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Das Potenzial des biologischen LCKW-Abbaus - Sensatec Berlin

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FORSCHUNG & ENTWICKLUNG<strong>Das</strong> <strong>Potenzial</strong> <strong>des</strong> <strong>biologischen</strong><strong>LCKW</strong>-<strong>Abbaus</strong>Abbau von <strong>LCKW</strong> bei extremer Schadstoffbelastung unter Einsatz von MelasseBild 1: Veranschaulichung der Lage vonInjektions- und Beobachtungspunkten amTestfeldP56oAbstromD2D3D2u6,5 mD1C3C26,5 mC1B3Mark Zittwitz, Peter Hein, Stefanie Kilpert,Martina FreygangDie Sanierung eines extremen <strong>LCKW</strong>-Schadens mit großer Fahnenreichweiteauf einer ehemaligen WGT-Flächein Brandenburg soll durch mikrobielleMaßnahmen unterstützt werden.Ein gut untersuchter Feldversuchmit 20 Messstellen auf 200 m², beidem Melasse als organisches Substrateingesetzt wurde, zeigte einen Bioabbauauch bei sehr hohen Ausgangsbelastungen:Eine TCE-Konzentrationvon 50 mg/l (50 000 µg/l), konnte insechs Wochen vollständig zu c-DCEumgesetzt werden. Nach insgesamt16 Wochen war die Gesamtbelastungmit <strong>LCKW</strong> um 60 % zurückgegangen.Damit scheint ein vollständigerSchadstoffabbau am Standort in kürzesterZeit möglich.B3uMelasseinjektionB1B26,5 mB1uA3A26,5 mA1Am Rande der Stadt Bernau im Land Brandenburgbefindet sich ein ehemaliges Kasernengeländeder Westgruppe der sowjetischenStreitkräfte (WGT). Am Standort wurdevon ca. 1950 bis 1990 eine chemischeReinigung durch die WGT betrieben [1].Einträge in den Untergrund sind im Bereichder Kaserne durch regelmäßige TropfundÜberlaufverluste bei der Befüllung vonTanks, Leckagen in den Ver- und Entsorgungsleitungender Maschinen und nachgeschaltetenEinrichtungen sowie Verlustebei der Speicherung und Endlagerung vonAbwässern und TCE-Schlämmen entstanden.Wahrscheinlich ist die Entleerungzweier Hochtanks kurz vor dem Abzug derWGT im Jahr 1991. Im Gleisbereich westlichder Kaserne ist ein zweiter Eintragsherd lokalisiert,der auf einen Tankwagenunfall zurückzuführenist [2].Sowohl die sich abzeichnenden Reichweitender Fahnen in horizontaler und vertikalerRichtung als auch die immer wiederauftretenden Extremkonzentrationen überweite Bereiche charakterisieren den Standort„Bernau – Schönfelder Weg“ bun<strong>des</strong>weitals einmalig zu bewertenden Schadensfall.AufgabenstellungU3U 23 mAnstromP35oU 13 m<strong>Das</strong> am Standort im Rahmen <strong>des</strong> Forschungsverbun<strong>des</strong>RUBIN im Jahr 2001 errichteteF&E-Reaktionswandsystem wirdseit Beginn <strong>des</strong> Jahres 2007 dauerhaft zurSicherung der von der Kaserne ausgehendenFahne im oberen Grundwasserleiter(GWL) eingesetzt. Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmenfür die vom Eintragsherdim Bereich der Gleise resultierendeFahne werden z.Z. im Auftrag der BrandenburgischenBoden Gesellschaft für Grundstücksverwaltungund -verwertung mbH(BBG) in Feldversuchen detailliert untersucht.An <strong>LCKW</strong>-kontaminierten Standortenwird bei Vorhandensein anaerober Bedingungenhäufig ein natürlicher Abbau vonTetra- und Trichlorethen durch den Prozessder reduktiven Dechlorierung beobachtet[3]. Am Standort wurden trotz extrem hoherBelastungen mit <strong>LCKW</strong> Hinweise auf einenmikrobiellen Abbau gefunden. Darüber hinauskonnten in Proben vom Standort Mikroorganismender Gattung Dehalococcoi<strong>des</strong>sp. nachgewiesen werden, deren Fähigkeitzum vollständigen Abbau der <strong>LCKW</strong>belegt ist [4, 5].Ziel zweier Feldversuche war die Überprüfungverschiedener Ansätze zum Einsatzbiologischer Maßnahmen zur Sanierung<strong>des</strong> Grundwassers am StandortBernau. Mit Hilfe der Feldversuche sollteuntersucht werden, ob der bereits vorhandenemikrobielle Abbau so weit gesteigertwerden kann, dass ein vollständiger Abbauin kurzer Zeit zu erreichen ist.Der hier vorgestellte Feldversuch sah dieSimulation einer <strong>biologischen</strong> Maßnahmeohne weitere flankierende, auf den Schadstoffaustraggerichtete Verfahren vor. Als organischesSubstrat zur Initiierung der <strong>biologischen</strong>Abbauprozesse wurde Melasse ausgewählt.Die Eignung von Melasse zur Initiierung<strong>des</strong> <strong>biologischen</strong> <strong>Abbaus</strong> von <strong>LCKW</strong>ist belegt [6, 7]. Zum einen ist Melasse alsAbfallprodukt der Zuckerherstellung preisgünstig,zum anderen erzeugt Melassedurch seine Eigenschaften (hohe Viskosität,langsames Auflösen in Wasser) eine Depotwirkungim Untergrund.Standortcharakterisierung<strong>Das</strong> Betrachtungsgebiet liegt im Bereich derin Nord-Süd-Richtung verlaufenden Panke-Niederung und wird vom Mergel der Bar-TT 2 TerraTech 1-2/2007


FORSCHUNG & ENTWICKLUNGRedoxpotential zu Beginnnach 5 WochenTCE zu Beginnnach 6 WochenGWGWGWGWGWGWnach 9 Wochennach 16 Wochennach 9 Wochennach 16 WochenBild 2: Flächenhafte Darstellung der Entwicklung der Redoxpotentiale[mV] im TestfeldBild 4: Flächenhafte Darstellung der Entwicklung der TCE-Gehalte[mg/l] im TestfeldDOC zu Beginnnach 5 WochenC-DCE zu Beginnnach 6 WochenGWGWGWGWGWGWnach 9 Wochennach 16 Wochennach 9 Wochennach 16 WochenBild 3: Flächenhafte Darstellung der Entwicklung der DOC-Gehalte[mg/l], ermittelt als NPOC im TestfeldBild 5: Flächenhafte Darstellung der Entwicklung der c-DCE-Gehalte[mg/l] im Testfeldnim-Hochfläche eingerahmt. Von der Verunreinigungam Standort sind der obereund der untere (GWL) im regionalenGrundwasserleiterkomplex 2 betroffen. Derfür den beschriebenen Feldversuch relevanteobere GWL steht am Standort flächenhaftin einer mittleren wassererfülltenMächtigkeit zwischen 6 m und 8 m bei einemFlurabstand zwischen 1 m und 2 m an.Die aus den <strong>LCKW</strong>-Eintragsherden resultierendenFahnen im oberen GWL erstreckensich auf einer Gesamtlänge von mehr als1000 m und reichen im Mittel bis 8 m Tiefe.Die in den Fahnenzentren ermittelten<strong>LCKW</strong>-Belastungen betragen zwischen 75und 350 mg/l [2].Die den GWL bildenden saalekaltzeitlichenSchmelzwassersande werden als feinbisgrobsandiger, an der Basis kiesiger Mittelsandangesprochen. Eingeschaltet sindorganogene Sedimente (Torfe, Mudden,Flussauenlehm). Der obere Grundwasserstauerwird durch sandig bis schluffigen Geschiebemergelgebildet, der am Standorteine Mächtigkeit zwischen 2 m und 3 m aufweist.Die natürliche Fließrichtung im oberenGWL ist nach Westen gerichtet. Die inPumpversuchen ermittelten Durchlässigkeitsbeiwertelagen zwischen 1,2–2,5 × 10 -4m/s. Die Abstandsgeschwindigkeit <strong>des</strong> oberenGWL beträgt ca. 30–40 m/a.Ausbau <strong>des</strong> Testfel<strong>des</strong><strong>Das</strong> Testfeld befindet sich im unmittelbarenAbstrom <strong>des</strong> Eintragsher<strong>des</strong> im Bereich derGleise. Zur Erweiterung der Kenntnisseüber die geologischen Eigenschaften <strong>des</strong>Untergrun<strong>des</strong> wurden fünf EC-logs über diegesamte Mächtigkeit <strong>des</strong> oberen GWL undvier Slug-Tests in jeweils drei Teufenbereichendurchgeführt. Die Ergebnisse bestätigtenim wesentlichen den bisher für dasUntersuchungsgebiet ermittelten geologischenSchichtaufbau, zeigten aber auch dielokalen Heterogenitäten <strong>des</strong> Untergrun<strong>des</strong>und die schichtgebundenen Permeabilitätsunterschiedeim Vertikalprofil auf.Am Testfeld wurden 15 vollkommen verfilterteGrundwassermessstellen (U1...D3)in drei Transekten eingerichtet. Um die speziellan der Aquifersohle ablaufenden Prozesseeines <strong>LCKW</strong>-Transportes und potentiellen<strong>Abbaus</strong> beobachten zu können, wurdenzusätzlich drei Sondermessstellen(B1u, B3u und D2u) mit Filtertiefen von 7-9m uGOK. ausgebaut. Darüber hinaus befindensich im Bereich <strong>des</strong> Testfel<strong>des</strong> die BohrpegelP56o und P35o.Die Injektion der Melasse geschah mithilfeder Direct-Push-Technologie jeweils 1 moberstromig an neun Ansatzpunkten in jeweilsdrei Teufenbereichen (7 m, 5 m, 3 munter GOK). Die einmalig injizierte Mengewurde so dimensioniert, dass die infolge<strong>des</strong> <strong>biologischen</strong> Melasseabbaus gebildeteMenge an Wasserstoff stöchiometrisch ausreicht,um sämtliche im Testfeld vorhandenenund mit dem Grundwasseranstromnachgelieferten Elektronenakzeptoren und<strong>LCKW</strong> zu reduzieren. Insgesamt wurde 1 tMelasse zu gleichen Teilen auf die Ansatzpunkteverteilt. Die Lage von InjektionsundBeobachtungspunkten am Testfeldzeigt Bild 1.TerraTech 1-2/2007 TT 3


FORSCHUNG & ENTWICKLUNGTCE [mmol/l]c-DCE [mmol/l]0,50,40,30,20,1TF1 Injektionsbereichc = 0,37e -0,025*t0,00 20 40 60 80 100 120 140 1600,50,40,30,20,1TageTF1 Injektionsbereichc = 0,65e -0,012*t0,00 20 40 60 80 100 120 140 160ElektronenakzeptorenKomplexesorganischesMaterialSulfatEisen (III)CO 2 / CO 3ElektronendonatorenHydrolyseorganischeMonomereGärungH + +e -AlkoholeundSäurenTageAcetatbildungH + +e -AcetatPCE TCE c-DCE VC EthenH + +e -SulfidEisen (II)MethanEndprodukteProzess Reaktion RedoxpotenzialEh [mV]aerobe Atmung O 2+ 4H + + 4e - 2H 2O + 820 *Gibbs´sche Energie∆G 0 [kJ/kmol]Denitrifikation 2NO 3-+ 12H 2+ 10e - N 2+ 6H 2O + 740 * - 1.120 +Manganreduktion MnO 2+ HCO 3-+ 3H + + 2e - MnCO + 2H 2O + 520 * - 194 *Eisenreduktion FeOOH + HCO 3-+ 2H + + e - FeCO 3+ 2H 2O - 50 * - 114 *Sulfatreduktion SO 42-+ 9H + + 8e - HS - + 4H 2O - 220 * - 151 °Methanbildung CO 2+ 8H + + 8e - CH 4+ 2 H 2O - 240 * - 105 °PCE-Reduktion C 2Cl 4+ H + + e - C 2HCl 3+ HCl - 166 *TCE-Reduktion C 2HCl 3+ H + + e - C 2H 2Cl 2+ HCl - 163 *c-DCE-Reduktion C 2H 2Cl 2+ H + + e - C 2H 3Cl 2+ HCl - 143 *VC-Reduktion C 2H 3Cl 2+ H + + e - C 2H4 + HCl - 157 ** …nach [10], + …nach [11], ° …nach [12]Bild 6: Darstellung derEntwicklung derBelastung mit TCE imInjektionsbereich <strong>des</strong>Testfel<strong>des</strong> (Gesamtheitaller Messungen)und Regression miteinem Abbau ersterOrdnung sowieAngabe einerSchwankungsbreiteBild 7: Darstellung derEntwicklung derBelastung mit c-DCEim Injektionsbereich<strong>des</strong> Testfel<strong>des</strong>(Gesamtheit allerMessungen) undRegression mit einemAbbau erster Ordnungsowie Angabe einerSchwankungsbreiteBild 8: Bereitstellungvon Reduktionsäquivalentendurch denAbbau organischenMaterials undÜbertragung aufverschiedeneElektronenakzeptorenTabelle 1: Redoxreaktionen im Untergrund und die dazugehörigen Redoxpotentiale (pH 7, 25°C)und freien Gibbs´schen Energien (pH 7, 25°C, c = 1M)VersuchsverlaufDie Dauer <strong>des</strong> Feldversuches war auf 120Tage festgelegt. In diesem Zeitraum geschahein einfacher Austausch <strong>des</strong> Porenvolumensim Testfeld. Im Versuchsverlauferfolgten wöchentliche Aufnahmen der ParameterLeitfähigkeit, pH-Wert, Redoxpotentialund Temperatur sowie <strong>des</strong> gelöstenSauerstoffs. Vor Beginn und nach fünf respektivesechs, neun und 16 Wochen wurdeder Gehalt an gelöstem organischen Kohlenstoff(DOC bzw. NPOC), Methan undEthen sowie der Sulfat-, Nitrat- und Eisengehaltund die <strong>LCKW</strong>-Belastung im Grundwasseranalysiert.Allgemein werden der DOC, das Redoxpotentialsowie die <strong>LCKW</strong>-Einzelkomponentenals wichtigste Parameter zur Charakterisierung<strong>des</strong> anaeroben <strong>Abbaus</strong> der<strong>LCKW</strong> angesehen. Diese sind in den Bildern2 bis 5 für den Bereich <strong>des</strong> Testfel<strong>des</strong>flächenhaft dargestellt. Weitere Ergebnissewerden auf Wunsch gern zur Verfügung gestellt.Der DOC zeigte nach fünf Wochen einedeutliche Zunahme durch die Injektion derMelasse. Mit fortschreitender Versuchsdauernahm der DOC bedingt durch den Abbauund die Verteilung der Melasse mit demGrundwasserstrom wieder ab. Dementsprechendsank mit fortschreitender Versuchsdauerdas Redoxpotential kontinuierlichab, was den fortschreitenden Verbrauchder vorhandenen Elektronenakzeptorenbelegt.Es zeigte sich, dass nachdem zu Beginn<strong>des</strong> Feldversuchs die Belastung mit TCEmit Werten bis > 50 mg/l gleichmäßig hochwar, bereits nach sechs Wochen eine vollständigeUmsetzung zu c-DCE stattgefundenhat. Im weiteren Versuchsverlauf nachelf Wochen war bereits wieder ein Rückgangder c-DCE-Belastung festzustellen.Nach 16 Wochen Versuchsdauer konnte inder C-Reihe ein Abbau bis auf 40 % derAusgangsbelastung ermittelt werden. Inder A-Reihe wurde bereits wieder eine Zunahmevon TCE und eine Abnahme von c-DCE beobachtet, die auf zuströmen<strong>des</strong>Grundwasser zurückgeführt werden kann.Eine Bildung von VC und Ethen wurdennicht beobachtet. Da eine Reduktion derGesamtmenge stattgefunden hat, kann angenommenwerden, dass trotzdem einevollständige Umsetzung vorliegt, die Produktionvon c-DCE jedoch thermodynamischbegründet schneller abläuft als seineweitere Reduktion.Aus den Ergebnissen konnten mittlereAbbauraten für TCE und c-DCE bestimmtwerden. In den Bildern 6 und 7 sind die ermitteltenTCE- bzw. c-DCE-Konzentrationenim Injektionsbereich (A-, B-, C-Messstellen)über die Versuchsdauer sowie eineRegression mit einem Abbau erster Ordnungdargestellt.TT 4 TerraTech 1-2/2007


FORSCHUNG & ENTWICKLUNGEs gilt: c = c 0× e -λ × tmit c…Konzentration zum Zeitpunkt t; c0…Konzentration zu Beginn; λ…Abbaurate;t…ZeitFür TCE wurde eine mittlere Abbaurate von0,025 d -1 und für c-DCE von 0,012 d -1 ermittelt.Da der Abbau von c-DCE im vorliegendenFall der geschwindigkeitsbestimmendeSchritt ist, kann diese Abbaurate als repräsentativfür den gesamten <strong>LCKW</strong>-Abbauangesehen werden. Es findet sich eine überraschendgute Übereinstimmung mit [6],wo eine Abbaurate von 0,018 d -1 (<strong>LCKW</strong>-Summe) bei deutlich geringeren Ausgangsbelastungenvon 0,25 mg/l ermittelt wurde.Anaerober Stoffwechsel,Redoxpotential und Abbauder <strong>LCKW</strong>Obligate und strikt anaerobe Bakterien verwendeneine organische Substanz (oderKohlendioxid) als Kohlenstoffquelle für dasWachstum, während die Energie für denStoffwechsel und die Synthese der Biomassedurch gekoppelte Redoxreaktionen geliefertwird (siehe auch Bild 8). Die Energiewird durch die Übertragung <strong>des</strong> gebildetenWasserstoffs, genau genommen von Reduktionsäquivalenten(H + + e - ), von den jeweiligenElektronendonatoren auf einen Elektronenakzeptorerhalten. Als Elektronenakzeptorenwerden, abhängig vom Redoxpotential,Nitrat, Mangan, Eisen, Sulfat,Fumarat, Kohlendioxid bzw. Carbonat benutzt.Dieser Prozess wird als anaerobe Atmungbezeichnet. Die anaeroben Atmungenwerden nach den Elektronenakzeptorenbenannt, wie z.B. Nitratatmung oderSulfatatmung.<strong>LCKW</strong> werden im Zuge der anaerobenAtmung reduktiv dechloriert, wobei die Dechlorierungauf zwei Prozessen beruhenkann: cometabolische Dechlorierung respiratorische DechlorierungBei der cometabolischen Dechlorierungwerden eher zufällig, in Nebenreaktionen,Reduktionsäquivalente übertragen. Bei derrespiratorischen Dechlorierung hingegenwerden die <strong>LCKW</strong> als alternative terminaleElektronenakzeptoren verwendet, d.h. dieÜbertragung von Reduktionsäquivalentenliefert einen Energiegewinn für die Mikroorganismen,die Dechlorierungsraten sinddementsprechend höher [8, 9]. Der Prozessder respiratorischen Dechlorierung ist alsoeine Form der anaeroben Atmung und wird<strong>des</strong>halb auch als Dehalorespiration bezeichnet.<strong>Das</strong> Redoxpotential und der biologischeAbbau stehen in engem Zusammenhang: Indem Maße, in dem Elektronenakzeptorenund Nährstoffe verbraucht werden, sinktparallel dazu das Redoxpotential. Generellwird zunächst den Reaktionen der Vorzuggegeben, bei denen mehr Energie frei wird.Der Abbauprozess von <strong>LCKW</strong> steht also inBild 9: zu erwartenderDOC in Abhängigkeitvom erzieltenInjektionsradiusBild 10: Entwicklungder DOC-Gehalte imInjektionsbereich <strong>des</strong>Testfel<strong>des</strong> (Gesamtheitaller Messungen)und Regression miteinem Abbau ersterOrdnung sowieAngabe einerSchwankungsbreitetheoretischer DOC [mg/l]DOC [mg/l]4.0003.5003.0002.5002.0001.5001.000700600500400300200100500000 1 2 3 4 5 6 7ROI [m]TF1 InjektionsbereichKonkurrenz zu anderen, im Grundwasserund Boden typischen Redoxprozessen. Tabelle1 gibt einen Überblick über wichtigeim Untergrund ablaufende Redoxreaktionenund die dazugehörigen Redoxpotenzialeund freien Gibbs´schen Energien.Aus Tabelle 1 wird ersichtlich, dass dieReduktion von Nitrat und Mangan einenhöheren Energiegewinn für die Mikroorganismenliefert. Dementsprechend wird derin den anaeroben Stoffwechselprozessengebildete Wasserstoff bevorzugt auf dieseVerbindungen übertragen. Dadurch ist begründet,warum die Dechlorierung bei [13]und [14] u.a. erst bei hinreichend negativemRedoxpotential beobachtet wird. DesWeiteren wird ersichtlich, dass der Schrittder Umsetzung von c-DCE zu VC den thermodynamischungünstigsten Prozess beider Dechlorierung darstellt. <strong>Das</strong>s in <strong>LCKW</strong>-Fahnen an kontaminierten Standorten häufigc-DCE als Hauptkomponente auftritt[15], muss demzufolge nicht zwangsweisebedeuten, dass c-DCE nicht abgebaut wirdoder die dafür erforderlichen Mikroorganismennicht vorhanden sind. Eine Ursachekann auch sein, dass die Produktion von c-DCE thermodynamisch begründet schnellerabläuft als seine weitere Reduktion.Nach [6] ist ein vollständiger Abbau der<strong>LCKW</strong> nur nach erfolgter Sulfatreduktion zuerwarten. Die freien Gibbs´schen Energiender Sulfatreduktion und der Reduktion der<strong>LCKW</strong> liegen jedoch dicht beieinander. InLaborversuchen wurde von [16] gefunden,dass die Dechlorierung von PCE zu c-DCEund VC sowie die Sulfatreduktion bei ausreichendemWasserstoffangebot gleichzeitigablaufen können. In [17] wird von einerSulfatkonzentration von 5 mM (entsprechend480 mg/l) ausgegangen, bis zu derdie Dechlorierung nicht gehemmt wird. EineHemmung der Dechlorierung durch Sulfatan sich ist daher sehr unwahrscheinlich.Wahrscheinlich ist, dass sich beide Redoxprozessenicht ausschließen, dass jedochder verfügbare Wasserstoffanteil für die Dechlorierungin Anwesenheit von Sulfat geringerwird und damit den <strong>biologischen</strong> Abbauder <strong>LCKW</strong> verlangsamt [16].Im Unterschied zu Laborversuchen mitwässriger Phase kann es in realen Grundwasserleiternzur Ausbildung von Biofilmenkommen. Diese begünstigen die Ausbildungvon Mikrozonen, in denen ein vomübrigen Grundwasserleiter abweichen<strong>des</strong>Redoxmilieu herrschen kann. Neben einemdominierenden Redoxprozess sind je nachRandbedingungen weitere Redoxprozessemöglich, zu denen auch biologische Abbauprozessewie die Dechlorierung gehörenkönnen.Injektionsradiusc = 1.100e -0,030*t0 20 40 60 80 100 120 140 160TageEine wichtige Größe bei der Planung vonIn-situ-Maßnahmen ist der Injektionsradius(Radius of Influence, ROI) der verwendetenInjektionstechnik zur Einbringung derSanierungshilfsstoffe. Für die eingebrachteMelasse kann der erzielte ROI über denDOC ermittelt werden: Unter der Annahmeder Injektion in einem Zylinder kann beibekanntem Porenvolumen, bekannter In-TerraTech 1-2/2007 TT 5


FORSCHUNG & ENTWICKLUNGjektionsmenge und bekanntem Injektionsteufenbereichermittelt werden, welcherDOC sich am Injektionspunkt bei gleichmäßigerEinbringung einstellen muss. <strong>Das</strong> Bild9 zeigt den unter den standortspezifischenBedingungen zu erwarteten DOC in Abhängigkeitvom erzielten Injektionsradius.Die Bestimmung <strong>des</strong> DOC, unmittelbarnach Injektion, geschah durch Regressionder im Versuchsverlauf ermittelten Werte(siehe Bild 10). Es wurde ein mittlerer Ausgangs-DOCvon 1100 mg/l ermittelt. Dernach Bild 9 resultierende mittlere ROI betrugdemnach ca. 2 m. Eine analoge Betrachtungfür jede einzelne Messstelle imInjektionsbereich lieferte eine Schwankungsbreite<strong>des</strong> Ausgangs-DOC von 500mg/l (Mehrzahl der Messungen) entsprechendeinem ROI von 2,5 m bis 5000 mg/l(Ausnahme) entsprechend einem ROI von< 1 m.Aus den Ergebnissen wird ersichtlich,dass das gewählte Injektionsraster für eineflächendeckende Anwendung geeignet ist.Trotz geringer Kosten der Direct-Push-Methodikbedeutet die Einbringung der Sanierungshilfsstoffeeinen nicht zu vernachlässigendenAufwand. Da am Standort relativgut durchlässige Substrate anstehen, kanndavon ausgegangen werden, dass die ermitteltenROI mit der gewählten Technik odergar mit passiven Einbringmethoden auchan anderen Standorten kaum übertroffenwerden können. Bei passivem Einbringenund einer Verteilung mit dem Grundwasserstromist zudem zu beachten, dass dielongitudinale Dispersivität für Melasse beidurchschnittlichen Fließverhältnissen keinenwesentlichen Beitrag zur Querverteilungleistet.AusblickEs konnte gezeigt werden, dass durch dieInjektion von Melasse, auch bei Ausgangsbelastungenvon > 50 mg/l, ein mikrobiellerAbbau induziert werden konnte. Ein weitererhier nicht vorgestellter Feldversuch, beidem Lactat unter hydraulisch kontrolliertenBedingungen eingesetzt wurde, lieferte vergleichbareErgebnisse. Die Feldversuchegeben somit berechtigten Grund zu der Annahme,dass am Standort ein vollständigerAbbau in kurzer Zeit erreicht werden kann.Letztlichen Aufschluss wird eine Weiterführungder Versuche mit einer fortgesetztenSubstratdosierung geben. Aufgrund derAusdehnung <strong>des</strong> Schadensfalles wird auchfür die aus dem Eintragsherd im Bereich derGleise resultierende Fahne z.Z. die Sicherungmithilfe eines passiv durchströmtenReaktionswandsystems favorisiert. Derflankierende Einsatz biologischer Maßnahmenwird hier einen wesentlichen Beitragzur Reduzierung <strong>des</strong> Schadstoffpotenzialsund der Sanierungsdauer leisten. Literaturhinweise:[1] Hein, P., Tauchert, J., Holm, O., Kilpert, S.,Zittwitz, M. (2006): In-situ-Abreinigung vonTrichlorethen (TCE) im GW mit regenerierbaremFe(0)-Reaktor in horizontaler Anordnung amStandort der ehemaligen WGT-Kaserne Bernau(Land Brandenburg). Schlussbericht zum BMBF-Forschungsvorhaben 0251 231 „Reaktive Wände“[2] Hein, P. 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