Heinrich-Pesch-Preis für Bbr. Johannes Stemmler - Unitas
Heinrich-Pesch-Preis für Bbr. Johannes Stemmler - Unitas
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mir sicher, dass ich eines der Stipendien<br />
erhalten würde.<br />
Während ich alle anderen Bedingungen<br />
geradezu idealtypisch erfüllte, war jedoch<br />
in einem Punkt Fehlanzeige geboten:<br />
<strong>Heinrich</strong> <strong>Pesch</strong>? Nie gehört. Dem konnte<br />
jedoch abgeholfen werden. Der nächste<br />
Weg führte zur Universitätsbibliothek, wo<br />
ich mich über <strong>Pesch</strong>s gesamte Veröffentlichungen<br />
informieren konnte. Ich erhielt in<br />
der Tat eines der beiden Stipendien und<br />
fuhr am 2. September 1949 nach Amerika.<br />
Auf dem Umweg über Amerika habe ich<br />
– als Kölner – den Kölner <strong>Heinrich</strong> <strong>Pesch</strong><br />
kennen gelernt und über ihn die Katholische<br />
Soziallehre, die im weiteren<br />
Verlauf meines Lebens – vor<br />
allem was ihre gesellschaftspolitische<br />
Verwirklichung sowie ihre<br />
Verbreitung anbetrifft – eine<br />
wichtige Rolle spielen sollte.<br />
<strong>Pesch</strong> war <strong>für</strong> mich das Tor zur<br />
Katholischen Soziallehre – wenn<br />
man ihn nicht überhaupt als solches<br />
bezeichnen kann.<br />
Es ist dies nicht der Ort <strong>für</strong><br />
eine Standortbestimmung <strong>Heinrich</strong><br />
<strong>Pesch</strong>s in der Katholischen<br />
Soziallehre. Sicher ist, dass mit<br />
seinem umfassenden wissenschaftlichen<br />
und publizistischen<br />
Wirken die systematische<br />
Entwicklung dieser Lehre eingeleitet<br />
wurde und bereits in der<br />
Enzyklika Quadragesimo anno<br />
ihren Niederschlag findet.<br />
<strong>Heinrich</strong> <strong>Pesch</strong> war in der<br />
Nachkriegszeit in den USA im<br />
akademischen Bereich der<br />
Katholischen Soziallehre weitaus<br />
bekannter als in Deutschland,<br />
wozu ohne jeden Zweifel<br />
<strong>Bbr</strong>. Franz Mueller erheblich beigetragen<br />
hat. Als deutscher Einwanderer<br />
hat er im amerikanischen<br />
Sozialkatholizismus eine<br />
außerordentlich wichtige Rolle<br />
gespielt; was von amerikanischen<br />
Experten wie Michael<br />
Novak bestätigt wird.<br />
Der Kerngedanke des von<br />
<strong>Pesch</strong> entwickelten SOLIDA-<br />
RISMUS besagt: Die menschliche Person<br />
und die Gesellschaft sind existenziell aufeinander<br />
angewiesen. Aus diesem Tatbestand<br />
gegenseitiger Abhängigkeit und<br />
Verantwortung werden die Grundprinzipien<br />
der Katholischen Soziallehre abgeleitet:<br />
PERSONALITÄT, SOLIDARITÄT, SUBSI-<br />
DIARITÄT. An diesen Kriterien wird sich jede<br />
Gesellschaftsordnung messen lassen müssen,<br />
ob sie mit dem christlichen Menschenbild<br />
übereinstimmt – auch die Soziale<br />
Marktwirtschaft, wie wir seit Jahren mit<br />
Sorge feststellen müssen.<br />
182<br />
unitas 3/2004<br />
Wenngleich auch das Studium an der<br />
„School of Commerce and Finance“ absolute<br />
Priorität hatte, so habe ich mich – vornehmlich<br />
in den Ferien – mit <strong>Heinrich</strong> <strong>Pesch</strong><br />
befasst. Ob bei Tante Hubertine in<br />
Orlando/Florida oder im Zelt am Lake Tahoe<br />
in der Sierra Nevada – <strong>Heinrich</strong> <strong>Pesch</strong> war<br />
immer im Reisegepäck. Immerhin hatte ich<br />
mich so gut informiert, dass ich – wieder in<br />
Köln – im Wintersemester 1951/52 in der<br />
UNITAS Landshut eine WS über „Mensch<br />
und Gesellschaft im christlichen Solidarismus“<br />
hielt. Das handgeschriebene Manuskript<br />
von 24 Seiten liegt noch vor.<br />
Auch die Beschäftigung mit dem Thema<br />
meiner Magister-Arbeit in St. Louis über<br />
<strong>Preis</strong>übergabe an <strong>Bbr</strong>. Dr. <strong>Johannes</strong> <strong>Stemmler</strong> (Mitte):<br />
Die Vorortschargen der UNITAS Rheinfranken Düsseldorf Gordian<br />
Geilenkirchen (VOS) und der VOP Rolf Berweiler mit der Verbandsstandarte,<br />
<strong>Bbr</strong>. Prof. Dr. Lothar Roos und der AHB-Vorsitzende<br />
<strong>Bbr</strong>. <strong>Heinrich</strong> Sudmann<br />
den „Ursprung und die Entwicklung des<br />
Kapitalismus nach Werner Sombart“ hat<br />
mein Interesse <strong>für</strong> den Einfluss der Religion<br />
auf das wirtschaftliche Verhalten des<br />
Menschen und die Wechselbeziehung zwischen<br />
Religion und Wirtschaftsordnung geweckt.<br />
Das Thema KIRCHE – WIRTSCHAFT<br />
schien mir ein wichtiges, interessantes und<br />
lohnendes Arbeitsfeld zu sein; auf dem es<br />
darum geht, im Bereich der Kirche mehr<br />
Verständnis <strong>für</strong> den Kulturbereich Wirtschaft,<br />
<strong>für</strong> unternehmerische Tätigkeit und<br />
Verantwortung zu bewirken, und in der<br />
Wirtschaft – insbesondere in der Unternehmerschaft<br />
– den sozial-ethischen Postulaten<br />
der Kirche Geltung zu verschaffen.<br />
Eine erste große Chance, auf diesem<br />
Gebiet tätig zu werden, bot sich mir<br />
als erstem Laienmitarbeiter des Werkes<br />
MISEREOR, und zwar schon vor der ersten<br />
Fastenaktion 1959, als noch niemand wusste,<br />
ob diese Aktion erfolgreich sein würde.<br />
Ich erinnere mich an mein erstes Gespräch<br />
mit Msgr. Gottfried Dossing, damals Generalsekretär<br />
von Missio und später langjähriger<br />
Geschäftsführer von MISEREOR, am<br />
Buß- und Bettag 1958 in Aachen.<br />
Eines war uns klar: Sollte diese „Aktion<br />
gegen Hunger und Krankheit in<br />
der Welt“ erfolgreich sein und<br />
fortgesetzt werden, so müssen<br />
wir – dem Subsidiaritätsprinzip<br />
folgend – den Menschen helfen,<br />
sich selbst zu helfen. Caritas –<br />
gepaart mit Sachverstand. Das<br />
ist langfristig die einzig sinnvolle,<br />
aber auch viel schwierigere Art<br />
der Hilfe. 45 Jahre nach seiner<br />
Gründung ist MISEREOR – und<br />
das schon seit langem – das<br />
größte private Werk der<br />
Entwicklungshilfe der Welt,<br />
wahrscheinlich auch das erfolgreichste.<br />
Dazu bedurfte es einer<br />
Neuorientierung des sozialen<br />
Dienstes der Kirche in den Entwicklungsländern,<br />
wozu auch<br />
eine stärkere Beachtung ökonomischer<br />
Faktoren gehörte. Die<br />
Mitwirkung beim Aufbau von<br />
MISEREOR gehört zweifellos zu<br />
den wertvollsten und befriedigendsten<br />
Erfahrungen meines<br />
Lebens.<br />
Eine zweite große Chance<br />
bot sich mir als Geschäftsführer<br />
des Bundes Katholischer Unternehmer,<br />
einer Gruppe gesellschaftspolitisch<br />
engagierter Unternehmer,<br />
die sich beim Wiederaufbau<br />
der Bundesrepublik<br />
und bei der Ausgestaltung der<br />
SOZIALEN MARKTWIRTSCHAFT<br />
einen Namen gemacht hatte –<br />
unter ausdrücklichem Bezug auf<br />
die Katholische Soziallehre.<br />
In beiden Bereichen – bei MISEREOR wie<br />
beim BKU – wurde ich von der festen Überzeugung<br />
geleitet, dass eine anhaltende<br />
Besserung der sozialen Verhältnisse der<br />
Menschen, also das, was wir den sozialen<br />
Fortschritt nennen, eine funktionsfähige<br />
und menschengerechte Wirtschaft zur<br />
Voraussetzung hat. Mit Betroffenheit und<br />
Gesinnungsethik allein vermögen wir<br />
nichts zu ändern. Gefordert ist Verantwortungsethik:<br />
d. h. auf soziale Probleme Antworten<br />
zu geben, die sachgerecht und<br />
menschengerecht sind. Oder, wie Kardinal