Kirchenforum 2010-0809 - Beer - Evangelische Kirchengemeinde Eschenau
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Hoffentlich fällt in das diesjährige<br />
Nachrichten-Sommerloch nicht wieder<br />
eine solche Bombe wie vor zwei<br />
Jahren. Am 15. September 2008<br />
brach die US-amerikanische Großbank<br />
Lehman brothers zusammen;<br />
die Finanzkrise nahm nun für alle in<br />
erschreckend sichtbarer Weise ihren<br />
Lauf und führte zu einer weltweiten<br />
Wirtschaftskrise, die dann zu einem<br />
hohen Preis aber dennoch abgefedert<br />
werden konnte. Denn: die Politik<br />
hatte reagiert und wohl auch richtig:<br />
weitere Bankpleiten dieser Größenordnung<br />
durfte es nicht geben und<br />
so wurden Rettungspakete in ebenso<br />
schwindelerregenden Größenordnungen<br />
geschnürt.<br />
Im Mai dieses Jahres war in der Süddeutschen<br />
Zeitung zu lesen: „Die<br />
Geschäfte der US-Investment Bank<br />
Goldman Sachs laufen so gut wie<br />
noch nie. Zum ersten Mal überhaupt<br />
hat die Bank an jedem einzelnen<br />
Geschäftstag im ersten Quartal Geld<br />
verdient. An 35 der 63 Arbeitstage<br />
verdiente sie mehr als 100 Millionen<br />
Dollar - und nie weniger als 25 Millionen.<br />
Goldman begründete den Erfolg<br />
mit seinem robusten Risikomanagement<br />
und den boomenden<br />
Märkten.“<br />
Aha, wird da mancher Zeitgenosse<br />
sagen, kurz nachdenken und dann<br />
den Kopf schütteln. Können Erfolg<br />
und Misserfolg so nahe beieinander<br />
liegen?<br />
ANGEDACHT<br />
4<br />
Und dürfen sie es? Niemand würde<br />
einen zehnjährigen Buben mit einer<br />
durchgeladenen Maschinenpistole<br />
herumlaufen lassen und darauf hoffen,<br />
dass schon alles gut gehen wird.<br />
Aber einer ganze Branche erlaubt<br />
man mit „finanziellen Massenvernichtungswaffen“<br />
(Warren Buffet)<br />
herumzufuchteln, die jederzeit wieder<br />
losgehen können. Der Journalist<br />
Heribert Prantl hat recht: „Das Packen<br />
von Hilfspaketen ist und bleibt<br />
Rettungsaktion. Politische Führung<br />
ist mehr; sie ist durch Hilfspakete<br />
nicht zu ersetzen. Tatkraft zeigt nicht<br />
der, der ein Opfer, das unter die Räuber<br />
gefallen ist, verbindet - sondern<br />
derjenige, der den Räubern den Garaus<br />
macht, indem er ihre räuberischen<br />
Strukturen aufdeckt, die Logistik<br />
zerstört und die Straßen sichert,<br />
auf denen bisher die Opfer überfallen<br />
wurden. Die Räuber, das sind die<br />
Spekulanten, aber sie sind es nicht<br />
unbedingt in Person. Die Krise ist mit<br />
der Personalisierung ihrer Ursachen<br />
nicht wirklich zu erfassen; Ackermann<br />
& Co. sind nicht das eigentliche<br />
Problem, auch nicht die Damen<br />
und Herren von Goldman Sachs; das<br />
Problem sind systemimmanente kapitalistische<br />
Funktionsmechanismen,<br />
die sich die Finanzwelt zunutze<br />
macht.“