01.12.2012 Aufrufe

Argumentationsmuster im rechtsextremistischen Antisemitismus

Argumentationsmuster im rechtsextremistischen Antisemitismus

Argumentationsmuster im rechtsextremistischen Antisemitismus

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ARGUMENTATIONSMUSTER IM RECHTSEXTREMISTISCHEN ANTISEMITISMUS<br />

1 Begriffsbest<strong>im</strong>mung<br />

Die Wortschöpfung „<strong>Antisemitismus</strong>“ wird gewöhnlich dem deutschen Journalisten<br />

und Schriftsteller Wilhelm Marr (1819-1904) zugeschrieben, der ihn<br />

als Selbstbezeichnung der Judenfeinde verstanden wissen wollte. Bis heute<br />

hat sich der missverständliche - da ursprünglich auf die Sprachfamilie der<br />

auch Araber einschließenden „Semiten“ bezogene - Begriff als „Sammelbezeichnung“<br />

für alle historischen und aktuellen Formen der Judenfeindlichkeit<br />

durchgesetzt. Ungeachtet der Problematik von Definitionsversuchen 5 werden<br />

in dieser Broschüre „alle Einstellungen und Verhaltensweisen, die den als Juden<br />

geltenden Einzelpersonen oder Gruppen aufgrund dieser Zugehörigkeit<br />

in diffamierender und diskr<strong>im</strong>inierender Weise negative Eigenschaften unterstellen,<br />

um damit eine Abwertung, Benachteiligung, Verfolgung oder gar Vernichtung<br />

ideologisch zu rechtfertigen“ 6 , als Ausdrucksformen des <strong>Antisemitismus</strong><br />

betrachtet. Um die verschiedenen ideologischen Elemente antisemitischer<br />

Einstellungen inhaltlich voneinander abgrenzen zu können, wird in dieser<br />

Arbeit nach religiös motiviertem, politischem, rassistischem, antizionistischem<br />

und sekundärem <strong>Antisemitismus</strong> unterschieden. 7 Die vorgenannten<br />

Ausprägungen kommen in der <strong>rechtsextremistischen</strong> Realität häufig nicht in<br />

ihrer „reinen“ Form vor, so dass die Begriffe nur typologischen Charakter besitzen<br />

können.<br />

2 Religiöser <strong>Antisemitismus</strong><br />

Die in der Ablehnung und Diffamierung der jüdischen Religion und deren Inhalten<br />

begründete Form des <strong>Antisemitismus</strong> hat <strong>im</strong> deutschen Rechtsextremismus<br />

nur noch marginale Bedeutung. In einer zunehmend säkularisierten<br />

Gesellschaft erscheinen die historischen Vorwürfe der „Hostienschändung“<br />

oder des „Ritualmordes“ nicht mehr geeignet, judenfeindliche St<strong>im</strong>mungen<br />

zu erzeugen. Gleichwohl hat sich ein Topos in Teilen der <strong>rechtsextremistischen</strong><br />

Szene verfestigt, bei dem Juden als Abkömmlinge Satans beschrieben<br />

werden. Offen werden diese und ihre angeblichen Weltverschwörungen als<br />

vom Teufel gesteuert verleumdet. Damit hat ein historisches antijüdisches<br />

Klischee überlebt, das auf einer aus dem Zusammenhang gerissenen Äußerung<br />

Jesus‘ fußt. Im Johannes-Evangelium der Bibel heißt es: „Ihr habt den<br />

Teufel zum Vater und nach Eures Vaters Gelüste wollt ihr tun. Der ist ein<br />

Mörder von Anfang an und steht nicht in der Wahrheit; denn die Wahrheit ist<br />

nicht in ihm. Wenn er Lügen redet, so spricht er aus dem Eigenen; denn er ist<br />

ein Lügner und der Vater der Lüge.“ 8<br />

5 Zur Forschungsdiskussion um den Begriff „<strong>Antisemitismus</strong>“ vgl. Georg Christoph Berger Waldenegg: <strong>Antisemitismus</strong>: Eine gefährliche<br />

Vokabel? Zur Diagnose eines Begriffs, in: Wolfgang Benz (Hg.): Jahrbuch für <strong>Antisemitismus</strong>forschung 9, Frankfurt/New York 2000,<br />

S. 108-126.<br />

6 Armin Pfahl-Traughber: <strong>Antisemitismus</strong> in der deutschen Geschichte, Opladen 2002, S. 9. Weitere Definitionen finden sich z.B. in<br />

Werner Bergmann/Juliane Wetzel, Manifestations of anti-Semitism in the European Union, http://www.antisemitismus.net/europa/eustudie.htm.<br />

7 Da aktuelle, nicht historische Beispiele erläutert werden sollen, wird auf eine weiter gehende Spezifizierung, etwa nach „kulturellem“<br />

<strong>Antisemitismus</strong>, verzichtet. Zu weiteren Differenzierungen vgl. auch Klaus Holz: Nationaler <strong>Antisemitismus</strong>. Wissenssoziologie einer<br />

Weltanschauung, Hamburg 2001.<br />

8 Johannes-Evangelium, Kapitel 8, Vers 44, hier zitiert nach der Übersetzung Martin Luthers in der revidierten Fassung von 1984.<br />

7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!