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Am 11.11.2012, ab 10:00 Uhr der neue Golf VII bei uns! - Stadt Gröditz

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Seite 2<br />

<strong>Am</strong> 27. September 2<strong>00</strong>0 verstarb<br />

<strong>der</strong> <strong>Gröditz</strong>er Ehrenbürger<br />

Siegfried Richter. Er schaffte es,<br />

die <strong>Gröditz</strong>er zu bewegen. Als<br />

geborener <strong>Gröditz</strong>er verließ er im<br />

Alter von 25 Jahren seine Heimat,<br />

um in Westdeutschland das Glück<br />

zu suchen und letztlich auch zu<br />

finden. Der gelernte Polsterer<br />

verließ <strong>Gröditz</strong> mit gerade mal<br />

3<strong>00</strong> Mark in <strong>der</strong> Tasche und 35<br />

Jahre später war er Unternehmer<br />

eines millionenschweren Polsterbetriebes<br />

mit 6<strong>00</strong> Mitar<strong>bei</strong>tern.<br />

Als er kurz nach <strong>der</strong> Wende zu<br />

Besuch in <strong>der</strong> alten Heimat war,<br />

stimmten ihn das Erscheinungs-<br />

Vorname: Phong<br />

Nachname: Cong Pham<br />

Alter: 45 Jahre<br />

Herkunft: Vietnam<br />

Seit 24 Jahren lebt Phong<br />

mittlerweile in <strong>Gröditz</strong>. Man<br />

kennt ihn aus seinem Obstund<br />

Gemüsehandel auf <strong>der</strong><br />

Marktstraße.<br />

Aber wie kam es dazu?<br />

Foto: <strong>Stadt</strong>archiv<br />

Ende <strong>der</strong> 70er Jahre fehlten in<br />

<strong>der</strong> DDR Ar<strong>bei</strong>tskräfte: Mit<br />

dem Versprechen auf eine<br />

Fachar<strong>bei</strong>terausbildung und<br />

mehrjähriger Beschäftigung<br />

wurden u. a. aus Vietnam<br />

Gastar<strong>bei</strong>ter angelockt. Auch<br />

Phong ließ sich dieses<br />

Angebot nicht entgehen und reiste<br />

1986 nach Dresden, um eine<br />

Ausbildung auf dem Bau zu<br />

machen. Es ist Oktober und<br />

Phong erinnert sich, dass es<br />

„eiskalt und stockdunkel“ war.<br />

Verständlich, denn in Vietnam<br />

sind im Vergleich zwischen 22<br />

und 28 Grad. In <strong>der</strong> ersten Woche<br />

durfte kein Vietnamese das<br />

Wohnheim verlassen und man<br />

führte ständig ärztliche<br />

Untersuchungen durch. Phong<br />

schwärmt heute noch von seiner<br />

Ausbildung in <strong>der</strong> DDR: „die<br />

Ausbildungen heute sind <strong>bei</strong><br />

In Gedenken an Siegfried Richter<br />

bild <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> und die<br />

Stimmung <strong>der</strong> <strong>Gröditz</strong>er<br />

traurig und nachdenklich.<br />

Als rüstiger<br />

Ruheständler krempelte<br />

er erneut die<br />

Ärmel hoch und begann<br />

die <strong>Stadt</strong> mit seiner<br />

ganz eigenen Vorstellung<br />

von „Aufbau<br />

Ost“ zu bewegen. Aber<br />

was wurde 12 Jahre<br />

nach seinem Ableben<br />

aus diesen Hinterlassenschaften,<br />

den<br />

Fußstapfen des<br />

Siegfried Richter und<br />

den Visionen <strong>uns</strong>eres<br />

Ehrenbürgers?<br />

<strong>Gröditz</strong> soll schöner<br />

werden<br />

Eines <strong>der</strong> ersten Projekte war die<br />

Verschönerung von <strong>Gröditz</strong>, in<br />

Form des Wettbewerbs „<strong>Gröditz</strong><br />

soll schöner werden“, <strong>der</strong> mit bis<br />

zu 2.<strong>00</strong>0 DM je Hausbesitzer<br />

unterstützt wurde. Zugegeben,<br />

dieser Anstoß war Anfang <strong>der</strong><br />

90er bitternötig. Mittlerweile<br />

erstrahlt jedes Haus in frischen<br />

fröhlichen Farben, <strong>ab</strong>er damals<br />

hatten die Hausbesitzer noch kein<br />

Auge dafür. Die nächste Aktion<br />

folgte sogleich: „Eine Region<br />

Foto: M. Richter<br />

Weitem nicht so gut wie damals in<br />

<strong>der</strong> DDR.“ Er ar<strong>bei</strong>tete in seiner<br />

Lehre täglich von 7 bis 15 <strong>Uhr</strong> und<br />

nach einer Stunde Pause folgte<br />

Deutschunterricht bis in die<br />

Abendstunden. Auch seine<br />

Kollegen waren Deutsche, so dass<br />

er seine Sprachkenntnisse gleich<br />

festigen konnte: „Ich h<strong>ab</strong> viel mit<br />

Deutschen zusammen gear<strong>bei</strong>tet.<br />

Das war gut. Ich wollte Deutsch<br />

lernen und bin auch viel<br />

weggegangen und h<strong>ab</strong> mit den<br />

Leuten geredet.“ Nach zwei<br />

Jahren Lehrzeit und einer<br />

auslaufenden Aufenthaltsge-<br />

blüht auf“. Es galt die Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit<br />

zu verringern indem<br />

Existenzgrün<strong>der</strong> ausfindig<br />

gemacht wurden, die wie<strong>der</strong>um<br />

mit jeweils <strong>10</strong>.<strong>00</strong>0 DM belohnt<br />

wurden. Auch hier folgte man<br />

seiner Auffor<strong>der</strong>ung. Es entstanden<br />

25 <strong>neue</strong> Betriebe mit<br />

insgesamt 180 Beschäftigten, von<br />

denen heute noch 13 existieren.<br />

Unter an<strong>der</strong>em zählen Juwelier<br />

Schmidtchen, Finkenschänke und<br />

Spiering Design zu den damals<br />

gegründeten Unternehmen, <strong>bei</strong><br />

denen Siegfried Richter nicht<br />

zwangsläufig ausschlaggebend,<br />

<strong>ab</strong>er immerhin beteiligt war.<br />

Spanischer Hof<br />

Um noch mehr Unternehmen in<br />

<strong>Gröditz</strong> ansiedeln zu können und<br />

somit Ar<strong>bei</strong>tsplätze zu schaffen,<br />

entschied er nach langem Hin und<br />

Her, in <strong>Gröditz</strong> ein Hotel zu<br />

bauen. Damit wollte <strong>der</strong> gewitzte<br />

Unternehmer mehrere Fliegen mit<br />

einer Klappe schlagen: Planung<br />

und Bau bringen Ar<strong>bei</strong>tsplätze,<br />

Angestellte braucht das Hotel<br />

auch und vielleicht würden sich<br />

dann mögliche Investoren nach<br />

<strong>Gröditz</strong> zur Übernachtung<br />

verirren. Die erwirtschafteten<br />

Gewinne sollten in die Sport- und<br />

Schwimmhalle fließen und nach<br />

Darf ich vorstellen...<br />

nehmigung bat er einen<br />

befreundeten Vietnamesen in<br />

Deutschland um Jobvermittlung.<br />

<strong>Gröditz</strong>er Stahlwerk<br />

Der Freund war Gruppenleiter für<br />

vietnamesische Ar<strong>bei</strong>ter im<br />

<strong>Gröditz</strong>er Stahlwerk und zufällig<br />

suchten die noch Leute, so dass<br />

Phong´s Reise weiter nach<br />

<strong>Gröditz</strong> ging. Die ersten<br />

Eindrücke beschreibt <strong>der</strong> Wahl-<br />

<strong>Gröditz</strong>er so: „Die h<strong>ab</strong>en <strong>uns</strong> da<br />

draußen im Wohnheim versteckt,<br />

im Dunklen. Ich dachte, was ist<br />

das denn? Wir h<strong>ab</strong>en vorher in<br />

einer <strong>Stadt</strong> gelebt und jetzt hier.<br />

<strong>Am</strong> nächsten Tag ging´s ins<br />

Stahlwerk. Wir waren zehn Mann<br />

und h<strong>ab</strong>en <strong>uns</strong> das Stahlwerk<br />

angeguckt. Wir h<strong>ab</strong>en gestaunt.<br />

Dann hat man <strong>uns</strong> gleich in<br />

Schichten geteilt.“ Obwohl die<br />

Ar<strong>bei</strong>t dort „schwer, dreckig und<br />

heiß“ ist, war es, seiner Meinung<br />

nach, die beste Zeit seines Lebens.<br />

Bis zur Wende ar<strong>bei</strong>tete er als<br />

sogenannter „Koki-Mann“ – das<br />

waren die Männer, die die<br />

Kokillen in <strong>der</strong> Grube gesetzt und<br />

für den Guss vorbereitet h<strong>ab</strong>en.<br />

1990 wurden jedem ausländischen<br />

Gastar<strong>bei</strong>ter eine<br />

Abfindung von 3.<strong>00</strong>0 DM und<br />

drei Monatsgehältern gezahlt,<br />

bevor er zurück in seine Heimat<br />

seinem Ableben sollte die <strong>Stadt</strong><br />

<strong>Gröditz</strong> das Hotel übernehmen<br />

und verkaufen, so dass die Sportund<br />

Schwimmhalle auch Jahre<br />

später noch finanziert werden<br />

konnte. So hielt er es in seinem<br />

Testament fest. Der Bau brachte<br />

Ar<strong>bei</strong>tsplätze, <strong>der</strong> Hotelbetrieb<br />

ebenfalls, <strong>ab</strong>er große Investoren<br />

für <strong>Gröditz</strong> blieben bis heute aus.<br />

Nach dem Tod von Siegfried<br />

Richter g<strong>ab</strong> es einige Streitereien<br />

um das Hotel, so dass es<br />

letztendlich im Jahr 2<strong>00</strong>5 für<br />

850.<strong>00</strong>0 Euro verkauft wurde,<br />

wo<strong>bei</strong> es ursprünglich 12 Mio.<br />

DM gekostet hatte. Was würde<br />

wohl Siegfried Richter dazu<br />

sagen, wenn er wüsste, dass sein<br />

Herzblut, für das er sich<br />

leidenschaftlich einsetzte, gerade<br />

einmal acht Jahre nach <strong>der</strong><br />

Eröffnung für knapp ein Siebentel<br />

des Ursprungswerts versetzt<br />

wurde?<br />

Freundeskreis e.V.<br />

Die Sport- und Schwimmhalle<br />

konnte sich, damals wie heute,<br />

nicht selbst tragen und auch hier<br />

hatte <strong>der</strong> „Engel von <strong>Gröditz</strong>“<br />

Lösungsvorschläge. Die finanzielle<br />

Unterstützung des Spanischen<br />

Hofs war nur ein Part<br />

eines 3-Säulen-Hilfsprogramms.<br />

konnte. Phong blieb. Zunächst<br />

ar<strong>bei</strong>tete er als Küchenhilfe in<br />

einer Großenhainer Pension,<br />

später betreibte er eine Art<br />

„Asiatischen Imbiss“ auf<br />

verschiedenen Wochenmärkten,<br />

bis er 1997 <strong>bei</strong> einem Spaziergang<br />

den leer stehenden Laden auf <strong>der</strong><br />

Marktstraße in <strong>Gröditz</strong> entdeckt.<br />

„Asia Lebensmittel“<br />

„Ich h<strong>ab</strong>e mir das ganze Geld für<br />

das Geschäft zusammen gespart.<br />

Ich bekomme keinen Kredit und<br />

h<strong>ab</strong> auch noch nie Ar<strong>bei</strong>tsloseno<strong>der</strong><br />

Sozialgeld gebraucht“<br />

möchte er direkt geklärt wissen.<br />

<strong>Am</strong> Anfang war es sehr schwer<br />

Fuß zu fassen. Gerade die<br />

Konkurrenz <strong>der</strong> vielen Discounter<br />

in <strong>Gröditz</strong> machte es für<br />

ihn schwer, <strong>ab</strong>er mittlerweile hat<br />

er einen festen Kundenstamm.<br />

„Man kann davon leben und das<br />

reicht mir“ sagt Phong zufrieden.<br />

Sein Ar<strong>bei</strong>tstag beginnt täglich<br />

um 3 <strong>Uhr</strong> morgens, wenn er nach<br />

Leipzig o<strong>der</strong> Dresden fährt, um<br />

frisches Obst und Gemüse<br />

einzukaufen. Nach erfolgreicher<br />

Be- und Entladung des Fahrzeugs,<br />

öffnet er sein Geschäft, in<br />

dem er dann bis zumAbend jedem<br />

Kunden gegenüber freundlich<br />

und zuvorkommend ist.<br />

Samstagnachmittag kauft er Ware<br />

Die <strong>bei</strong>den an<strong>der</strong>en Teile sollten<br />

von den Bürgern selbst sowie<br />

<strong>Gröditz</strong>er Unternehmen getragen<br />

werden. Damit entstand <strong>der</strong><br />

„Freundeskreis“, <strong>der</strong> als<br />

eingetragener Verein, alle<br />

Sympathisanten <strong>der</strong> Sport- und<br />

Schwimmhalle zum Erhalt <strong>der</strong><br />

Einrichtung vereint. Heute liegt<br />

die Mitglie<strong>der</strong>zahl <strong>bei</strong> ca. 2<strong>00</strong>,<br />

wo<strong>bei</strong> es damals sechs Mal so viel<br />

waren. Um den Erhalt <strong>der</strong><br />

Einrichtung steht es weiterhin<br />

nicht gut und es bleibt<br />

<strong>ab</strong>zuwarten, ob zukünftig<br />

Hallenturniere o<strong>der</strong> Schwimmkurse<br />

in <strong>Gröditz</strong> stattfinden<br />

können.An dieser Stelle seien nur<br />

einige <strong>der</strong> Aktionen, Projekte,<br />

Hilfestellungen sowie Ermutigungen<br />

von Siegfried Richter<br />

genannt, die Liste ist lang und er<br />

erhielt die Ehrenbürgerschaft<br />

gewiss zu Recht. Wir sollten ihm<br />

mehr als dankbar sein, dass er<br />

versucht hat, <strong>Gröditz</strong> auf die<br />

Beine zu helfen. Inwieweit er<br />

Erfolg hatte und was aus seinen<br />

Visionen geworden ist, darf je<strong>der</strong><br />

selbst beurteilen. Wann <strong>der</strong><br />

nächste „Engel“ in <strong>Gröditz</strong><br />

vor<strong>bei</strong>geflogen kommt, bleibt<br />

<strong>ab</strong>zuwarten.<br />

J.Stößer<br />

für sein Textil- und Schuhgeschäft<br />

im Rewe-Center und den<br />

Sonntag verbringt er mit Heimund<br />

Hauspflege und Rechnungen.<br />

Wenn Phong dann doch mal etwas<br />

Freizeit hat, verbringt er sie am<br />

liebsten zusammen mit seiner<br />

Lebensgefährtin und den <strong>bei</strong>den<br />

Söhnen o<strong>der</strong> auf dem Fußballplatz.<br />

Phong ist leidenschaftlicher<br />

Fußballer und spielt gelegentlich<br />

<strong>bei</strong> den <strong>Gröditz</strong>er „Alte Herren“<br />

mit. Auch sonst versucht er sich<br />

und seine Familie möglichst viel<br />

im <strong>Gröditz</strong>erAlltag zu integrieren<br />

und ließ sich we<strong>der</strong> das <strong>Gröditz</strong>er<br />

<strong>Stadt</strong>- noch das Sportfest<br />

entgehen. Auf die Frage hin, was<br />

ihm beson<strong>der</strong>s gut an <strong>Gröditz</strong><br />

gefällt, antwortet <strong>der</strong> Vietnamese:<br />

„Die Ruhe hier und dass alle<br />

Leute nett und freundlich sind. Es<br />

gibt auch keine Auslän<strong>der</strong>feindlichkeit.<br />

Zumindest h<strong>ab</strong> ich<br />

das noch nicht gemerkt. <strong>Gröditz</strong><br />

ist für mich sowas wie die zweite<br />

Heimat geworden.“ Ob er irgendwann<br />

nach Vietnam zurückkehrt,<br />

weiß Phong noch nicht:<br />

„Vielleicht wenn meine Kin<strong>der</strong><br />

erwachsen sind. Wenn ich das<br />

noch erleben kann. Ja, vielleicht<br />

werde ich als Rentner ins warme<br />

Vietnam zurückkehren.“<br />

J. Stößer

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