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Blick zurück nach vorn

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58<br />

einer Schule zwischen Schulleitung, Eltern<br />

sowie Schülerinnen und Schülern befinden,<br />

haben einen maßgeblichen Anteil an<br />

der Ausgestaltung des pädagogischen Alltags.<br />

Ob sie wollen oder nicht: Lehrkräfte<br />

stricken an der Herstellung von Männlichkeit<br />

und Weiblichkeit mit – auch wenn sie<br />

für sich und ihren Unterricht „Geschlechtsneutralität“<br />

postulieren. (…) Eine Perspektive<br />

zur Vermeidung von geschlechtlichem<br />

Stereotypisieren liegt zum einen in einer<br />

konsequenteren Ausrichtung auf Gendersensibilität<br />

in der Lehrkraftausbildung und<br />

in einem stärker individualisierten und differenzierteren<br />

<strong>Blick</strong> auf die Schülerinnen<br />

und Schüler.<br />

…<br />

Ein Modell, das sich für den Umgang<br />

mit der Kategorie Geschlecht in der Schule<br />

eignet und versucht, geschlechtliches<br />

Stereotypisieren zu vermeiden, geht von<br />

einem „Dreischritt“ aus a) dramatisieren,<br />

b) differenzieren und c) entdramatisieren.<br />

Dies bedeutet, dass eine Dramatisierung,<br />

d.h. eine Offenlegung der existierenden<br />

Geschlechterdifferenzen eine notwendige<br />

Voraussetzung für die Thematisierung<br />

geschlechtlicher Ungleichheiten in der<br />

Schule ist. Denn – wie aus der Geschlechterforschung<br />

bekannt – nur wenn die<br />

zwar sozial konstruierten, gleichwohl real<br />

ja durchaus existierenden Differenzen erkannt<br />

werden, kann auch an ihrer Veränderung<br />

gearbeitet werden. Um Stereotype<br />

und naturalisierende Festschreibungen<br />

zu vermeiden, bedarf es in einem zweiten<br />

Schritt einer Differenzierung. Es gibt<br />

nicht nur „den Schüler“ oder „die Schülerin“<br />

sondern vielfältige unterschiedliche<br />

Positionen, kulturelle Hintergründe, sexuelle<br />

Orientierungen etc. Häufig werden<br />

alle Schüler unter den Labels „laut“, „störend“<br />

oder „lebendig“ subsumiert, obwohl<br />

es auch „leise Jungen“ gibt, die innerhalb<br />

der Jungengruppe untergeordnet sind. Sie<br />

kommen häufig ebenso wenig zu Wort,<br />

wie die untergeordneten Mädchen. Im<br />

dritten Schritt kann dann Geschlecht entdramatisiert<br />

werden, um den <strong>Blick</strong> auf den<br />

einzelnen Schüler/die Schülerin freizumachen.<br />

(…) Auf Seiten der Schülerinnen und<br />

Schüler finden sich auf der pragmatischen<br />

Ebene bereits vielschichtige Praktiken der<br />

Entdramatisierung von Geschlecht, insbesondere<br />

in Situationen, die durch hohe<br />

institutionelle Kontrolle gekennzeichnet<br />

sind. Bei Klassenarbeiten beispielsweise<br />

wird das ansonsten gültige „Interaktionstabu“<br />

zwischen Mädchen und Jungen zugunsten<br />

bestmöglicher Abschreiberesultate<br />

aufgehoben. Geschlecht spielt selbst auf<br />

Nachfrage hier keine Rolle. Die Herstellung<br />

von Geschlecht – das „doing gender“ tritt<br />

also in den Hintergrund zugunsten der Erfüllung<br />

der Leistungsanforderungen der<br />

Institution Schule.<br />

Jürgen Budde (l.) und Doris Schreck.<br />

Vereinbarkeit von Studium, Beruf und<br />

Familie an der PH: Das Modellprojekt „PH<br />

Campinis“, die flexible Kinderbetreuungsmöglichkeit<br />

an der Hochschule, trägt entscheidend<br />

zur Verbesserung der Situation<br />

studierender oder berufstätiger Eltern<br />

bei. Die Eröffnungsfeier fand Anfang November<br />

2006 statt und bot Gelegenheit,<br />

das Projekt näher kennen zu lernen. (siehe<br />

dazu S. 59).<br />

Die GenderWoche ein Erfolg?<br />

Ich meine „Ja“! Und das nicht in erster<br />

Linie deshalb, weil ein Moment des Innehaltens<br />

im Tagesgeschäft und der Betrachtung<br />

dessen, was „so alles war“, zu Tage<br />

gefördert hat, dass an der Hochschule in<br />

Sachen Gleichstellungsarbeit in den vergangenen<br />

25 Jahren sehr viel in Bewegung<br />

gesetzt wurde und auch einige Erfolge erzielt<br />

werden konnten. Wichtiger noch erscheint<br />

mir, dass die unterschiedlichen<br />

Veranstaltungen der GenderWoche viele<br />

Kolleginnen, Kollegen und Studierende, die<br />

sich für Gleichstellung, für die Entwicklung<br />

von Gender Studies und für Familienfreundlichkeit<br />

an der Hochschule engagieren,<br />

zu Gesprächen und Diskussionen<br />

zusammengeführt hat. Für die Zukunft<br />

ist zu wünschen, dass dieser gemeinsame<br />

Gender-Faden auf vielen Ebenen weitergesponnen<br />

wird.<br />

Anmerkung<br />

1) Vgl. u.a. Kotthoff, Helga (2003): Was heißt eigentlich<br />

doing gender? Differenzierungen im Feld<br />

von Interaktion und Geschlecht. In: Freiburger<br />

FrauenStudien 12: Dimensionen von Gender Studies.<br />

Freiburg: jos fritz Verlag, S. 125-161. Lorber,<br />

Judith (2004): Man muss bei Gender ansetzen, um<br />

Gender zu demonstrieren: Feministische Theorie<br />

und Degendering. In: Zeitschrift für Frauenforschung<br />

und Geschlechterstudien. 22 (2004) H. 2 u.<br />

3. Bielefeld, Kleine Verlag, S. 9-24.<br />

PH-FR 2007/1

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