Heinrich-Pesch-Preis für Bbr. Johannes Stemmler - Unitas
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vergriffen ist und in zweiter Auflage erscheint.<br />
Und wenn die chinesische Ausgabe<br />
tatsächlich die behördliche Druckerlaubnis<br />
erhält, wird dies das Meisterstück sein, das<br />
<strong>Johannes</strong> <strong>Stemmler</strong> bisher geschaffen hat.<br />
Der publizistisch bisher größte Erfolg von<br />
Ordo Socialis war jedoch das Werk von Dr.<br />
Peter H. Werhahn, einer der „Gründerväter“<br />
des BKU, mit dem Titel „Der Unternehmer –<br />
Seine ökonomische Funktion und gesellschaftspolitische<br />
Verantwortung“, das in<br />
Russland in einer Auflage von hunderttausend<br />
Exemplaren gedruckt und verkauft<br />
wurde.<br />
2.<br />
Dass <strong>Johannes</strong> <strong>Stemmler</strong> heute, nach seiner<br />
„Emeritierung“ als langjähriger (fast 30<br />
Jahre) Geschäftsführer des Bundes Katholischer<br />
Unternehmer, nun als Geschäftsführer<br />
von „Ordo Socialis“ wirkt, ist kein<br />
Zufall. Seine weltweiten Kontakte und<br />
Bemühungen um die Vermittlung der<br />
Katholischen Soziallehre haben in besonderer<br />
Weise seine Tätigkeit im BKU geprägt.<br />
Aber schon zuvor wies seine erste berufliche<br />
Tätigkeit im kirchlichen Bereich in diese<br />
Richtung. Nach seiner 1954 an der Universität<br />
zu Köln erfolgten Promotion zum<br />
Dr. rer. pol. – sein Doktorvater war Leopold<br />
von Wiese, weitere akademische Lehrer<br />
waren Alfred Müller-Armack, Theodor<br />
Wessels und Ludwig Heyde – wurde er,<br />
nach einigen Jahren beruflicher Tätigkeit<br />
auf dem Gebiet der Marktforschung in der<br />
Automobilindustrie am 1. Januar 1959 in<br />
Aachen der erste und damals einzige Laienmitarbeiter<br />
der noch in Vorbereitung befindlichen<br />
Aktion „Misereor – gegen Hunger<br />
und Krankheit in der Welt“. Der erste<br />
Geschäftsführer von Misereor, Prälat Gottfried<br />
Dossing, schrieb an <strong>Johannes</strong> <strong>Stemmler</strong><br />
am 30. Juni 1987 zu dessen 25-jährigem<br />
Jubiläum als Geschäftsführer des BKU: „Zu<br />
sehr fühle ich mich noch mit Ihnen verbunden<br />
aus der Anfangszeit von Misereor. Ihre<br />
damalige Hilfe war <strong>für</strong> das Werk ganz entscheidend:<br />
die erste Fastenkollekte, die<br />
ersten Gehversuche, die Bemühungen, eine<br />
Richtung und eine Arbeitsmethode zu finden<br />
– und alles das haben Sie mitgetragen.<br />
Da<strong>für</strong> danke ich Ihnen jetzt noch einmal<br />
ganz herzlich.“<br />
Eine große Horizont- und Erfahrungserweiterung<br />
brachten <strong>für</strong> <strong>Johannes</strong><br />
<strong>Stemmler</strong> dann die Jahre ab 1962 als<br />
Geschäftsführer des BKU. Hier ist vor allem<br />
auf seine aktive und führende Mitarbeit in<br />
der UNIAPAC hinzuweisen, der weltweiten<br />
Vereinigung christlicher Unternehmerverbände.<br />
Hier engagierte sich <strong>Johannes</strong><br />
<strong>Stemmler</strong> besonders in Südamerika. Zwischen<br />
1965 und 1975 fanden eine ganze<br />
Reihe gesellschaftspolitischer Seminare <strong>für</strong><br />
lateinamerikanische Unternehmer statt. In<br />
Zusammenarbeit mit der Konrad-Adenauer-Stiftung<br />
wurden dabei hauptsächlich<br />
die Themen „Die Verantwortung des<br />
180<br />
unitas 3/2004<br />
christlichen Unternehmers“ und „Soziale<br />
Marktwirtschaft in deutscher Erfahrung“<br />
behandelt. <strong>Johannes</strong> <strong>Stemmler</strong> hielt zu diesen<br />
Fragen Vorträge in Argentinien,<br />
Uruguay, Chile, Brasilien und organisierte<br />
erste Informations- und Kooperationsreisen<br />
deutscher Unternehmer nach Lateinamerika.<br />
1967 bis 1977 redigierte er auch die<br />
von ihm gegründete Zeitschrift „UNIAPAC“<br />
im Walter-Rau-Verlag. Ein besonderer<br />
Höhepunkt auf diesem Gebiet seines<br />
Wirkens war der römische Kongress „Kirche<br />
und Wirtschaft in ihrer Verantwortung <strong>für</strong><br />
die Zukunft der Weltwirtschaft“, der im<br />
November 1985 in Rom stattfand und an<br />
dem rund 400 Repräsentanten aus dem<br />
kirchlichen, wirtschaftlichen, akademischen<br />
und politischen Leben aus über 40<br />
Nationen teilnahmen. <strong>Johannes</strong> <strong>Stemmler</strong><br />
hat am Zustandekommen dieses Kongresses<br />
und an seiner späteren Dokumentation<br />
vor allem der Vorträge der Kardinäle<br />
Casaroli, Höffner und Ratzinger, sowie der<br />
Ansprache <strong>Johannes</strong> Paul II. wesentlichen<br />
Anteil. Lange bevor man über Globalisierung<br />
sprach, hat <strong>Johannes</strong> <strong>Stemmler</strong> global<br />
gedacht und gewirkt.<br />
3.<br />
Zugleich ist damit auch die Brücke zu jener<br />
Zeit geschlagen, die den größten Teil des<br />
beruflichen Wirkens von <strong>Johannes</strong> <strong>Stemmler</strong><br />
umfasst, seine knapp 25-jährige Zeit als<br />
Geschäftsführer des BKU. Da ich selbst dort<br />
als „Geistlicher Berater“ nach Joseph<br />
Höffner und seinem leider allzu früh verstorbenen<br />
Münsteraner Lehrstuhlnachfolger<br />
Wilhelm Weber seit 1984 mitarbeite,<br />
habe ich <strong>Johannes</strong> <strong>Stemmler</strong> in vielen<br />
Sitzungen und persönlichen Gesprächen<br />
kennen und schätzen gelernt. Der BKU<br />
möchte ja, das ist seine wichtigste Aufgabe,<br />
unternehmerisches Handeln und ein ordnungspolitisches<br />
Konzept des Wirtschaftens<br />
im Kontext des christlichen Menschenbildes<br />
und den damit verbundenen<br />
Prinzipien und Erfahrungen der Katholischen<br />
Soziallehre verstehen und gestalten.<br />
Wenn dies gelingen soll, muss man dabei<br />
idealerweise sowohl Thomas von Aquin als<br />
auch Adam Smith kennen. Wer soziale<br />
Verantwortung wahrnehmen will, der<br />
muss in gleicher Weise fachlich und<br />
ethisch kompetent sein. Oder anders<br />
gesprochen: Die Soziale Marktwirtschaft<br />
bedarf einer ethisch überzeugenden<br />
Begründung sowohl des Prinzips „Markt“<br />
wie des Prinzips „Soziale Gerechtigkeit“, um<br />
in den Begriffen von Alfred Müller-Armack,<br />
einem der Lehrer unseres <strong>Preis</strong>trägers und<br />
geistigen Vaters der Sozialen Marktwirtschaft,<br />
zu sprechen.<br />
<strong>Johannes</strong> <strong>Stemmler</strong> hatte stets ein feines<br />
Gespür da<strong>für</strong>, wo hier die Gewichte<br />
nicht richtig verteilt waren: wenn also die<br />
Gefahr auftauchte, Sachlichkeit durch<br />
Frömmigkeit zu ersetzen, oder umgekehrt<br />
angebliche Sachgesetze vorgeschoben wer-<br />
den, um ethisch problematische Interessen<br />
zu legitimieren. Ein besonders beeindruckendes<br />
Dokument dieser Fähigkeit von<br />
<strong>Johannes</strong> <strong>Stemmler</strong> ist eine „Predigt“, zu<br />
der ihn der Pfarrer von St. Stephan in Köln<br />
anlässlich des dortigen Weltwirtschaftsgipfels<br />
zum Thema „Erlassjahr 2000 –<br />
Entwicklung braucht Entschuldung“ am 8.<br />
und 9. Mai zu den Sonntagsgottesdiensten<br />
eingeladen hatte. <strong>Johannes</strong> <strong>Stemmler</strong> entwickelte<br />
darin eine spannende Analyse der<br />
Ursachen von Unterentwicklung und zeigt<br />
zugleich auf, worin die ökonomische und<br />
ethische Problematik eines bedingungslosen<br />
Schuldenerlasses liegt. ... Dass viele<br />
Mitglieder der Gemeinde nach dem<br />
Manuskript fragten, spricht <strong>für</strong> sich. Im<br />
Übrigen hat <strong>Johannes</strong> <strong>Stemmler</strong> das Thema<br />
„Wirtschaftliche Entwicklung und unternehmerisches<br />
Handeln“ auch auf einem<br />
Vortrag behandelt, der 1990 in Enugu/<br />
Nigeria im Rahmen eines interkontinentalen<br />
Kongresses über Katholische Soziallehre<br />
stattfand. Mir ist dabei unvergessen, wie er<br />
mir am Vorabend des Festes Mariä Himmelfahrt<br />
gegen Mitternacht dabei half, die am<br />
nächsten Tag zu haltende Predigt in ein<br />
ordentliches Englisch zu bringen.<br />
4.<br />
Nun komme ich zu der wohl am wenigsten<br />
bekannten Eigenheit seines Wirkens: In seiner<br />
Biographie fällt auf, dass <strong>Johannes</strong><br />
<strong>Stemmler</strong> 1945 nach Ende des Krieges, in<br />
dem er noch als Flakhelfer eingesetzt war,<br />
von den Amerikanern – damals war er gerade<br />
17 Jahre alt und hatte noch nicht einmal<br />
das Abitur gemacht – als Dolmetscher<br />
beschäftigt wurde. Er hatte – damals schon<br />
offensichtlich mit unternehmerischem<br />
Geist gesegnet – bei den Amerikanern nach<br />
einer Arbeit gefragt. Sie hatten ihn zunächst<br />
als Boten eingesetzt. Nach einiger<br />
Zeit meldete er sich bei seinem Vorgesetzten<br />
mit der Bemerkung: „Ich spreche<br />
doch viel zu gut Englisch <strong>für</strong> diese primitive<br />
Tätigkeit.“ Dem amerikanischen Kommandeur<br />
imponierte dies und er beorderte ihn<br />
umgehend in eine Stelle, wo man ihn als<br />
Dolmetscher viel besser brauchen konnte.<br />
Aufgrund seiner Sprachkenntnisse war es<br />
ihm auch möglich, zwei Jahre nach Aufnahme<br />
seines wirtschaftswissenschaftlichen<br />
Studiums an der Universität zu Köln<br />
(mit den Fächern Volkswirtschaftslehre,<br />
Soziologie, Sozialpolitik, Mittelalterliche<br />
Philosophie) 1949, also im Gründungsjahr<br />
der Bundesrepublik Deutschland, durch<br />
Vermittlung seines Doktorvaters ein<br />
Stipendium <strong>für</strong> das Studium an der katholischen<br />
St. Louis University in St. Louis/<br />
Missouri in den USA zu erhalten und dieses<br />
Studium dort nach weiteren zwei Jahren<br />
mit dem „Master of Science“ abzuschließen.<br />
In Köln trat <strong>Johannes</strong> <strong>Stemmler</strong> im<br />
Wintersemester 1947/48 der UNITAS Landshut<br />
bei, in der er u. a. als Consenior und