berufsprofile in Aus- und Weiterbildung ergänzt werden müssen. Dabei
steht das Ziel im Vordergrund, professionelle Pflege-, Beratungs- und Betreuungsfunktionen
zu schaffen. In der berufsbildungspolitischen Diskussion überwiegen gegenwärtig
Bildungskonzepte, die auf die Vereinheitlichung und Zusammenfassung einzelner
Berufsfelder zugeschnitten sind. Angestrebt wird eine integrierte Pflegeausbildung
zur „Pflegefachkraft“ im Berufsfeld Gesundheit und Soziales.
Für die zukünftige Professionalisierung der Pflege werden auch für den Fort- und Weiterbildungsbereich
Strukturen angestrebt, die gezielt auf die neuen Anforderungen fachund
arbeitsfeldbezogen sowie funktionsbezogen vorbereiten. Hier wird insbesondere der
Ausbau bzw. die Neuschaffung von Bildungsmöglichkeiten mit aufstiegsbezogener
Relevanz angestrebt.
An Hochschulen und Universitäten 2 hat es in den letzten Jahren einen massiven Ausbau
des Studienangebots für Pflegeberufe gegeben. Der Trend zur „Akademisierung“ in den
Pflegeberufen setzt sich weiter fort. Für das Berufsausbildungsstudium an Fachhochschulen
wird analog zur Erstausbildung ein integriertes grundständiges Pflegestudium
vorgeschlagen. Etliche Fachhochschulen und einige Universitäten bieten inzwischen
Studiengänge in Pflegepädagogik und –management an.
Regionale Qualifikationsbedarfsanalyse
Im Kontext dieser Entwicklung ist die vorliegende EQUIB-Studie zu sehen. Sie verfolgt
weniger die Intention, einen konzeptionellen Beitrag zur Aus- und Weiterbildung im
Pflegedienstbereich zu liefern, sondern sie ist eine Studie zur Erweiterung der empirischen
Datenbasis, um bildungs- und arbeitsmarktpolitisches Handeln im Rahmen regionaler
Orientierung zu fundieren.
Im Auftrag des Senators für Arbeit, Frauen, Jugend, Gesundheit und Soziales wird
hiermit eine regionalsspezifische Repräsentativerhebung „Gesundheits- und Sozialpflegedienste“
vorgelegt, die folgende Schwerpunkte hat:
• Beschäftigungsstruktur und -entwicklung der Pflegeberufe im Lande Bremen,
• technologische und arbeitsorganisatorische Innovationsentwicklung in den Einrichtungen
der stationären Kranken- und Altenpflege sowie der häuslichen Pflege
2 Vgl. Kap 7
2

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
• und daraus resultierende, qualitativ und quantitativ ermittelte und nach Einrichtungsart
differenzierte, Qualifikationsbedarfe und Bedarfsdeckungsstrategien sowie
Anforderungen an die berufliche Aus- und Weiterbildung.
3

EQUIB
4

1. Einführung in die Untersuchung
Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
1.1 Zum Strukturwandel im Humandienstleistungsbereich
Die in der Medienöffentlichkeit und in gesundheitspolitischen Expertenkreisen stattfindende
Diskussion um die „Strukturkrise im Gesundheits- und Sozialbereich“ offenbart
die Existenz von Problemkreisen, die erhebliche gesellschaftspolitische Umbrüche im
bundesdeutschen Gesundheits- und Sozialwesen signalisieren.
In dieser Debatte können im Wesentlichen drei große Umwälzungsindikatoren identifiziert
werden:
• die Gesundheitsstrukturpolitik mit ihrer gesetzlichen Regelungs- und Kostendämpfungsproblematik,
• der im Gesundheitswesen zunehmende Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnik
und die damit verbundenen neuen Organisations- und Arbeitsformen
in den Pflegeeinrichtungen,
• die neuen arbeitsmarktpolitischen Perspektiven für die Pflegeberufe und deren qualifikatorische
Implikationen für das berufliche Aus- und Weiterbildungssystem.
Ohne hier näher auf die Zusammenhänge und Gründe der gegenwärtigen gesundheitsstrukturellen
Problematik eingehen zu können, wie sie durch die drei Umwälzungsindikatoren
gekennzeichnet ist, soll der Bedeutungsgehalt einiger wichtiger gesellschaftspolitischer
Aspekte für die empirische Qualifikationsbedarfsanalyse, wie sie hiermit von
EQUIB vorgelegt wird, skizziert werden.
Der Arbeitsmarkt für Pflegeberufe wird derzeit mit den Attributen „entwicklungsfähig,
dynamisch und expandierend“ charakterisiert, da nach jahrelangem Pflegenotstand
strukturelle Veränderungen überfällig geworden sind. Die Entwicklung der häuslichen
Pflege z.B. hat mit der Einführung der Pflegeversicherung die Infrastruktur der pflegerischen
Versorgung verbessert. Gleichzeitig sollte sich hier ein bedeutendes Arbeitsmarktsegment
eröffnen. Die Rede ist von mehreren 100.000 Arbeitsplätzen, die in der
häuslichen Pflege und den angrenzenden Dienstleistungen künftig zur Verfügung stehen
könnten.
„Mit einem Beschäftigungswachstum von 60% hat der Gesundheitssektor in den letzten
15 Jahren bei weitem die Zuwächse harter Wirtschaftsbereiche wie der Industrie übertroffen:
Das freiberufliche Gesundheitswesen gehörte in den letzten 20 Jahren zu den
wenigen Jobmaschinen – 132.000 neue Arbeitsplätze entstanden hier, wo neun von zehn
Beschäftigten Frauen sind. Dazu kommen über 270.000 neue Jobs in der Freien Wohlfahrtspflege,
hat das Institut der deutschen Wirtschaft errechnet.“ 3
Während die quantitativen Fragen nach dem Ausmaß des Personalbedarfs derzeit viel
Beachtung finden, ist die Diskussion über den gesellschaftlichen Bedarf an einzelnen
pflegerischen Berufsgruppen, über die notwendige Anpassung traditioneller Berufsbilder
an zukünftige Trends, die Gewährleistung eines entsprechenden Ausbildungsniveaus
mit zukunftsorientierten Qualifikationsprofilen eher unterentwickelt.
3 Vgl. Schulz, O.: Berufe in der Zukunftsbranche Gesundheit. In: Süddeutsche Zeitung 13./14.11.1999
5

EQUIB
Die Gesundheitsberufe sind sowohl mit neuen, innovationsfördernden bzw. -fordernden
gesetzlichen Rahmenbedingungen ihrer Tätigkeit konfrontiert als auch mit Anforderungen
aufgrund verschiedener gesellschaftlicher Faktoren.
Diese sind gekennzeichnet durch demografische und soziale Veränderungstendenzen,
die die Sozialformen des Zusammenlebens der Bürger in dieser Gesellschaft nachhaltig
betreffen. Mit der kontinuierlichen Zunahme der Zahl älterer und alter Menschen, bedingt
durch die sinkende Sterblichkeitsrate, stellt sich ein nicht mehr zu übersehender
Prozess der „Alterung der Gesellschaft“ ein, der eine Verschiebung des epidemiologischen
Spektrums mit sich bringt. Funktionale Konsequenzen chronischer Erkrankungen
und Behinderungen in fortgeschrittenem Alter sowie Einbußen in den geistigen und
psychischen Fähigkeiten manifestieren sich verstärkt, so dass im Zuge der Populationsalterung
mit einem beträchtlichen Zuwachs an Klienten mit kognitiven und psychiatrischen
Problemen zu rechnen ist. 4
Kurzum: Der Versorgungsbedarf der Gesellschaft, die individuellen Ansprüche und
die Typologie der Gesundheitsprobleme haben sich geändert. Zu den allgemeinen epidemiologischen
Neuerungen gehören Veränderungen im Krankheitsspektrum: Heute
gibt es vermehrt chronische Erkrankungen, die es durch Prävention und Prophylaxe zu
verhindern gilt.
Das gesundheitliche Versorgungssystem versucht, diesen Problemen aber immer noch
mit Mitteln beizukommen, die fast ausschließlich auf die Bewältigung akuter Gesundheitsstörungen
ausgerichtet sind, mit der Konsequenz, dass die Beschäftigten der Gesundheitsberufe
in der Ausbildung nach wie vor zuwenig auf die Prophylaxe chronischer
Erkrankungen und die therapeutische und pflegerische Berücksichtigung der Lebenslagen
von Menschen mit dauerhaften Beeinträchtigungen und Behinderungen vorbereitet
werden. Bei der Ausbildung in den Gesundheitsberufen muss deshalb künftig
primär auf die Wahrnehmung der Präventionsaufgaben wie der Rehabilitationsaufgaben
vorbereitet werden. 5
Weiter führt der technische und medizinische Fortschritt zur Leistungsausweitung, vor
allem bei der ärztlichen Tätigkeit in und außerhalb des Krankenhauses. Da jedoch viele
der durch die technische Machbarkeit induzierten medizinischen Eingriffe nicht ohne
eine pflegerische Betreuung auskommen, vermehrt sich auch das pflegerische Angebot
und seine Inanspruchnahme. 6
4 Vgl. Garms-Homolovà, V.: Gesundheitsberufe im Wandel – Qualifikationen unter Innovationsdruck. In:
Meifort, B. (Hrsg.): Arbeiten und Lernen unter Innovationsdruck, Bundesinstitut für Berufsbildung,
Berichte zur beruflichen Bildung, Heft 221, Berlin 1998, S. 13ff.
Diese Entwicklung findet ihren Niederschlag in der durchgeführten regionalen Qualifikationsbedarfsanalyse,
in der durchweg hohe Bedarfsmeldungen „geronto-psychiatrischen Kompetenzen“ ermittelt wurden.
(vgl. Kap. 6)
5 Dass präventive und rehabilitative Leistungen vermehrt beansprucht werden, zeigen die entsprechenden
hohen Bedarfsmeldungen der hiesigen Humandienstleistungsanbieter. (vgl. Kap 6)
6 Als Beleg für diese Entwicklung könnte die gleichzeitige Zunahme der häuslichen Pflege und der Pflege
im Krankenhaus dienen. „Noch nie wurde so viel für die Pflege ausgegeben wie im letzten Jahr!“ klagen
die Vertreter der Kassen. Dabei ist diese Bilanz nur das Nebenprodukt der erheblichen Zunahme ärztlicher
Maßnahmen, wie z.B. von Operationen, die – wie früher – im Krankenhaus, neuerdings aber auch
immer öfter ambulant durchgeführt werden.
6

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
Wenn man die künftige Organisations- und Personalentwicklung im Pflegebereich
antizipieren will, so wird man mit Anforderungen an den pflegerischen Beruf konfrontiert
werden, die aus gesellschaftlichen Entwicklungstendenzen in vielen Branchen des
Wirtschafts- und Dienstleistungssektors bekannt sind: Der Pflegeberuf wird in jedem
Fall durch Informations- und Kommunikationstechnologie, Managementaufgaben und
Controllingprozesse komplexer werden. Die Pflegeleitungen werden sich neben pflegerisch-fachlichen
Aufgaben neuen Funktionen der Personalentwicklung, des Marketing
und der Qualitätssicherung widmen müssen. Für der Bewältigung all dieser Aufgaben
wird der kompetente Umgang mit IuK-Technologie/Vernetzung/EDV zu einer Kernqualifikation
(„Medienkompetenz“) werden. 7
Ein wichtiger Grund für diesen Entwicklungstrend liegt in den Besonderheiten der
gesundheitspolitischen Strukturveränderungen im Pflegebereich begründet, wie sie vor
allem durch das Gesundheitsstrukturgesetz sollizitiert werden. Neue Organisationsund
Finanzierungsregelungen forcieren betriebswirtschaftliches Denken in zunehmend
privat organisierten Pflegeeinrichtungen. Sie verschärfen den Wettbewerb zwischen
Abteilungen der Krankenhäuser oder anderen gemeinnützigen oder privaten pflegerischen
Leistungsanbietern. Dabei beginnen sich auch neue „Pflegemärkte“ wie die
Kurzzeitpflege, die Nachsorge oder Schnittstellen zwischen dem stationären und ambulanten
Bereich zu entwickeln.
1.2 Aufgabenverlagerung und neue Qualifikationsanforderungen
Neue Aufgaben, veränderte Arbeitsanforderungen und großenteils neue Handlungsabläufe
im Pflege- wie Verwaltungsbereich der Einrichtungen strukturieren die Qualifikationsprofile
in den einzelnen Qualifikationsstufen und verschiedenen Einrichtungsarten.
Mit dem zunehmenden Einsatz von IuK-Technologien bei Pflegeaufgaben und Verwaltung,
mit der Forderung nach dezentraler Budgetverantwortung, Wirtschaftlichkeitsrechnungen,
verstärktem Controlling und Qualitätsmanagement sowie mit der Neuorientierung
der angebotenen Pflegedienstleistungen an Kundenwünsche und -interessen
wird den Einrichtungen wie den einzelnen Beschäftigten ein Mehr an differenzierter
täglicher Leistung abverlangt. Zusätzliche Qualifizierungsanstrengungen auf allen Hierarchiestufen,
spezifiziert nach Einrichtungsart wie auch einrichtungsübergreifend werden
nötig.
Entwicklungstrends mit daraus abgeleiteten Aufgabenverlagerungen lassen sich wie
folgt charakterisieren:
• Die Arbeit in der häuslichen Versorgung, die immer mehr zum Schwerpunkt der
Gesundheitsberufe wird, umfasst gänzlich andere Bereiche als die Beschäftigung in
einer stationären Pflegeinstitution. So beschränken sich die ambulanten Betreuungsaufgaben
nicht allein auf den Klienten. Gefordert wird im wahren Sinne eine ganzheitliche
Arbeitsweise, denn auch das soziale Umfeld und die häuslichen Bedingungen
sind Gegenstand der Intervention. Die häufig defizitären häuslichen Bedingungen
sind für die Pflegekräfte zugleich erschwerte Arbeitsbedingungen. Pflege-
7 Vgl. Csongár, G: Professionalisierungstrends im Gesundheits- und Sozialmanagement – Anforderungen
an die berufliche Weiterbildung. In: Meifort, B. (Hrsg.): Arbeiten und Lernen unter Innovationsdruck,
Bundesinstitut für Berufsbildung, Berichte zur beruflichen Bildung, Heft 221, Berlin 1998, S. 66f.
7

EQUIB
dienstleistungen werden mit hauswirtschaftlichen Angeboten kombiniert werden
müssen, um den Aufwand für Haushaltsversorgung miterledigen zu können.
• Die Anzahl der Übergänge von einem Dienst zum anderen wird künftig zunehmen,
weil – u.a. auf Basis des Gesundheitsförderungsgesetzes – ein diversifiziertes
Dienstleistungsangebot zur Verfügung steht, etwa Nachtbetreuung und Kurzzeitpflege.
Diese Übergänge stellen die Pflege vor neue Aufgaben der Überleitung und
deren Risikobewältigung. 8 Das Berufsbild einer „Fachkraft für Pflegeüberleitung“
ist in der Diskussion. 9
• Die Rekonvaleszenzphase wird sich nach Hause verlagern. Die häusliche Betreuung
von Personen nach operativen Eingriffen, von Kranken, die weiterhin intensive
„Krankenpflege“ brauchen, wird nicht nur von den ambulanten Pflegediensten, sondern
ebenso vom Krankenhaus angeboten werden. Für das Pflegepersonal ergibt
sich daraus die Notwendigkeit zu lernen, abwechselnd in beiden Bereichen, dem
stationären wie auch dem ambulanten, zu arbeiten.
• Pflegeheime werden kurz- und mittelfristig fast nur noch Klienten aufnehmen, deren
häusliche Betreuung zu aufwendig und zu teuer ist. Hinzu kommen vermehrt
Pflegebedürftige, die alleinstehend sind und für Betreuungsaufgaben nicht auf Angehörige
zurückgreifen können. Zugleich werden Pflegeheime auch für die sogenannte
„subakute“ Versorgung zuständig sein und deshalb partiell die heutigen
Krankenhäuser bei der Grundversorgung ersetzen. Hier werden vermehrt Krankenpflegequalifikationen
benötigt werden.
• Ein horizontal verknüpftes System der stationären und ambulanten medizinischen,
therapeutischen und pflegerischen Angebote wurde seit Jahren gefordert. Jetzt, mit
der wirtschaftlich bedingten Verschlankung der Krankenhäuser, Verkürzung der
Verweildauer und selektiven Gewährleistung stationärer Betreuung im Alter, wird
es ansatzweise realisiert. Neue Methoden der Versorgungsverzahnung gewinnen
bereits heute an Bedeutung. Es beginnt sich das sogenannte „Care-Management“ zu
etablieren, eine individualisierte Zuschneidung von Versorgungsleistungen auf Problemlagen
der Kunden. Damit einhergeht das Erfordernis, EDV-gestützte Planungsmethoden,
die Dienstleistungen für Pflege, Hauswirtschaft und Therapie zu
einem Gesamtpaket verknüpfen, zu applizieren.
Mit dieser Entwicklung von Querschnittsaufgaben entsteht ein Innovationsdruck auf
das qualifizierte Gesundheitspersonal, das zunehmend in die Erhebung von Daten,
Dokumentation, Bewertung des Versorgungsprozesses, seiner Qualität und seiner Ergebnisse
involviert sein wird. Eine qualifizierte Pflegekraft erhält beispielsweise zusätzlich
die Verantwortung für die Verteilung der zur Verfügung stehenden Budgets und
anderer Ressourcen, für die Leistungstransparenz und den Verkauf von Pflegeleistungen.
Dabei bedient sie sich der Mittel der virtuellen Kommunikation, muss eine Reihe
administrativer Aufgaben übernehmen und in Managementbereiche vordringen, die
noch bis vor kurzem nicht in den Bereich der Pflegetätigkeiten fielen. 10
8 Vgl. zu dem Thema die Broschüre von Wolters, P.: Pflegeüberleitung in NRW, Schriftenreihe des Instituts
für Pflegewissenschaft an der Universität Bielefeld, Oktober 1996
9 Vgl. Kap. 7
10 Für fachübergreifende Qualifikationen werden in der regionalen Qualifikationsbedarfsanalyse von allen
drei Einrichtungsarten gleichermaßen die höchsten Bedarfsmeldungen für Personal in Leitungsfunktionen
abgegeben. (vgl. Kap. 6
8

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
Die vielfältigen Veränderungen, etwa die Implementierung von IuK-Technologien für
die Erfüllung vieler Gesundheitsaufgaben, geänderte gesetzliche Vorschriften und gesellschaftlich
relevante Gesundheitsprobleme verlangen nach einem neuen Zuschnitt der
Tätigkeitsfelder von angestammten Berufen und einer umfassenden Reform angestammter
Qualifikationskonzepte. Vor dem Hintergrund der skizzierten Entwicklungen
ist konsequenterweise eine Diskussion über Modernisierung, Professionalisierung
und Akademisierung der Pflegeberufe hinsichtlich Aus-, Fort- und Weiterbildung
nicht nur in Gang gesetzt worden; deren erste Ergebnisse sind in verschiedenen Modellprojekten
(u.a. auch in Bremen) bereits erfolgreich umgesetzt worden. 11
1.3 Schwerpunkte zukunftsorientierter Pflegekompetenzen 12
Nimmt man die klassische Struktur der Berufsausbildung, so kann der Horizont beruflicher
Kompetenzerweiterung im Pflegebereich ansatzweise folgendermaßen abgesteckt
werden:
Fachliche Kompetenz
Als Grundlage für fachlich kompetentes Handeln sollen qualifizierte Pflegekräfte ein
berufliches Selbstverständnis entwickeln, das auf folgenden Grundprinzipien basiert:
Pflege zielt darauf ab, die Gesundheit des einzelnen Menschen zu erhalten bzw. wieder
herzustellen und zu fördern und ihn unter Einbeziehung seines sozialen Umfeldes bei
Krankheit und Behinderung zu unterstützen. Demnach sollen die Auszubildenden lernen,
traditionelle Strukturen der helfenden Beziehung kritisch zu hinterfragen, Pflegebedürftige
in ihren sozialen Lebensbezügen zu sehen und insbesondere die im Einzelfall
vorhandenen Ressourcen des Pflegebedürftigen und seines sozialen Umfeldes zu suchen
und zu stärken.
Sozial-kommunikative Kompetenz
Eine wichtige Zielsetzung bei der Entwicklung sozialer Kompetenz besteht darin, dass
die Auszubildenden lernen „die Welt der Klienten zu verstehen und aus ihrer Perspektive
zu sehen“, also empathische Fähigkeiten auf- und auszubauen. Ein weiterer
Schwerpunkt der Vermittlung sozialer Kompetenz sollte die Konfliktfähigkeit und die
(Selbst-)Kritikfähigkeit stärken. Bei der kommunikativen Kompetenz geht es vorrangig
darum, die Auszubildenden zu befähigen, ihren eigenen Standpunkt zu artikulieren und
argumentativ zu vertreten, Gedanken und Beobachtungen präzise mündlich und schriftlich
wiederzugeben sowie Gespräche gezielt zu initiieren und zu moderieren.
Methodische Kompetenz
Um Pflege als Prozess planen, durchführen, evaluieren und in ihrer Qualität sichern zu
können, bedarf es entsprechender methodischer Fähigkeiten. So müssen die künftigen
Pflegekräfte lernen, klientenbezogene Informationen in Kooperation mit Kollegen und
anderen Berufstätigen einzuholen und zu verarbeiten, Entscheidungen zu treffen und
11
Nähere Ausführungen zu dieser Thematik siehe Kap.7.
12
Vgl. Oelke, U.: Gemeinsame Grundausbildung für alle Pflegeberufe. In: Pflegezeitschrift 4/99, Stuttgart
1999, S. 298f.
9

EQUIB
Prioritäten bei der Bewältigung von Arbeitsanforderungen zu setzen. Vor allem aber
müssen sie praktische Problemlösungen kompetent erarbeiten können.
Medienkompetenz
Für die Bewältigung all dieser komplexen Aufgaben rückt auch die Schlüsselqualifikation
„Medienkompetenz“ in das Blickfeld der Erstausbildung im Pflegebereich.
10

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
2. Empirisches Informations- und Erhebungsnetz
2.1 Ermittlung der Grundgesamtheit
Die Grundgesamtheit der Repräsentativuntersuchung bilden alle Anbieter ambulanter
und stationärer Gesundheits- und Sozialpflege in Bremen und Bremerhaven. Dazu gehören
die Krankenhäuser sowie die Altenwohn- und Pflegeheime für die überwiegend
stationäre Versorgung und die häuslichen Krankenpflege- und Betreuungsdienste für
den ambulanten Pflegebereich.
Angestrebt wurde eine Totalerhebung aller regionalen Diensteanbieter. Für die Ermittlung
der Grundgesamtheit standen Verzeichnisse des Senators für Frauen, Gesundheit,
Jugend, Soziales und Umweltschutz für die Krankenhäuser im Lande Bremen, für
die Altenwohn- und Pflegeheime und die Anbieter häuslicher Kranken- und Betreuungsdienste
zur Verfügung. Sie wurden durch eigene Recherchen aktualisiert und komplettiert.
Auf der Grundlage der so ermittelten 224 Einrichtungen wurde eine systematische telefonische
Vorbefragung durchgeführt. Ziel war es zum einen, kompetente Ansprechpartner
für die Teilnahme an der Untersuchung zu gewinnen. Darüber hinaus konnten schon
im Vorfeld der postalischen Versendung der Fragebögen Einrichtungen ausgeschlossen
werden, die nur beratende Tätigkeiten, nicht aber Pflegedienste anbieten oder die zu
Beginn der Repräsentativerhebung nicht mehr existierten.
Zeitpunkt der Untersuchung
Als Resultat dieser Vorermittlung wurde der Fragebogen im 2. Quartal 1999 an die bereinigte
Grundgesamtheit von insgesamt 203 Einrichtungen versandt. Nach Einrichtungsarten
und Standort gliedern sich die angeschriebenen Einrichtungen wie folgt auf:
Krankenhäuser/Fachkliniken
gesamt: 15 Einrichtungen 13
Bremen: 12 Einrichtungen
Bremerhaven: 3 Einrichtungen
Altenwohn- und Pflegeheime
gesamt: 73 Einrichtungen
Bremen: 63 Einrichtungen
Bremerhaven: 10 Einrichtungen
Ambulante häusliche Pflege- und Betreuungsdienste
gesamt: 115 Einrichtungen
Bremen: 91 Einrichtungen
Bremerhaven: 24 Einrichtungen
13 Die Pflegedirektion des ZKH-St. Jürgen Str. hat sich entschieden, den Fragebogen nicht für das Krankenhaus
zentral auszufüllen, sondern die Daten aus den einzelnen Fachkliniken erheben zu lassen. Insofern
ist das Krankenhaus mit mehreren Fachkliniken vertreten.
11

EQUIB
2.2 Zur Struktur des eingesetzten Fragebogens
Da sich die Repräsentativerhebung an verschiedene Arten von Pflegeeinrichtungen
wendet, mussten drei, für die Einrichtungsarten spezifizierte Fragebögen entwickelt
werden:
• Krankenhäuser/Fachkliniken
• Altenwohn- und Pflegeheime
• Häusliche Krankenpflege und Betreuung
Die Grundstruktur der Fragebogen blieb mit ihren fünf Gliederungspunkten identisch:
1. Angaben zur Einrichtung
2. Personalstruktur und -entwicklung
3. Organisationsstrukturelle Entwicklung
4. Qualifikationsbedarfe und Strategien ihrer Deckung
5. Entwicklungstendenzen der Aus- und Weiterbildung
Zu dem Abschnitt „Personalstruktur- und -entwicklung“ wurden zu den Themen Neueinstellung
und Rekrutierungspraxis offene, nicht standardisierte Fragen gestellt.
Im Frageteil „Entwicklungstendenzen der Aus- und Weiterbildung“ wurden fünf offene
Themenbereiche abgefragt:
1. Professionalisierung und neue Bildungskonzepte
2. Entwicklung der Berufsbilder in der Pflegepraxis
3. Akademisierungstendenzen
4. Probleme der Weiterbildungspraxis
5. Probleme der Pflegeüberleitung
2.3 Der Rücklauf der postalischen Befragung
Das Ergebnis der postalischen Befragung ist ein Rücklauf aus insgesamt 94 Einrichtungen.
Dies entspricht einer Rücklaufquote von 46% und weist auf eine hohe Akzeptanz
des Untersuchungsvorhabens bei den Diensteanbietern hin. Denn allgemein wird dieser
Dienstleistungsbranche in Expertenkreisen eine gewisse „Auskunftsmüdigkeit“ zugeschrieben.
Ein wesentlicher Grund für das relativ hohe Interesse an dieser Untersuchung
dürfte auch darin bestehen, dass im Anschluß an die Versendung der Fragebögen noch
einmal der persönliche telefonische Kontakt mit allen angeschriebenen Experten in den
Einrichtungen aufgenommen wurde. In den Gesprächen konnten zudem häufig einzelne
Fragestellungen vertieft und wichtige z.T. sehr spezifische Zusatzinformationen gewonnen
werden. Die Nichtteilnahme von Einrichtungen an der Untersuchung wurde im Wesentlichen
mit dem beruflich bedingten Zeitmangel und datenschutzrechtlichen Bedenken
begründet.
12

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
2.4 Ergänzende Experteninterviews und deren Themenschwerpunkte
Zur Absicherung bzw. qualitativen Ergänzung der Repräsentativdaten sind umfangreiche
Interviews mit Experten aus Institutionen und Pflegeeinrichtungen unverzichtbar.
Sie sind jeweils Bestandteil des methodischen Instrumentariums der von EQUIB durchgeführten
Qualifikationsbedarfsermittlungen. 14
Für die vorliegende Repräsentativerhebung wurden im Vorfeld der Untersuchung Sondierungsgespräche
mit Experten geführt. Ziel war es, für die Allgemeinheit der Einrichtungen
relevante Themenfelder und Fragestellungen zu entwickeln, um so den Repräsentativfragebogen
operationalisierbar zu machen. Darüber hinaus wurden anhand
von teilstandardisierten Gesprächsleitfäden weitere Expertengespräche geführt, um die
Vertiefung einzelner zentraler Schwerpunkte zu ermöglichen.
Anzahl und Funktionen der befragten Experten
Für die qualitative Befragung wurden 22 Experten kontaktiert. Das dadurch gewonnene
Expertenwissen beinhaltet aus unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungshorizonten
eine differenzierte Bestandsaufnahme der allgemeinen und auch besonderen Entwicklungstendenzen
im Bereich der Gesundheits- und Sozialpflege. Im Einzelnen wurden
umfangreiche Interviews mit Vertretern aus folgenden Bereichen/Institutionen geführt:
• Institutionen der regionalen Aus- und Weiterbildung (5 Interviews)
• wissenschaftliche Ausbildung in Bremen (2 Interviews)
• Gesundheitsbehörden in Bremen und Bremerhaven (3 Interviews)
• Krankenhäuser (4 Interviews)
• Altenwohn- und Pflegeheime (4 Interviews)
• Ambulante häusliche Krankenpflege (3 Interviews)
• Software-Hersteller für Krankenhaus-Informationssysteme (1 Interview)
Befragung anhand teilstandardisierter Gesprächsleitfäden
Die Expertenbefragungen wurden anhand von teilstandardisierten Gesprächsleitfäden
während des gesamten Untersuchungszeitraums (1. bis 3. Quartal 1999) durchgeführt
und durch prozessbegleitende Nachfragen ergänzt. Mit diesem Verfahren wurde sichergestellt,
dass das Expertenwissen der Gesprächspartner, ihre persönlichen Erfahrungen
und Ansichten, die sowohl aus ihrem unmittelbaren Funktionsbereich als auch aus ihrer
Einsicht in die Entwicklungstendenzen des Gesundheits- und Sozialpflegebereichs resultieren,
für das Projektvorhaben genutzt werden können.
Im Einzelnen wurden die folgenden Themenschwerpunkte diskutiert:
• zentrale Entwicklungstrends des den gesamten Bereich betreffenden Strukturwandels
aus der Sichtweise des jeweiligen Experten,
• wesentliche organisationsstrukturelle Veränderungen des gesamten Sektors: Qualitätssicherung,
Arbeitsschutz und Gesundheitsschutz, Umweltschutz, Veränderungen
14 Erläuterungen zur allgemeinen Methode der EQUIB-Untersuchungen finden sich im Anhang.
13

EQUIB
der Arbeits- und Ablauforganisation aufgrund organisationsstruktureller und technologischer
Innovationen,
• Entwicklung der technologischen Innovationen im Pflegebereich,
• Konsequenzen dieser Entwicklungen für die Qualifikationsstrukturen,
• Qualifikationsbedarf in den Einrichtungen,
• allgemeine Entwicklungstendenzen und Erfordernisse der Aus- und Weiterbildung.
14

3. Struktur der Pflegeeinrichtungen
Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
3.1 Zusammensetzung des Samples nach Einrichtungsarten
44
Abb. 1: Rücklauf spezifiziert nach Einrichtungsarten (Angaben in absoluten Zahlen)
16
34
Krankenhäuser/Fachkliniken
Altenwohn- und Pflegeheime
Differenziert nach Einrichtungsarten setzt sich der Rücklauf wie folgt zusammen:
ambulante häusliche Pflege- und
Betreuungsdienste
• 17% der Einrichtungen sind Krankenhäuser/Fachkliniken (16),
• 36% der Einrichtungen sind als Altenwohn- und Pflegeheime der stationären Pflege
zuzuordnen (34),
• 47% der Einrichtungen sind Anbieter ambulanter häuslicher Pflege und Betreuung
(44).
3.2 Die Organisationsformen der Einrichtungen
Die Organisationsformen der Gesundheits- und Sozialpflegedienste sind zu unterscheiden
in kommunal, frei gemeinnützig und privatwirtschaftlich.
privat
frei gemeinnützig
kommunal
12,8
Abb. 2: Organisationsformen der Einrichtungsarten (Angaben in Prozent)
40,4
46,8
15

EQUIB
• Nahezu die Hälfte der befragten Einrichtungen ist privatwirtschaftlich organisiert.
• Zwei Fünftel der Diensteanbieter arbeiten als frei gemeinnützige Einrichtungen.
• Ca. 13% der Einrichtungen (ausschließlich Krankenhäuser/Fachkliniken) werden
von der Kommune betrieben.
• Die Auswertung der Daten bezogen auf die Organisationsformen der einzelnen
Einrichtungsarten ergibt folgende Schwerpunktbildungen:
16
Häusliche Pflege
Altenwohn- und Pflegeheime
Krankenhaus/Fachklinik
29,5
67,6
70,5
75,0 12,5
kommunal gemeinnützig privat
Abb. 3: Organisatorische Zuordnung differenziert nach einzelnen Einrichtungsarten (Angaben in Prozent)
• Die regionalen Krankenhäuser/Fachkliniken sind zu 75% kommunal organisiert.
• Bei den Altenwohn- und Pflegeheimen überwiegt die frei gemeinnützige Organisationsform
mit 67,6%.
• Die Anbieter ambulanter häuslicher Pflege und Betreuung sind mit 70,5% überwiegend
privatwirtschaftlich organisiert.
32,4
12,5

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
3.3 Verteilung der Pflegeleistungen differenziert nach Einrichtungsarten
Die unterschiedliche Anzahl der in diesem Kapitel ausgewerteten einzelnen Pflegeleistungen
resultiert aus den quantitativ differenzierten Kernbereichen des Pflegedienstleistungsangebots
der drei untersuchten Einrichtungsarten.
Die Kategorie Krankenhäuser/Fachkliniken weist folgende Verteilung der spezifischen
Pflegeleistungen auf.
120
100
80
60
40
20
0
100
68
stationäre Pflege teilstationäre
Pflege
25
31
ambulante Pflege sonstiges
Abb. 4: Pflegeleistungen Krankenhäuser/Fachkliniken (Angaben in Prozent)
Bemerkenswert ist, dass nur jedes vierte an der Befragung teilgenommene Krankenhaus/Fachklinik
Dienstleistungen für die ambulante Pflege anbietet. 15
15 Aktuelle Beispiele weisen jedoch darauf hin, dass die Einrichtungen der überwiegend stationären Krankenpflege
durch den Ausbau innovativer Dienstleistungsangebote die Verzahnung von ambulanter und
stationärer Arbeit ausweiten. So wurde in einem Zentralkrankenhaus ein „Interdisziplinäres Kurzzeittherapie-Centrum“
(IKC) eröffnet. Ziel ist es, den Krankenhausaufenthalt der Patienten für bestimmte Operationen
auf drei Tage zu beschränken. Desweiteren verfügt dieses Krankenhaus mittlerweile über ein
„Präambulantes Zentrum“. Diese Einrichtung ist bundesweit die erste ihrer Art. Das „Präambulante Zentrum“
(PAZ) bildet eine Schnittstelle zwischen der stationären und ambulanten Versorgung. Hier soll der
Patient lernen, nach der Entlassung eigenständig spezielle Pflegemethoden durchzuführen.
17

EQUIB
Altenwohn- und Pflegeheime
18
100
80
60
40
20
0
91
stationäre
Pflege
44
35
Kurzzeitpflege ambulante
Pflege
Abb. 5: Pflegeleistungen Altenpflege (Angaben in Prozent)
18 15
sonstiges Tagespflege andere
Altersgruppen
Die stationäre Altenpflege nimmt mit über 90% die Spitze der Pflegeleistungen in diesem
Bereich ein. Für innovative Dienstleistungsangebote ergibt sich folgende Rangfolge:
Mehr als zwei Fünftel der Einrichtungen bietet die Kurzzeitpflege an, gut ein
Drittel betätigt sich im ambulanten Pflegebereich. Die Tagespflege, die insbesondere zu
den innovativen Dienstleistungsangeboten zählt, fällt mit 15% der Nennungen allerdings
hinter diesem Angebot deutlich zurück. Nur in 5 der insgesamt 34 befragten Altenwohn-
und Pflegeheime werden zum Zeitpunkt der Erhebung Tagespatienten aufgenommen.
9

Häusliche Krankenpflege und Betreuung
Grundpflege
Behandlungspflege
hauswirtschaftliche Versorgung
Beratungspflege
Familienpflege
sonstiges
Rehabilitation
Kurzzeitpflege
Tagespflege
Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
0
7
18
32
43
0 20 40 60 80 100 120
Abb. 6: Pflegeleistungen häusliche Pflege und Betreuung (Angaben in Prozent)
Die Pflegeleistungen bei den Einrichtungen der ausschließlich ambulanten Pflege konzentrieren
sich im Wesentlichen auf die Grund- und Behandlungspflege, die hauswirtschaftliche
Versorgung sowie die Beratungspflege 16 , die in diesem Segment immer bedeutsamer
wird.
Die hauswirtschaftlichen Versorgungsleistungen werden von den befragten Einrichtungen
in der Gewichtung den Pflegetätigkeiten fast gleichgestellt (über 90%). Damit wird
allein bei dieser Einrichtungsart der häuslichen Pflege ein Aktionsbereich bedeutsam,
der außerhalb des medizinisch-pflegerischen Leistungsspektrums liegt und möglicherweise
auch entsprechend modifizierte Qualifikationen verlangt. 17
Für den ebenfalls immer wichtiger werdenden Bereich der Rehabilitation sind nur relativ
wenig Nennungen zu verzeichnen (18%). Nach diesem Ergebnis scheint sich die
wachsende Bedeutung von Rehabilitationsmaßnahmen im Gesundheitswesen als Trend
in der häuslichen Pflege noch nicht äquivalent niederzuschlagen.
16 Zu der Beratungspflege gehören die Anleitung von Angehörigen/Freunden/Nachbarn in den pflegerischen
Grundkenntnissen, patientenbezogene aktivierende Pflege usw.
17 In der Qualifikationsbedarfsanalyse für die häusliche Pflege wird von dieser Besonderheit abstrahiert,
da sich ein zusätzlicher Qualifikationsbedarf aus der Anlage dieser Untersuchung nicht ableiten läßt.
86
91
96
96
19

EQUIB
20

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
4. Personalstruktur und -entwicklung bei den Gesundheits- und Sozialpflegediensten
Die folgende Tabelle dokumentiert den aktuellen Bestand an hochqualifiziertem
bzw. examiniertem Pflegepersonal differenziert nach Einrichtungsarten und den einzelnen
Funktionsebenen. 18 Im Durchschnitt sind ca. 80 – 90% des Personals Frauen.
Personal in Leitungsfunktionen
alle
Einrichtungen
Krankenhäuser/
Fachkliniken
Altenwohn-und
Pflegeheime
Häusliche
Pflegedienste
728 477 125 126
exam. Pflegekräfte (3J.) 5274 4087 657 530
exam. Pflegekräfte (1J.) 804 225 466 113
HuF-Pfleger/innen 12 0 0 12
Auszubildende 650 613 37 0
Tabelle 1: Die hier dokumentierten absoluten Zahlen sind von den Einrichtungen z.T. geschätzte
Werte.
Unter der Kategorie „examinierte Pflegekräfte (3j.)“ 19 ist der Personalbestand aus den
Berufen Krankenschwester/-pfleger, Kinderkrankenschwester/-pfleger sowie Altenpfleger/in
zusammengefasst.
Die Kategorie „examinierte Pflegekräfte (1j.)“ 20 erfasst den Bestand an Helferberufen:
Krankenpflegehelfer/in, Altenpflegehelfer/in.
Der Anteil der Haus- und Familienpfleger/innen (HuF-Pflegekräfte) in den häuslichen
Pflegediensten ist mit der absoluten Anzahl von 12 Beschäftigten verschwindend gering.
Er spielt für die Frage der Qualifizierung daher in dieser Untersuchung keine
Rolle.
An der Untersuchung haben ambulante häusliche Pflege- und Betreuungsdienste teilgenommen,
die keine Pflegekräfte ausbilden. Bei ihnen werden nur Praktikumsplätze für
Auszubildende in Pflegeberufen angeboten. Die Erstausbildung der Pflegeberufe findet
hingegen an Pflegefachschulen in Verbindung mit den stationären Pflegeeinrichtungen
statt. Im Hinblick auf eine gezielte Personalentwicklungsplanung wird dies von den
ambulanten Pflegediensten als Mangel empfunden. Sie können ihrem steigenden Bedarf
an solchen Arbeitskräften nicht durch eigene Ausbildungsanstrengungen begegnen. 21
18 Neben diesen qualifizierten Fachkräften sind in den ambulanten Pflegediensten und Einrichtungen der
stationären Altenpflege sehr viele angelernte Pflegekräfte beschäftigt. Diese Beschäftigten sind überwiegend
Frauen in Arbeitsverhältnissen auf DM 630.- Basis. Die vorliegende Untersuchung konzentrierte
sich nur auf die Ermittlung des Qualifikationsbedarfs für die qualifizierten Pflegekräfte.
19 In der Untersuchung werden für die „examinierten Pflegekräfte (3j.)“ auch die Bezeichnungen „Exami-
nierte (3j.)“ und „Dreijährige“ verwendet.
20 In der Untersuchung werden für die „examinierten Pflegekräfte (1j.)“ auch die Bezeichnungen „Exami-
nierte (1j.)“ und „Einjährige“ verwendet.
21 Über zeitnah realisierbare Lösungsmöglichkeiten dieses Defizits nachzudenken, wäre u.E. eine der
Aufgaben des vorgeschlagenen „Runden Tisches“. (vgl. Kap. ????)
21

EQUIB
Wie aus der Tabelle hervorgeht, stellen die Krankenhäuser/Fachkliniken den weitaus
größten Anteil (Verhältnis ca. 4:1) des in die Untersuchung einbezogenen Pflegepersonals,
so dass sich die in der Erhebung ermittelten Qualifikationsbedarfe für die verschiedenen
Einrichtungsarten auf je unterschiedliche Quanta von Personal beziehen.
4.1 Der zukünftige Bedarf an Pflegepersonal nach Einrichtungsarten
Die folgende Abbildung dokumentiert die Beschäftigungsentwicklung in den befragten
Einrichtungen bezogen auf das gesamte Pflegepersonal.
22
Krankenhaus/Fachklinik
Altenwohn- und
Pflegeheime
Häusliche Pflege
4
6
28
46
57
27
66
geringer gleichbleibend zunehmend
Abb. 7: Geschätzter zukünftiger Bedarf insgesamt nach Einrichtungsarten (Angaben in Prozent)
Es ergeben sich deutliche einrichtungsspezifische Unterschiede beim geschätzten zukünftigen
Bedarf an Pflegepersonal insgesamt:
• Die höchsten Zuwachsraten für Beschäftigung sind bei den häuslichen Pflege- und
Betreuungsdiensten zu erwarten. Hier gehen zwei Drittel der sich zu dieser Frage
geäußerten Einrichtungen von zunehmendem Personalbedarf aus. Dieser Befund
korrespondiert mit dem kontinuierlichen Wachstum dieses Sektors seit Inkrafttreten
der gesetzlichen Pflegeversicherung
• In der Kategorie der Altenwohn- und Pflegeheime signalisieren nahezu zwei Fünftel
zunehmenden Bedarf.
• Die Krankenhäuser kalkulieren im Gegensatz zu den beiden anderen Einrichtungsarten
mit einer überproportionalen Abnahme des quantitativen Bedarfs an Beschäftigten
im Pflegebereich.
39
27

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
4.2 Der geschätzte zukünftige Bedarf differenziert nach Qualifikationsstufen
Personal in Leitungsfunktionen
Krankenhaus/Fachklinik
Altenwohn- und
Pflegeheime
Häusliche Pflege
8
29
74
84
64
geringer gleichbleibend zunehmend
Abb. 8: Bedarf an Personal in Leitungsfunktionen (Angaben in Prozent)
• Der größte Personalzuwachs für leitendes Pflegepersonal wird von den häuslichen
Pflegediensten angegeben. Jede vierte Einrichtung will ihr Leitungspersonal zukünftig
erweitern. 22
• Bei den Altenwohn- und Pflegeheimen wird überwiegend von einem gleichbleibenden
Personalbestand ausgegangen.
• Für den Krankenhausbereich wird eine deutliche Abnahme des leitenden Pflegepersonals
prognostiziert. Dieser Befund verweist auf die zukünftig sich weiter fortsetzende
Zentralisations- und Konzentrationstendenz in der stationären Krankenpflege.
Examinierte Pflegekräfte (3j.)
Krankenhaus/Fachklinik
Altenwohn- und
Pflegeheime
Häusliche Pflege
4
5
Abb. 9: Bedarf an Examinierten (3j.), (Angaben in Prozent)
33
22
54
50
73
geringer gleichbleibend zunehmend
• Auch für das pflegende Fachpersonal wird bei den ambulanten Pflegediensten mit
Abstand (73%) der höchste zusätzliche Bedarf im Verhältnis der drei Einrichtungsarten
angegeben. Fasst man die Kategorien „gleichbleibend und zunehmend“ zu-
22 Nach dem Adecco Stellenindex für Fach- und Führungskräfte stieg im Jahre 1999 die Nachfrage nach
„Sozialmanagern“ um 26% gegenüber dem Vorjahr. Der für das Land Bremen festgestellte Trend entspricht
folglich der bundesweiten Entwicklung. „Die Welt“: Sozialmanager machen das Rennen. 29.
Januar 2000
42
26
17
7
8
23

EQUIB
sammen, so kann festgehalten werden, dass gegenwärtig nur verschwindend wenig
Einrichtungen mit Entlassungen aus betriebsökonomischen Gründen rechnen.
• Dieser Befund trifft auch auf die Altenwohn- und Pflegeheime zu, wenngleich die
Zuwachsraten in diesem Bereich im Verhältnis zur ambulanten häuslichen Pflege
geringer ausfallen.
• Im Krankenhausbereich stellt sich das Bild hingegen anders dar. Ein Drittel der Einrichtungen
geht von zukünftig geringerem Bedarf aus, nur ganz wenige Einrichtungen
rechnen mit Neueinstellungen.
Examinierte Pflegekräfte (1j.)
24
Krankenhaus/Fachklinik
Altenwohn- und
Pflegeheime
Häusliche Pflege
10
30
70
70
60
geringer gleichbleibend zunehmend
Abb. 10: Bedarf an Examinierten (1j.), (Angaben in Prozent)
• Auch für die Pflegehelferfunktionen gehen die häuslichen Pflegedienste mit deutlichem
Abstand zu den anderen Einrichtungen von zukünftig größerem Personalbedarf
aus. Obwohl 10% der Einrichtungen mit einem geringeren Personalbedarf
rechnen, kann im Hinblick auf den ebenfalls für die anderen Funktionsebenen
wachsenden Personalbedarf in der häuslichen Pflege mit einem Beschäftigungswachstum
in dieser Pflegeart gerechnet werden.
• Die Altenwohn- und Pflegeheime gehen dagegen eher von einer gleichbleibenden
Tendenz (70%) in dieser Qualifikationsstufe aus, wobei mit einem Abbau von Arbeitskräften
hier gar nicht gerechnet wird.
• Die Krankenhäuser/Fachkliniken erwarten mehrheitlich einen Abbau an Pflegepersonal
in Helferfunktionen (70%), so dass man hier auch im Hinblick auf die Befunde
für die höheren Personalstellen mit einem nicht unerheblichen Arbeitsplatzabbau
rechnen muss.
20
30
10

Erwarteter Bedarf an Auszubildenden
Krankenhaus/Fachklinik
Altenwohn- und
Pflegeheime
Abb. 11: Bedarf an Auszubildenden (Angaben in Prozent)
Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
50
93
40
geringer gleichbleibend zunehmend
• Die befragten Experten in den Krankenhäusern/Fachkliniken geben einen nur gering
steigenden Ausbildungsbedarf für die Berufe Kinderkrankenschwester/pfleger und
Krankenschwester/pfleger an. 23 Die Hälfte der Experten schätzt hingegen den zukünftigen
Bedarf geringer ein.
• In der Altenpflege stellt sich die Ausbildungssituation für Altenpfleger/innen anders
dar. Auch hier prognostizieren die Experten nur sehr geringen zusätzlichen Bedarf.
Sie gehen nahezu alle aber von einem zukünftig gleichbleibenden Bestand an Ausbildungsplätzen
aus.
• In den Einrichtungen der häuslichen Pflege und Betreuung findet keine Ausbildung
zu examinierten Pflegeberufen statt. Hier werden Praktikantenplätze für die Pflegeberufe
zur Verfügung gestellt. In Anbetracht der hier wachsenden Nachfrage nach
qualifiziert ausgebildetem Personal besteht u.E. dringender Handlungsbedarf, vor
allem auch deshalb, weil diese Einrichtungen ihren steigenden Bedarf nicht durch
eigene Ausbildungsanstrengungen befriedigen können.
Fazit
Der Bereich der ambulanten Pflege, in dem seit der Einführung der Pflegeversicherung
zahlreiche Arbeitsplätze neu geschaffen wurden, bleibt weiterhin auf Wachstumskurs,
denn bei den häuslichen Pflege- und Betreuungsdiensten wird mit den höchsten Zuwachsraten
für Beschäftigung gerechnet. Die Einrichtungen gehen überwiegend von
einem zunehmenden Bedarf für alle Qualifikationsstufen aus; die höchste Rate ist bei
den examinierten Pflegekräften (3j.) zu erwarten.
Auch für den Bereich der Altenwohn- und Pflegeheime prognostizieren die Experten
eine gleichbleibende bis zunehmende Tendenz für Personalbedarf für alle Funktionsebenen
im Pflegebereich. Dies gilt auch für die Anzahl der zukünftigen Ausbildungsplätze.
23 Der „Landeskrankenhausplan der Freien Hansestadt Bremen 1998 bis 2003“ weist für das Land
Bremen für die Jahre 1999 und 2000 gleich hohe Ausbildungszahlen aus. Festgelegt sind Ausbildungsplätze
zur Kinderkrankenschwester/zum Kinderkrankenpfleger und zur Krankenschwester/zum Krankenpfleger
in Höhe von insgesamt 747 pro Ausbildungsjahrgang.
10
7
25

EQUIB
Ganz anders stellt sich das Bild für die Krankenhäuser/Fachkliniken dar. Im Bereich
der stationären Krankenpflege gehen die befragten Experten überwiegend von zukünftig
geringerem Personalbestand aus. Dies ist nicht zuletzt eine Konsequenz der bisherigen
Gesundheitsreformen, die u.a. zu Zentralisations- und Konzentrationsprozessen in den
Krankenhäusern/Fachkliniken und damit zu Arbeitsplatzabbau geführt haben. Es ist
damit zu rechnen, dass sich diese Tendenz auch zukünftig weiter fortsetzen wird. Ein
Teil des im Krankenhausbereich freigesetzten Personals wird sicherlich in den Bereich
der häuslichen Pflege und der stationären Altenpflege überwechseln. Die damit verbundenen
neuen bzw. erweiterten Aufgaben- und Anforderungsprofile werden Anpassungsqualifizierungen
notwendig machen. 24
4.3 Deckung des Arbeitskräftebedarfs über den regionalen Arbeitsmarkt
Um einen Überblick über die regionalen Rekrutierungsbedingungen des arbeitsmarktund
wirtschaftspolitisch insgesamt bedeutenden Gesundheits- und Sozialpflegebereichs
zu erhalten, wurden die Einrichtungen gefragt, ob sie adäquates Pflegepersonal für geplante
Neueinstellungen in ausreichendem Maße in der Region vorfinden. Die im Folgenden
dargestellten Ergebnisse werden wiederum differenziert nach den drei Funktionsebenen.
Personal in Leitungsfunktionen
26
100
80
60
40
20
0
33
67
52
48
Krankenhaus/Fachklinik Altenwohn- und
Pflegeheime
nein ja
63
37
Häusliche Pflege
Abb. 12: Bedarfsdeckung auf dem regionalen Arbeitsmarkt: Leitungsfunktionen (Angaben in Prozent)
• Die Krankenhäuser/Fachkliniken können überwiegend ihren Bedarf für Leitungsfunktionen
über den regionalen Arbeitsmarkt decken.
• In der stationären Altenpflege sieht nur etwa die Hälfte der Experten keine Rekrutierungsprobleme.
24 Anzumerken ist, dass hier in dieser Untersuchung Trends, nicht absolute Zahlen, angegeben werden.
Insofern können keine quantitativen Angaben zum Personalabbau bzw. zur –nachfrage dokumentiert
werden.

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
• Hingegen stellt sich für die häuslichen Pflegedienste die Situation noch problematischer
dar. Hier haben zwei Drittel der suchenden Einrichtungen Schwierigkeiten,
geeignetes Personal am regionalen Arbeitsmarkt zu finden.
Examinierte Pflegekräfte (3j.)
100
80
60
40
20
0
6
94
59
41
Krankenhaus/Fachklinik Altenwohn- und
Pflegeheime
nein ja
71
29
Häusliche Pflege
Abb. 13: Bedarfsdeckung auf dem regionalen Arbeitsmarkt: Examinierte Pflegekräfte (3j.) (Angaben
in Prozent)
• Der Personalbedarf für examinierte Pflegekräfte (3j.) wird in den Krankenhäusern/Fachkliniken
fast ausschließlich über den regionalen Arbeitsmarkt gedeckt.
Einen wesentlichen Teil des Bedarfs bilden sie selbst in den Krankenpflegeschulen
aus.
• Bei den Einrichtungen der stationären Altenpflege überwiegen die Rekrutierungsprobleme,
das nötige Personal auf dem regionalen Arbeitsmarkt zu beziehen.
• Im Bereich der häuslichen Pflege und Betreuung sieht die Situation noch problematischer
aus. Nur ein Drittel ist mit dem regionalen Arbeitskräfteangebot zufrieden.
27

EQUIB
Examinierte Pflegekräfte (1j.)
28
100
80
60
40
20
0
17
83
35
65
Krankenhaus/Fachklinik Altenwohn- und
Pflegeheime
nein ja
48
52
Häusliche Pflege
Abb. 14: Bedarfsdeckung auf dem regionalen Arbeitsmarkt: Examinierte Pflegekräfte (1j.) (Angaben
in Prozent)
• Für die Qualifikationen der Helferberufe stellt sich das Bild im Unterschied zu den
höheren Funktionsebenen deutlich anders dar. Alle drei Einrichtungsarten haben
überwiegend keine Schwierigkeiten bei der Suche nach adäquatem Pflegepersonal
für Hilfsfunktionen. Jedoch ist auch hier – entsprechend den Befunden für die höheren
Qualifikationsstufen – die ansteigende Kurve für einrichtungsspezifische Rekrutierungsprobleme
des gesuchten Personals festzustellen.
Fazit
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Krankenhäuser/Fachkliniken
im Wesentlichen keine Rekrutierungsprobleme für Neueinstellungen über den regionalen
Arbeitsmarkt sehen. Im Bereich der stationären Altenpflege ergibt sich aber ein
etwas differenzierteres Bild. Nur für die Qualifikationsstufe der examinierten Fachkräfte
(1j.) hält der regionale Arbeitsmarkt ein ausreichendes Angebot vor. Bei der Suche nach
Personal für Leitungsfunktionen und examinierten Pflegekräften (3j.) stoßen die Einrichtungen
überwiegend auf Schwierigkeiten. Noch problematischer ist die Situation für
die häuslichen Pflege- und Betreuungsdienste. Für die gehobenen Qualifikationsstufen
finden sie nur zu etwa einem Drittel adäquates Fachpersonal auf dem regionalen
Arbeitsmarkt vor. In diesem Ergebnis reflektiert sich der Umstand, dass der Pflegezweig
der häuslichen Pflege eine noch relativ junge und zudem wachsende Disziplin ist,
so dass der Arbeitsmarkt einer entsprechenden quantitativen Nachfrage nach qualitativ
ausgewiesenem Pflegepersonal für diesen Bereich (noch) nicht mit einem ausreichenden
Personalangebot begegnen kann.

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
4.4 Hindernisse bei Neueinstellungen
Bremen/Bremerhaven ist eine Region mit hoher Arbeitslosigkeit. Der Gesundheits- und
Sozialpflegebereich ist innerhalb des gesamten expandierenden Dienstleistungssekors
ein bedeutender Wachstumsbereich in der Region. Vor dem Hintergrund der Nachfrage
nach ausreichend qualifiziertem Personal, die offensichtlich nicht problemlos zu befriedigen
ist, wurden die Experten nach möglichen Hindernissen für geplante Neueinstellungen
gefragt. Die im Folgenden dokumentierten Aussagen wurden im offen gestalteten
Frageteil der Repräsentativuntersuchung erhoben. Sie geben die Meinung der Experten
wieder, die sich zu diesem Fragenkomplex geäußert haben.
Als Haupthindernis für Neueinstellungen von Leitungspersonal, das man aus dem regionalen
Arbeitsmarkt rekrutieren kann, wird die prinzipielle „Unattraktivität“ von
Pflegeberufen gesehen. Gemeint sind hiermit in erster Linie Arbeitsverhältnisse mit
relativ schlechter Bezahlung und hohen körperlichen und psychischen Belastungen sowie
Dienstplänen, die keine geregelte Freizeit zulassen. Zudem reichen die Qualifikationen
für die immer komplexer werdenden Führungsaufgaben häufig nicht aus.
Der als relativ „neu“ bezeichnete Arbeitsmarkt speziell in der ambulanten Pflege gilt
ohnehin nicht als besonders entwickelt, so dass eine relativ große Nachfrage nach Leitungspersonal
einem z.Zt. noch relativ geringen Angebot gegenübersteht, womit die
empirischen Befunde dieser Untersuchung gestützt werden (vgl. die vorigen Unterkapitel).
Bei der Neueinstellung von examinierten Pflegekräften (3j.) wird auf eine prinzipielle
Marktenge verwiesen, die es erschwert, das passende Personal zu rekrutieren. Zudem
werden für diese Qualifikationsstufe häufig Ausbildungsmängel und mangelnde berufliche
Motivation der Pflegekräfte als Einstellungshindernisse angegeben.
Für die examinierten Pflegekräfte (1j.) gelten im Prinzip dieselben Einstellungshindernisse,
wenn auch nicht im gleichen Ausmaß. In der Regel ist der objektive Mangel
an ausreichend qualifiziertem und motiviertem Personal auf dem Arbeitsmarkt der
Haupthinderungsgrund für Neueinstellungen dieser Funktionsebene.
Fazit
Als Hindernisse für geplante Neueinstellungen werden im Wesentlichen Qualifikationsund
Motivationsdefizite genannt. Dieser Problematik ist mit verstärkten Qualifizierungsanstrengungen
auf allen Hierarchiestufen zu begegnen. Durch die Professionalisierung
der gesamten Pflegeausbildung 25 wird die gesellschaftliche Anerkennung der Pflegeberufe
wachsen und sich langfristig in attraktiveren Arbeitsbedingungen niederschlagen
müssen.
25 Vgl. Kap. 7
29

EQUIB
4.5 Rekrutierungsstrategien für geplante Neueinstellungen
Da der regionale Arbeitsmarkt die zunehmende Nachfrage nach qualifiziertem Personal
nicht ausreichend deckt, greifen die Einrichtungen auch zu überregionalen Rekrutierungsstrategien.
Um detaillierte Hinweise zu den Strategien für geplante Neueinstellungen
zu erhalten, wurden die Einrichtungen gefragt, mit Hilfe welcher Dienstleister der
Arbeitsvermittlung bzw. welcher Medien sie versuchen, ihren Arbeitskräftebedarf zu
decken. Im Folgenden wird die Inanspruchnahme von Arbeitsämtern und privater Arbeitsvermittlung
sowie die Rekrutierung über Printmedien und Internet differenziert
nach den Einrichtungsarten dokumentiert.
Krankenhäuser/Fachkliniken
• Printmedien stehen mit 87% an der Spitze der Rekrutierungsstrategien.
• Die Krankenhäuser/Fachkliniken nehmen zu gleichen Teilen die regionale Arbeitsverwaltung
und das Internet in Anspruch (27%).
• Zu nur knapp 7% werden private Arbeitsvermittler kontaktiert.
Altenwohn- und Pflegeheime
• Die regionalen Arbeitsämter stehen mit 84% an der Spitze der Nennungen.
• Knapp dahinter liegen die Printmedien mit 80%.
• Für die privaten Arbeitsvermittler und das Internet liegen jeweils knapp 7% der
Nennungen aus dieser Einrichtungsart vor.
Häusliche Pflege- und Betreuungsdienste
• Mit ca. 86% der Nennungen wird auch in dieser Einrichtungsart die regionale Arbeitsvermittlung
am häufigsten in Anspruch genommen.
• Die Printmedien folgen mit 81% der Nennungen.
• Private Arbeitsvermittler werden zu 14% kontaktiert.
• Zu fast 10% erfolgt die Suche über das Internet.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Rekrutierungsstrategien für die
drei erfassten Einrichtungsarten unterschiedlich ausfallen. Während für die Krankenhäuser/Fachkliniken
die Suche nach Arbeitskräften über die Printmedien bei weitem
überwiegt, erfolgt bei den Altenwohn- und Pflegeheimen und den ambulanten Diensten
die Suche über die regionalen Arbeitsämter sowie über die Printmedien zu etwa gleichen
Teilen.
Hervorzuheben ist der relativ große Anteil der Internetnutzung in der Rekrutierungspraxis
der Krankenhäuser (27%). Das neue Informations- und Kommunikationsmedium hat
mit dem Arbeitsamt bei dieser Einrichtungsart als Arbeitsvermittler gleichgezogen. Zumindest
für den Krankenhaussektor stellt sich somit das neue Medium Internet als konkurrenzfähig
zu den traditionellen Wegen der Arbeitskräfterekrutierung dar.
30

5. Organisationsstrukturelle Entwicklung
Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
5.1 Qualitätssicherung
Nach dem in der Pflegebranche mittlerweile durchgesetzten Leitsatz: „Wir sind der
Qualität verpflichtet“, mit dem man sich einem konsequenten Qualitätsmanagement
verschrieben hat, wird der Kunde in den Mittelpunkt der angebotenen Dienstleistung
gestellt.
„Mit dem Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem
Jahr 2000 wird das Gesundheitssystem an den Bedürfnissen der Patientinnen
und Patienten ausgerichtet. Qualität und Wirtschaftlichkeit werden gesichert.
Statt massiver Zuzahlungserhöhungen und Leistungskürzungen,.....
setzt die Gesundheitsreform der Bundesregierung auf einen verantwortlichen
Umgang mit den vorhandenen Finanzmitteln. Die Qualitätssicherung
ist bisher beschränkt auf einige Berufsgruppen oder Versorgungsbereiche.
Das wird nun anders. Die Qualitätssicherung wird zum durchgängigen Gestaltungsprinzip.
Es wird ein umfassendes System der Qualitätssicherung
und eine Bewertung von Kosten und Wirtschaftlichkeit von medizinischen
Technologien eingeführt. So wird z.B. auch für Ärzte/Zahnärzte, Krankenhäuser
sowie stationäre Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen – wie
in der Industrie – Qualitätsmanagement verpflichtend.“ 26
Ebenso stellen Bestimmungen des SGB XI den Pflegebedürftigen in den Mittelpunkt
der Leistungserbringung und stärken dessen Position. Dabei findet sich der Leistungsanbieter
mit neuen Anforderungen hinsichtlich seiner Leistungsqualität in Richtung einer
Kopplung der Versorgungsverträge an die Erfüllung von Leistungsbeschreibungen
nach Art, Umfang, Inhalt (siehe § 93ff BSHG/ § 80 SGB Xl) konfrontiert.
Zum näheren Verständnis sei hier Wissert zitiert:
„Mit der Einführung des SGB XI sind (gewollt) Rahmenbedingungen geschaffen
worden, bei denen die Dienste und Einrichtungen im Pflegebereich
zum einen unter der Maßgabe eines öffentlich-rechtlichen Leistungsgeschehens
handeln dürfen bzw. müssen. Zum anderen werden sie derzeit in einen
Wettbewerb hineingeführt und damit zum Nachweis ihrer Effektivität und
ihrer Effizienz gezwungen. Als dem SGB XI immanente (Neben-) Wirkungen
sind dabei außerdem die handlungsleitenden Prinzipien der "Rationalisierung"
und der "Rationierung" leistungsgesetzlich finanzierter Maßnahmen
in das Handlungsfeld "Pflege" eingeführt worden. Beide Prinzipien beeinflussen
gegenwärtig (und wohl auch in Zukunft) das Geschehen in der Medizin
und der Pflege stark.“ 27
26 Presse- und Informationsamt der Bundesregierung: Sozialpolitische Umschau, Ausgabe 38, Berlin 1999
27 Vgl. Wissert, M.: Case-Management im professionellen Interessengeflecht: Konkurrenz für Sozialarbeit?
In: Schmidt, R., Thiele, A. (Hrsg.): Konturen der neuen Pflegelandschaft, Positionen, Widersprüche,
Konsequenzen, Regensburg 1998, S. 159
31

EQUIB
Die Gewähr für eine angemessene Leistung in den Einrichtungen wird von den Kostenträgern
also zukünftig weniger über die Steuerung von finanziellen Mitteln zur
Leistungserbringung erreicht als über den Weg der Einforderung einer kontinuierlichen
Qualitätssicherung durch das Qualitätsmanagement der Leistungsanbieter. 28
Die Befragungsergebnisse bestätigen diese Tendenz: Über 90% aller von EQUIB befragten
Einrichtungen betreiben Qualitätssicherung und zwar fast zu gleichen Teilen
nach den befragten Methoden, Verfahren und Instrumenten DIN ISO 9000 ff., EFQM 29 ,
Gütesiegel und „sonstige“ mit einem leichten Übergewicht bei DIN ISO 9000 ff., wobei
übereinstimmend die Prinzipien eines ausgewiesenen Qualitätsmanagements eine große
Rolle spielen. Bei Krankenhäusern ist Supervision deutlich öfter im Einsatz als bei der
Alten- und der häuslichen Pflege. Für die übrigen Kriterien wie Pflegeleitbild, Pflegestandards
sowie Controlling gilt, dass sie für alle Einrichtungsarten eine nahezu gleich
große praktische Bedeutung haben. 30
Es werden äußerst unterschiedliche Ansätze für ein Qualitätsmanagement in den Einrichtungen
praktiziert, wobei die Funktion von Qualitätsbeauftragten und Qualitätszirkeln
im Sinne praxisnaher Lösungen eine große Rolle spielt. 31 Ohne die Maßnahmen
quantifizieren zu können, werden folgende Methoden, Verfahren und Instrumente der
Qualitätssicherung favorisiert:
• Total-Quality-Management
• Maßnahmen nach § 80 SGB XI
• Gütesiegel TÜV/Rheinland in Anlehnung an DIN ISO 9000 ff. Zertifizierung
• systematisches Korrektur- und Reklamationswesen
• Qualitätszirkel
• Qualitätsbeauftragte, interne Audits
• Qualitätskonferenzen
Als wichtiges Resultat bleibt festzuhalten: Im Pflegedienstbereich wird nicht ein bestimmtes
Verfahren zur Qualitätssicherung und Zertifizierung favorisiert. Der über
90%ige Anteil der befragten Einrichtungen mit Qualitätsmanagement weist auf ein hohes
Maß an Problembewusstsein in dieser Frage hin. Verantwortlich für diese Entwicklung
sind sicherlich auch die gesetzlichen Vorschriften und die verschärften Wettbewerbsbedingungen,
die den Pflegeeinrichtungen in ihrer Leistungsorientierung ein sorgfältiges
Qualitätsmanagement aufnötigen.
28 Vgl. Müller, J.: Qualitätsmanagement in der ambulanten und stationären Altenhilfe – Aufgabe der Verbände
und Einrichtungen. In: Schmidt, R. u.a. (Hrsg.): Ansätze zur Weiterentwicklung der ambulanten
pflegerischen Versorgungsstruktur, Band 5, Regensburg 1998
29 EFQM: European Foundation for Quality Management. Das Gesundheitsamt Bremen hat 1999 in Kooperation
mit anderen regionalen Einrichtungen der Gesundheits- und Sozialpflege das „Bremer Qualitätssiegel
für ambulante Pflegedienste“ (BQS) nach dieser Methode entwickelt. Danach können sich die
Pflegedienste auf freiwilliger Basis einer ausführlichen Begutachtung durch das Gesundheitsamt unterziehen
und bekommen bei der Erfüllung der strengen Vorgaben für zwei Jahre ein Gütesiegel. Mit der
Vergabe des Gütesiegels übernimmt Bremen bundesweit eine Vorreiterposition.
30 Im „Berliner Memorandum“ vom 14. Januar 2000 der Bundeskonferenz für Qualitätssicherung im
Gesundheits- und Pflegewesen wird dagegen für die Einführung einheitlicher Verfahren plädiert. Quelle:
http://www.uni-dortmund.de/FFG
31 Vgl. auch Abschlussbericht Qualitätssicherung im Krankenhaus, Schriftenreihe des Bundesministeriums
für Gesundheit, Bd. 96, Baden Baden 1997
32

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
5.2 Die Bedeutung von Managementaktivitäten in Bezug auf Arbeits-, Gesundheits-
und Umweltschutz (Integrierte Managementsysteme)
Im Zuge einer wachsenden Orientierung des Pflegemanagements an allgemeingültigen
Pflegequalitätsstandards, die in der beruflichen Praxis entwickelt, umgesetzt und gesichert
werden müssen, rücken weitere Schutzbereiche in den Managementhorizont der
Pflegeleitungen. Hierzu gehören der Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz. Als
Bestandteile eines integrierten Managementverständnisses sollen betriebliche Maßnahmen
auf diesen Gebieten nicht nur gesetzlichen Auflagen und den Schutzbestimmungen
von EU-Richtlinien Genüge leisten, sondern insgesamt der Aktivierung einer qualitätsorientierten
und ganzheitlichen Pflegepraxis dienen.
Umweltschutz
Gesundheitsschutz
Arbeitsschutz
6
13
31
94
87
69
klein/gering mittelmäßig/groß
Abb. 15: Integrierte Managementaktivitäten (Angaben in Prozent)
• Dem Gesundheitsschutz wird insgesamt eine größere Bedeutung zugemessen als
den beiden anderen Schutzbereichen, wobei der Umweltschutz am geringsten bewertet
wird und dem Arbeitsschutz damit eine mittlere Position zufällt.
• Der Arbeits- und Gesundheitsschutz wird von allen drei Einrichtungsarten verhältnismäßig
gleich hoch bewertet, so dass der Schluss naheliegt, dass das Problembewusstsein
bezüglich dieser beiden Schutzbereiche im Management der Einrichtungen
ausreichend entwickelt ist. Es dokumentiert sich darin ein Bewusstsein, dass
durch Arbeitssicherheits- und -schutzmaßnahmen sowie durch präventive Gesundheitsförderung
die Arbeitsproduktivität wie die subjektive Zufriedenheit der Mitarbeiter
am Arbeitsplatz wachsen kann, so dass die Qualität der Arbeit wie das soziale
Arbeitsklima gefördert werden können. Denn die in den Pflegeberufen Beschäftigten
sind sehr hohen – seit der Pflegeversicherung und dem Gesundheitsgesetz noch
zunehmenden – physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt, und mit der
Gesundheit der Betroffenen leidet auch die Qualität der geleisteten Arbeit. Zudem
macht sich darin auch die gesetzliche Verpflichtung zu einem betrieblichen Arbeitsund
Gesundheitsschutz (Umsetzung der EU-Arbeitsschutz-Richtlinien in nationales
Recht) geltend. 32
• Wenn man die Ergebnisse spezifisch nach den verschiedenen Einrichtungsarten differenziert,
so kann man feststellen, dass für die Krankenhäuser/Fachkliniken mit
über 90% der Umweltschutz wichtiger ist als für die häusliche Krankenpflege, die
32 Das Arbeitsschutzgesetz vom 7. August 1996 verlangt bis Ende 1999 die Durchführung von Arbeitsplatz-/Gefährdungsanalysen
sowie deren Dokumentation einschließlich der Erstellung von Maßnahmenkatalogen
zur Behebung festgestellter Mängel/Gefährdungen. (siehe Gesetz????)
33

EQUIB
34
die Bedeutung des Umweltschutzes nur mit rund 59% zwischen mittelmäßig und
groß bewertet. In den Einrichtungen der stationären Altenpflege spielt der Bereich
mit 70% eine mittelmäßig bis große Rolle. Diese Unterschiede erklären sich aus der
praktischen Relevanz, die Abfallbeseitigungs- und Umweltschutzauflagen für die
einzelnen Einrichtungsarten haben.
5.3 Bedeutung und Präferenzen der technologischen Innovationen im Pflegebereich
Die technologische Entwicklung im Pflegedienstbereich ist geprägt durch die auch von
anderen Wirtschaftsbereichen bekannte Tendenz zur EDV-gestützten Kommunikation
und Netzwerktechnologie. Die Vernetzung von Einrichtungen des Gesundheitswesens
durch die IuK-Technologien steht dabei erst am Beginn und ist auch für die empirische
Forschung relatives Neuland. Zur Zeit werden technische Voraussetzungen und Teilprojekte
in einzelnen Bereichen realisiert; die Stichworte sind Krankenhaus-Informationssysteme,
Pflegedokumentation, Telemedizin etc. Die Einsatzpotenziale für die Einführung
der neuen Technologien sind noch nicht ganzheitlich erfasst. Hohe Investitionskosten
verhindern bisher eine breite Einführung technisch machbarer lokaler und
überregionaler Netzwerke.
Als aktuelles Beispiel für die Vernetzung von Gesundheits- und Sozialleistungen sei an
dieser Stelle näher auf ein Modellprojekt, das in Bremerhaven durchgeführt wird, hingewiesen:
„In dem Projekt „Gesundheits- und Soziallotse Bremerhaven“ soll eine
Vernetzung mit Informations- und Kommunikations-Technologien der verschiedenen
Anbieter von Gesundheits- und Sozialleistungen in Bremerhaven
erreicht werden. Im Vordergrund stehen außer der technischen Realisierung
auch die damit verbundenen Aspekte des Datenaustausches, der Nutzung
der technischen Einrichtungen sowie die damit verbundenen arbeitsorganisatorischen
und qualifikatorischen Fragestellungen. Die Frage der Datensicherheit,
der Archivierung und des sofortigen Zugriffs etc. ist ein ebenfalls
zu beachtendes Thema dieses Projektes. Das Ziel ist es beispielsweise hierbei,
sehr frühzeitig und geplant alle notwendigen Informationen vom Patienten
für den Behandler und Betreuer vorzuhalten und ihm zur Verfügung
zu stellen. Eine ausreichende Transparenz und Akzeptanz der Informationsflüsse
ist ein wesentliches Ziel. Das Projekt hat weit über die Region Bremerhavens
hinaus Modellcharakter. Bei einer erfolgreichen Realisierung –
insbesondere in der Vernetzung vom stationären zum ambulanten Bereich –
ist es auf die Stadt Bremen und andere Regionen übertragbar. Durch das
Projekt bieten sich gute Möglichkeiten, spezifisches regionales Know-how
in den Bereichen IuK-Technologien und Gesundheitsdienstleistungen aufzubauen
und zu nutzen. Das Projekt ermöglicht eine umfassende und gemeinschaftliche
Kompetenzentwicklung hinsichtlich der Nutzung von IuK-Systemen
im Gesundheitsbereich.“ 33
33 Quelle: http://www.biba.uni-bremen.de/projects/lotse/lotse.htm

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
Die immer wieder geforderte Kooperation und Vernetzung des ambulanten mit dem
stationären Gesundheitssektor sowie der einzelnen Pflegeeinrichtungen untereinander
bekommt durch die IuK-Techniken ihre technologische Basis. Die Einführung der
neuen Technologien verläuft im ambulanten und stationären Sektor parallel und weitgehend
unabhängig voneinander. Sie umfasst nicht nur elektronische Technologien, sondern
erstreckt sich auch auf andere innovative Bereiche der Pflege- und Medizintechniken.
Im Folgenden wird die technologische Innovationsorientierung der Pflegeeinrichtungen
untersucht. Dabei konzentriert sich die Untersuchung auf sechs Hauptbereiche
technologischer Entwicklung im Pflegesektor:
• moderne Pflegetechnik
• EDV-gestützte Pflegedokumentation
• neue Diagnose- und Therapietechnik
• EDV-gestützte Kooperation mit externen Dienstleistern
• Krankenhaus-Informationssysteme
• Telemedizin
5.3.1 Rangskala technologischer Innovationen im Pflegebereich insgesamt
moderne Pflegetechnik
EDV-gestützte Pflegedokumentation
KH-Informationssysteme
EDV-gestützte Kooperation mit ext. Dienstleistern
neue Diagnose- und Therapietechnik
Telemedizin
Abb. 16: Technologische Präferenzen (Angaben in Prozent)
2
22
24
26
60
74
98
78
76
74
kein/gering mittelmäßig/groß
• Der eindeutige Vorrang der technologischen Entwicklung bei moderner Pflegetechnik
ist bedeutsam für die künftige Entwicklung dieser Branche, weil sich in dieser
Entwicklungstendenz neue Qualifikationsperspektiven, arbeitsorganisatorische Innovationen
und möglicherweise künftig erhebliche Rationalisierungspotenziale im
Pflegebereich dokumentieren.
• Dass eine zukunftsorientierte technologische Entwicklung wie „Telemedizin“ auf
dem letzten Platz steht, verweist allerdings darauf, dass grundsätzlichere innovative
40
26
35

EQUIB
Tendenzen, die aller Voraussicht nach die Zukunft dieses Dienstleistungssektors
stark beeinflussen und umwälzen werden, heute noch relativ unidentifizierbar sind.
• Allerdings ist das deutliche Mittelfeld, in dem die Bedeutung von EDV-gestützten
Techniken steht, hervorzuheben, da sich hierin ein starker Trend zur Computerisierung
der Pflegeberufe insgesamt manifestiert.
5.3.2 Die Präferenzen technologischer Innovationen nach Einrichtungsarten
36
moderne Pflegetechnik
EDV-gestützte
Pflegedokumentation
KH-Informationssysteme
EDV-gestützte
Kooperation mit ext.
Dienstleistern
neue Diagnose- und
Therapietechnik
Telemedizin
21
15
26
50
60
60
71
69
70
68
74
74
95
100
100
94
94
100
Krankenpflege Altenpflege häusliche Pflege
Abb. 17: Technologische Präferenzen nach Einrichtungsarten (Daten in Prozent und auf Basis der zusammengefassten
Kategorien mittelmäßig/groß)
Dieses Schaubild differenziert die Rangfolge von technologischen Präferenzen bei den
Pflegeeinrichtungen:
• Die technologische Orientierung bei den Krankenhäusern ist erwartungsgemäß größer
als bei den anderen Einrichtungsarten. Bei vier von sieben Kategorien wird von
den Krankenhäusern/Fachkliniken eine 100%ige Bedeutungszuschreibung vorgenommen.
Bei zwei weiteren, auf die EDV-bezogenen Technologien beträgt der Wert
für die Krankenhäuser immer noch 94% gegenüber 70%igen Werten bei der Altenund
der häuslichen Pflege.
• In der Technikentwicklung dominiert entsprechend den Arbeitsschwerpunkten die
Ausrichtung an modernen Pflegetechniken vor der Diagnose- und Therapietechnik
und zwar bei allen drei Einrichtungsarten. Folglich kann dies allerdings nicht als
objektive Bedeutungsunterscheidung gewertet werden, da hier den innovativen Tendenzen
in der Pflegetechnik verständlicherweise größere Bedeutung beimessen
wird, als z.B. der Technikentwicklung im Diagnosebereich. Das Gleiche gilt für den
Bereich der Telemedizin.
• Die Alten- und häusliche Pflege unterscheiden sich in ihren technologischen Präferenzen
nicht wesentlich voneinander. Die Ausnahme stellt die Diagnose- und The-

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
rapietechnik dar. Hier liegen die Altenpflegeeinrichtungen gegenüber der häuslichen
Pflege deutlich vorn.
• Dem Einsatz von EDV wird in der Pflegedokumentation, in der Zusammenarbeit
mit externen Diensteanbietern und bei den Krankenhaus-Informationssystemen eine
etwa gleich große Bedeutung zugewiesen, wobei die Bedeutung dieser technologischen
Entwicklungen im Krankenhaussektor überwiegt, der aufgrund seiner Arbeitsbereiche
„Vorreiter“ im NT-Bereich ist.
5.3.3 Ergänzungen zum Einsatz neuer Technologien in der Pflege
Um die aktuelle Problematik beim Einsatz von EDV-Technologie bezogen auf die
Qualifizierungs- und Akzeptanzproblematik näher zu kennzeichnen, sei Folgendes zitiert:
„Ein Bereich, bei dem Technik ins Spiel kommt, resultiert aus dem SGB XI
direkt. Daß dies vollkommen neue Anforderungen an die Organisation der
ambulanten pflegerischen Versorgung stellt, dürfte offenkundig sein. Auch
eventuell auftretende Akzeptanzprobleme beim Personal eines ambulanten
Pflegedienstes gilt es hierbei mitzudenken. Der bzw. die 'gläserne Mitarbeiterln'
ist in diesem Kontext keine abstruse Vision, sondern die Problematik
stellt sich sehr konkret z.B. hinsichtlich der Aspekte Datenschutz, Kontrolle
und auch Rationalisierung. Eine generelle, auch künftige Zunahme
von (luK-) Technologien im ambulanten Pflegebereich darf als weitestgehend
gesichert gelten. Die Einführung des Pflegeversicherungsgesetzes hat
diese Tendenz sicherlich befördert.“ 34
Die im Folgenden dokumentierten Ergebnisse resultieren aus themenspezifischen Zusammenfassungen
der Expertengespräche, die mit Vertretern der regionalen Krankenhäuser
geführt wurden. Sie bestätigen die oben angeführte Tendenz auch für den Krankenhausbereich.
Praktische Erfahrungen mit EDV-Technologie im medizinisch-pflegerischen Bereich
der Krankenhäuser
Die krankenhausinterne EDV-Anwendung umfasst den Einsatz von Personalcomputern
nicht nur in der Verwaltung, sondern auch auf den Stationen im medizinischen und
pflegerischen Bereich. Dabei wird das Prinzip des PC-basierten Netzwerks praktiziert,
wobei der Grund dafür einfach ist: Einzelplatzrechner sind im Handling flexibler, das
digitalisierte Know-how kann stückweise angewendet werden und die Installation krankenhausspezifischer
Software kann so effizienter gemacht werden. Heute findet man
z.T. mindestens zwei Personalcomputer auf jeder Station. Dabei gilt die Daten- und
Ausfallsicherheit als gewährleistet.
Probleme gibt es besonders bei der qualifizierenden Einführung der Mitarbeiter in die
EDV, weil i.d.R. der Stationsbetrieb reibungslos weiterlaufen muss. Der EDV-Einsatz
bedeutet also zunächst einen erheblichen Mehraufwand an Arbeitszeit und Kosten. Da-
34 Vgl. Jaufmann, D.: Pflege und Technik: Eine neue Qualität von Dienstleistungsarbeit. In: `97 Jahrbuch
Sozialwissenschaftliche Technikberichterstattung, Schwerpunkt: Moderne Dienstleistungswelten, SOFI –
Göttingen 1997
37

EQUIB
bei ist der Grad der Akzeptanz von EDV innerhalb der Belegschaften sehr unterschiedlich.
Generell gilt: Jüngere Beschäftigte stehen der EDV aufgeschlossener gegenüber als
ältere Mitarbeiter. Die immer komplexer werdenden EDV-Programme stellen oft für die
Beschäftigten ein Qualifizierungsproblem dar.
Aktueller Einsatz von EDV-Technologie im medizinisch-pflegerischen Bereich der
Krankenhäuser
Wenn man den Einsatz von EDV-Technologie im Krankenhaus zusammenfasst, ergeben
sich im Wesentlichen folgende Anwendungsbereiche:
• Dienstplanprogammgestaltung
• Personal- und Ressourcenmanagement / Personalabrechnungen
• Physikalische Therapie
• Labor/EKG
• Infosystem für Ärzte: Abrufung von Diagnose-/Therapieplänen, Datenbanken,
Handbücher und Auskunftsprogramme
• Ernährungs-/Diätprogramm
Perspektivische Anwendungsbereiche von EDV-Technologie im medizinisch-pflegerischen
Bereich der Krankenhäuser
Nach Expertenauffassung konzentrieren sich die technologischen Innovationen neben
den bereits eingeführten Technologien künftig schwerpunktmäßig auf folgende Bereiche:
• Pflegedokumentation: Standards für die Pflegedokumentation müssen noch weiterentwickelt
werden, um sie EDV-gestützt durchführen zu können.
• Radiologie: Röntgenaufnahmen sind bisher noch nicht digitalisierbar. Insbesondere
sind hierfür hohe Übertragungskapazitäten notwendig.
• Auch Bedside-Computing setzt taugliche Hardware voraus. Die konkreten Formen
zukünftiger Anwendung sind derzeit noch nicht absehbar. Die Anwendung auf den
Intensivstationen steckt noch in den Anfängen. Es läuft z.Zt. in einem Krankenhaus
ein Pilotprojekt für „Essensbestellungen vom Bett“.
• Die Krankenhauslogistik ist in den regionalen Krankenhäusern gegenwärtig noch
eher ein Konzept als technologische Praxis. Materiallager und Warenanforderungen
laufen aber schon z.T. EDV-gestützt.
• Als Beispiel für eine EDV-gestützte Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern
kann das „Medizinisch virtuelle Netzwerk“ 35 gelten: Dabei übermittelt das Krankenhaus
Daten (Arztbriefe) an Hausärzte; die Hausärzte wiederum können per EDV
Terminbestellungen z.B. für Operationen aufgeben. Sinnvoll und notwendig wäre
eine Vernetzung mit den anderen regionalen Krankenhäusern. Die Austauschbarkeit
der medizinischen Daten und ein intensives Consulting wären so möglich.
35 Dieses Netzwerk wird z.Zt. in einem Bremer Zentralkrankenhaus angedacht. Das Krankenhaus gilt
insgesamt als Vorreiter technologischer Innovationen im IuK-Bereich in der Region.
38

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
Fazit
Im Pflegesektor entwickeln sich neue Technologien mit dem Schwerpunkt IuK-Technologien,
Netzwerke, EDV, wobei auch bei der Implementation moderner Pflegetechnik
ein Innovationsprozess zu beobachten ist. Schwerpunkte liegen bei der Pflegedokumentation
wie auch in der interinstitutionellen Netzwerkorientierung, die langfristig zu
einem Integrations- und Kooperationsprozess verschiedener Pflegeeinrichtungsarten
und –tätigkeitsstrukturen, vor allem im Bereich der Schnittstellen zwischen stationären
und ambulanten Pflegedienstleistungen, führen wird (vgl. auch Befunde der Repräsentativerhebung
in diesem Abschnitt).
5.4 Die Veränderungen in der Arbeits- und Ablauforganisation
Neue Arbeitsorganisationskonzepte, wie sie im Zuge der öffentlich und politisch geforderten
Reorganisation des Gesundheitssektors induziert werden, verknüpfen technologische
Innovationen vor allem im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik
mit organisatorischen Veränderungen. Diese sind durch Privatisierungs- und Kommerzialisierungstendenzen
gekennzeichnet, so dass man heutzutage auch im Pflegesektor
von einer Tendenz zu in sich geschlossenen Organisations- und Wirtschaftlichkeitskonzepten
spricht (Profitcenter), die mit der Forderung nach größerer Flexibilität und Aufgabenorientierung
korrespondiert.
In der Repräsentativerhebung wurden die Einrichtungen zu diesem Themenkomplex
nach folgenden Unterscheidungskriterien befragt:
• Tendenz zu selbstständigen Untereinheiten
• Abteilungen mit eigener Budgetverantwortung
• organisatorische Dezentralisierung
• Schnittstellen für stationäre/ambulante Pflege
• Arbeit in Kooperationsmodellen mit anderen Diensteanbietern
• Care-Management (individuelle Zuschneidung von Leistungen)
• Ansätze interdisziplinärer Teamarbeit
39

EQUIB
40
Tendenz zu selbständigen Untereinheiten
Abteilungen mit eigener Budgetverantwortung
organisatorische Dezentralisierung
Schnittstellen für stationäre/ambulante Pflege
Arbeit in Kooperationsmodellen
Care-Management
Ansätze interdisziplinärer Teamarbeit
44
53
66
67
64
64
73
71
73
81
85
91
90
86
94
95
94
100
100
100
100
Krankenhaus Altenpflege häusliche Pflege
Abb. 18: Veränderungen der Arbeits- und Ablauforganisation (Angaben in Prozent)
Die Krankenhäuser weisen signifikanter als die beiden anderen Bereiche eine arbeitsorganisatorisch
innovative Orientierung auf. Die Tendenz der organisatorischen Dezentralisierung
und die Schaffung autonomer Subeinheiten mit Budgetverantwortung und
erweiterter Handlungskompetenz ist unverkennbar, ebenso wie eine Tendenz zu modernen,
kundenorientierten Strukturen. Dabei scheint sich in der Entwicklung pflegerischer
Tätigkeitsstrukturen ein Trend zu kooperativen und teamförmigen Arbeitszusammenhängen
zu bestätigen, wie er aus dem industriellen Arbeitssektor oder aus bestimmten
Entwicklungsströmungen im Verwaltungssektor heute schon geläufig ist.
Die häusliche Pflege hat gegenüber der Altenpflege einen leichten Modernisierungsvorsprung
bei arbeitsorganisatorischen Strukturen, vor allen Dingen, was die Entwicklung
von Arbeitsbeziehungen in Kooperationsmodellen und das Care-Management sowie
die Einrichtung von Schnittstellen zwischen stationärer und ambulanter Pflege betrifft.
Nach den quantitativen Ergebnissen ist eine Tendenz zur organisatorischen Dezentralisierung
erst bei gut der Hälfte der Einrichtungen zu verzeichnen, und auch die Anzahl
von Abteilungen mit eigener Budgetverantwortung schlägt nur im Krankenhaussektor
relevant zu Buche. Aber aus den von EQUIB in Verbindung mit dieser Studie
geführten Expertengesprächen geht hervor, dass sich die Aufgabenbereiche z.B. der
Wohlfahrtsverbände, die insbesondere im Bereich der Altenpflege und häuslichen ambulanten
Krankenpflege tätig sind, in den letzten Jahren massiv ausgeweitet haben. In
allen Abteilungen ist eine Entwicklung zur marktorientierten Kalkulation mit den zur
Verfügung stehenden finanziellen Mitteln auf dem Vormarsch. Als Konsequenz dieser
Entwicklung werden z.T. Personalkosten für Controlling-Aufgaben reduziert und Stellen
gestrichen.

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
Zur Untermauerung dieser regionalen empirischen Ergebnisse soll auf G. Csongár verwiesen
werden, die die Entstehung neuer Arbeitsanforderungen bestätigt, die sich aus
der Einführung der Informations-Technik vor allem bei Verwaltungstätigkeiten ergeben.
Auch die Erfassung von pflegerischen Leistungen und eine neue Budgetverantwortung,
sowie Wirtschaftlichkeit und Controlling werden als zentrale Anforderungen angeführt.
Personalführung und Kundenfreundlichkeit prägen die neuen Handlungsabläufe im
Rahmen der Koordination und Kommunikation von Pflegetätigkeiten. 36
Fazit
Die sich derzeit in diesem Sektor entwickelnden Pflegestandards werden mit neuen
Organisationskonzepten der Pflege korrespondieren. Die Organisation der Pflege wird
sich an neuen Pflegemodellen am einzelnen Kostenträger Patient (Care-Management)
orientieren. Insofern ist es denkbar, dass sich ein Pflegekonzept durchsetzen wird, das
auf der Trennung von Anordnung und Durchführung basiert.
Für das Pflegepersonal ergeben sich hieraus erhebliche neue berufliche Anforderungen.
Die Pflege wird zunehmend mit betriebsorganisatorischen Aufgaben konfrontiert.
Das eröffnet nicht nur dem fortgebildeten Personal sondern auch entsprechenden „Seiteneinsteigern“
– Absolventen des Fachhochschul- bzw. Hochschulbereichs – ein wachsendes
Betätigungsfeld. Darüber hinaus ergeben sich zunehmend Aufstiegschancen für
das vorhandene Pflegepersonal, wenn sich weitere Qualifikationsdifferenzierungen innerhalb
des Pflegeberufs vollziehen. 37
Der Pflegeberuf wird in jedem Falle durch die Informations- und Kommunikationstechnologie,
Management- und Controllingaufgaben komplexer werden, da sich die
Informationsverarbeitung von der Dateneingabe bis zur Interpretation ohne pflegerischmedizinisches
Fachwissen schwerlich erschließen läßt.
Die Abteilungspflegeleitung muss neben pflegerisch-fachlichen Aufgaben neue Funktionen
erfüllen: Personalentwicklungsplanung, Marketing für das spezifische Patientensegment
der Abteilung, Qualitätssicherung, Controlling, Koordination mit anderen Berufsgruppen
und anderen Einrichtungen. Bei der Erfüllung dieser Managementaufgaben
wird, neben kommunikativer und fachlicher Kompetenz, insbesondere ein kompetenter
Umgang mit der Informationstechnologie zu einer Schlüsselqualifikation („Medienkompetenz“)
werden.
36
Vgl. Csongár, G.: Beschäftigungsentwicklung und Qualifikationsbedarf im Funktionsbereich des mittleren
und höheren Managements im Gesundheits- und Sozialwesen. In: Berufsbildung und Beschäftigung
im personenbezogenen Dienstleistungssektor, Bundesinstitut für Berufsbildung, Berichte zur beruflichen
Bildung, Heft 43, Berlin 1997, S. 168f
37
Vgl. Meifort, B. u.a.: Professionalisierung durch Weiterbildung, Bundesinstitut für Berufsbildung, Berichte
zur beruflichen Bildung, Heft 32, Berlin 1998, S. 49
41

EQUIB
42

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
6. Die Entwicklung des Qualifikationsbedarfs
Wie in der Repräsentativbefragung ermittelt und in den vorherigen Kapiteln dargestellt,
vollziehen sich in den Einrichtungen der Gesundheits- und Sozialpflege umfangreiche
organisationsstrukturelle und technologische Veränderungen, die mit neuen bzw. erweiterten
Anforderungen an die Qualifikationen des Pflegepersonals aller Funktionsebenen
verbunden sind. Die weitreichenden strukturellen – stattgefundenen wie prospektierten
– Veränderungen im Pflegesektor korrespondieren mit den durchweg hohen
Qualifikationsbedarfsmeldungen der Einrichtungen, die an der Untersuchung teilgenommen
haben.
Für eine gezielte Arbeitsmarkt- und Qualifizierungspolitik ist es wichtig, auf detaillierte
Angaben zu Qualifizierungserfordernissen bei der Planung und Implementierung von
konkreten Maßnahmen zurückgreifen zu können. Die Einrichtungen wurden deshalb
gebeten, ihren Qualifikationsbedarf zu konkretisieren.
6.1 Zur Methodik der Qualifikationsbedarfsanalyse
Die durchgeführte Qualifikationsbedarfsanalyse umfasst fünf Ebenen:
1. Sie erfasst die in den Pflegeberufen zu differenzierenden 21 Einzelqualifikationen
nach drei Unterscheidungskriterien: 38
a) Pflegequalifikationen
• Pflegeplanung/-prozess/-dokumentation
• neue Pflegeverfahren
• geronto-psychiatrische Kompetenz
• Pflegeberatung
• präventive/rehabilitative Beratung
• interkulturelle Pflegekompetenz
b) Überfachliche Qualifikationen
• BWL-Grundlagen/Controlling
• Recht
• Organisationsentwicklung
• Personalplanung/-einsatz
• Marketing
• Informations- und Kommunikationstechnologie, Vernetzung
• EDV-Grundlagen
• Qualitätssicherung
• Arbeits- und Gesundheitsschutz
• Umweltschutz
38 Die aufgeführten Qualifikationselemente bilden die Gesamtheit der im Pflegebereich in den drei Einrichtungsarten
abverlangten Qualifikationen, wobei die jeweils konkreten Arbeitsfunktionen sich aus
Elementen der Hauptbereiche Fachkompetenzen, überfachliche Qualifikationselemente und Schlüsselqualifikationen
zusammensetzen. Für die Aus- und Weiterbildung bedeutet diese Differenzierung, dass
bei jeder Maßnahme mehrere Qualifikationselemente als Einheit in der praktischen Arbeit oder Kurseinheit
angeeignet bzw. ausgebildet werden.
43

EQUIB
c) Schlüsselqualifikationen 39
• soziale/kommunikative Kompetenz
• Kompetenz für interdisziplinäre Zusammenarbeit (Teamarbeit)
• Verantwortungsbereitschaft
• Gestaltungskompetenz
• Qualitätsbewusstsein
2. Die einzelnen, insgesamt 21 Qualifikationselemente, werden jeweils auf drei Qualifikationsebenen
bezogen, die im Pflegebereich unterschieden werden können:
• Personal in Leitungsfunktionen
• Examinierte Pflegekräfte (3 Jahre)
• Examinierte Pflegekräfte (1Jahr)
3. Die Ergebnisse werden mit den Daten der einzelnen Einrichtungsarten Kranken-,
Alten- und häusliche Pflege korreliert, so dass je nach Einrichtungsart spezifizierte
Qualifikations- und Anforderungsprofile gewonnen werden konnten.
4. Dabei wurde in einem vierten Schritt der unmittelbare Bedarf und die Art und Weise
seiner Deckung nach den Kriterien „intern“, „extern“, „in- und extern“, „offen“ unterschieden.
40
5. Um die empirischen Ergebnisse abzurunden, wurden in einem fünften Schritt Expertenmeinungen
zu verschiedenen Schwerpunkten der Thematik eingeholt und in die empirischen
Ergebnisse eingearbeitet.
39 Vgl. Burmeister, J., Lehnerer, C.: Untersuchung der Beschäftigungsentwicklung und des Qualifikationsbedarfs
in mittleren Positionen des Gesundheits- und Sozialwesens – Anforderungen an die berufliche
Weiterbildung. In: Meifort, B. u.a. (Hrsg.): Berufsbildung und Beschäftigung im personenbezogenen
Dienstleistungssektor, Bundesinstitut für Berufsbildung, Heft 43, Berlin 1999, S. 175f.
Zum Vergleich eine andere Definition von Schlüssel- und Fachqualifikationen:
• "Budgetkompetenz": interne Kosten- und Leistungsrechnung, abteilungsspezifisches Controlling,
strategisches Controlling auf Klinikebene
• "Management/ Organisation": Projektorganisation/Mitarbeiterführung und –motivation, Personalbedarfsplanung,
Rekrutierung und Personalentwicklungsplanung, Dienstplangestaltung, Dienstleistungs-Marketing,
Qualitätsmanagement
• "Umgang mit Informationstechnologie": EDV-Grundwissen: Software und Hardware, strategisches
und operatives Informationsmanagement: Technikeinsatzplanung, EDV-gestützte Dienstplangestaltung,
EDV-gestützte Dokumentationssysteme
• "persönliche Führungskompetenz": Rhetorik /Gesprächsführung, Argumentation und Verhandlung,
Konfliktmanagement, Zeitmanagement
• Fachliche Qualifikationen: Pflege(bedarfs)planung, Pflegedokumentation, Pflegekonzepte
40 Zur Erläuterung: Im Bereich der Gesundheits- und Sozialpflegedienste wird im Verhältnis zu anderen
Wirtschaftszweigen ein überdurchschnittlich hoher Anteil an Qualifizierungsbedarf durch intern durchgeführte
Weiterbildungsmaßnahmen realisiert. Mehrere Krankenhäuser und einige frei gemeinnützig organisierte
Altenwohn- und Pflegeheime/ambulante Pflegedienste verfügen über interne Weiterbildungsabteilungen.
In den insbesondere privat organisierten häuslichen Pflegeeinrichtungen qualifiziert sich das
leitende Management häufig durch Selbststudium.
44

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
Aufbau des Kapitels
Die folgenden Unterkapitel dokumentieren und analysieren – immer jeweils differenziert
nach den drei untersuchten Funktionsebenen Personal in Leitungsfunktionen, examinierte
Fachkräfte (3j.), examinierte Fachkräfte (1j.) –
• den Qualifikationsbedarf insgesamt für alle Einrichtungsarten,
• den Qualifikationsbedarf in der stationären Krankenpflege: Krankenhäu-
•
ser/Fachkliniken,
den Qualifikationsbedarf in der stationären Altenpflege: Altenwohn- und Pflegeheime,
• den Qualifikationsbedarf bei der ambulanten Krankenpflege und Betreuung: Häusliche
Pflege- und Betreuungsdienste.
Im Anschluss an diese zum größten Teil quantitative Auswertung der Qualifikationsbedarfe
erfolgt eine kurze qualitative Analyse der Bedarfsmeldungen der drei Einrichtungsarten.
Diese Darstellungsform bietet sich aufgrund von einigen, allen Einrichtungen
gemeinsamen Qualifikationsbedarfstrends (z.B. in den Bereichen Arbeits- und Gesundheitsschutz,
Qualitätssicherung) an, um Wiederholungen zu vermeiden.
Abschließend werden die von den Einrichtungen für die jeweils angegebenen Qualifizierungsinhalte
gewählten Bedarfsdeckungsstrategien dargestellt.
45

EQUIB
6.2 Qualifikationsbedarf insgesamt für alle Einrichtungsarten
Personal in Leitungsfunktionen
Pflegeplanung/-prozeß/-dokumentation
Anw. neuer Pflegeverfahren
geronto-psychiatr. Kompetenz
Pflegeberatung
prävent./rehabil. Beratung
Interkulturelle Pflegekompetenz
BWL-Grundlagen/Controlling
Recht
Organisationsentwicklung
Personalplanung/-einsatz
Marketing
IuK-Tech./-Vernetzung
EDV-Grundlagen
Qualitätssicherung
Arbeits- u. Gesundheitsschutz
Umweltschutz
soziale/kommunikative Kompetenz
Komp. f. interdisziplinäre Teamarbeit
Verantwortungsbereitschaft
arb.org. Gestaltungskomp./Planungsfähigkeit
Qualitätsbewusstsein
46
11
16
24
11
12
22
12
10
13
11
16
14
10
3
6
12
21
20
19
17
13
89
84
76
89
88
78
88
90
87
89
84
86
90
97
94
88
79
80
81
83
87
kein Bedarf Bedarf
Abb. 19: Qualifikationsbedarf für Personal in Leitungsfunktionen insgesamt (Angaben in Prozent)
• Der Qualifizierungsbedarf auf der Leitungsebene wird bezüglich fast aller Qualifikationselemente
als gleichmäßig hoch betrachtet (Nennungen ab 76% aufwärts). Es
läßt sich also kein spezieller Qualifizierungsbedarf nachweisen, der aus dem Umfeld
der gängigen Anforderungen herausragen würde.
• Dass der Bedarf in Bezug auf Arbeits- und Gesundheitsschutz und bei der Qualitätssicherung
etwas höher liegt als im Durchschnitt, entspricht den Befunden, die die
Untersuchung der organisationsstrukturellen Entwicklung (siehe Kap. 5) ergeben hat
und gilt deshalb sowohl für alle Qualifikationsstufen als auch für alle Einrichtungstypen
gleichermaßen.
• Nach interkultureller sowie geronto-psychiatrischer Pflegekompetenz wird ein relativ
geringerer Bedarf angemeldet, was für die Leitungsebene einleuchtet, da es sich
hierbei in erster Linie um spezielle Kompetenzen des Pflegepersonals unmittelbar
bezogen auf die zu pflegende Person handelt.

Examinierte Pflegekräfte (3j.)
Pflegeplanung/-prozeß/-dokumentation
Anw. neuer Pflegeverfahren
geronto-psychiatr. Kompetenz
Pflegeberatung
prävent./rehabil. Beratung
Interkulturelle Pflegekompetenz
BWL-Grundlagen/Controlling
Recht
Organisationsentwicklung
Personalplanung/-einsatz
Marketing
IuK-Tech./-Vernetzung
EDV-Grundlagen
Qualitätssicherung
Arbeits- u. Gesundheitsschutz
Umweltschutz
soziale/kommunikative Kompetenz
Komp. f. interdisziplinäre Teamarbeit
Verantwortungsbereitschaft
arb.org. Gestaltungskomp./Planungsfähigkeit
Qualitätsbewusstsein
Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
6
14
13
19
21
21
23
28
21
29
20
29
18
38
54
48
54
51
60
61
44
kein Bedarf Bedarf
94
86
87
81
79
79
77
72
79
71
80
71
82
62
46
52
46
49
40
39
56
Abb. 20: Qualifikationsbedarf für examinierte Pflegekräfte (3j.) insgesamt (Angaben in Prozent)
Bei den Examinierten (3j.) wird der Bedarf insgesamt differenzierter gesehen als auf der
Ebene der Leitungsfunktionen:
• Während die Schlüsselqualifikationen relativ gleichmäßig hoch bewertet werden, ist
es auffällig, dass die fachübergreifenden, in den kaufmännischen und datenverarbeitenden
Bereich hineinreichenden Qualifikationsanforderungen deutlich minderbewertet
werden.
• Dagegen spielen die Fachkompetenzen im pflegerischen Bereich eine größere Rolle,
vor allem was die Pflegeplanung und -dokumentation sowie neue Pflegeverfahren
betrifft. Hier wird offenbar ein Nachholbedarf formuliert, der sich auf moderne Verfahren
und Pflegetechniken richtet, bei denen, bezogen auf den praktischen Pflegebereich,
Beratungstätigkeiten wie präventive Maßnahmen eine relativ große Rolle
spielen.
• Der Qualifizierungsbedarf für Arbeits- und Gesundheitsschutz fällt bei dieser Qualifikationsstufe
am höchsten aus.
47

EQUIB
Examinierte Pflegekräfte (1j.)
Pflegeplanung/-prozeß/-dokumentation
Anw. neuer Pflegeverfahren
geronto-psychiatr. Kompetenz
Pflegeberatung
prävent./rehabil. Beratung
Interkulturelle Pflegekompetenz
BWL-Grundlagen/Controlling
Recht
Organisationsentwicklung
Personalplanung/-einsatz
Marketing
IuK-Tech./-Vernetzung
EDV-Grundlagen
Qualitätssicherung
Arbeits- u. Gesundheitsschutz
Umweltschutz
soziale/kommunikative Kompetenz
Komp. f. interdisziplinäre Teamarbeit
Verantwortungsbereitschaft
arb.org. Gestaltungskomp./Planungsfähigkeit
Qualitätsbewusstsein
48
6
38
38
44
60
58
49
61
62
52
56
50
66
43
78
74
79
80
80
80
72
94
kein Bedarf Bedarf
62
62
56
40
42
51
39
38
48
44
50
34
57
Abb. 21: Qualifikationsbedarf für examinierte Pflegekräfte (1j.) insgesamt (Angaben in Prozent)
22
26
21
20
20
20
28
• Anders als bei den „Dreijährigen“ wird der Qualifikationsbedarf bei dieser Zielgruppe
insgesamt im Durchschnitt weit geringer eingeschätzt, wenn auch die Gewichtung
der verschiedenen Qualifikationsbereiche vergleichbar ist.
• Bei den konkreten Pflegequalifikationen, soweit sie neue Verfahren, die Dokumentation
und die geronto-psychiatrische Befähigung betreffen, wird ein überdurchschnittlicher
Bedarf angemeldet.
• Darüber hinaus sind auch bestimmte Schlüsselqualifikationen wie Verantwortung,
Qualitätsbewusstsein sowie Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit relativ
bedeutend.
• Bei der fachübergreifenden Qualifikation „Arbeits- und Gesundheitsschutz“ wird
wie bei den anderen Qualifikationsstufen ebenfalls ein fast 100%iger Bedarf gesehen,
während die übrigen Kriterien in diesem Qualifikationssegment eher unterbewertet
werden.

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
6.3 Qualifikationsbedarf in der stationären Krankenpflege: Krankenhäuser/Fachkliniken
Personal in Leitungsfunktionen
Pflegeplanung/-prozeß/-dokumentation
Anw. neuer Pflegeverfahren
geronto-psychiatr. Kompetenz
Pflegeberatung
prävent./rehabil. Beratung
Interkulturelle Pflegekompetenz
BWL-Grundlagen/Controlling
Recht
Organisationsentwicklung
Personalplanung/-einsatz
Marketing
IuK-Tech./-Vernetzung
EDV-Grundlagen
Qualitätssicherung
Arbeits- u. Gesundheitsschutz
Umweltschutz
soziale/kommunikative Kompetenz
Komp. f. interdisziplinäre Teamarbeit
Verantwortungsbereitschaft
arb.org. Gestaltungskomp./Planungsfähigkeit
Qualitätsbewusstsein
6
6
19
13
13
13
13
6
6
6
6
13
6
6
6
31
100
94
81
88
88
88
100
94
100
88
94
94
94
94
88
100
94
94
94
100
kein Bedarf Bedarf
Abb. 22: Qualifikationsbedarf für Personal in Leitungsfunktionen der Krankenhäuser/Fachkliniken
(Angaben in Prozent)
• Es ist ein relativ gleichmäßiger sehr hoher Qualifikationsbedarf in allen Bereichen
zu konstatieren.
• Dass die geronto-psychiatrische Kompetenz in der Krankenpflege etwas zurückbleibt,
ist einleuchtend, da diese Qualifikation schwerpunktmäßig in der Altenpflege
erwartet wird.
• Wenn man die Spezifikation Krankenhaus/Fachklinik mit den Resultaten der Bedarfsanalyse
insgesamt für alle Einrichtungen vergleicht, so ergeben sich folgende
markante Unterschiede: Beim Qualitätsbewusstsein, der sozialkommunikativen
Kompetenz, der Personalplanung, beim Recht und bei der Pflegedokumentation
wird hier ein 100%iger Bedarf für das Leitungspersonal gesehen (Werte insgesamt
zwischen 80% und 90%). Nimmt man dann noch die durchweg hohen Bedarfsmeldungen
in den Feldern BWL, Organisationsentwicklung, Marketing und Neue
Technologien dazu, zeigt sich, dass im Krankenhausbereich die Umstrukturierung
von öffentlichen Einrichtungen in marktwirtschaftlich organisierte Unternehmungen
69
49

EQUIB
50
voll im Gange ist und die Notwendigkeit, diesen Umstrukturierungsprozess mit einer
Qualifizierungsoffensive zu flankieren, erkannt ist.
Examinierte Pflegekräfte (3j.)
Pflegeplanung/-prozeß/-dokumentation
Anw. neuer Pflegeverfahren
geronto-psychiatr. Kompetenz
Pflegeberatung
prävent./rehabil. Beratung
Interkulturelle Pflegekompetenz
BWL-Grundlagen/Controlling
Recht
Organisationsentwicklung
Personalplanung/-einsatz
Marketing
IuK-Tech./-Vernetzung
EDV-Grundlagen
Qualitätssicherung
Arbeits- u. Gesundheitsschutz
Umweltschutz
soziale/kommunikative Kompetenz
Komp. f. interdisziplinäre Teamarbeit
Verantwortungsbereitschaft
arb.org. Gestaltungskomp./Planungsfähigkeit
Qualitätsbewusstsein
6
12
37
12
19
12
25
12
25
31
37
31
19
19
6
19
19
25
12
19
12
kein Bedarf Bedarf
94
88
63
88
81
88
75
88
75
69
63
69
81
81
94
81
81
75
88
81
88
Abb. 23: Qualifikationsbedarf für examinierte Pflegekräfte (3j.) der Krankenhäuser/Fachkliniken
(Angaben in Prozent)
• Gegenüber den Leitungsfunktionen fällt das Bedarfsniveau bei den „Dreijährigen“
in Bezug auf fast alle Qualifikationskriterien deutlich ab, wobei der Unterschied auf
der überfachlichen Ebene überproportional größer ist.
• Die Pflegequalifikationen werden mit Ausnahme der geronto-psychiatrischen Kompetenz
als sehr wichtig eingestuft, demgegenüber ist ein geringes Zurückbleiben bei
einigen fachübergreifenden Qualifikationen zu konstatieren.
• Dem Arbeits- und Gesundheitsschutz wird auch hier eine sehr hohe Bedeutung beigemessen.
• Gemessen am Bedarf insgesamt für alle drei Einrichtungsarten wird für diese Funktionsebene
im Krankenhaus ein etwas höherer Pflegekompetenzbedarf – mit Ausnahme
der geronto-psychiatrischen Kompetenz – angegeben.

Examinierte Pflegekräfte (1j.)
Pflegeplanung/-prozeß/-dokumentation
Anw. neuer Pflegeverfahren
geronto-psychiatr. Kompetenz
Pflegeberatung
prävent./rehabil. Beratung
Interkulturelle Pflegekompetenz
BWL-Grundlagen/Controlling
Recht
Organisationsentwicklung
Personalplanung/-einsatz
Marketing
IuK-Tech./-Vernetzung
EDV-Grundlagen
Qualitätssicherung
Arbeits- u. Gesundheitsschutz
Umweltschutz
soziale/kommunikative Kompetenz
Komp. f. interdisziplinäre Teamarbeit
Verantwortungsbereitschaft
arb.org. Gestaltungskomp./Planungsfähigkeit
Qualitätsbewusstsein
Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
6
31
50
75
75
69
69
69
75
75
75
75
81
81
75
81
94
94
94
94
88
94
kein Bedarf Bedarf
69
50
25
25
31
31
6
19
6
6
6
12
31
25
Abb. 24: Qualifikationsbedarf für examinierte Pflegekräfte (1j.) der Krankenhäuser/Fachkliniken
(Angaben in Prozent)
• Mit Ausnahme der Qualifikationsbereiche Pflegeverfahren und -dokumentation und
beim Arbeits- und Gesundheitsschutz ist der Qualifizierungsbedarf insgesamt auf
dieser Stufe deutlich weniger prägnant.
• Bemerkenswert ist für diese Qualifikationsebene der geringe Bedarf bei den Schlüsselqualifikationen.
Dieses Resultat bedeutet, dass Kompetenzen wie „Verantwortungsbereitschaft“,
„Qualitätsbewusstsein“ etc. auf den Arbeitsplätzen mit geringerer
Qualifikation heutzutage wie auch künftig offenbar keine so große Rolle zuerkannt
werden soll.
• Weiter auffallend sind die explizit geringen Bedarfsangaben im Feld der fachübergreifenden
Qualifikationen. Es drängt sich die Interpretation auf, dass der Umstrukturierungsprozess
im Krankenhaus weitestgehend auf die höheren Qualifikationsstufen
beschränkt bleibt und diese Pflegekräfte (1j.) nur die notwendigen neuen fachlichen
Pflegequalifikationen erhalten werden.
25
25
25
19
19
25
51

EQUIB
6.4 Qualifikationsbedarf in der stationären Altenpflege: Altenwohn- und Pflegeheime
Personal in Leitungsfunktionen
Pflegeplanung/-prozeß/-dokumentation 16
Anw. neuer Pflegeverfahren 25
geronto-psychiatr. Kompetenz 25
Pflegeberatung 13
prävent./rehabil. Beratung 16
Interkulturelle Pflegekompetenz
34
BWL-Grundlagen/Controlling 22
Recht 22
Organisationsentwicklung 22
Personalplanung/-einsatz 16
Marketing 25
IuK-Tech./-Vernetzung 22
EDV-Grundlagen 13
Qualitätssicherung 3
Arbeits- u. Gesundheitsschutz 3
Umweltschutz 9
soziale/kommunikative Kompetenz
34
Komp. f. interdisziplinäre Teamarbeit
41
Verantwortungsbereitschaft
31
arb.org. Gestaltungskomp./Planungsfähigkeit
31
Qualitätsbewusstsein 25
52
kein Bedarf Bedarf
84
75
75
88
84
66
78
78
78
84
75
78
88
97
97
91
66
59
69
69
75
Abb. 25: Qualifikationsbedarf für Personal in Leitungsfunktionen der stationären Altenpflege (Angaben
in Prozent)
• Die Spitzen des Bedarfs liegen bei den Qualifizierungsfeldern Qualitätssicherung,
Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie Umweltschutz.
• Die übrigen Bedarfe für das Personal in Leitungsfunktionen sind ungefähr gleichmäßig
verteilt, wobei im Bereich der Schlüsselqualifikationen ein relativ geringerer
Bedarf gesehen wird, als bei den fachlichen- bzw. fachübergreifenden Qualifikationen.
In diesem Bereich gibt es einen deutlichen Unterschied zu den Krankenhäusern,
die gerade den Schlüsselqualifikationen eine hohe Priorität zuweisen. Auch für
die Pflegequalifikationen ist dieser Unterschied prägnant. 41
41 Ein Rückschluss auf das Qualifikationsniveau in den Altenwohn- und Pflegeheimen im Vergleich zu
den Krankenhäusern aus diesem Befund ist nicht zulässig, da hier nach dem künftigen Bedarf gefragt
wurde. Der relativ geringere Bedarf kann sich aus schon in der Vergangenheit erfolgter Qualifizierung
ergeben.

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
• Interessant ist, dass in Sachen Umweltschutz, Qualitätssicherung, Arbeits- und Gesundheitsschutz
obiger Befund im Verhältnis zu den Krankenhäusern nicht bestätigt
wird. Hier wird ein geringfügig höherer Bedarf für das Leitungspersonal in der Altenpflege
angemeldet.
Examinierte Pflegekräfte (3j.)
Pflegeplanung/-prozeß/-dokumentation
Anw. neuer Pflegeverfahren
geronto-psychiatr. Kompetenz
Pflegeberatung
prävent./rehabil. Beratung
Interkulturelle Pflegekompetenz
BWL-Grundlagen/Controlling
Recht
Organisationsentwicklung
Personalplanung/-einsatz
Marketing
IuK-Tech./-Vernetzung
EDV-Grundlagen
Qualitätssicherung
Arbeits- u. Gesundheitsschutz
Umweltschutz
soziale/kommunikative Kompetenz
Komp. f. interdisziplinäre Teamarbeit
Verantwortungsbereitschaft
arb.org. Gestaltungskomp./Planungsfähigkeit
Qualitätsbewusstsein
3
19
13
13
22
25
16
16
22
25
38
38
38
47
53
72
63
66
63
75
78
97
81
88
88
78
75
84
84
kein Bedarf Bedarf
78
75
63
63
63
53
47
28
38
34
38
25
22
Abb. 26: Qualifikationsbedarf für examinierte Pflegekräfte (3j.) der stationären Altenpflege (Angaben
in Prozent)
• Für die Pflege- und Schlüsselqualifikationen werden insgesamt die höchsten Bedarfe
gemeldet.
• Bezogen auf einzelne Qualifizierungsfelder liegen die Nennungen für Arbeits- und
Gesundheitsschutz, neue Pflegeverfahren und geronto-psychiatrische Kompetenz an
der Spitze. Ein überdurchschnittlicher „Nachholbedarf“ für diese letztgenannte
Qualifikation wurde auch in den zahlreichen Expertengesprächen immer wieder
hervorgehoben.
• Auffällig, aber für diese Qualifikationsebene nicht untypisch, ist, dass die Pflegequalifikationen
auf einen überproportionalen Bedarf stoßen, während die überfachlichen
Fähigkeiten der Organisation, der Geschäftsabwicklung etc. offenbar schwerpunktmäßig
den Leitungsfunktionen vorbehalten sind.
53

EQUIB
• Der Arbeits- und Gesundheitsschutz ist auf dieser Ebene bedarfsdominierend, ein
Ergebnis, das sich genau so wie das Qualitätsbewusstsein und die Qualitätssicherung
von dem Befund auf der Leitungsebene allerdings nur unwesentlich unterscheidet.
Examinierte Pflegekräfte (1j.)
Pflegeplanung/-prozeß/-dokumentation
Anw. neuer Pflegeverfahren
geronto-psychiatr. Kompetenz
Pflegeberatung
prävent./rehabil. Beratung
Interkulturelle Pflegekompetenz
BWL-Grundlagen/Controlling
Recht
Organisationsentwicklung
Personalplanung/-einsatz
Marketing
IuK-Tech./-Vernetzung
EDV-Grundlagen
Qualitätssicherung
Arbeits- u. Gesundheitsschutz
Umweltschutz
soziale/kommunikative Kompetenz
Komp. f. interdisziplinäre Teamarbeit
Verantwortungsbereitschaft
arb.org. Gestaltungskomp./Planungsfähigkeit
Qualitätsbewusstsein
54
3
47
34
38
59
56
47
81
78
78
81
84
81
69
50
28
59
59
66
50
75
97
kein Bedarf Bedarf
53
66
63
41
44
53
19
22
22
19
16
19
31
50
72
41
41
34
50
25
Abb. 27: Qualifikationsbedarf für examinierte Pflegekräfte (1j.) der stationären Altenpflege (Angaben
in Prozent)
• Insgesamt ist der Qualifikationsbedarf für die Helferfunktionen im Verhältnis zu den
höher Qualifizierten geringer ausgeprägt.
• Der Bedarf dominiert in dieser Qualifikationsstufe bei den Pflegequalifikationen,
aber auch das Qualitätsbewusstsein wird hoch und der Arbeits- und Gesundheitsschutz
sehr hoch eingeschätzt. Dieses Ergebnis ist gegenüber den anderen Qualifikationsstufen
jedoch nicht spezifisch.
• Erwartungsgemäß fallen die Meldungen für die übrigen überfachlichen Qualifikationen
am geringsten aus, wenn auch höher als im Krankenhaussektor.
• Auffällig sind die im Verhältnis zu den examinierten Pflegekräften (3j.) auch hier
insgesamt geringeren Bedarfsmeldungen bei den persönlichen und sozialen Kompetenzen.

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
6.5 Qualifikationsbedarf in der ambulanten Pflege: Häusliche Pflege- und Betreuungsdienste
Personal in Leitungsfunktionen
Pflegeplanung/-prozeß/-dokumentation 12
Anw. neuer Pflegeverfahren 12
geronto-psychiatr. Kompetenz 21
Pflegeberatung 7
prävent./rehabil. Beratung 10
Interkulturelle Pflegekompetenz 17
BWL-Grundlagen/Controlling 5
Recht 5
Organisationsentwicklung 10
Personalplanung/-einsatz 12
Marketing 9
IuK-Tech./-Vernetzung 12
EDV-Grundlagen 10
Qualitätssicherung 2
Arbeits- u. Gesundheitsschutz 7
Umweltschutz 14
soziale/kommunikative Kompetenz 19
Komp. f. interdisziplinäre Teamarbeit 10
Verantwortungsbereitschaft 14
arb.org. Gestaltungskomp./Planungsfähigkeit 10
Qualitätsbewusstsein 10
88
88
79
93
90
83
95
95
90
88
91
88
90
98
93
86
81
90
86
90
90
kein Bedarf Bedarf
Abb. 28: Qualifikationsbedarf für Personal in Leitungsfunktionen der häuslichen Pflege (Angaben in
Prozent)
• Der Qualifikationsbedarf bei den Leitungsfunktionen der häuslichen Pflegedienste
ist relativ gleichmäßig auf alle Qualifizierungskriterien verteilt. Er liegt im hohen
Bereich (um 90%), mit geringer Abweichung nach unten bei der geronto-psychiatrischen
und der interkulturellen Pflegekompetenz sowie der sozial/kommunikativen
Kompetenz. Er weist die bei Altenpflegeeinrichtungen diagnostizierten Schwankungen
zwischen Fach-, überfachlichen und Schlüsselqualifikationen nicht im gleichen
Maße auf.
• Die ambulanten Pflegeeinrichtungen, deren Anzahl seit Einführung der Pflegeversicherung
kontinuierlich gewachsen ist, sind in der Mehrzahl kleinere Einrichtungen,
bei denen die Leitung alle Aufgaben kompetent beherrschen muss. Dass sich
das leitende Personal verstärkt auf Markt- und Kundenorientierung als das Erfolgskriterium
eines Dienstleistungsunternehmens einstellt, zeigen die sehr hohen Bedarfsmeldungen
im Segment der überfachlichen Qualifikationen.
55

EQUIB
Examinierte Pflegekräfte (3j.)
56
Pflegeplanung/-prozeß/-dokumentation
Anw. neuer Pflegeverfahren
geronto-psychiatr. Kompetenz
Pflegeberatung
prävent./rehabil. Beratung
Interkulturelle Pflegekompetenz
BWL-Grundlagen/Controlling
Recht
Organisationsentwicklung
Personalplanung/-einsatz
Marketing
IuK-Tech./-Vernetzung
EDV-Grundlagen
Qualitätssicherung
Arbeits- u. Gesundheitsschutz
Umweltschutz
soziale/kommunikative Kompetenz
Komp. f. interdisziplinäre Teamarbeit
Verantwortungsbereitschaft
arb.org. Gestaltungskomp./Planungsfähigkeit
Qualitätsbewusstsein
7
14
14
17
24
19
17
33
19
24
21
26
21
40
52
50
57
50
57
59
52
93
kein Bedarf Bedarf
86
86
83
76
81
83
67
81
76
79
74
79
60
48
50
43
50
43
41
48
Abb. 29: Qualifikationsbedarf für examinierte Pflegekräfte (3j.) in der häuslichen Pflege (Angaben in
Prozent)
• Für die examinierten Pflegekräfte (3j.) wird der höchste Qualifizierungsbedarf für
den Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz (93%) angegeben.
• Darüber hinaus stehen die modernen Pflegekompetenzen und Schlüsselqualifizierungen
an der Spitze der Bedarfsskala. Für diese Ebene scheint sich ein Nachholbedarf
zu ergeben, der u.U. auch damit zusammenhängt, dass sich gerade bei den
dreijährig Qualifizierten im häuslichen Pflegebereich eine Veränderung im Qualifikationsprofil
durch veränderte Arbeitsanforderungen ergibt, die aus den Umstrukturierungen
im Gesundheitswesen hin zu Humandienstleistern herrühren.
• Was die fachübergreifenden, insbesondere die kaufmännisch orientierten Qualifikationen
betrifft, so liegen sie im Verhältnis zur stationären Altenpflege in einem
deutlich höheren Bedarfsbereich. Es scheint also für die häusliche Pflege für dreijährig
ausgebildete Pflegekräfte wichtig zu sein, über Qualifikationen zu verfügen, die
dazu befähigen, sich marktorientiert und kaufmännisch zu verhalten, wozu im weiteren
Sinn die Managementfähigkeiten zählen, die nicht schon durch den Kanon der
Schlüsselqualifikationen erfasst werden. Im ambulanten Pflegebereich scheint auf

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
dieser Qualifikationsstufe vermehrt die Übernahme von (Teil-)Leitungsfunktionen
in Eigenverantwortung erwartet zu werden.
Examinierte Pflegekräfte (1j.)
Pflegeplanung/-prozeß/-dokumentation
Anw. neuer Pflegeverfahren
geronto-psychiatr. Kompetenz
Pflegeberatung
prävent./rehabil. Beratung
Interkulturelle Pflegekompetenz
BWL-Grundlagen/Controlling
Recht
Organisationsentwicklung
Personalplanung/-einsatz
Marketing
IuK-Tech./-Vernetzung
EDV-Grundlagen
Qualitätssicherung
Arbeits- u. Gesundheitsschutz
Umweltschutz
soziale/kommunikative Kompetenz
Komp. f. interdisziplinäre Teamarbeit
Verantwortungsbereitschaft
arb.org. Gestaltungskomp./Planungsfähigkeit
Qualitätsbewusstsein
7
33
36
38
43
38
41
38
43
55
55
52
60
69
69
74
74
71
76
76
64
93
kein Bedarf Bedarf
67
64
62
62
62
57
57
45
45
48
40
31
31
26
26
29
24
24
36
Abb. 30: Qualifikationsbedarf für examinierte Pflegekräfte (1j.) in der häuslichen Pflege (Angaben in
Prozent)
• Der Befund für die Helferberufe fällt bezogen auf die Bedarfsnennungen insgesamt
deutlich geringer aus als bei den Pflegefachkräften. Nur im Bereich Arbeits- und
Gesundheitsschutz wird ein nahezu 100% Bedarf gemeldet.
• In der häuslichen Pflege bekommen in der Kategorie der „Einjährigen“ Schlüsselqualifikationen
und zukunftsorientierte Pflegequalifikationen ein bei weitem größeres
Gewicht gegenüber den überfachlichen Qualifikationselementen. Das hier konstatierte
Übergewicht dieser Qualifikationssegmente lässt u.E. den Schluss zu, dass
in der ambulanten Pflege die Arbeitsteilung zwischen den Qualifikationsebenen weniger
strikt gehandhabt wird, dass hier auf selbständiges teamorientiertes Arbeitsverhalten
auch dieser Pflegekräfte großer Wert gelegt wird.
57

EQUIB
6.6 Fazit und Empfehlungen
Als erstes sind die durchweg hohen Qualifikationsbedarfsmeldungen aller untersuchten
Einrichtungen der Gesundheits- und Sozialpflegedienste hervorzuheben.
Die technischen und organisationsstrukturellen Veränderungen (vgl. Kap. 5) in dieser
Branche stellen notwendigerweise neue Arbeits- und Aufgabenanforderungen an die
Beschäftigten aller Hierarchiestufen. Ein wichtiges Ergebnis der vorliegenden Qualifikationsbedarfsanalyse
ist, dass die Verantwortlichen erkannt haben, dass die Umstrukturierung
der Gesundheits- und Sozialpflegedienste zu modernen Dienstleistern einer
qualifikatorischen Flankierung auf Seiten der Humanressourcen bedarf.
• Qualifizierungsbedarf für Arbeits- und Gesundheitsschutz
Auffallend sind die z.T. fast 100%igen Bedarfsmeldungen für dieses Qualifizierungssegment,
die quer durch alle Einrichtungen und für alle Qualifikationsebenen angegeben
werden.
Diese Bedarfsmeldungen dürften sich einmal aus dem Arbeitsschutzgesetz ergeben, das
für Ende 1999 die letzte Frist für die Durchführung von arbeitsplatzbezogenen Gefährdungsanalysen,
die eine Unterweisung/Unterrichtung der Mitarbeiter über potenzielle
gesundheitliche Gefährdungen sowie deren Vermeidung miteinschließen, vorsieht. Da
alle Einrichtungen ungeachtet ihrer Beschäftigtenzahl und ihres Rechtsstatus unter dieses
Gesetz fallen, haben alle Einrichtungen einen entsprechenden Handlungsbedarf.
Zum zweiten steigen die gesundheitlichen, körperlichen wie psychischen Belastungen
der in diesem Sektor Beschäftigten als Folge der Entwicklung zum Dienstleistungssektor
in Kombination mit der Gesundheitsreform und der Pflegeversicherung, die mit reduzierten
Budgets qualitäts- und kundenorientierte Dienstleistungen verlangen, an. Dieses
Urteil jedenfalls wird u.a. von den befragten Experten wie auch den Berufsgenossenschaften
vertreten und ist in Untersuchungen 42 belegt. Die Folgen dieser Belastungen
machen sich u.a. im eingeschränkten Arbeitseinsatz des Pflegepersonals geltend, der
sich in der Qualität und Kundenorientierung der Pflegeleistungen zeigen kann oder manifestieren
sich in Arbeitsunfähigkeit/Krankheit.
Bemerkenswert ist, dass die Einrichtungen aus diesen beiden Momenten, der rechtlichen
Verpflichtung wie den gesundheitlichen Belastungen für die Beschäftigten, den Schluss
gezogen haben, einen Qualifizierungsschwerpunkt im Bereich Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung
zu setzen. Diese Qualifizierungsinhalte sind insofern als Bestandteil
der Pflegeausbildung anzusehen, als sie die Kenntnisse über sowie den gesundheitsgerechten
(und damit leistungserhaltenden) Umgang mit potenziellen Gefährdungen der
Pflegearbeit thematisieren (z.B. Schutz vor Infektionen, rückenschonendes Heben).
Konsequent ist die Meldung entsprechender Qualifizierungsbedarfe für alle Qualifika-
42 Vgl.: Referat von Dr. Siegfried Weyerer vom Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim auf
dem Ersten Landespflegetag in Stuttgart (12/98). In: Pflegezeitschrift 2/99, S. 90ff.
Vgl.: In der Altenpflege mehr Stress für Beschäftigte. In: Arbeit&Ökologie-Briefe Nr. 9 vom 5. Mai
1999. AiB Verlag GmbH, Köln 1999.
58

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
tionsstufen, da Arbeits- und Gesundheitsschutz nur als ganzheitlicher Prozess im Unternehmen
seine gesundheitsförderlichen Wirkungen entfalten kann. Wenn die Leitung
Schutzmaßnahmen (Impfungen, Tragen von Handschuhen, Hebehilfen usw.) zur Verfügung
stellt, müssen sie von den Pflegekräften auch in die Pflegearbeit integriert und
praktiziert werden.
Empfehlung
Spezifische auf diese Gesundheitsdienstleistungseinrichtungen zugeschnittene ganzheitliche
Beratungs- und Qualifizierungsangebote, z.B. Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagementsysteme,
fehlen in der Region Bremen/Bremerhaven. Angesichts des
hohen gemeldeten Bedarfs der Einrichtungen sollte überlegt werden, wie zu einzelnen
Bereichen bestehende Angebote (Stressprävention, Rückenschule usw.) zu einem Gesamtpaket
ergänzt und eventuell in Modellprojekten zur betrieblichen Gesundheitsförderung
bei Gesundheits- und Sozialpflegediensten durchgeführt werden könnten.
• Qualifizierungsfeld Umweltschutz
Auch in diesem Bereich finden sich vor allem für das Leitungspersonal aller Einrichtungsarten
sehr hohe Bedarfsmeldungen. Neben rechtlichen Kenntnissen sind Verfahren
der Integration von Umweltschutzauflagen auf arbeitsorganisatorischer Ebene zu klären.
Beratungsangebote zugeschnitten auf die Belange (z.B. Gefahrstoff-, Abfallbeseitigung
bei medizinischen Hilfsmitteln, Medikamenten, Desinfektionsmitteln usw.) dieses Sektors
werden nachgefragt.
Empfehlung
Es bietet sich an, den Umweltschutz in Verfahren und Systemen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz
und Qualitätssicherung zu integrieren (Integrierte Managementsysteme).
• Qualitätssicherung (überfachliche Qualifikation) und Qualitätsbewusstsein
(Schlüsselqualifikation)
Als weiteres Qualifikationssegment ist in allen Einrichtungen, wenn auch abgestuft
nach den drei Qualifikationsebenen, die Qualitätssicherung als Implementation eines
abprüfbaren Verfahrens wie als extrafunktionale Kompetenz des Einzelnen zu identifizieren.
Zum einen sind diese Qualifikationsbedarfsmeldungen sicherlich begründet in der mit
der Pflegeversicherung (vgl. Kap. 5.1) festgeschriebenen Verpflichtung, Qualitätssicherung
zu betreiben; zum anderen setzen alle Einrichtungen auf die Schulung eines Qualitätsbewusstseins
ihrer Mitarbeiter, sehen also die Notwendigkeit, Qualität jeder einzelnen
Pflegeleistung zu einem der wichtigsten Kriterien ihres Dienstleistungsangebots
zu erklären.
59

EQUIB
Analog zu dem Qualifikationssegment Arbeits- und Gesundheitsschutz kann auch hier
nur ein ganzheitlicher Ansatz, der die Einrichtungen als „lernende Unternehmen“ begreift,
auf Dauer Erfolg, sprich Durchsetzung auf dem Markt der Gesundheitsdiensteanbieter,
versprechen.
Empfehlung
Ausgehend von Forderungen nach Qualitätssicherungsverfahren, die speziell auf die
Pflegesituation zugeschnitten sind 43 , sollte angesichts der hohen Bedarfsmeldungen
überlegt werden, ob auch hier die unterschiedlichen Angebote und Ansätze in der Region
gebündelt und zu einem solchen einrichtungsspezifischen Modellprojekt weiterentwickelt
werden könnten, das Qualifizierung der Mitarbeiter, Beratung bei den
Schritten der Implementation sowie Hilfestellung bei der Anerkennung/Zertifizierung
kombiniert. Ein Beratungs- und Qualifizierungsprojekt für Qualitätssicherung könnte
auf dem „Bremer Qualitätssiegel für ambulante Pflegedienste“ beruhen und Weiterentwicklungen
für andere Bereiche initiieren. Für den Bedarf solcher spezifischen Qualifizierungs-
und Beratungsangebote sprechen auch Modellprojekte, die in anderen Regionen
angeregt wurden. 44
Im Hinblick auf die hohen Handlungsbedarfe im Bereich Arbeits- und Gesundheitssowie
Umweltschutz ist an die Entwicklung von Schnittstellen des Qualitätsmanagements
zu diesen Bereichen bzw. von Integrierten Managementsystemen speziell für diesen
Sektor zu denken.
• Qualifizierungsbedarf (nicht nur) für das Leitungspersonal
Für die übrigen überfachlichen Qualifikationen bezogen auf die Schwerpunkte
Führungs- und Managementkompetenzen (Recht, BWL, Marketing, Personal- und Organisationsentwicklung)
wurden durchweg sehr hohe (im Durchschnitt über 85 – 90%)
Bedarfsmeldungen für das Personal in Leitungsfunktionen abgegeben. Dieselbe Aussage
trifft auf den Bereich der neuen IuK-Technologien/Netzwerke/EDV zu.
Mit dem Qualifikationsniveau sinken in der Tendenz auch die angegebenen Bedarfe
(wenn auch wie ausgeführt einrichtungsspezifisch unterschiedlich). Bemerkenswert ist,
dass der Modernisierungs-, Professionalisierungs- und Umstrukturierungsprozess
(Stichworte: Dezentralisierung, Profit-Center, Kundenorientierung, Prävention, Rehabi-
43
Vgl. „Berliner Memorandum“, auf das bereits im Kap. 5.1 hingewiesen wurde.
44
Vgl.: Deutscher Verein für Qualitätsmanagement in Sozialen Dienstleistungsunternehmen e.V. Quelle:
http://www.qmsd.de/
Vgl.: Informationsdienst Wissenschaft: Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen. Quelle:
http://www.fh-luebeck.de/aktuelles vom 19. Oktober 1999
Vgl.: BÄK-Intern, Köln 15. März 1999: Auf der Basis eines offenen Rahmenvertrages haben die Bundesärztekammer
und der Verband der Angestellten-Krankenkassen/Arbeiter-Ersatzkassen-Verband ein
erstes Konzept zur Beurteilung und Zertifizierung von Krankenhäusern vorgelegt. Darüber hinaus beteiligen
sich die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der Deutsche Pflegerat und die proCUM Cert GmbH an
diesem Zertifizierungsprojekt. Mit diesem Projekt wird den bestehenden und unzulänglichen Verfahren
aus dem industriellen Bereich (DIN ISO 9000) ein schlüssiges krankenhausspezifisches Verfahren entgegengesetzt.
60

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
litation) des Gesundheits- und Sozialpflegesektors von den Verantwortlichen noch umfangreiche
Qualifizierungsanstrengungen zu verlangen scheint.
Empfehlung
Da gerade dieser Sektor eine wichtige Rolle für die Stärkung des regionalen Dienstleistungssektors
spielt, sollte das schon bestehende Angebot in der Region auf seine
Bedarfsdeckung hin überprüft werden und gegebenenfalls vor allem durch handlungsorientierte
Angebote im Bereich der Personal- und Organisationsentwicklung ergänzt
werden; gemeint sind damit Beratungs- und Qualifizierungsangebote, die Theorie und
direkte einrichtungsspezifische Umsetzungsstrategien (z.B. durch Coaching) kombinieren.
Zum zweiten ist die Bedeutung der neuen Technologien für den ganzen Sektor unübersehbar;
sie werden alle gewohnten Pflegetätigkeiten sowie Verwaltungs- und Organisationsaufgaben
tangieren. Weiterbildungsangebote hier sollten sich nicht nur auf die
Vermittlung technischer Kompetenzen beschränken, sondern auch dazu beitragen, die
Einsatzmöglichkeiten hinsichtlich arbeitserleichternder und –einsparender technikbasierter
Prozesse aufzuzeigen. 45 Den gerade dieses Wissen – das zeigten auch die Expertengespräche
– ist Voraussetzung für eine zukunftsweisende und wettbewerbsentscheidende
Planung zur Implementation neuer Technologien. Auf diesem Sektor werden –
gerade weil die technischen Möglichkeiten neu zu erschließen sind – zur Zeit kontinuierlich
neue Produkte auf den Markt gebracht bzw. innovative technologische Projektvorhaben
gestartet. 46
Die Einrichtungen benötigen Experten, die den Pflegesektor und den sich neu entwikkelnden
Pflegetechniksektor kennen, als kompetente Technik-Berater. Zu überlegen
wäre die öffentliche Förderung solcher Experten, die zudem eine Vernetzung des ganzen
Sektors vorantreiben könnten. 47
• Fachspezifischer Qualifizierungsbedarf
Auffallend ist, dass auch in diesem Segment das Personal in Leitungsfunktionen den
höchsten Bedarf anmeldet (im Durchschnitt ähnliche Prozentzahlen um 80 – 90% wie
für die übrigen Qualifikationen). Eine Arbeitsteilung streng nach Leitungs- und ausführenden
Arbeiten scheint in diesem Sektor nicht durchgängig ausgeprägt zu sein.
45
Vgl. die Studie des Centrums für Krankenhausmanagement (CKM) der Universität Münster: Krankenhäuser
nutzen Internet nicht optimal. „Mehr als zwei Drittel der befragten Krankenhäuser messen dem
Internet zwar eine hohe strategische Bedeutung bei, haben aber keine Vorstellung, wie sie es aktiv einsetzen
können.“ Quelle: http://www.gnn.de/0001/00011006-ji.html vom 10. Januar 2000
46
Vgl.: Informationsdienst Wissenschaft: Forum für Krankenhaus-Software. Quelle: http://idw.tuclausthal.de/
vom 18. Januar 2000
Vgl.: Informationsdienst Wissenschaft: Dienstpläne aus dem Computer. Quelle: http:// idw.tuclausthal.de/
vom 15. Februar 2000
47
Das schon an anderer Stelle ausgeführte Projekt „Gesundheits- und Soziallotse Bremerhaven“ ist ein
erster guter Schritt in die angedachte Richtung.
61

EQUIB
Für das dreijährig qualifizierte Pflegepersonal bildet dieses Qualifikationssegment
erwartungsgemäß den Schwerpunkt aller Bedarfsmeldungen. Die neuen fachlichen
Kompetenzen, z.T. durch die Nutzung neuer IuK-Technologien, z.T. durch die neu auf
die Gesundheitsdienstleister zukommenden Aufgaben (z.B. Pflege zunehmend älterer,
oft psychisch kranker Menschen) bestimmt, erfordern breite Qualifizierungsanstrengungen
(im Durchschnitt 80% Angaben). Aber auch hier ist eine abfallende Kurve der Bedarfsmeldungen
für die Helferberufe (wenn auch differenziert in den einzelnen Einrichtungsarten)
zu konstatieren.
Empfehlung
Da das Angebot in diesem Segment – zum großen Teil durch interne Maßnahmen abgedeckt,
z.T. durch geförderte Projekte unterstützt – ausreichend erscheint, kann angesichts
der hohen Bedarfsmeldungen nur die Empfehlung gegeben werden, das Niveau
und auch die öffentliche Projektförderung aufrechtzuerhalten. Da auch in anderen
deutschen Regionen wie im europäischen Ausland ähnliche Anstrengungen zur Entwicklung
innovativer Qualifizierungsmaßnahmen unternommen werden, könnte ein
Informationsaustausch eventuell zu neuen Ideen und Synergien für die hiesige Region
führen.
• Qualifizierungsbedarf für Schlüsselqualifikationen
Für alle Qualifikationsebenen, angeführt vom Leitungspersonal abgestuft bei den Helferberufen,
werden hier im Bereich der extrafunktionalen Kompetenzen Defizite
gesehen. Neue Formen der Arbeitsorganisation, eine Neuausrichtung der Aufgaben hin
zum Kunden erfordert konsequenterweise – soll die Neudefinition des pflegerischen
Selbstverständnisses und neuer Berufsbilder gelingen – neue personale, soziale und
kommunikative Kompetenzen. Diese Kompetenzen sind kein fassbarer Lehrgegenstand
wie z.B. Dokumentationsverfahren, sondern betreffen in der Regel Einstellungen und
Haltungen in der täglichen Berufsausübung sowie Fähigkeiten im Umgang mit anderen
Menschen.
Am besten werden diese Kompetenzen in der Aus- und Weiterbildung zum Beruf gelernt,
wenn die Methodik und Didaktik den Erwerb extrafunktionaler Qualifikationen
befördert und fordert. Teamfähigkeit usw. wird durch Bearbeitung von Aufgaben in der
Form von Team-/Projektarbeit gelernt. Kommunikative Kompetenzen werden erworben,
wenn die Gelegenheit besteht, sich über Probleme/Themen auseinanderzusetzen,
Rollen zu tauschen usw.
Zum zweiten spielt die Unternehmensphilosophie bzw. -führung eine entscheidende
Rolle für die Ausbildung dieser Fähigkeiten. Teamfähigkeit und autoritärer Führungsstil
passen nicht zusammen.
Empfehlung
Insofern sind die hohen Bedarfsmeldungen eine Aufforderung an die Aus- und Weiterbildungsanbieter,
verstärkt die Förderung dieser extrafunktionalen Kompetenzen in die
Konzeption und Entwicklung ihrer Angebote zu integrieren. Moderne Lern- und
Lehrformen, die selbstständiges, selbstverantwortliches Lernen fördern, Projektarbeit
62

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
anbieten, die Vermittlung von Moderationstechniken einschließen und die nicht zuletzt
auch die Neuen Medien als Lernmittel, z.B. Internetrecherche, einsetzen, sind für die
Erfüllung dieser Anforderung nötig.
Schlussempfehlungen: Koordinierungsstelle – Informationsnetzwerk – Modellprojekte
In dieser Untersuchung konnten qualifikatorische Implikationen eines sozialen und
ökonomischen Wandlungsprozesses in Einrichtungen der Gesundheits- und Sozialpflegedienste
in der Region Bremen identifiziert werden, die im Zuge technologisch und
arbeitsorganisatorisch induzierter Innovationen in diesem Sektor relevant sind oder zukünftig
relevant werden. Die Notwendigkeit, auf diese Entwicklungen mit zukunftsorientierten
Aus- und Weiterbildungsaktivitäten zu reagieren, kann auf lange Sicht arbeitsplatzrelevante
Stabilisierungswirkungen für dieses Arbeitsmarktsegment zeitigen. Es
erscheint daher sinnvoll, auf der gesundheits- wie arbeitsmarktpolitischen Entscheidungsebene
solche Qualifizierungsaktivitäten durch entsprechende Flankierungsmaßnahmen
zu fördern.
Angesichts der sehr hohen und zum großen Teil anspruchsvollen Qualifikationsbedarfsmeldungen
wie auch des breiten Qualifizierungsangebots in der Region – Ergebnisse,
die diese auf die Pflegeberufe zugeschnittene EQUIB-Untersuchung erbracht hat
– sollte darüber nachgedacht werden (wie auch schon an anderer Stelle empfohlen), wie
Aus- und Weiterbildungsaktivitäten in dem gesamten potenziellen Wachstumssektor der
Gesundheits- und Sozialpflege koordiniert werden können, um auch hier Kosten zu senken,
Synergien auszunutzen und so ein effektives, auf die spezifischen innovativen Bedarfe
der Region abgestimmtes Angebot präsentieren zu können.
In diesem die Qualifizierungsaktivitäten koordinierenden Gremium (z.B. ständige
Arbeitsgruppe, „Runder Tisch“) sollten neben den Vertretern aller Einrichtungsarten
und ihrer Verbände, Vertreter von beteiligten senatorischen Dienststellen, von Arbeitsverwaltungen,
von Aus- und Weiterbildungsträgern sowie der akademischen Ausbildung/Wissenschaft
vertreten sein.
Da nicht nur in der Region Bremen/Bremerhaven der Gesundheits- und Sozialpflegesektor
im Umbruch ist, wäre u.E. eine wichtige zusätzliche Aufgabe dieses Gremiums,
die Informationen über innovative Projekte 48 , neue Ausbildungsprojekte 49 , Konferenzen
etc. in Deutschland wie in Europa für die Betroffenen hier in der Region zugänglich zu
machen sowie einen überregionalen Erfahrungs-/Informationsaustausch anzuregen;
nur so lassen sich gerade in „Aufbruchsituationen“ synergetische Effekte gewinnen. Da
neue IuK-Technologien auch im Gesundheits- und Sozialpflegesektor zunehmend die
Arbeit bestimmen, würde es sich anbieten, eine Art „internetgestütztes Informationsnetz“
(eventuell mit einer newsgroup) aufzubauen, in dem überregionale Informationen
wie regionalspezifische Nachrichten verbreitet werden könnten.
48 Z.B.: „Für mehr Gruppenarbeit im Gesundheitswesen“. Ein Forschungsprojekt an der Universität
Bochum, das die Auswirkungen verschiedener Pflegesysteme und Arbeitsorganisationsformen auf die
Qualität der Dienstleistung im Krankenhaus untersucht. Informationsdienst Wissenschaft. Quelle:
http://idw.tu-clausthal.de/public/zeige_ pm.html?pmid=17779
49 Z.B.: Modellversuch zur Integration der Erstausbildung in der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege
in Nordrhein-Westfalen, betreut von der Universität Bielefeld.
63

EQUIB
Auf jeden Fall sollten Modellprojekte, die neue Methoden (z.B. Telelearning, selbstgesteuertes
Lernen) und Inhalte (z.B. Integrierte Managementsysteme für den Pflegebereich,
technisch-basierte Pflegeaufgaben, integrierte Erstausbildungskonzepte) entwikkeln,
die für die notwendige qualifikatorische Flankierung der erfolgreichen Umstrukturierung
dieses Wachstumssektors sorgen, weiterhin verstärkt initiiert und gefördert werden.
6.7 Strategien der Qualifikationsbedarfsdeckung in den Einrichtungen
Die im Folgenden dargestellten Ergebnisse geben einen Überblick über die Art und
Weisen der Bedarfsdeckungsmethoden, wie sie für die einzelnen Qualifikationsbereiche
in den Einrichtungen favorisiert werden. In der Untersuchungskonzeption wurden vier
Kriterien der Bedarfsdeckung unterschieden: Bedarfsdeckung durch intern durchgeführte
Maßnahmen, Bedarfsdeckung durch externe Anbieter, Bedarfsdeckung durch die
Verknüpfung von internen und externen Maßnahmen sowie Bedarfsdeckungsstrategie
„noch offen“. Bei der Beantwortung des Fragebogens sollte bezogen auf die jeweiligen
Inhalte der geplanten Weiterbildung angegeben werden, welche Strategien der Bedarfsdeckung
gewählt werden.
Die Weiterbildungslandschaft für den Gesundheits- und Sozialpflegebereich ist sehr
stark durch einrichtungsinterne Abteilungen geprägt. Die meisten Krankenhäuser verfügen
über eigene Weiterbildungsabteilungen und auch der Bereich der Altenpflege arbeitet
sehr eng mit z.T. verbandsangeschlossenen Anbietern zusammen. Nur die häusliche
Pflege als überwiegend privatwirtschaftlich organisierte Einrichtungsart verfügt in
der Regel nicht über Möglichkeiten der internen Qualifizierung, wenn sie nicht organisatorisch
der stationären Altenpflege angeschlossen ist. Stattdessen gibt es vereinzelt
zielgerichtete Weiterbildungsangebote, die die Pflegedienste selbst auch ansatzweise in
Kooperation mit anderen Anbietern für die Branche durchführen. Darüber hinaus sind
es im Wesentlichen die Pflegedienstleitungen, die sich durch selbstorganisiertes Lernen
qualifizieren und dieses Wissen dann an die Beschäftigten weitergeben.
Dieses relativ – insbesondere auch im Verhältnis zu anderen Dienstleistungsbranchen –
umfangreiche Netz an internen Weiterbildungsaktivitäten kann allgemein als ausgeprägter
Wille der Branche zur Selbstqualifizierung bewertet werden. Die Ergebnisse der
Repräsentativerhebung bestätigen im Wesentlichen diese Entwicklung.
Bedarfsdeckung durch intern durchgeführte Weiterbildungsmaßnahmen
Fasst man die Bedarfsdeckungsstrategien für alle Einrichtungsarten und bezogen auf die
drei untersuchten Funktionsstufen Personal in Leitungsfunktionen, examinierte Pflegekräfte
(3j.)und (1j.) zusammen, so dominieren die institutionsintern durchgeführten
Maßnahmen eindeutig. Für das Leitungspersonal kann im Wesentlichen für alle Qualifikationsbereiche
eine hohe interne Qualifizierung festgestellt werden, bei den examinierten
Pflegekräften (3j.) liegen die Spitzen bei den Pflegekompetenzen und Schlüsselqualifikationen.
Die Beschäftigten in Helferfunktionen werden in allen Bereichen überwiegend
intern geschult.
64

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
Bedarfsdeckung durch die Inanspruchnahme von externen Weiterbildungsanbietern
Der Umfang an extern durchgeführten Qualifizierungen fällt im Verhältnis zur internen
Weiterbildung deutlich geringer aus. Beachtenswerte Nennungen gibt es für das Leitungspersonal
nur für die Qualifikationselemente geronto-psychiatrische Kompetenz,
BWL-Grundlagen/Controlling, Recht sowie Arbeits- und Gesundheitsschutz und Qualitätssicherung.
Für diese letztgenannten Bereiche werden auch für die Qualifizierung
der examinierten Pflegekräfte externe Berater, z.B. von Berufsgenossenschaften, in Anspruch
genommen.
Bedarfsdeckung durch die Verknüpfung von interner und externer Weiterbildung
Die Verknüpfung von interner und externer Weiterbildung als dritte Bedarfsdeckungsstrategie
wird am häufigsten für die Bereiche Qualitätssicherung, Arbeits- und Gesundheitsschutz
sowie die Schlüsselqualifikation Qualitätsbewusstsein angewendet. Für die
Fachkräfte und Helferfunktionen in der Pflege erweitert sich diese Art und Weise der
Schulung noch auf die Anwendung neuer Pflegeverfahren.
Zukünftige Bedarfsdeckungsstrategie „noch offen“
Für diese Kategorie, die insbesondere interessant ist für zu entwickelnde zukunftsorientierte
Weiterbildungsmaßnahmen der externen Anbieter, fällt die relativ homogene
Struktur der Bedarfsdeckungsmethoden für die einzelnen Funktionsbereiche etwas differenzierter
aus. Die Spitzen liegen für die Leitungsfunktionen bei der geronto-psychiatrischen
Kompetenz, der präventiven/rehabilitativen Beratung, der interkulturellen
Kompetenz sowie dem Umweltschutz. Für die examinierten Pflegekräfte ergeben sich
die höchsten Bedarfsnennungen ebenfalls für die geronto-psychiatrische und interkulturelle
Kompetenz sowie den Umweltschutz. Für die 3j. examinierten Pflegekräfte ist darüber
hinaus die Strategie für erforderliche EDV-Grundlagenschulungen noch sehr häufig
ungeklärt.
Fazit und Empfehlung
Im Vergleich der vier Bedarfsdeckungsstrategien dominieren im Wesentlichen die Qualifizierungen
durch einrichtungsintern durchgeführte Schulungsmaßnahmen für alle drei
untersuchten Funktionsbereiche. Bezogen auf die drei Einrichtungsarten stellt sich das
Bild dennoch etwas differenzierter dar. Insbesondere die privatwirtschaftlich organisierten
häuslichen Pflege- und Betreuungsdienste verfügen nicht über so ausgeprägte
interne Weiterbildungsstrukturen wie die stationären Pflegeeinrichtungen und die ihnen
angeschlossenen ambulanten Pflegedienste und greifen deswegen öfters auf externe
Dienstleister zurück.
Empfehlung
Die zukünftigen Weiterbildungsangebote der externen Anbieter sollten diesen Aspekt
berücksichtigen. Darüber hinaus sollten sich zu entwickelnde Maßnahmen nicht nur auf
die weitestgehend noch „offenen“ Bedarfsdeckungen konzentrieren, sondern auch die
Verknüpfungsmöglichkeiten von interner und externer Weiterbildung durch kooperativ
gestaltete Angebote stärker berücksichtigen, um dadurch eine Effektivitäts
steigerung für die Qualifizierungsnotwendigkeiten der gesamten Branche zu erreichen.
65

EQUIB
Denn auch die internen Einrichtungen stehen zunehmend (wegen Kostendruck) vor der
Notwendigkeit, externe Angebote zu unterbreiten.
Um weitere Synergieeffekte zu erzielen, sollte auch über die Schaffung einer Koordinierungsstelle
nachgedacht werden, deren Aufgabe neben der Koordinierung der regionalen
Weiterbildungsaktivitäten u.a. darin bestände, vorhandene Modellprojekte für
Weiterbildung im Gesundheits- und Sozialpflegebereich in Deutschland und Europa auf
ihre Transfermöglichkeiten in die Region zu überprüfen.
66

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
7. Entwicklungstendenzen der Aus- und Weiterbildung
Für die Weiterentwicklung der Qualität der Berufe, deren Handlungskompetenzen,
fachliche Orientierungen und Wissensbezüge – darüber sind sich die Berufsbildungsexperten
einig – bieten sich vor allem Aus- und Weiterbildungskonzepte an, die eine Förderung
beruflicher Schlüsselkompetenzen fokussieren und sich auf eine berufsübergreifende
Struktur von Handlungskonzepten und Methoden konzentrieren. Dieser Trend
wird durch die Befunde der Qualifikationsbedarfsanalyse dieser Untersuchung nachhaltig
gestützt.
Die als „Professionalisierung“ beschriebene berufliche Modernisierungsstrategie stellt
eine Qualifizierung beruflicher Praxis und Arbeit durch interdisziplinäres, wissenschaftsbezogenes
berufliches Lernen in den Mittelpunkt. Als „Professionalisierung
durch Weiterbildung“ im Gesundheits- und Sozialwesen
„.......richtet sie sich darauf, übergreifende berufliche Kompetenzen zur Gestaltung
und Verbesserung gesellschaftlicher Realität von unterstützungsbedürftigen
Lebenswelten zu vermitteln.“ 50
Bezogen auf die Erstausbildung richten sich die Professionalisierungstendenzen auf
die Neustrukturierung einzelner Berufsbilder zu einer integrierten Grundausbildung,
an die sich Bildungskonzepte für Spezialisierungen anschließen. Damit werden wesentliche
Ausbildungsinhalte in den Bereich der Fort- und Weiterbildung verlagert.
In diesem Sinne wurde der Reflexionsstand der Einrichtungen über mögliche Veränderungsperspektiven
in der Praxis der beruflichen Aus- und Weiterbildung durch offen
gestaltete Fragestellungen in der Repräsentativerhebung eruiert. Darüber hinaus wurde
diese Befragung durch qualitative Expertengespräche komplettiert.
Es wurde nach der Bedeutung folgender Entwicklungstrends in der Aus- und Weiterbildung
sowie spezifischen Problemen der Weiterbildungspraxis gefragt:
• Zur Professionalisierung der Pflege sind neue Bildungskonzepte im Gespräch. Sind
Integrationsprozesse in der Erstausbildung und Spezialisierungsansätze in der Fortbildung
wünschenswert?
• Gibt es Ansätze einer Verschmelzung von Berufsbildern zugunsten von Kombinationspflegeberufen
in der Pflegepraxis?
• Ergeben sich durch die zunehmende „Akademisierung“ der gehobenen Pflegeausbildung
Arbeitsplatzsicherungsprobleme für Pflegeleitungen mit traditioneller Ausbildung?
• Gibt es spezifische Probleme in der Weiterbildungspraxis?
• Gibt es spezielle Qualifizierungsbedarfe für das Personal, das in den Krankenhäusern/Fachkliniken
für den Funktionsbereich „Pflegeüberleitung“ zuständig ist?
50 Vgl. Becker, W.: Förderung von Schlüsselkompetenzen im Gesundheits- und Sozialwesen durch berufliche
Weiterbildung. In: Professionalisierung durch Weiterbildung. Bundesinstitut für Berufsbildung,
Berichte zur beruflichen Bildung, Heft 32, Berlin 1998, S. 19f
67

EQUIB
7.1 Neue integrierte Bildungsansätze zur Professionalisierung der Pflegeberufe
und Ansätze der Verschmelzung der Berufe in der Pflegepraxis
Der Frage der Integrationsnotwendigkeit von Pflegeberufen in der Erstausbildung, die
dann durch Spezialisierungsprozesse komplettiert wird, messen die befragten Experten
insgesamt eine große Bedeutung bei. Alle Befragten aus den Krankenhäusern/Fachkliniken
halten eine integrierte berufliche Ausbildung für wünschenswert, in
der stationären Altenpflege sind es 83% und in der häuslichen Pflege 95%. Dieses repräsentative
Ergebnis untermauert eindeutig die aktuelle berufsbildungspolitische Diskussion
und die Berechtigung von Modellversuchen 51 für eine einheitliche pflegerische
Grundausbildung mit darauf aufbauenden Spezialisierungen.
Ansätze einer Verschmelzung von Berufen in der täglichen Pflegepraxis sehen die Experten
– wenn auch im Vergleich zur wünschenswerten zukunftsorientierten Berufsausbildungsreform
– in weit geringerem Maße auch schon zum Zeitpunkt der Repräsentativbefragung.
Etwas mehr als die Hälfte der Experten aus den Bereichen häusliche
Pflege und stationäre Altenpflege stellt heute schon Verschmelzungen der Berufsbilder
in der Pflegepraxis fest, so z.B. die Zusammenarbeit bzw. gleiche Aufgabenprofile für
Kranken- und Altenpflegepersonal. Die Experten weisen darauf hin, dass diese Verzahnungstendenz
zukünftig an Bedeutung gewinnen wird. Im Krankenhausbereich stellt
sich schon jetzt die Situation etwas anders dar. Hier sehen 70% der Experten Verschmelzungsansätze
in der Pflegepraxis. Sie beziehen sich im Wesentlichen auf die Bereiche
Krankenpflege mit spezieller geronto-psychiatrischer Orientierung sowie allgemeine
Krankenpflege mit Kinderkrankenpflege.
Insgesamt wird konstatiert, dass die Qualifikationsanforderungen im Pflegebereich
einer ständigen Anpassung an gesundheits- und berufspolitische Veränderungen und
Entwicklungen unterliegen und daher fortwährender Berufsbildergänzungen bzw. –
anpassungen bedürfen. Die in diesem Zusammenhang von den Experten geäußerten
konkreten Veränderungsnotwendigkeiten beziehen sich im Wesentlichen auf die
folgenden Schwerpunkte:
• Übereinstimmend kommen die Experten zu dem Befund, dass zukünftig im gesamten
Pflegebereich sowohl qualifizierte Generalisten als auch Spezialisten gleichermaßen
ihre Berechtigung haben und gebraucht werden. Diese Entwicklung spielt
nicht zuletzt für die in Ansätzen schon praktizierte und sich weiter ausdehnende interdisziplinäre
Teamarbeit sowohl einrichtungsintern als auch zwischen den einzelnen
Pflegeeinrichtungen und sie ergänzenden Gesundheitsdienstleistern eine bedeutende
Rolle.
51
Vgl. Oelke, U.: Gemeinsame Grundausbildung für alle Pflegeberufe. In: Pflegezeitschrift 4/99, Stuttgart
1999
Für das Land Bremen ist von einigen regionalen Pflegefachschulen, dem Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit,
Jugend und Soziales und dem Institut für angewandte Pflegeforschung sowie dem Zentrum für
Public Health der Universität Bremen ein Praxis-Projekt „Integrierte Pflegeausbildung im Lande Bremen“
geplant. Mit dieser Kooperation soll ein innovatives und zukunftsweisendes Projekt integrativer Pflegeausbildung,
das die gemeinsame Ausbildung der bisher separat ausgebildeten Berufsfelder Kranken-,
Kinderkranken- und Altenpflege erprobt, implementiert werden. Für das Praxis-Projekt ist eine Laufzeit
von 3 1/2 Jahren vorgesehen.
68

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
• Auch vor diesem Hintergrund wird die Anhebung einer integrierten modular aufgebauten
Pflegeausbildung auf vier Ausbildungsjahre von der Mehrheit der Experten
für dringend erforderlich gehalten, um adäquat auf die komplexen Praxisanforderungen
vorbereiten zu können.
• In der Ausbildung sollten zudem die den Pflegequalifikationen zuzuordnenden Bereiche
Intensivpflege, Prävention und Rehabilitation sowie geronto-psychiatrische
Kompetenz wesentlich mehr Gewicht bekommen.
• Aber auch überfachliche Qualifikationen aus den Segmenten Verwaltungsorganisation
und –recht, kaufmännische Grundbildung sowie EDV-Grundbildung müssen in
der Ausbildung stärkere Berücksichtigung finden, da sie zukünftig sowohl quantitativ
als auch qualitativ einen größeren Stellenwert für das Pflegepersonal haben werden.
• Nach einhelliger Auffassung der Experten sollte auch der gesamte Bereich der extrafunktionalen
Qualifikationen sowohl in der integrierten Grundbildung als auch
bei den anschließenden Spezialisierungen zukünftig eine größere Rolle spielen. Dabei
sollte sich die Vermittlung der den Schlüsselqualifikationen zuzuordnenden
Kompetenzschwerpunkte wie „ein roter Faden“ durch die jeweiligen Aus- und
Weiterbildungsbestandteile ziehen. Didaktik und Methodik der Aus- und Weiterbildung
selbst sollten unter Berücksichtigung der zu vermittelnden personalen und sozialen
Kompetenzen an die neuen Erfordernisse angepasst werden (z.B. Team- und
Projektarbeit als Arbeitsformen in der Ausbildung).
7.2 Zum Problem der Arbeitsplatzsicherung aufgrund zunehmender „Akademisierung“
der gehobenen Pflegeausbildung
Professionalisierungstendenzen bei der Aus- und Weiterbildung von Nachwuchskräften
für den originären Pflegebereich und die zunehmende Akademisierung der Ausbildung
von Führungskräften werden häufig in einem Zuge genannt, wenn es um die Neustrukturierung
der Pflegeausbildung geht. 52
Um den Untersuchungsschwerpunkt zu den Tendenzen der Aus- und Weiterbildung
abzurunden, stellte sich vor diesem Hintergrund die Frage, ob es heute schon Arbeitsplatzsicherungsprobleme
für leitendes Pflegepersonal durch die Konkurrenz von Absolventen
der akademischen Ausbildung in nennenswertem Ausmaß gibt bzw. zukünftig
vermehrt geben wird.
Die Ergebnisse der Expertenbefragung können wie folgt zusammengefasst werden:
Im Bereich der häuslichen Pflege und der stationären Altenpflege sehen ca. 50% der
Experten heute schon grundsätzliche Arbeitsplatzsicherungsprobleme durch die akademisch
ausgebildeten Kräfte. Im Krankenhaussektor liegt der Prozentsatz sogar bei 63%.
52
Vgl. ÖTV Stuttgart (Hrsg.): Reform der Aus-, Fort- und Weiterbildung in den Pflegeberufen, Schriftenreihe
Berufsbildung 11, Stuttgart 1996
Vgl. Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK): Bildungskonzept Pflege 2000, Eschborn 1997
Vgl. Becker, W., Meifort, B.: Pflegen als Beruf – ein Berufsfeld in der Entwicklung. Bundesinstitut für
Berufsbildung, Berichte zur beruflichen Bildung, Heft 169. Berlin 1994
69

EQUIB
Die Unterscheidung in die akademische Ausbildung für Leitungsfunktionen im Pflegebereich
53 und die Ausbildung von Lehrkräften für Pflegefachschulen 54 ergibt allerdings
ein etwas differenzierteres Bild.
Leitungsfunktionen im Pflegebereich
Gegenwärtig wird der Wettbewerbsdruck von Seiten der akademisierten Pflegeausbildung
auf die Pflegeleitungen mit traditionellem Ausbildungsweg für noch nicht so gravierend
gehalten, da dieses Personal zu regelmäßigen Weiterbildungen verpflichtet ist
und mindestens zwei Jahre Praxis in den letzten fünf Jahren für leitende Positionen erforderlich
sind. Diese Kriterien erfüllen die Absolventen der Studiengänge Pflegewissenschaften
nicht durchgängig. Häufig scheint die praktische Qualifizierung noch zuwenig
im Blickfeld der Ausbildung zu sein, so dass den Akademikern eine umfangreiche
praktische Erfahrung fehlt. Dennoch kann eine mögliche Entwicklung in diese
Richtung nicht ausgeschlossen werden.
Nach Expertenmeinung werden viele Arbeitgeber zukünftig die akademisch qualifizierten
Bewerber bevorzugen, zumal die Absolventen der Pflegestudiengänge eine stärkere
betriebswirtschaftliche Ausrichtung erfahren, die heutzutage immer wichtiger wird.
Um den traditionell ausgebildeten Mitarbeitern den Anschluß an neue Qualifikationsanforderungen
zu ermöglichen, sollte deshalb die pflegerische Ausbildung mit einer Management-Zusatzqualifikation
verbunden sowie ein großes Maß an sozialer und persönlicher
Kompetenz vermittelt werden.
Die Experten kommen jedoch auch einstimmig zu dem Befund, dass zukünftig beide
Wege, sowohl der eher praxisorientierte traditionelle als auch der akademische, ihre
Funktion und damit Berechtigung in den veränderten Strukturen der Gesundheitsversorgung
haben werden.
Lehrpersonal an den Pflegefachschulen
Die Wettbewerbssituation wird sich durch die Akademisierung der Ausbildung des
Pflegelehrpersonals für die bisher traditionell ausgebildeten Lehrkräfte an Pflegefachschulen
– Ausbildung zur Pflegekraft mit zusätzlicher pädagogischer Qualifikation –
zukünftig wesentlich verschärfen. Nach Expertenmeinung ist schon heute die Tendenz
absehbar, dass die Pflegefachschulen eher auf akademisch ausgebildetes Lehrpersonal
in der Pflege – Studium und Referendariat – setzen werden.
7.3 Spezifische Probleme der Weiterbildungspraxis
Wenn auch aus der zu beobachtenden „Akademisierung“ der Pflegeausbildung jedenfalls
für die höheren Pflegeleitungstätigkeiten momentan kein größeres Kompetenzproblem
erwächst, so wird doch von den befragten Experten ein Problembereich thematisiert,
der vor allem in der Fort- und Weiterbildung der mittleren Funktionsebenen
relevant ist.
53
An der Hochschule Bremen wird der „Internationale Studiengang für Pflegeleitung (ISP) angeboten.
Die Universität Bremen bietet im Fachbereich 11 – Human- und Gesundheitswissenschaften – Pflegewissenschaft
– den Aufbaustudiengang „Öffentliche Gesundheit/Gesundheitswissenschaften an.
54
Ebenfalls an der Universität Bremen wird im Fachbereich 11 der Studiengang „Lehramt Pflegewissenschaft“
angeboten.
70

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
Das Spektrum der Problematiken in der Weiterbildungspraxis ist vielfältig:
• Längerfristige Kursangebote wie z.B. „Stationsleitung“ als berufsbegleitende Maßnahme
stoßen auf wenig Interesse, weil die Qualifikation/Funktion keinen großen
Gehaltssprung ermöglicht, finanziell also nicht besonders attraktiv ist. Die Gesundheits-
und Sozialpflegedienste bewegen sich zum großen Teil im „Dunstkreis des öffentlichen
Dienstes". Regelmäßige Gehaltserhöhungen/Gehaltsstufen sind bis zu einem
bestimmten Alter tarifvertraglich garantiert, ohne dass man sich zusätzlich
qualifizieren muss. Die Motivation und die Eigeninitiative für eine berufliche Weiterqualifizierung
ist deshalb traditionell nicht sehr ausgeprägt.
• Die gültigen Arbeitszeitregelungen, insbesondere die Festlegung der Dienst- und
Schichtpläne sowie die hohe Arbeitsintensität und die psychische und physische
Belastung im Pflegebereich werden als weiteres Hemmnis für die Teilnahme an
Qualifizierungen gewertet.
• Zudem kommt, dass in allen Einrichtungen überwiegend weibliches Pflegepersonal
beschäftigt ist. Viele von ihnen sehen nicht zuletzt aufgrund ihrer Doppelbelastung –
Familie und Beruf – keine Spielräume für eine zusätzliche berufliche Weiterqualifizierung.
• Der Standpunkt einer systematischen Personalentwicklung mittels Weiterqualifizierung
setzt sich erst langsam in den Einrichtungen durch. Oft herrscht bei den Personalverantwortlichen
die Praxis vor, dass die Erledigung des Tagesgeschäfts Vorrang
hat. Qualifizierungsmaßnahmen werden i.d.R. nicht als Investitionen in die Zukunft
gesehen, sondern eher als Abzug von Arbeitszeit gewertet, die sich die Einrichtungen
ökonomisch nur schwer leisten können.
• Ein Hindernis wird auch in der traditionellen Leitungsstruktur, insbesondere in
Krankenhäusern gesehen. Die organisatorische Dreiteilung des Krankenhausbetriebes
in Verwaltung, Ärzteschaft und Pflegedienst und die damit verbundenen unterschiedlichen
Interessenkonstellationen können in diesem Zusammenhang als retardierendes
Moment aufgefasst werden.
• Es wird ein regionalspezifischer Bedarf für aufstiegsbezogene Qualifizierung konstatiert.
55 Gesucht wird vor allem qualifiziertes Leitungspersonal in den Einrichtungen,
eine Nachfrage, die der regionale Arbeitsmarkt allerdings nicht ausreichend befriedigen
kann. 56 Im Gegenteil: Es ist sogar eine Abwanderungsbewegung nach
Süddeutschland zu beobachten, durch die qualifiziertes Personal aus der Region abgezogen
wird.
Fazit und Empfehlung
Obwohl Qualifizierungsbedarf in den Einrichtungen existiert, der auch aus Sicht der
Aus- und Weiterbildungsexperten zur Bewältigung der zukünftigen Pflegeaufgaben
befriedigt werden muss, findet die dafür notwendige Qualifizierung nicht in ausreichendem
Maße statt. Es gibt also eine Diskrepanz zwischen Bedarfsnennungen und der
55 Ab Mai 2000 können sich in Bremen Pflegekräfte zu „Pflegemeistern/innen“ ausbilden lassen. Dieser
Aufstiegslehrgang ist bundesweit erst der zweite dieser Art. Die staatliche Anerkennung des Titels steht
allerdings noch aus.
56 Vgl. hierzu Kap. 4.
71

EQUIB
Weiterbildungspraxis. Ein wesentlicher Grund hierfür dürfte in mangelnder systematischer
Personalentwicklungsplanung der Einrichtungen liegen.
Empfehlung
Unter Berücksichtigung der spezifischen Arbeitszeitregelungen im Pflegebereich sollten
Weiterbildungsanbieter in der Lage sein, die Weiterbildungskurse sehr flexibel auf
die zeitlichen Bedürfnisse bzw. Notwendigkeiten der potentiellen Teilnehmerkreise zuzuschneiden.
Dies könnte in enger Absprache mit den Personalverantwortlichen und
den Teilnehmern geschehen.
Da ein großer Anteil des Teilnehmerkreises weibliche Pflegekräfte sein wird, könnte
durch die Möglichkeit der begleitenden Kinderbetreuung die Motivation zur Teilnahme
an einer Qualifizierung erhöht werden.
Aber auch neue Formen und Methoden des Lernens sollten angesichts der spezifischen
Situation im Pflegebereich in das Blickfeld der Weiterbildungsgestaltung kommen.
Hierzu gehören der modulare Aufbau von Weiterbildungsinhalten, Ansätze von
Telelearning mit Vertiefung in Präsenzphasen in den Weiterbildungseinrichtungen sowie
die Vermittlung von Fähigkeiten für selbstorganisiertes Lernen.
Um den aktuell drängenden Bedarf an qualifiziertem Leitungspersonal zu begegnen,
wird empfohlen, das schon in der Region bestehende Angebot an diesbezüglicher aufstiegsbezogener
Qualifizierung zu verstärken und es „frauen- bzw. familienfreundlicher“
(s.o.) zu gestalten.
Eine weitere Maßnahme, die zur Ankurbelung der Weiterbildungsbereitschaft der Einrichtungen
überlegt werden sollte, könnte das in der Region Bremen schon erprobte
Modell von „Job-Rotation“ darstellen, da es gerade in Unternehmen mit knapper Personaldecke
eine Entlastung durch das Zurverfügungstellen von „Stellvertreter/innen“
schafft.
7.4 Pflegeüberleitung als eigenständiger Dienst in den Krankenhäusern/Fachkliniken
Der Funktionsbereich „Pflegeüberleitung“ wurde in den letzten Jahren in den meisten
der regionalen Krankenhäuser/Fachkliniken als eigenständiger Dienst eingerichtet. Die
Pflegeüberleitung fiel bis dahin in den Aufgabenbereich der Beschäftigten des Sozialen
Dienstes im Krankenhaus. Die neugeschaffenen Funktionsstellen in den stationären Einrichtungen
werden in Kooperation mit dem Sozialen Dienst in der Regel von internen
Pflegefachkräften ausgeübt. Dabei versteht sich Pflegeüberleitung als
72
„....Lösungsansatz für verschiedene Schnittstellenprobleme. Sie soll dazu
beitragen, dass der Patient beim Übergang zwischen den Institutionen der
Gesundheitsversorgung bzw. beim Übergang in die ambulante Betreuung
alle notwendigen Leistungen zeitgerecht und entsprechend seiner individu-

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
ellen Hilfebedarfe erhält, um einem Bruch in der Qualität der Betreuung
bzw. pflegerischen Leistungen vorzubeugen.“ 57
Die fünf wichtigsten Pflegeüberleitungsvarianten beziehen sich auf die Überleitung
• vom Krankenhaus in die häusliche Pflege mit professioneller Hilfe,
• vom Krankenhaus in ein Altenwohn- und Pflegeheim,
• von einer anderen Einrichtung in ein Krankenhaus,
• bei der Verlegung des Patienten in ein heimatnahes Krankenhaus oder in eine Rehabilitationseinrichtung,
• nach Hause mit der Unterstützung pflegender Angehöriger.
Für die systematische und adäquate Berücksichtigung der pflegerischen Belange der
Patienten und ihrer Angehörigen halten die Experten die Schaffung eines ausdifferenzierten
Überleitungsmanagements in den Krankenhäusern für unerläßlich. Dieses umfasst
im Wesentlichen medizinische, pflegerische und administrative Beratungs- und
Managementaufgaben bezogen auf die Begleitung, Moderation und Kontrolle des Prozesses
der Überleitung vom Krankenhausaufenthalt in weitere Versorgungseinrichtungen
und Betreuungsangebote. Aber auch bei der Aufnahme eines vorstationär pflegerisch
betreuten Patienten in das Krankenhaus kann die Pflegeüberleitung eine wichtige
Funktion in der Vermittlung von Informationen und Kontakten zwischen den Pflegenden
übernehmen.
Um die Kontinuität der Pflege beim Übergang der Patienten zwischen den Institutionen
bzw. Betreuungsformen auf hohem Qualitätsniveau sicherzustellen, muss das Personal
für Überleitungspflege über vielfältige fachliche, organisatorische und soziale Kompetenzen
verfügen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sollen hier die wesentlichen Elemente
des Anforderungsprofils für das Überleitungsmanagement dokumentiert werden.
Das Personal muss verfügen über:
• Managementkompetenzen: Planung, Moderation, Überwachung des Überleitungsprozesses,
Vernetzung der Aktivitäten.
• soziale/kommunikative Kompetenzen: Dazu gehört die adäquate und umfassende
Beratung von Patienten und Angehörigen in schwierigen Lebenslagen, Kooperation
mit verschiedenen Berufsgruppen in oft konfliktbelasteten Strukturen usw.
• besondere fachliche Kenntnisse: Möglichkeiten und Grenzen der Pflege durch
Angehörige beurteilen können, Pflege/Begleitung spezieller Patientengruppen z.B.
psychisch veränderter alter Menschen oder Sterbender, fachliche Beratung der beteiligten
Pflegekräfte.
• IuK-Kompetenz: Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologien,
z.B. elektronischem Leitsystem 58 , EDV-Systemen.
• methodische Kompetenz: Überleitungsspezifische Anforderungen an pflegeprozessorientiertes
Arbeiten, Sozialanamnese, Konzeptentwicklung, Qualitätssicherung.
57 Domscheit, Stefan; Wingenfeld, Klaus: Pflegeüberleitung in Nordrhein-Westfalen. Schriftenreihe des
Instituts für Pflegewissenschaft an der Universität Bielefeld. Bielefeld 1996, S. 2
58 Vgl. Kap.5: Projekt: Gesundheits- und Soziallotse Bremerhaven
73

EQUIB
• organisationsbezogene und sozialrechtliche Kenntnisse: Umfassende Kenntnis
über das Leistungsprofil und Probleme der ambulanten, teilstationären und stationären
Einrichtungen, Leistungsprofil von nichtpflegerischen Versorgungs- und Betreuungsangeboten,
leistungsrechtliche Zuständigkeiten.
• pädagogische Kompetenzen: Fortbildungskompetenz für Hauspflegekurse für die
pflegenden Angehörigen/Freunden/Nachbarn.
Angesichts dieses sehr komplexen Anforderungsprofils wird von den zu diesem Thema
befragen Experten die Schaffung der neuen Qualifikation „Fachkraft für Pflegeüberleitung“
für erforderlich gehalten. Dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass dieser
Funktionsbereich zukünftig an Bedeutung gewinnen wird und deshalb einer Professionalisierung
dringend bedarf. 59
Auch die Ergebnisse der Repräsentativbefragung unterstreichen die Forderung nach
verstärkten Qualifizierungsanstrengungen für das Personal der Pflegeüberleitung. Nahezu
70% der Experten aus den häuslichen Pflegediensten sehen hier Qualifikationsbedarf.
Im Bereich der stationären Alten- und Krankenpflege sind es 63% bzw. 60%.
In den zu diesem Themenkomplex zusätzlich geführten qualitativen Expertengesprächen
kristallisierten sich im Wesentlichen die im folgenden aufgeführten inhaltlichen
Defizite bei der Pflegeüberleitungspraxis heraus:
• Fachkräfte in der Pflegeüberleitung müssen für eine qualitätsorientierte Überleitung
sowohl über fachspezifische Pflegekompetenzen als auch über ein hohes Maß an organisatorischen/administrativen
Kompetenzen verfügen. Dieses komplexe Anforderungsprofil
ist häufig nicht ausreichend vorhanden, was u.a. dazu beiträgt, dass
der Pflegeüberleitungsprozess nicht optimal sowohl für die Patienten als auch für
die beteiligten Versorgungseinrichtungen abläuft. So kommt es im Einzelnen zu patientenbezogenen
Beratungsdefiziten über die effektivste Methode der weiteren Behandlung/Betreuung.
• Darüber hinaus ist die Pflegeüberleitung häufig nicht umfassend über die spezifischen
Angebote insbesondere der häuslichen Pflegedienste informiert.
• Zudem erschweren sehr häufig unzureichend ausgefüllte Überleitungsprotokolle die
Arbeit der nachgeordneten Pflege- und Betreuungseinrichtungen.
Fazit und Empfehlung
Der Bereich der Pflegeüberleitung wird insbesondere vor dem Hintergrund der Gesundheitsreform
2000, die in vielen Segmenten die ambulante Pflege vor die stationäre stellt,
zukünftig sowohl quantitativ als auch qualitativ an Bedeutung gewinnen. Für die Qua-
59 Die Edith-Stein-Akademie in Neuwied hat in den Jahren 1995 bis 1997 als einzige Einrichtung bundesweit
eine Aufstiegsfortbildung „Berater/in für Pflegeüberleitung“ durchgeführt. Es wurden zwei Lehrgänge
mit jeweils ca. 50 Teilnehmer/innen durchgeführt und mit einem Zertifikatsabschluss beendet. Der
Teilnehmerkreis kam aus ganz Deutschland. Seit 1997 wurde diese Fortbildung aufgrund zu geringen
Teilnehmerinteresses nicht mehr angeboten. Ein wesentlicher Grund für die mangelnde Nachfrage waren
die zum damaligen Zeitpunkt relativ schlechten Einstellungschancen für den Funktionsbereich der Pflegeüberleitung.
74

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
litätssicherung der Pflegeüberleitung bedarf es deshalb eines systematischen Pflegeüberleitungsmanagement,
das die komplexen Aufgabenfelder professionell gestaltet.
Die Schaffung einer neuen Qualifikation „Fachkraft für Pflegeüberleitung“ scheint
sich für die Experten als notwendige Konsequenz zu ergeben, um so die optimale
schnittstellenübergreifende Versorgung der Patienten zu erreichen. Darüber hinaus
sollte das Aufgabenfeld „Pflegeüberleitung“ auch in der intendierten integrierten
Grundausbildung für die Pflegeberufe Berücksichtigung finden, um das nötige Problembewusstsein
bei den zukünftigen Pflegekräften schon in der Erstausbildungsphase
zu schaffen. Und nicht zuletzt vor dem Hintergrund der skizzierten aktuellen komplexen
Aufgaben und genannten Qualifikationsdefizite für eine qualitätsorientierte Pflegeüberleitung
sollten Weiterbildungen für das Personal in der Pflegeüberleitung sowie für
weitere Funktionsgruppen, z.B. Stationspflegekräfte, angeboten werden.
75

EQUIB
76

Anhang
Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
Literatur
Becker, W.: Förderung von Schlüsselkompetenzen im Gesundheits- und Sozialwesen
durch berufliche Weiterbildung. In: Professionalisierung durch Weiterbildung.
Bundesinstitut für Berufsbildung, Berichte zur beruflichen Bildung, Heft 32, Berlin
1998
Becker, W., Meifort, B.: Pflegen als Beruf – ein Berufsfeld in der Entwicklung.
Bundesinstitut für Berufsbildung, Berichte zur beruflichen Bildung, Heft 169, Berlin
1994
Bundesministerium für Gesundheit: Abschlussbericht Qualitätssicherung im
Krankenhaus, Schriftenreihe des Bundesministeriums für Gesundheit, Bd. 96, Baden-
Baden 1997
Bundesministerium für Gesundheit: Leitfaden zur Neuordnung des Pflegedienstes,
Schriftenreihe des Bundesministeriums für Gesundheit, Bd. 31, Baden-Baden 1993
Burmeister, J., Lehnerer, C.: Untersuchung der Beschäftigungsentwicklung und des
Qualifikationsbedarfs in mittleren Positionen des Gesundheits- und Sozialwesens –
Anforderungen an die berufliche Weiterbildung. In: Meifort, B. u.a. (Hrsg):
Berufsbildung und Beschäftigung im personenbezogenen Dienstleistungssektor,
Bundesinstitut für Berufsbildung, Berichte zur beruflichen Bildung, Heft 34, Berlin
1997
Csongár, G.: Professionalisierungstrends im Gesundheits- und Sozialmanagement -
Anforderungen an die berufliche Weiterbildung. In: Meifort, B. (Hrsg.): Arbeiten und
Lernen unter Innovationsdruck, Bundesinstitut für Berufsbildung, Berichte zur
beruflichen Bildung, Heft 221, Berlin 1998
Csongár, G.: Beschäftigungsentwicklung und Qualifikationsbedarf im
Funktionsbereich des mittleren und höheren Managements im Gesundheits- und
Sozialwesen. In: Berufsbildung und Beschäftigung im personenbezogenen
Dienstleistungssektor, Bundesinstitut für Berufsbildung, Berichte zur beruflichen
Bildung, Heft 43, Berlin 1999
Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe: Bildungskonzept Pflege 2000, Eschborn
1997
Gabanyi, M.: Ambulante Pflegedienste im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit,
Qualität und Kundenorientierung, Augsburg 1997
Garms-Homolovà, V.: Gesundheitsberufe im Wandel - Qualifikationen unter
Innovationsdruck. In: Meifort, B. (Hrsg.): Arbeiten und Lernen unter Innovationsdruck,
Bundesinstitut für Berufsbildung, Berichte zur beruflichen Bildung, Heft 221, Berlin
1998
77

EQUIB
Hartwig, T.: Pflegedokumentation: Ein rechtliches Muß oder eine segensreiche Pflicht?
In: Pflegezeitschrift 4/99, Stuttgart 1999
Jaufmann, D.: Pflege und Technik: Eine neue Qualität von Dienstleistungsarbeit. In:
Jahrbuch Sozialwissenschaftliche Technikberichterstattung, SOFI, Göttingen 1997
Lindemeyer, T.: Anforderungen an Qualifizierungsstrategien und Arbeitsgestaltung in
der klinischen Krankenpflege, Skript, Kongress des Bundesinstituts für Berufsbildung,
Berlin 1996
Meifort, B., Mettin, G.: Gesundheitspflege, Überlegungen zu einem BBiG-
Pflegeberuf, Bundesinstitut für Berufsbildung, Berlin 1998
Meifort, B. u.a.: Berufsbildung und Beschäftigung im personenbezogenen
Dienstleistungssektor, Bundesinstitut für Berufsbildung, Berichte zur beruflichen
Bildung, Heft 43, Berlin 1997
Meifort, B. u.a.: Professionalisierung durch Weiterbildung, Bundesinstitut für
Berufsbildung, Berichte zur beruflichen Bildung, Heft 32, Berlin 1998
Oelke, U.: Gemeinsame Grundausbildung für alle Pflegeberufe. In: Pflegezeitschrift
4/99, Stuttgart 1999
ÖTV Stuttgart (Hrsg.): Reform der Aus-, Fort- und Weiterbildung in den
Pflegeberufen, Schriftenreihe Berufsbildung 11, Stuttgart 1996
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung: Sozialpolitische Umschau,
Ausgabe 38, Berlin 1999
Schmidt, R., Winkler, A. (Hrsg.): Ansätze zur Weiterentwicklung der ambulanten
pflegerischen Versorgungsstruktur, Beiträge zur sozialen Gerontologie, Sozialpolitik
und Versorgungsforschung, Bd. 5, Regensburg 1998
Schmidt, R., Winkler, A. (Hrsg.): Konturen der neuen Pflegelandschaft, Positionen,
Widersprüche, Konsequenzen, Beiträge zur sozialen Gerontologie, Sozialpolitik und
Versorgungsforschung, Bd. 4, Regensburg 1998
Senator für Frauen, Gesundheit, Jugend, Soziales und Umweltschutz: Landes-
Krankenhausplan der Freien Hansestadt Bremen 1998 bis 2003, Bremen 1998
Wissert, M.: Case-Management im professionellen Interessengeflecht: Konkurrenz für
Sozialarbeit? In: Schmidt, R. u.a. (Hrsg.): Konturen der neuen Pflegelandschaft,
Positionen, Widersprüche, Konsequenzen, Beiträge zur sozialen Gerontologie,
Sozialpolitik und Versorgungsforschung, Bd. 4, Regensburg 1998
Wolters, P.: Pflegeüberleitung in NRW, Schriftenreihe des Instituts für
Pflegewissenschaft an der Universität Bielefeld, Bielefeld 1996
78

Abbildungsverzeichnis
Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
1. Rücklauf spezifiziert nach Einrichtungsarten ........................................................... 15
2. Organisationsformen der Einrichtungsarten ............................................................ 15
3. Organisatorische Zuordnung differenziert nach einzelnen Einrichtungsarten ......... 16
4. Pflegeleistungen Krankenhäuser/Fachkliniken ........................................................ 17
5. Pflegeleistungen Altenpflege ................................................................................... 18
6. Pflegeleistungen häusliche Pflege und Betreuung ................................................... 19
7. Geschätzter zukünftiger Bedarf insgesamt nach Einrichtungsarten ........................ 22
8. Bedarf an Personal in Leitungsfunktionen ............................................................... 23
9. Bedarf an Examinierten (3j.)..................................................................................... 23
10. Bedarf an Examinierten (1j.)..................................................................................... 24
11. Bedarf an Auszubildenden ....................................................................................... 25
12. Bedarfsdeckung auf dem regionalen Arbeitsmarkt: Leitungsfunktionen ................ 26
13. Bedarfsdeckung auf dem regionalen Arbeitsmarkt: Examinierte Pflegekräfte (3j.) 27
14. Bedarfsdeckung auf dem regionalen Arbeitsmarkt: Examinierte Pflegekräfte (1j.) 28
15. Integrierte Managementaktivitäten .......................................................................... 33
16. Technologische Präferenzen .................................................................................... 35
17. Technologische Präferenzen nach Einrichtungsarten ............................................... 36
18. Veränderungen der Arbeits- und Ablauforganisation .............................................. 40
19. Qualifikationsbedarf für Personal in Leitungsfunktionen insgesamt ....................... 46
20. Qualifikationsbedarf für examinierte Pflegekräfte (3j.) insgesamt .......................... 47
21. Qualifikationsbedarf für examinierte Pflegekräfte (1j.) insgesamt .......................... 48
22. Qualifikationsbedarf für Personal in Leitungsfunktionen der
Krankenhäuser/Fachkliniken ................................................................................... 49
23. Qualifikationsbedarf für examinierte Pflegekräfte (3j.) der
Krankenhäuser/Fachkliniken ................................................................................... 50
24. Qualifikationsbedarf für examinierte Pflegekräfte (1j.) der
Krankenhäuser/Fachkliniken ................................................................................... 51
25. Qualifikationsbedarf für Personal in Leitungsfunktionen
der stationären Altenpflege ...................................................................................... 52
26. Qualifikationsbedarf für examinierte Pflegekräfte (3j.)
der stationären Altenpflege ...................................................................................... 53
27. Qualifikationsbedarf für examinierte Pflegekräfte (1j.)
der stationären Altenpflege ...................................................................................... 54
28. Qualifikationsbedarf für Personal in Leitungsfunktionen der häuslichen Pflege .... 55
29. Qualifikationsbedarf für examinierte Pflegekräfte (3j.) in der häuslichen Pflege ... 56
30. Qualifikationsbedarf für examinierte Pflegekräfte (1j.) in der häuslichen Pflege ... 57
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Aktueller Bestand des Pflegepersonals in den Einrichtungen. ...................... 21
79

Universität Bremen
Kooperation Universität/
Arbeiterkammer
________________________________________________________________________________________________
EQUIB
Entwicklungsplanung Qualifikation in der Industrieregion Bremen
Das Projekt erarbeitet seit 1990 regionale
Qualifikationsbedarfsanalysen für das Land
Bremen mit dem Ziel, eine fundierte Datenbasis
für die Förderung und Gestaltung der
regionalen "beruflichen Qualifizierung" zu
ermitteln. Gemäß der Absicht des Auftraggebers
sollen die Ergebnisse einen Beitrag
dazu leisten, die Integration einer an der
Schaffung und Erhaltung von innovativen
Arbeitsplätzen orientierten Wirtschaftsstruktur-
und Arbeitsmarktpolitik zu befördern, in
deren Rahmen dem "Standortfaktor Qualifikation"
entscheidende Bedeutung zukommt.
Dessen Prägung durch die Innovationsfähigkeit
kleiner und mittlerer Unternehmen
findet dabei vorrangige Beachtung.
Die Untersuchungen haben zwei Schwerpunkte:
zum einen sollen mit einem „Monitoring-System“
branchenübergreifend aktuelle Trends zeitnah
erfaßt werden; zum zweiten werden branchenbezogene
Repräsentativbefragungen, ergänzt
durch qualitative Expertengespräche, zur Eruierung
spezifischer Bedarfe durchgeführt.
Um eine möglichst praxisnahe Umsetzung und
Konkretisierung des Untersuchungsauftrags zu
gewährleisten, steht dem Projekt für die Ergebnisbewertung
sowie für die Auswahl der jeweils
zu untersuchenden Branchen, Berufe und Technologiebereiche
ein Beirat zur Seite, dem neben
dem auftraggebenden Ressort Vertreter der
Handels-, der Industrie- und Handwerks-, der
Angestellten- und der Arbeiterkammer sowie
der Arbeitsverwaltung angehören.
Die Projektergebnisse (siehe Liste der Veröffentlichungen)
bieten den zuständigen staatlichen
Ressorts, der Arbeitsverwaltung, den
Betrieben und ihren Arbeitnehmervertretungen
sowie den Einrichtungen der beruflichen Ausund
Weiterbildung gesichertere Planungs- und
Handlungshilfen für die Konzipierung, Förderung
und Umsetzung von innovationsspezifischen
Qualifizierungsmaßnahmen. Eine Reihe
von Weiterbildungsmaßnahmen und Modellprojekten
wurden bisher unter Bezugnahme auf
Ergebnisse von EQUIB konzipiert.
Da der Projektauftrag vor allem auf die Ermittlung
innovativer Qualifizierungsbedarfe infolge der
Einführung Neuer Technologien und veränderter
Formen der Arbeitsorganisation gerichtet ist, weisen
alle durchgeführten Analysen und Erhebungen
zwei zentrale Schwerpunkte auf:
• Struktureller und technologischer Rahmen der
Betriebe
• Berufsbezogene Qualifikationsbedarfe und
-inhalte infolge betrieblicher Innovationen.
An den einzelnen Betriebsbefragungen (z.T. im
Längsschnitt), für die ein differenziertes methodisches
Instrumentarium entwickelt wurde, sind je
nach Thematik und Umfang der einbezogenen
Branchen zwischen 100 und 300 Unternehmen
beteiligt.
Daten und Informationen
Projektträger Arbeiterkammer Bremen
Projektdurchführung Universität Bremen, Kooperation
Universität/Arbeiterkammer
Projektleitung Gerlinde Hammer
Wiss. Mitarbeiter Ulf Benedix, Jutta Knuth
Förderung Europäischer Sozialfonds,
Senator für Arbeit, Land Bremen
Zuständige Behörde Senator für Arbeit
Laufzeit seit 1990 fortlaufend
Kontakt Gerlinde Hammer
Fon: 0049-421-218-9514
Fax: 0049-421-218-4560
e-mail: ghammer@uni-bremen.de
Universität Bremen/KUA (FVG-Mitte)
Postfach 330440
D - 28334 Bremen
EUROPÄISCHE
GEMEINSCHAFT
Europäischer Sozialfonds

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
Von EQUIB verwendete Methoden zur Erhebung des zukünftigen Qualifikationsbedarfs
Allgemeine Anforderungen an Qualifikationsbedarfsanalysen (QBA)
Die hohe Komplexität von Qualifikationsbedarfsanalysen begründet sich zum einen aus
dem impliziten Zusammenhang der Qualifikationsveränderungen mit der dynamischen
technologischen wie wirtschaftlichen Entwicklung sowie aus den Änderungen der regionalen,
nationalen wie globalen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Qualifikationsbedarfsprognosen
müssen die aus diesen Entwicklungen folgenden Implikationen
für die Qualifikationsentwicklung abbilden können. Handlungsorientierte QBA
stellen erweiterte Anforderungen: Ihre Ergebnisse, Prognosen und Empfehlungen
müssen die Umsetzbarkeit in praktische Maßnahmen und Handlungsoptionen unter
Beweis stellen können. Dabei ist eine Vielfalt von Nutzungsinteressen zu berücksichtigen:
das Spektrum reicht von der Arbeitsmarkt- und Qualifizierungspolitik (Entwicklung
des Standortfaktors Qualifikation), über die Wirtschafts- und Technologiepolitik
(Förderung des Technologietransfers), über Weiterbildungseinrichtungen (bedarfsgerechte
Gestaltung des Kursangebots) bis hin zu Betrieben (Informationen über
technologische und qualifikatorische Standards als Wettbewerbsgrundlage).
Deshalb muss das methodische Instrumentarium, das bei dieser QBA zum Einsatz
kommt, hohe Ansprüche erfüllen.
Prinzipieller Untersuchungsansatz und Forschungsdesign
Zur Bestimmung des Qualifikationsbedarfs und seiner Entwicklung bieten sich der empirischen
Forschung im Wesentlichen zwei Ansätze an:
• Auswertung der Einschätzung von Experten:
Auf der Basis der Befragung inner- und außerbetrieblicher Experten lassen sich subjektive
Einschätzungen zu künftigen QB zu Tendenzaussagen zusammenfassen. Je breiter
das Spektrum der befragten Funktionsträger ist, desto zuverlässiger werden die Auswertungen
bezüglich künftiger Qualifikationstrends sein können.
• Untersuchungen der technologischen und organisatorischen Entwicklungen:
In der Folge technologischer und organisatorischer Innovationen entstehen veränderte
Qualifikationsanforderungen für die Beschäftigten; Inhalt und Umfang dieser Anforderungen
sind determiniert durch die Spezifik der Technologie und der Betriebs- und
Arbeitsorganisation. Aufgrund der erwarteten Geschwindigkeit ihrer Diffusion, d.h.
ihrer betrieblichen Implementation, läßt sich abschätzen, wann und in welchem Umfang
sowie für welche Beschäftigungsgruppen sich veränderte Qualifikationsanforderungen
verallgemeinern.
Der Ansatz von EQUIB
Das Projektteam EQUIB hat sich für die regionalspezifischen QBA für eine Integration
beider Ansätze unter Verwendung einer Kombination von qualitativen und quantitativen
Methoden entschieden; da von den Ergebnissen des Projektes Planungsdaten und
Handlungsorientierungen für die regionalen, staatlichen und betrieblichen Qualifizierungsstrategien
erwartet werden, müssen allgemein zu erwartende Trends zusätzlich auf
die tatsächlichen betrieblichen Qualifikationsentwicklungen in der Region bezogen werden.
81

EQUIB
Forschungsdesign
Mit folgendem in allen repräsentativen Sektorstudien angewandten Forschungsdesign
(vgl. Abbildung 1) lassen sich relativ zuverlässige Aussagen zur Qualifikationsbedarfsentwicklung
formulieren.
82
Forschungsdesign: Repräsentativerhebung + Expertenbefragungen
• Felderschließung
Forschungsdesign des Projektes EQUIB
Expertenbefragung I
(regionale/überregionale Experten)
• Vorbereitung der Repräsentativerhebung (Operationalisierung
der Fragestellungen)
Repräsentativerhebung
• Teil A: Innovationsentwicklung
• Teil B: Qualifikationsentwicklung
Expertenbefragung II
(regionale Experten)
• Nachbereitung/Evaluation der Repräsentativerhebung
(qualitative Bewertung von Ergebnissen)
• Betriebs-/branchenspezifische Sonderaspekte

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
• Vorbereitung der Repräsentativerhebungen: Expertenbefragung I
Mit umfangreichen leitfadengestützten Experteninterviews (z.T. in Form von
Gruppendiskussionen) mit Gesprächspartnern aus Betrieben (bevorzugt: Marktführer)
und Institutionen (Kammern, Forschungs- und Beratungseinrichtungen, Aus- und
Weiterbildungsinstituten, Gewerkschaften) wird die Branchenuntersuchung eingeleitet.
Dieser erste qualitative Untersuchungsschritt dient vor allem dazu, den Untersuchungsgegenstand
inhaltlich zu bestimmen und seine wesentlichen Merkmale zu definieren
(Felderschließung).
Inhaltliche Schwerpunkte sind kurz- und mittelfristig zu erwartende Technik- und Organisationsentwicklungen
und die dadurch evozierten Qualifikationsfolgen. Neben der
Findung der dafür relevanten Fragestellungen (die vor allem in hochtechnisierten und
spezialisierten (Teil-) Branchen der Mitwirkung von Experten bedürfen) werden - z.T.
in einem zweiten Gesprächstermin - die vom Projektteam vorgenommenen Operationalisierungen
der Fragen für den zu entwickelnden standardisierten Fragebogen der Repräsentativerhebung
diskutiert. Auf diese Weise erfährt das Befragungsinstrumentarium
eine erste Evaluation.
• Durchführung der Repräsentativerhebung
Auf der Grundlage der qualitativen Ergebnisse des ersten Untersuchungsschritts erfolgt
die Erhebung quantitativer Daten in den Betrieben des Untersuchungsfeldes mittels eines
(recht detaillierten, 4-6 seitigen) standardisierten Fragebogens (mit geschlossenen
und z.T. auch mit offenen Fragestellungen). Analog zu den Befragungsschwerpunkten
der qualitativen Experteninterviews weisen alle repräsentativen Erhebungen zwei zentrale
Schwerpunkte auf:
• Teil A Innovationsentwicklung: organisations-struktureller und technologischer
Rahmen (Ist-Zustand und Planungen) der Betriebe
• Teil B Qualifikationsentwicklung: berufsbezogene QB und -inhalte sowie neue
Querschnittsaufgaben und Strategien zu deren Deckung
Die Fragebögen werden postalisch an die ermittelte Grundgesamtheit der Betriebe verschickt.
Im Anschluß daran erfolgt eine telefonische Kontaktaufnahme mit den zuständigen
betrieblichen Experten, um eventuelle offene Fragen zu beantworten und die
Betriebe für die Teilnahme an der Befragung zu gewinnen. Eine kontinuierlich relativ
hohe Rücklaufquote (zumeist> 50%) beweist die Akzeptanz der EQUIB-Befragungen in
der Region.
• Nachbereitung der Repräsentativerhebungen: Expertenbefragung II
Nach Auswertung der Repräsentativdaten werden die zentralen Ergebnisse der Sektorstudie
wiederum mit betrieblichen und sonstigen Fachexperten diskutiert und interpretiert;
Ziel ist es, die in der Studie gewonnenen Erkenntnisse hinsichtlich der Richtung
und Tiefe der betrieblich geplanten Technikimplementationen, der angestrebten Organisationsentwicklungen
sowie der dadurch evozierten QB vor dem Hintergrund der Erfahrungen
und des Kenntnisstandes der Experten zu reflektieren; eine solche einsatzund
dialogorientierte Evaluation durch eine zweite qualitative Expertenbefragung ist
zu empfehlen, da die Ergebnisse für konkrete innovative Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen
taugen sollen.
83

EQUIB
Methodologische Probleme und methodische Lösungen
Methodologische Probleme ergeben sich vor allem hinsichtlich der Validität und Reliabilität
der gewonnenen Daten und deren Interpretation. Das Projekt EQUIB hatte von
Anfang an den Auftrag, QB zu eruieren, um den Akteuren des Arbeitsmarktes und der
Berufsbildung konkrete Plan- und Handlungshilfen zur Verfügung zu stellen.
Es ging also darum, durch die Wahl/Kombination der „richtigen“ Methoden die Ermittlung
der tatsächlichen betrieblichen Qualifikationsentwicklung sicherzustellen.
Die zentrale Problemstellung, die es aus Sicht des Projektes EQUIB zu lösen gilt,
ist:
A ���� betriebliche Experten sind die „sichersten“ Datenlieferanten für eine QBA
B ���� jedoch ist damit das Problem der „Betriebssubjektivität“ der Angaben auf
dem Tisch,
C ���� das nach methodischen Lösungen zur „Objektivierbarkeit“ dieser
notwendigen Angaben verlangt.
A ���� Repräsentative Erhebung betrieblicher Struktur- und Qualifizierungsdaten
auf Basis der Angaben betrieblicher Experten.
Für konkret umsetzbare Ergebnisse ist der Betrieb als Ausgangspunkt der Ermittlung
künftiger QB unverzichtbar. Es empfiehlt sich, das Datenmaterial zum QB in quantitativen
und qualitativen Befragungen von betrieblichen Experten (in der Regel Betriebsleitung,
bei größeren Betrieben die jeweiligen für Personal- und Qualifizierungsfragen,
aber auch für technische Organisation etc. verantwortlichen Führungskräfte) zu gewinnen.
Dieses Vorgehen liegt in den folgenden Überlegungen begründet:
• Statt abstrakter Ableitungen von globalen Qualifizierungstrends z.B. aus der Extrapolation
und Fortschreibung von statistischen Daten des Beschäftigungssystems und
der Qualifikationsstruktur stehen konkrete Qualifizierungsinhalte im Mittelpunkt, so
dass die Ergebnisse oft weit weniger spekulativ ausfallen.
• Eine „experimentelle Qualifizierung“ können sich in der aktuellen, von knappen
Mitteln geprägten Lage weder die Betriebe, noch die Anbieter und staatlichen Mittelgeber
von Qualifizierungsmaßnahmen, noch die Beschäftigten selbst leisten. Daher
muss die Bedarfsanalyse Schwerpunkte des praktischen betrieblichen Qualifizierungsbedarfs
herausarbeiten, die insbesondere der aktuellen Entwicklung in „durchschnittlichen“
kleinen und mittleren Unternehmen Rechnung tragen.
• Betriebliche Angaben zum Qualifizierungsbedarf sind relativ „immun“ gegen vorschnelle
Überschätzungen und Verabsolutierungen von neuen Qualifikationstrends,
die ihre Tragfähigkeit allzu oft nicht unter Beweis stellen können.
84

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
B ���� Die Problematik der „Betriebssubjektivität“
Die Methode der Befragung betrieblicher Experten ist allerdings mit dem Problem der
„Betriebssubjektivität“ der Angaben behaftet 60 ; die im Folgenden aufgeführten Faktoren
beeinflussen die Angaben aus vielen Betrieben in eine ähnliche Richtung, was sich entsprechend
systematisch in den Ergebnissen niederschlagen kann:
• Abwartende Haltung gegenüber neuen Entwicklungen
Gerade die oben genannte, berechtigte Skepsis gegenüber neuen Schlagworten kann
auch dazu führen, dass wichtige neue Entwicklungen unterschätzt werden und erforderlicher
Qualifizierungsbedarf nicht rechtzeitig gesehen wird.
• Kurzfristiges Qualifikationsdenken
Gerade in KMU ist eine ad-hoc-Qualifizierung immer noch recht weit verbreitet.
Erst wenn der Bedarf auftritt, wird reagiert - also dann, wenn durch Störungen oder
mangelnde Effizienz das Qualifikationsdefizit unübersehbar geworden ist und bereits
betriebswirtschaftliche Nachteile hervorgebracht hat. Als Begründung für die
Beibehaltung dieses Vorgehens wird oft darauf verwiesen, dass man ohnehin flexibel
auf Kundenaufträge reagieren müsse und sich daher auch keine „Qualifizierung
auf Vorrat“ leisten könne. Dies wirkt sich auch in der Erhebung in geringeren Qualifikationsbedarfsangaben
aus.
• Einseitiges Kostendenken
Wenn Qualifikationsmaßnahmen einseitig unter Kostengesichtspunkten betrachtet
werden, können sinnvolle Qualifikationsmaßnahmen, deren Realisierung aus Kostengründen
unterbleibt oder zunächst zurückgestellt wird, aus dem angegebenen
Qualifizierungsbedarfsumfang herausfallen.
• Unzureichende Beteiligung der Beschäftigten an der Qualifizierungsplanung
Da in vielen Betrieben eine systematische Qualifizierungsplanung noch nicht durchgeführt
wird, sind auch die Qualifizierungsbedarfe, die die Beschäftigten selbst in
ihrer praktischen Arbeit feststellen, in den Angaben der betrieblichen Experten oft
nicht berücksichtigt.
Insgesamt ergibt sich damit ein gewisses Auseinanderfallen des von den Betrieben angegebenen
„betriebssubjektiven“ Qualifizierungsbedürfnisses und dem „objektiven“
Qualifizierungsbedarf. Es soll aber auch die gegenläufige Erfahrung nicht unerwähnt
bleiben, dass Betriebsleiter neue Qualifizierungsinhalte für ihre Mitarbeiter benennen,
von ihrer Umsetzung in konkrete Fort- und Weiterbildung aber etwa aus Kosten- und
Zeitgründen wieder Abstand nehmen.
C ���� Methodische Lösungen
• Erhebung der betrieblichen Technologie- und Organisationsentwicklung
Einen wesentlichen Lösungsansatz im Umgang mit den genannten „subjektiven“
60 Damit ist nicht gemeint, dass die Betriebe jeweils betriebsspezifisch unterschiedliche QB - bedingt
durch Größe, Branchenzugehörigkeit, Produkt, Produktionsform, Technologieausstattung, Arbeitsorganisationsform
und Qualifikationsvoraussetzungen der Beschäftigten - anmelden: die Repräsentativerhebung
zielt ja gerade darauf ab, die allgemeine Qualifikationsentwicklung möglichst genau abzubilden, wie sie
sich aus dem Querschnitt der einzelbetrieblichen QB ergibt.
85

EQUIB
86
Faktoren stellt eine in die Untersuchung integrierte systematische Erfassung der
Technologie- und Organisationsentwicklung dar. Daher bildet die repräsentative Erhebung
des aktuellen Stands der betrieblichen Ausstattung mit neuen technischen
Mitteln und Systemen sowie deren kurz- und mittelfristige Planung ein Kernstück
der Untersuchung des betrieblichen QB. Sie wird ergänzt um die Ermittlung betriebsstruktureller
Umstellungs- und Rationalisierungsprozesse.
Innovationsentwicklung und Qualifikationsentwicklung stehen in den Betrieben in
einer engen Wechselbeziehung. Als eine wesentliche Grundlage des Wandels der
Qualifikationsanforderungen und als Auslöser von QB bildet die Innovationsentwicklung
daher selbst einen eigenständigen Untersuchungsgegenstand. Im Rahmen
einer QBA zielt ihre Untersuchung darauf ab, soweit wie möglich die konkreten Inhalte
der geänderten, erweiterten oder neuen Anforderungen an die Beschäftigten
herauszuarbeiten und diese Ergebnisse mit den „subjektiven“ QB-Angaben der Experten
abzugleichen.
Solche Analysen stellen eine der wenigen Mittel dar, „objektivierte“ Daten zur
Qualifikationsentwicklung der Beschäftigten zu gewinnen. Dabei ist selbstverständlich
nicht die Behauptung einer „monokausalen“ Entsprechung von Technologieentwicklung
und neuen Qualifikationen für ihren Einsatz intendiert. Um eine derartige
technik-bornierte Einseitigkeit auszuschalten, schließt sich eine ausführliche Diskussion
dieser Ergebnisse im Rahmen von Expertengesprächen über damit verbundene
Qualifikationsfolgen an.
• Differenzierte Erhebung konkreter Qualifizierungsinhalte
Ein weiteres Mittel, den Einfluß „betriebssubjektiver“ Faktoren auf die QBA zurückzudrängen,
steht mit der inhaltlichen Ausrichtung des Fragebogens auf die Erhebung
konkreter Qualifizierungsbedarfe zur Verfügung. Weil der gewählte Untersuchungsansatz
bei den konkreten Bedarfen für eine höchst dynamische Technologie-
und Innovationsentwicklung anknüpft, ist eine grundlegende theoretische
Einarbeitung und kontinuierliche Verfolgung aktueller insbesondere technischer
Entwicklungstrends unverzichtbar. Da bei der konkreten Fragebogenentwicklung
zum QB bei hochinnovativen Entwicklungen oft tiefergehende, z.B. ingenieurwissenschaftliche
Kenntnisse, von großem Nutzen sind, hat sich das Vorgehen bewährt,
hierzu Experten aus den entsprechenden wissenschaftlichen Disziplinen für die
Fragebogenkonzeptionierung hinzuzuziehen.
Wenn statt allgemein-abstrakter Angaben zum Qualifizierungsbedarf vorwiegend
konkrete Bedarfe für einzelne Berufe bzw. Berufsgruppen zu einzelnen Technologien
oder bestimmbaren strukturellen Innovationen erhoben werden, wird der
Betrieb zumindest für die Befragung selbst quasi „gezwungen“, sich auf den Standpunkt
einer systematischen Qualifikationsbedarfsfeststellung zu stellen. Allerdings
ist mit einem solchen Verfahren als Nachteil ein großer Fragebogenumfang wie
auch eine sehr hohe Fragebogenkomplexität verbunden; dies macht die Befragung
für die Betriebe sehr aufwendig. Um eine genügend hohe Rücklaufquote zu erhalten,
muss für die Akzeptanz der Befragung bei den Betrieben geworben werden.
• Ergänzende qualitative Interviews unverzichtbar
Auch wenn bereits in der Repräsentativbefragung eine möglichst konkrete Bedarfsermittlung
angestrebt wird, so hat dieses Verfahren doch darin seine Grenzen,
dass übergreifende und allgemeingültige Ergebnisse nur erreicht werden können,
wenn den Betrieben verallgemeinerungsfähige Kategorien im Repräsentativfrage-

Qualifizierung für die Gesundheits- und Sozialpflegedienste
bogen angeboten werden. Die Ermittlung der einzelnen inhaltlichen Schwerpunkte
neuer Qualifikationsbedarfsentwicklungen bedarf daher eines weiteren Untersuchungsschritts.
Sie können nur in (die Repräsentativbefragung ergänzenden) Experteninterviews
mit Gesprächspartnern aus den Betrieben erhoben werden; für
deren Durchführung haben sich halboffene Fragebögen bewährt, die zudem nach
Themen und betrieblichen Besonderheiten (z.B. Handwerk gegenüber Industrie)
differenziert werden können. Diese qualitativen Interviews können zusätzlich zu
betrieblichen/thematischen Fallanalysen ausgearbeitet werden.
• Einbezug der Beschäftigten in die Bedarfsanalyse
Da die von den Beschäftigten als „Experten ihrer eigenen Arbeit“ wahrgenommenen
Qualifizierungsbedarfe von praktischer Bedeutung sind, um die Angaben der Experten
des Managements abzurunden, ist ein zumindest exemplarischer Einbezug der
Beschäftigten in die QBA unbedingt wünschenswert. Dies gilt insbesondere in einer
Zeit, in der lebenslange Weiterqualifizierung Bedingung für relative Beschäftigungssicherheit
ist und der Eigeninitiative der Beschäftigten daher zunehmend Bedeutung
zukommt und von den Betrieben auch vermehrt erwartet wird. Als Methoden
bieten sich quantitative Befragungen (gewichtete Stichprobe) oder Gruppendiskussionen
an.
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Liste der EQUIB-Veröffentlichungen
Die Publikationen können telefonisch (0421/218 95 15), per Fax (0421/218- 45 60) sowie per Email
(ubenedix@uni-bremen.de) angefordert werden.
Berufsreport 1: Industrielle Metallberufe (quantitativ)
Teil A: Struktur der Technologieimplementation, Faktoren der Nachfrageentwicklung nach Industriellen Metallberufen,
betriebliche Strategien der Bedarfsdeckung und Bewertung des Fachkräfteangebots (1991)
Teil B: Fachkräftebedarf für Neue Technologien: Gesamtnachfrage und Einzelanalysen zu den Industriellen Metallberufen
einschließlich ihrer Fachrichtungen sowie Einzelauswertungen zu Technologien mit hoher Nachfrage
(1991)
Berufsreport 2: Industrielle Metallberufe (qualitativ)
Technologiespezifische Tätigkeitsbereiche und berufsspezifischer Bedarf an innovationsorientierten Aus- und
Weiterbildungsmaßnahmen für ausgewählte Neue Technologien (1991)
– vergriffen –
Berufsreport 3: Handwerkliche Metallberufe
Umfang der betrieblichen Personalbedarfsentwicklung, betriebliche Strategien der Bedarfsdeckung, Tätigkeitsbereiche
und Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung, Trends und Probleme in der technologiebedingten
Qualifikationsentwicklung (1992)
Berufsreport 4: Handwerkliche Metallberufe: Klempner, Gas- und Wasserinstallateur, Zentralheizungs-
und Lüftungsbauer
Neue Techniken und Verarbeitungsmethoden, Personalbedarfsentwicklung, Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung
(1992)
Berufsreport 5: Industrielle und Handwerkliche Elektroberufe für den Einsatz an Neuen Technologien
in metallverarbeitenden Betrieben
Personalbedarf, Strategien der Bedarfsdeckung, Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung (1993)
Berufsreport 6: Neue Technologien und produktionsorientierte Dienstleistungsberufe
Personal- und Fortbildungsbedarf für Ingenieure, Techniker und Industriemeister (1993)
Stand und Entwicklung technologischer Innovationen in der Industrieregion Bremen
Eine regionale Untersuchung in Betrieben der Metallindustrie und des Metallhandwerks (1992)
Analysen betrieblicher Strukturdaten für eine integrierte Technologie-, Beschäftigungs- und
Qualifizierungspolitik im Lande Bremen
Zusammenfassung der EQUIB-Untersuchungen (1993)
Aspekte der regionalen Arbeitsmarkt- und Qualifizierungspolitik (1993)
Bedeutung der Herstellerkurse
Erstausbildung in der betrieblichen Praxis
Problemgruppen des Arbeitsmarkts
Der Standortfaktor Qualifikation in der Industrieregion Bremen
Bestandsaufnahme und Perspektiven des Aus- und Weiterbildungsbedarfs Industrieller Metallberufe für Neue
Technologien (Hg. Projekt EQUIB, 1991; Beiträge zu einer Fachtagung des Projekts)
– vergriffen –
Informations-, Beratungs- und Qualifizierungsbedarf von Bremer und Bremerhavener Betrieben
für die Teilnahme am Europäischen Binnenmarkt
(1993)
Neue Technologien und Qualifikationsfolgen im distributiven Dienstleistungssektor der Wirtschaftsregion
Bremen 1 (1995)
Informations- und kommunikationstechnische Innovationen und logistische Integration:
• Transport-, Umschlags- und Lagereibetriebe
• Groß- und Außenhandelsbetriebe

Neue Technologien und Qualifikationsfolgen im distributiven Dienstleistungssektor der Wirtschaftsregion
Bremen 2 (1996)
Repräsentativuntersuchung in Verkehrs- und Handelsbetrieben
• Strukturwandel und logistische Integration
• Stand und Entwicklung technologischer Innovationen
• Neue und erweiterte Qualifikationsanforderungen
• Strategien der Bedarfsdeckung
Das Druck- und Verlagswesen auf dem Weg zum Mediendienstleister: Neue Technologien und
Produkte: Folgen für Arbeitsorganisation und Qualifikation (1996)
Empirische Untersuchung in Institutionen und Betrieben der Wirtschaftsregion Bremen
• Druckvorstufenbetriebe
• Werbeagenturen
• Druckereien
• Zeitungsverlage
Technologieentwicklung und Qualifikationsfolgen in Metallindustrie und Metallhandwerk (1997)
Repräsentativuntersuchung in Bremer und Bremerhavener Betrieben
IuK-Technik und Neue Technologien im Metallhandwerk: Einsatz, Beratung, Verbundausbildung
(1997)
Ausgewählte Ergebnisse einer empirischen Untersuchung in Bremer und Bremerhavener Metallbetrieben
Städtetourismus, Messe- und Kongreßwesen: Dienstleistungsperspektiven und Qualifikationsfolgen
(1997)
Empirische Studie in Bremer und Bremerhavener Unternehmen und Institutionen
Qualifikationsentwicklung im Nahrungs -und Genußmittelgewerbe: Technologieeinsatz, Organisationsstruktur
und Qualifikationsfolgen (1999)
Repräsentativuntersuchung in Bremer und Bremerhavener Betrieben
Qualifizierung für die Wissensgesellschaft (2000)
Erstausbildung, Aus- und Weiterbildung, Trends der Qualifikationsentwicklung in der Informationstechnik-
Branche des Landes Bremen
Gesundheits- und Sozialpflegedienste auf dem Weg zu modernen Dienstleistern (2000)
Beschäftigungsentwicklung und Qualifikationsbedarf, Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung
Reihe: Betriebliche Innovationen und Qualifizierung
Beiträge zur Umsetzung in die Praxis
Band 1: Oberflächentechnologie (1998)
Untersuchung über verwandte Verfahren, Informations- und Qualifikationsbedarfe in Betrieben der Industrieregion
Bremen
Band 2: IuK-Technikeinsatz und Qualifikationsbedarf in den Speditionsbetrieben der Wirtschaftsregion
Bremen (1998)
Untersuchung über die Folgen des Strukturwandels und der technologischen Innovation für die Mitarbeiterqualifizierung