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Frankl und die Individualpsychologie

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ein (tiefen-)psychologisches System bleibt, dessen Geltungsbereich durch <strong>die</strong>Subjektivität, das je spezifisch Personale des Menschen, definiert wurde. Jeder Versuch,<strong>die</strong>sen Rahmen zu sprengen, um in <strong>die</strong> eben <strong>die</strong>se konkrete Subjektivität bzw.Intersubjektivität transzen<strong>die</strong>rende Dimension metaphysischer <strong>und</strong> transpersonalerZusammenhänge (bzw. <strong>die</strong> dort thematisierten universalen <strong>und</strong> abstraktenWertkategorien) zu gelangen, musste Adler zum damaligen Zeitpunkt verhängnisvollerscheinen. Wir dürfen nämlich nicht vergessen, dass <strong>die</strong> <strong>Individualpsychologie</strong> imJahre 1926 erst auf eine 14jährige zudem durch vier Jahre Kriegszeit unterbrocheneEntwicklungsgeschichte zurückblicken konnte. In <strong>die</strong>sem Zeitraum war nicht nur sieselbst, sondern auch <strong>die</strong> Psychoanalyse heftigen Widerständen seitens der etabliertenSchulmedizin ausgesetzt. Freud war in Wien jahrzehntelang <strong>die</strong> Professur vorenthaltenworden. Und Adlers Versuch, sich mit seinem Hauptwerk, dem »Nervösen Charakter«,zu habilitieren, war von Wagner-Jauregg, dem Vorsitzenden derBeratungskommission, mit der Begründung abgewiesen worden, hier handle es sich umkeinen medizinischen Forschungsbeitrag, sondern um ein literaturk<strong>und</strong>liches Werk.Wer <strong>die</strong> entsprechenden Bemerkungen Adlers zu <strong>die</strong>ser Zurückweisung im Vorwort zur3. Auflage seines »Nervösen Characters« liest, wird leicht ermessen können, welch eingroßer Schlag <strong>die</strong>s für ihn gewesen sein muss (vgl. Adler, 1972). Kann es daverw<strong>und</strong>ern, dass Adler gerade in <strong>die</strong>sem Zeitabschnitt höchst allergisch auf alleVersuche reagierte, <strong>die</strong> <strong>Individualpsychologie</strong> noch weiter in jene Richtung zu führen,<strong>die</strong> ein Naturwissenschaftler letztendlich der Metaphysik <strong>und</strong> Religion zurechnenwürde?Eben <strong>die</strong>se Befürchtung kommt dann auch in einer Arbeit von Ferdinand Birnbaum zumAusdruck, <strong>die</strong> erst im Jahre 1947 publiziert wurde. In <strong>die</strong>ser Stu<strong>die</strong>, in der <strong>die</strong>Logotherapie mit der <strong>Individualpsychologie</strong> verglichen wird, weist Birnbaum daraufhin, dass anthropologische Themata (auf <strong>die</strong> bekanntermaßen auch der späte Adlerausdrücklich zurückgreift) für manche Kritiker einen »parareligiösen« Charakterbesitzen. Jüngst hat Ernest Bornemann, der sich selbst als einen Vertreter des»Kritischen Rationalismus« versteht, in <strong>die</strong>sem Zusammenhang der<strong>Individualpsychologie</strong> gegenüber einen Vorwurf erhoben, der ganz jenenBefürchtungen entspricht, <strong>die</strong> Birnbaum (1982, S.86) bei der Diskussion derLogotherapie geäußert hat:»Die <strong>Individualpsychologie</strong> begreift menschliches Handeln als dynamischzielgerichtet,also unter dem Aspekt der Finalität ... Der Natur, <strong>die</strong> mit Kausalitätenarbeitet, eine derartige Teleologie ... zu unterlegen, berührt mich als eine aus demBereich der Religion in <strong>die</strong> Wissenschaft hineingetragene Selbsttäuschung« (1982,S.86).Es ist mithin verständlich, wenn Birnbaum in seiner vergleichenden Stu<strong>die</strong> ausdrücklichbetont, welcher Mut dazu gehöre, solche »theistischen Begriffe«

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