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Gemeinsame Umgestaltung eines Garagenhofes zu einer ...

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<strong>Gemeinsame</strong> <strong>Umgestaltung</strong> <strong>eines</strong> <strong>Garagenhofes</strong><br />

<strong>zu</strong> <strong>einer</strong> naturnahen Gartenlandschaft<br />

Beitrag <strong>zu</strong>m Projekte-Rundbrief<br />

1 Einleitung<br />

Ich arbeite <strong>zu</strong>r Zeit als freier Sachverständiger für mehrere Mietervereine im Ruhrgebiet. Hierbei<br />

geht es in der Hauptsache um die Beurteilung von Schimmelpilzschäden, Wohnungsmängeln, Hilfestellung<br />

bei der Wohnungsübergabe usw. Ich komme dabei sehr viel herum und habe die Möglichkeit,<br />

mich in vielen Wohnquartieren um<strong>zu</strong>sehen und mich in die Wohnsituationen hinein<strong>zu</strong>spüren.<br />

Dabei stelle ich fest, dass bei der Ausgestaltung der meisten Wohnquartiere die Bedürfnisse<br />

der Bewohner kaum berücksichtigt werden und die (Mit)-Gestaltungsmöglichkeiten auf ein<br />

Minimum beschränkt sind.<br />

Bei <strong>einer</strong> Fahrt durch ein Wohnquartier<br />

und der Betrachtung der Häuser<br />

und der „Grünanlagen“ entstand<br />

dann plötzlich ein inneres Bild vor<br />

meinen Augen, welches die gleiche<br />

Siedlung in einem Zustand zeigte,<br />

nach dem die Bewohner sich ihr Lebensumfeld<br />

nach ihren eigenen<br />

Wünschen und Bedürfnissen umgestaltet<br />

hatten. Dort gab es dann<br />

einen gemeinsamen Gemüsegarten,<br />

eine Feuerstelle, einen Treffpunkt<br />

mit im Kreis angeordneten Sitzgelegenheiten,<br />

verschlungene Wege verbanden<br />

die einzelnen Gartenbereiche<br />

miteinander und führten an Kunstwerken vorbei, die die Bewohner selbst erschaffen hatten.<br />

Die (wärmeisolierten) Fassaden waren mit Kletterpflanzen begrünt, die Eingangsbereiche mit Mosaiken<br />

verziert, auf den Dächern Solaranlagen und Solarstromanlagen. In den Gärten pulsierte<br />

das Leben, die fröhliche Musik <strong>einer</strong> Bewohnerband verband sich mit Vogelgezwitscher <strong>zu</strong> <strong>einer</strong><br />

angenehmen Klangkulisse. Hier wurde das Leben gemeinsam gelebt und gefeiert.... Fortan stellte<br />

ich Überlegungen an, wie ich eine solche <strong>Umgestaltung</strong> von vorhandenen Wohnsiedlungen in die<br />

Tat umsetzen kann.<br />

Dann las ich das Buch von Rob Hopkins, erzählte einem guten Freund von m<strong>einer</strong> Vision, beschloss<br />

die Permakulturausbildung im Juni 2009 <strong>zu</strong> beginnen, und lernte schließlich Herrn Rainer<br />

Jonas in Düsseldorf kennen, der die Bewohner s<strong>einer</strong> Wohnungen <strong>zu</strong> <strong>einer</strong> gemeinsamen Gestaltung<br />

<strong>eines</strong> <strong>Garagenhofes</strong> einladen wollte.<br />

2 Die Situation vor Ort<br />

Wer heute die Häuser der Hausverwaltung Jonas sieht, erkennt sofort, dass hier ein vom Mainstream<br />

der Wohnungsverwaltung abweichender Geist aktiv ist. Die Häuser werden derzeit energetisch<br />

renoviert, die Fassaden mit einem Wärmedämmverbundsystem versehen, im Keller ist ein<br />

zentraler Pelletheizkessel in Betrieb genommen worden, außen wurde eine große Zysterne <strong>zu</strong>r<br />

Regenwassernut<strong>zu</strong>ng im Erdreich eingebaut. Zur Gestaltung der Fassaden nach Anbringung des<br />

Wärmedämmverbundsystems sind die Mieter eingeladen worden, eigene Gestaltungsvorschläge<br />

<strong>zu</strong> unterbreiten und sogar bei der Realisierung mit<strong>zu</strong>wirken. Auch das Treppenhaus <strong>eines</strong> der<br />

Häuser wurde bereits von den Mietern mit Farbe, Putz und Mosaiken künstlerisch neu gestaltet.<br />

Lebensraum, Ingenieurbüro für gesundes Wohnen<br />

Dipl.-Ing. Bernd Eckstein, Voedestr. 66, 58455 Witten<br />

Tel.: 02302 / 585477, Fax: 02302 / 585475<br />

email: b-eckstein@versanet.de, web: www.lebens--raum.de


Beitrag von Bernd Eckstein <strong>zu</strong>m Projekterundbrief<br />

Insgesamt sollen die Häuser der Wohnungsverwaltung grundlegend renoviert und in Gemeinschaftsbesitz<br />

überführt werden, um die Immobilien so vor Verkauf und Spekulation <strong>zu</strong> schützen.<br />

Die Mieter werden aufgefordert, ihre Interessen und Vorstellungen über einen noch <strong>zu</strong> gründenden<br />

Bewohnerverein gegenüber der Verwaltung <strong>zu</strong> artikulieren. Der von den Häusern eingeschlossene<br />

Garagenhof soll <strong>zu</strong>rückgebaut, der Boden entsiegelt und der Hinterhof in eine gemeinsam gestalteten<br />

und genutzte naturnahe Gartenlandschaft der Bewohner umgestaltet werden.<br />

Das Gelände liegt in der Düsseldorfer Innenstadt im Stadtteil Flingern, der <strong>zu</strong> beplanende Garten<br />

liegt zwischen zwei von Südost nach Nordwest verlaufenden Häuserreihen. In den frühen Morgenstunden<br />

und in den Nachmittagsstunden werfen daher die Häuser je nach Sonnenstand mehr oder<br />

weniger lange Schatten auf das Gelände. Derzeit ist das Gelände noch mit Garagen sowie <strong>einer</strong><br />

Mehrzweckhalle bebaut, der Boden im Bereich der Fahrspuren mit Betonplatten versiegelt.<br />

Bei der gemeinsamen Planung<br />

stellt sich zwangsläufig auch die<br />

Frage, wer alles am Planungsprozess<br />

beteiligt ist. Wie nebenstehendes<br />

Diagramm veranschaulicht,<br />

üben sehr viele Personen und Faktoren<br />

einen mehr oder weniger starken<br />

Einfluss auf die Planungen aus.<br />

Im vorliegenden Fall ist insbesondere<br />

die Einflussnahme des sich<br />

aus den Bewohnern rekrutierenden<br />

Planungsteams sowie des noch<br />

auf<strong>zu</strong>stellenden Bewohnervereins<br />

besonders interessant und gewünscht.<br />

Bereits in der Vergangenheit<br />

bei der Gestaltung der Fassaden gemachte Erfahrungen zeigen allerdings, dass die Beteiligung<br />

der Bewohner nicht von allein erfolgt, sondern intensiv darum geworben werden muss. Die in<br />

den Häusern wohnenden Menschen zählen in der Überzahl eher <strong>zu</strong> den „älteren Semestern“ und<br />

- Seite 2 -


Beitrag von Bernd Eckstein <strong>zu</strong>m Projekterundbrief<br />

sind mehrheitlich gar nicht gewohnt, bei Gestaltungsprozessen beteiligt <strong>zu</strong> werden. Auch wenn es<br />

um den eigenen Lebensraum geht, besteht eine starke Tendenz eher die gewohnte Konsumentenhaltung<br />

ein<strong>zu</strong>nehmen und später an den Ergebnissen <strong>zu</strong> kritisieren, als sich konstruktiv mit den eigenen<br />

Ideen ein<strong>zu</strong>bringen.<br />

3 Vorgehensweise<br />

Es wurde daher eine mehrstufige Vorgehensweise gewählt, mit dem Ziel, die Bewohner schrittweise<br />

an die ihnen <strong>zu</strong>gedachten Aufgaben heran<strong>zu</strong>führen, sie für die Planungsaufgabe und das Gartenlandschaftsprojekt<br />

<strong>zu</strong> begeistern und einen Kern von Menschen <strong>zu</strong>sammen<strong>zu</strong>führen, die diese<br />

Aufgabe bis <strong>zu</strong>r Realisation und späteren Pflege des Gartens übernehmen wollen.<br />

In der ersten Mieterversammlung, die am 19.01.2010 stattfand, wurden den Mietern attraktive<br />

Möglichkeiten <strong>zu</strong>r Gestaltung und späteren Nut<strong>zu</strong>ng des Gartens vorgestellt. Ein weiteres Thema<br />

war die Information der Mieter über die geplante Veränderung der Besitzerverhältnisse sowie in<br />

diesem Zusammenhang die Bedeutung und die Möglichkeiten <strong>eines</strong> noch <strong>zu</strong> gründenden Mietervereins.<br />

Zur Vorbereitung der weiteren Planungen und Einstimmung der Bewohner wurde ein Fragebogen<br />

verteilt, in dem die Gestaltungswünsche und Anliegen per Ankreu<strong>zu</strong>ng und freier Formulierung<br />

kundgetan werden konnten. Die Ergebnisse der Fragebogenauswertung sollten dann bei<br />

der zweiten Versammlung vorgetragen werden. Die Versammlungen fanden jeweils in einem Saal<br />

im Gebäude der Caritas statt, und wurden dank Bewerbung über die Hauspost von etwa 30 Personen<br />

besucht.<br />

In der zweiten Mieterversammlung am 02.03.2010 wurden den Mietern die wichtigsten Besonderheiten,<br />

sowie Werkzeuge und Elemente gemeinschaftlicher Planungsprozesse erläutert. Es ging<br />

um die Auflösung von Einzelinteressen <strong>zu</strong>gunsten <strong>einer</strong> gemeinsamen Planung, die Zusammenarbeit<br />

im Team, gewaltfreie Kommunikation, das Beratungsprinzip, Verwendung <strong>eines</strong> Redestabes,<br />

Kompromisse und bedürfnisorientierte Lösungen, Mindmaps, Brainstorming, Gedankenlauschen,<br />

usw. Hierbei konnten vielen Themen aus zeitlichen Gründen und weil es schwierig war, die Aufmerksamkeit<br />

der Teilnehmer längere Zeit <strong>zu</strong> halten, nur angerissen, aber immerhin schon mal bekannt<br />

gemacht werden. Die in der vorherigen Versammlung ausgegebenen Fragebögen wurden<br />

ausgewertet und die Ergebnisse vorgetragen, die schon einmal wertvolle Hinweise auf die Wünsche<br />

der Bewohner lieferten.<br />

- Seite 3 -


Beitrag von Bernd Eckstein <strong>zu</strong>m Projekterundbrief<br />

Am Samstag, den 20.03.2010 fand dann ein Beobachtungsgang der sich in den zwei vorangegangenen<br />

Abende herauskristallisierten Planungsgruppe statt. Das Gelände wurde hinsichtlich der<br />

Lage von Licht- und Schatten, Windverhältnisse, Zuglufterscheinungen, sowie Aufnahme der vor<br />

Ort vorhandenen und bei der Planung <strong>zu</strong> berücksichtigenden Bauwerke in Augenschein genommen.<br />

Hierbei wurden auch im Gelände unter Erdniveau liegende Keller inspiziert und mit Blick auf<br />

eine mögliche Nut<strong>zu</strong>ng begutachtet.<br />

Die Ergebnisse des Beobachtungsgangs wurden in Skizzen und in einem Protokoll festgehalten<br />

und bei der ersten Planungswerkstatt am 17.04.2010 verwendet. Ich hatte hier<strong>zu</strong> am Vortag ein<br />

Modell des Geländes im Maßstab 1:50 auf <strong>einer</strong> großen Holzplatte aufgebaut, welches als Grundlage<br />

für die Planung dienen sollte. Der Einstieg in die Planung gestaltete sich recht schwierig, da<br />

viele der Anwesenden <strong>zu</strong>nächst über die vielen <strong>zu</strong> erwartenden Schwierigkeiten sprach und sich<br />

darüber ausließ, was alles schief gehen konnten und warum das alles nicht gehen kann, usw. Nur<br />

mit Mühe konnte ich dann den Gesprächsfaden <strong>zu</strong> eher konstruktiven Beiträgen lenken. Dies gelang<br />

mit der Aufforderung, die Gestaltungswünsche der Anwesenden auf Zettel <strong>zu</strong> schreiben und<br />

mit Klebeband an eine Wand <strong>zu</strong> heften. Die gelieferten Beiträge konnten <strong>zu</strong> mehreren Themenbereichen<br />

geklustert werden, was in der nachfolgenden Mindmap wiedergegeben wird.<br />

Die gelieferten Gestaltungswünsche wurden schließlich mit Hilfe der mitgebrachten und an der<br />

Baustelle aufgelesenen Materialien am Modell annähernd maßstabsgerecht implementiert.<br />

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Beitrag von Bernd Eckstein <strong>zu</strong>m Projekterundbrief<br />

Am Ende der Veranstaltung waren alle Beteiligten von dem in gemeinsamer Planung entstandenen<br />

Werk begeistert. Die sich schon in der Vorplanung herauskristallisierenden wichtigen Themen,<br />

wie z.B. ein Kinderspielplatz, zentraler Versammlungs- und Gemeinschaftsort mit Feuerstelle/Grillplatz,<br />

ein Bereich <strong>zu</strong>m diebstahlsicheren und witterungsgeschützten Abstellen der Fahrräder, zentraler<br />

Platz für die Müllcontainer, Komposthaufen und viele weitere Details konnten alle im Modell<br />

berücksichtigt werden.<br />

4 Ausblick<br />

Die weitere Planung und deren praktische Umset<strong>zu</strong>ng hängt sehr wesentlich von den weiter voranschreitenden<br />

Baumaßnahmen an den Gebäuden (Wärmedämmung, Abschneiden und Erneuerung<br />

der Balkone, Abriss der Garagen, Entsiegelung des Bodens, usw.) ab. Die erste Gartenabschnitt<br />

im Nordwesten des Geländes vor dem bereits fertig gestellten Haus an der Kraher Strasse soll in<br />

den nächsten Wochen in Angriff genommen werden. Hier<strong>zu</strong> wird die Mauer <strong>zu</strong>m Nachbargrundstück<br />

eingekürzt und mit einem Sichtschutz aus Holz versehen. Der Boden wird in den nächsten<br />

Wochen entsiegelt und Mutterboden aufgefüllt. Dann sind die Bewohner wieder mit der konkreten<br />

Planung der Bepflan<strong>zu</strong>ng, Modellierung der Geländeoberfläche, <strong>zu</strong>nächst planerisch und dann<br />

auch bei der konkreten praktischen Umset<strong>zu</strong>ng gefragt. Die nächste Vorbesprechung erfolgt<br />

nächsten Montag, bei dem auch die weitere Vorgehensweise über den Sommer und Herbst bis hin<br />

in das Frühjahr des nächsten Jahres <strong>zu</strong>mindest grob vorgeplant werden soll.<br />

Witten, den 27.05.2010<br />

Bernd Eckstein<br />

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