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Die Familie Jesu - Schmidt-bernd.eu

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31.1 <strong>Die</strong> verwandtschaftlichen Verhältnisse<strong>Die</strong> Legenden um die Heilige Sippe gehen von den Ureltern Isaschar und Susanna aus, die diebeiden Töchter Anna und Emeria hatten.Anna ist die Großmutter <strong>Jesu</strong>, Esmeria die Großmutter des Johannes.Anna selbst war dreimal verheiratet. Von ihren Ehemännern hatte sie insgesamt drei Töchter,Maria, Maria Kleophas und Maria Salome.Esmeria war die Mutter der Elisabeth, der Mutter von Johannes dem Täufer.<strong>Die</strong> nachfolgende Übersicht zeigt die Zusammenhänge der doch recht verwickelten verwandtschaftlichenBeziehungen der Mitglieder der Heiligen Sippe. Sie wurde [ 4 ] entnommen:Susannavermählt mit YsascharAnnaEsmeriavermählt mitvermählt mit1. Joachim 2. Kleophas 3. Salomas EphraimMaria Maria Kleophas Maria Salome Elisabethvermählt mit vermählt mit vermählt mit vermählt mitJoseph Alphäus Zebedäus Zacharias<strong>Jesu</strong>s Jakobus d.J. Johannes Ev. Johannes d.T.Barnabas Jakobus d.Ä.Simon ZelotesJudas ThaddäusUneinheitlich ist die Darstellung der Frauen am Grab <strong>Jesu</strong>. Matthäus führt in 28,1 MariaMagdalena und "die andere Maria" an. Bei Markus werden in 16,1 Maria Magdalena, Maria,die Mutter des Jakobus, und Maria Salome genannt. Lukas berichtet in 24, 1-10 von MariaMagdalena, Johanna und Maria, der Mutter des Jakobus und andere. Johannes erwähnt nurMaria Magdalena.Erst in den Apokryphen werden die Frauen am Grab als die Drei Marien bezeichnet und diedrei Töchter der Anna angeführt, nämlich Maria, Maria Salome und Maria Kleophas.1.2 Das SippenaltärchenDas Sippenaltärchen zeigt die soeben beschriebenen familiären Verhältnisse sehr d<strong>eu</strong>tlich.Man sieht auf der vom Betrachter aus gesehen rechten Seite Anna. Links außen sitzt ihreTochter Maria. <strong>Jesu</strong>s entdeckt man in der Mitte. Hinter Maria steht Joseph, der EhemannMarias und der Schwiegersohn Annas. Hinter Anna selbst erkennt man ihre drei Männer, Joachim,den Vater der Maria sowie Kleophas und Salomas, die Stiefväter der Maria.


4Auf dem linken Seitenflügel steht Maria Kleophas mit ihrem Ehemann Alphäus und ihren 4Kindern. Der rechte Seitenflügel zeigt Maria Salome mit ihrem Ehemann Zebäd<strong>eu</strong>s und ihrenzwei Kindern.Das Sippenaltärchen in der Sebalduskirchein Nürnberg1.3 <strong>Die</strong> Heilige Sippe in anderen Darstellungen<strong>Die</strong> Hochschätzung der Heiligen Sippe im Mittelalter erkennt man an den vielfältigen Darstellungender <strong>Familie</strong>. So zeigt z.B. das Löffelholz Epitaph in der Kirche St. Lorenz die gesamte<strong>Familie</strong> einschließlich der Eltern und Großeltern von Johannes dem Täufer. Das Epitaphwurde von der <strong>Familie</strong> Löffelholz für ihren Sohn Johannes gestiftet, der im Jahre 1404im Alter von nur zwölf Jahren gestorben war. Der Maler war der Nürnberger Traut d.J. vonSpreier, ein Zeitgenosse Michael Wolgemuts.<strong>Die</strong> einzelnen <strong>Familie</strong>mitglieder sind jeweils bezeichnet.In der Mitte finden wir wieder den kleinen <strong>Jesu</strong>s. Rechts von ihm Maria mit ihrem MannJosef. Josef wird gern glatzköpfig dargestellt, wahrscheinlich um sein hohes Alter d<strong>eu</strong>tlich zumachen, sodass er als Vater nicht mehr in Frage kommt. Alle anderen männlichen <strong>Familie</strong>nmitgliederdürfen elegante Hüte tragen, nur er nicht.Auf der linken Seite im roten Gewand sitzt Anna, links neben ihr ihre drei Ehemänner Joachim,Kleophas und Salomas.<strong>Die</strong> <strong>Familie</strong> unten links umfasst Maria Kleophas mit ihrem Mann Alphäus, den man einenseiner grünen Kleidung erkennt. Um Maria Kleophas herum tollen die vier Söhne Jakobus,Barnabas, Simon und Judas.


5Das Löffelholz Epitaph in derLorenzkirche in NürnbergAuf der rechten Seite am unteren Rand erkennt man Maria Salome mit ihren beiden SöhnenJohannes, der Evangelist und Jakobus der Ältere. Hinter ihr steht prachtvoll gekleidet und mitphantasievollem, weiß eingefassten Hut ihr Mann Zäbedäus.Durch eine halbhohe Mauer von der <strong>Familie</strong> <strong>Jesu</strong> abgetrennt hat der Maler die <strong>Familie</strong> Johannesdes Täufers platziert. Im Hintergrund links in der letzten Reihe steht Elisabeth, die denkleinen Johannes auf dem Arm trägt. Johannes erkennt man an der Fahne mit dem weißenKr<strong>eu</strong>z. Ihr Mann Zacharias fehlt sonderbarer Weise auf dem Bild. Ganz am Rand oben linksbefindet sich Esmeria, die Mutter von Elisabeth. Ihr Mann Ephraim fehlt.Gegenüber auf der anderen Seite des Thrones schaut Eliud, der Bruder von Elisabeth hinterder Mauer hervor. Er trägt einen roten Hut mit Goldrand. (Siehe hierzu [ 4 ])


6Auf der rechten Seite hinter der Mauer stehen entfernte Verwandte, im blauen Gewand Mamelia,eine Nichte der Elisabeth mit ihrem Kind Servatius und ihrem Mann Enim. (Siehehierzu [ 4 ]).Man ist beeindruckt von der liebevollen, phantasiereichen und eindrucksvollen Darstellung.Allein die Gewänder und der herrliche Thron nötigen Bewunderung ab. Das Epitaph rechtfertigteinen Besuch der St. Lorenzkirche in Nürnberg.Eine ähnlich schöne Darstellung findet man im Germanischen Nationalmus<strong>eu</strong>m in Nürnberg.Es handelt sich um ein Tafelbild aus dem Hausbuchmeisterkreis, das um 1480 entstand.2 <strong>Die</strong> Heilige Anna<strong>Die</strong> Heilige Sippe aua dem HausbuchmeisterkreisAnna, die Mutter der Maria hat die Phantasie der Gläubigen im Mittelalter immer wieder beschäftigt.Zahlreiche Legenden ranken sich um ihr Leben und das ihrer <strong>Familie</strong>nmitglieder.2.1 Anna und JoachimIn den kanonischen Evangelien findet sich nichts über die Eltern der Maria. Erst das so genannteProt-Evangelium des Jakobus aus der Mitte des 2. Jahrhunderts erwähnt Anna undJoachim und erzählt ihre Geschichte [1] . Eine weitere Ausgestaltung der Legenden findetman dann bei Jacobus de Voragine in seinem Buch Legenda Aurea [2]. Eine Internetseite bietetLinks auf die Texte des Protevangeliums von Jacobus und der Legenda Aurea [3].


7Joachim wird als greiser Priester geschildert, dessenOpfer im Tempel vom Oberpriester zurückgewiesenwird, da er kinderlos ist. In den Vorstellungen derJuden zeichnet Gott einen Gerechten, der ein frommesLeben führt, mit einer reichen Nachkommenschaftaus. <strong>Die</strong> Mitmenschen scheinen wegen derKinderlosigkeit an der Gottgefälligkeit von JoachimsLebenswandel Zweifel gehabt zu haben.Aus Scham kehrt er nicht nach Hause zurück, sondernbegibt sich hinaus aufs Land zu seinen Herden.Giotto zeigt in seinem Bilderzyklus über das Marienlebenin der Arena-Kapelle in Padua die Zurückweisungdes OpfersKummervoll betrachtet Anna ein Vogelnest mit denihre Jungen fütternden Eltern. Sie ist unglücklich darüber, dass ihr Mutterglück und Mutterfr<strong>eu</strong>denversagt sein sollen.Ein Engel erscheint Anna in ihrem Haus und Joachim auf dem Feld bei den Schafen. Beidewerden angewiesen, sich an der Goldenen Pforte zu treffen; beiden wird ein Kind verheißen.Sowohl Anna wie Joachim erscheint diese Botschaft schwer glaubhaft, da sich beide in hohemAlter befinden.Man sieht auf dem Bild Giottos die Begegnung vonAnna und Joachim vor der Goldenen Pforte. Besondersliebevoll wird die Begegnung der beiden altenEhel<strong>eu</strong>te geschildert, die gemeinsamer Kummer vereint,und denen eine himmlische Botschaft Hoffnungverspricht.Das Motiv von einer langen Kinderlosigkeit, diedurch das Eingreifen Gottes auch dann noch behobenwird, wenn niemand mehr damit rechnet, kommtin der christlichen Tradition mehrmals vor. Es zeigtdie Allmacht Gottes, die über den Gesetzen der irdischenWelt steht und Wunder vollbringen kann.So steht in 1, Mose 18 Vers 10 – 14Da sprach er: Ich will wieder zu dir kommen übersJahr; siehe, dann soll Sara, deine Frau, einen Sohn haben“. Das hörte Sara hinter ihm, hinterder Tür des Zeltes.Und sie waren beide, Abraham und Sara, alt und hochbetagt. Sodass es Sara nicht mehr gingnach der Frauen Weise. Darum lachte sie bei sich selbst und sprach:“Nun, ich bin alt, sollich noch der Liebe pflegen, und mein Herr ist auch alt.“Da sprach der Herr zu Abraham: „Warum lacht Sara und spricht. Meinst du, dass es war sei,dass ich noch gebären werde, die ich doch alt bin?“Sollte dem Herrn etwas Unmöglich sein? Um diese Zeit will ich wieder zu dir kommen übersJahr; dann soll Sara einen Sohn haben.Auch der Prophet Samuel wurde als Kind betagter Eltern nach langer Kinderlosigkeit geboren.In 1. Samuel 1 liest man:Aber er gab Hanna traurig ein Stück, denn er hatte Hanna lieb, obgleich der Herr ihren Leibverschlossen hatte…


8Und sie war von Herzen betrübt und betete zum Herrn und weinte sehr. Und gelobte ein Gelübd<strong>eu</strong>nd sprach: „Herr Zebaoth, wirst du im Elend deiner Magd ansehen und nicht vergessenund wirst du deiner Magd einen Sohn geben, so will ich ihn dem Herrn geben sein Lebenlang, und es soll kein Schermesser auf sein Hauptkommen…Und Hanna ward schwanger; und als die Tage um waren, gebar sie einen Sohn und nannteihn Samuel: Denn, so sprach sie, ich habe ihn von dem Herrn erbeten.<strong>Die</strong> dritte Geschichte betrifft Elisabeth und Zacharias, die Eltern des Johannes. Sie findet sichim N<strong>eu</strong>en Testament bei Lukas 1, Vers 8-25. Sie wird in Kapitel 4 Elisabeth und Zachariasausführlich beschrieben.<strong>Die</strong> Ähnlichkeit mit der Geschichte von Elisabeth und Zacharias von der Geburt des Johannesmit der Geschichte von Anna und Joachim von der Geburt der Maria ist so groß, dass manwohl annehmen muss, dass die Erzähler der Geschichte von Anna und Joachim nicht umhinkonnten zu berichten, dass das, was Gott mit den Eltern des Johannes möglich gemacht hatte,für die Eltern der Maria erst recht gelten muss.2.2 <strong>Die</strong> Geburt der Mariadirekt in den Himmel zu erheben.Zu den Legenden um Anna und Joachim gehörtauch die Geburt der Maria. Unendlich oft wurdediese Szene in der Kunst dargestellt. Hierbei hatman es nicht an liebenswerten Details fehlen lassen,die uns die Geschichte ganz anschaulich vor Augenführen. Ein Beispiel unter vielen ist der Altar ausPfullendorf vom Beginn des 15. Jahrhunderts. DasBild befindet sich in der Staatsgalerie in Stuttgart.Man sieht die sorgfältige Zubereitung des Badewassersund das gewissenhafte Wickeln des <strong>Jesu</strong>skindes.Maria wird derweilen durch eine Krankensuppegestärkt.Im Volksglauben hat sich die Überz<strong>eu</strong>gung entwickelt,dass bereits Maria von Anna auf wunderbareWeise empfangen wurde und Maria somit nicht derErbsünde unterworfen ist. Marias unbefleckte Empfängniswurde im Jahre 1854 von Papst Pius IX zurverbindlichen Lehre für alle Katholiken erhoben.Damit wurde es möglich, Maria nicht dem JüngstenGericht zu unterwerfen und sie nach ihrem Tod2.3 Anna SelbdrittUnter Anna Selbdritt versteht man einen Bildtyp, auf dem die Großmutter Anna, ihre TochterMaria und das <strong>Jesu</strong>skind vereint dargestellt sind. Man gewinnt Einblick in ein idyllisches <strong>Familie</strong>nleben,das von den Künstlern immer wieder mit großem Einfühlungsvermögen gestaltetworden ist, wobei es ihnen wichtig war, die liebevolle Zuwendung der drei Beteiligten zueinandererlebbar zu machen.Sehr häufig sitzt hierbei Maria in wenig realistischer Darstellung stark verkleinert auf AnnasSchoß. Man hat eher den Eindruck eines Püppchens.


1In der Sebalduskirche findet sich ein Andachtsbild mit Anna Selbdritt, die von der HeiligenKatharina und dem Heiligen Nikolaus flankiert wird. Es handelt sich um eine Stiftung vonKonrad Imhoff zum Gedenken an seine Frau Anna, eine geborene Rotflasch. Anna Rotflaschstarb im Jahre 1413, wahrscheinlich im Kindbett. Der Maler selbst ist nicht bekannt.Anna Selbdritt mit den beiden Heiligen Katharina undNikolaus aus der Sebalduskirche in NürnbergEine besonders liebevolle Darstellung der Anna Selbdritt stammt aus Straßburg und wurde inder Zeit um 1480 geschaffen. Ganz menschlich-irdisch geht es hier zu. Selten wurde dieinnige Beziehung zwischen einer jungen Mutter, einer glücklichen Großmutter und einemkecken Knäblein eindrucksvoller und überz<strong>eu</strong>gender ins Bild gesetzt.<strong>Die</strong> Sandsteinskulptur befindet sich in der Skulpturensammlung der staatlichen Museen inBerlin.


2Anna Selbdritt aus Straßburg3 <strong>Die</strong> Heilige ElisabethElisabeth ist die Mutter von Johannes dem Täufer. Nur der Evangelist Lukas ist es, der ihreGeschichte erzählt. <strong>Die</strong> Legende hat nachträglich Maria und Elisabeth zu Kusinen gemachtund damit in die <strong>Familie</strong> <strong>Jesu</strong> eingeführt. Beiden wurden mit Susanna und Ysaschargemeinsame Großeltern zugeteilt.3.1 Elisabeth und Zacharias<strong>Die</strong> Geschichte von Elisabeth und Zacharias ähnelt der Geschichte von Anna und Joachim.Auch für Elisabeth und Joachim blieb zunächst der Kinderwunsch unerfüllt und auch ihnenwurde auf übernatürliche Weise noch ein Knabe geschenkt. Lukas schreibt hierzu in 1, 5-25:


3Zu der Zeit des Herodes, des Königs von Judäa, lebte ein Priester von der Ordnung Abija, mitNamen Zacharias, und seine Frau war aus dem Geschlecht Aaron und hieß Elisabeth.Sie waren aber beide fromm vor Gott und in allen Geboten und Satzungen des Herrnuntadelig. Und sie hatten kein Kind; denn Elisabeth war unfruchtbar, und beide warenhochbetagt.Und es begab sich, als Zacharias den Priesterdienst vor Gott versah, da seine Ordnung ander Reihe war, dass nach dem Brauch der Priesterschaft das Los traf, das Räucheropferdarzubringen; und er ging in den Tempel des Herrn. Und die ganze Menge des Volkes standdraußen und betete zur Stunde des Räucheropfers.Da erschien ein Engel des Herrn und stand an der rechten Seite des Räucheraltars. Und alsZacharias ihn sah, erschrak er, und es kam Furcht über ihn.Aber der Engel sprach zu ihm: „Fürchte dich nicht, Zacharias, denn dein Gebet ist erhört,und deine Frau wird dir einen Sohn gebären und du sollst ihm den Namen Johannes geben.Und du wirst Fr<strong>eu</strong>de und Wonne haben, und viele werden sich über seine Geburt fr<strong>eu</strong>en.Denn er wird groß sein vor dem Herrn…“Und Zacharias sprach zu dem Engel: „Wie soll ich das erkennen? Denn ich bin alt und meineFrau ist betagt.“Der Engel antwortete und sprach zu ihm: „Ich bin Gabriel, der vor Gott steht, und ich bingesandt, mit dir zu reden und dir dies zu verkündigen. Und siehe, du wirst stumm werden undnicht reden könnenbis zu dem Tag, an dem dies geschehen wird, weil du meinen Worten nichtgeglaubt has, die erfüllt werden sollen zu ihrer Zeit.“Und das Volk wartete auf Zacharias und wunderte sich, dass er so lange in dem Tempel blieb.Als er aber herauskam, konnte er nicht mit ihnen sprechen; und die merkten, dass er eineErscheinung gehabt hatte im Tempel. Und er winkte ihnen und blieb stumm.Und es begab sich, als die Zeit seines <strong>Die</strong>nstes um war, das ging er heim in sein Haus. Nachdiesen Tagen wurde seine Frau Elisabeth schwanger und hielt sich fünf Monate verborgenund sprach: „So hat der Herr an mir getan in den Tagen, als er mich angesehen hat, ummeine Schmach unter dem Menschen von mir zu nehmen.“Und weiter berichtet Lukas in 1, 57-58Und für Elisabeth kam die Zeit, dass sie gebären sollte; undsie gebar einen Sohn. Und ihre Nachbarn und Verwandtenhörten, dass der Herr große Barmherzigkeit an ihr getanhatte und fr<strong>eu</strong>ten sich mit ihnen.Nun ist ganz offensichtlich, dass bereits der Bericht desLukas stark legendäre Züge aufweist.Man nimmt an, dass Lukas die Erzählungen um Johannesauf diese Weise ausgestaltet hat, um die Bed<strong>eu</strong>tung <strong>Jesu</strong>herauszustellen und um damit den Ansprüchen derTäuferanhänger entgegentreten zu können.Im Stundenbuch des Jean de Berry aus dem 14. Jahrhundertfindet sich eine Darstellung mit Zacharias und dem EngelGabriel. Das Stundenbuch befindet sich in der BibliothèqueNationale de France in Paris.


43.2 <strong>Die</strong> HeimsuchungUnter Heimsuchung versteht man den Besuch der Maria im Haus und Heim der Elisabeth. <strong>Die</strong>Begegnung der beiden Frauen gibt Lukas die Gelegenheit, zu betonen, dass <strong>Jesu</strong>s der Herr istund Johannes nur die Rolle des Vorläufers zugedacht wurde. Lukas schreibt hierzu in 1,39-43und 56Maria aber machte sich auf in diesen Tagen und ging eilends in das Gebirge zu einer Stadt inJuda und kam in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabeth. Und es begab sich, alsElisabeth den Gruß Marias Hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leibe. Und Elisabeth wurde vomHeiligen Geist erfüllt und rief laut und sprach: „Gepriesen bist du unter den Frauen undgepriesen ist die Frucht deines Leibes! Und wie geschieht mir, dass die Mutter meines Herrnzu mir kommt?“…Und Maria bleib bei ihr etwas drei Monate; danach kehrte sie wieder heim.<strong>Die</strong> Begegnung der beiden Mütter hat die Phantasie der Künstler immer wieder angeregt undzu unterschiedlichen Darstellungen geführt.Frühe Darstellungen wie das Fresko aus Vich bei Barcelona oder Giottos Fresko in der Arena-Kapelle in Padua konzentrieren sich auf die liebevolle Umarmung und verzichten aufablenkende Details. Man spürt die Zuneigung der beiden Schwangeren füreinander und manahnt, wie das Kind in Leibe der Elisabeth hüpft.<strong>Die</strong> Heimsuchung aus Vich<strong>Die</strong> Heimsuchung aus PaduaD<strong>eu</strong>tlich aufwändiger und erzählfr<strong>eu</strong>diger gestalten spätere Darstellungen die Begegnung aus.Ein Beispiel ist ein Altar aus dem Schottenkloster in Wien. Hier verschiebt sich bereits dasGewicht auf die Umgebung. Man merkt, mit welcher Fr<strong>eu</strong>de der Maler die Stadt geschilderthat!


5<strong>Die</strong> Heimsuchung aus WienGeradezu bombastisch beschreibt Domenico Ghirlandaio auf seinem Fresko in der KircheSanta Maria Novella in Florenz das Ereignis. Er führt eine grandiose Inszenierung vor, bei derwenig von der Unmittelbarkeit der frühen Darstellungen übrig geblieben ist. Ghirlandaio istmehr an der eindrucksvollen Ausstattung, der prachtvollen Architektur und den luxuriösenGewändern interessiert. Er hat wenig Gespür für die innige, gefühlvolle Begegnung derbeiden Schwangeren.<strong>Die</strong> Heimsuchung aus Florenz


63.3 <strong>Jesu</strong>s und JohannesNachdem Elisabeth und Maria Kusinen geworden waren, steht nichts im Wege, dass sich<strong>Jesu</strong>s und Johannes als Buben begegnen und zusammen spielen. <strong>Die</strong> Phantasie der Gläubigenund mit ihnen die derMaler haben sich immerwieder liebenswerteSituationen ausgedacht, indenen die beiden inkindlich unbeschwerterWeise miteinanderumgehen. Ein Bild aus derZeit um 1400 zeigt Mariaund Elisabeth zusammenbei häuslicher Arbeit. Zuihren Füßen spielen <strong>Jesu</strong>sund Johannes.Offensichtlich streiten siesich um die Bratpfanne.Johannes beschwert sichbei seiner MutterElisabeth über <strong>Jesu</strong>s: „sichin mutter ihesus tut mier“4 <strong>Die</strong> Legenden in unserer ZeitEs fällt auf, dass einige, bereits lang bekannte Unstimmigkeiten in den Legenden ungeklärtbleiben.Zunächst geht es um die Abstammung <strong>Jesu</strong>. Es wird behauptet, dass <strong>Jesu</strong>s aus demGeschlechte David stammt. Paulus schreibt dazu in Römer 1, 1-3Paulus, ein Knecht Christi <strong>Jesu</strong>, berufen zum Apostel, ausgesondert, zu predigen dasEvangelium Gottes, das er zuvor verheißen hat durch seine Propheten in der heiligen Schrift,von seinem Sohn <strong>Jesu</strong>s Christus, unserm Herrn, der geboren ist aus dem Geschlecht Davidsnach dem Fleisch.<strong>Die</strong>se Abstammung schien erforderlich, weil der von den Juden erwartete Messias aus demHause Davids kommen sollte. Sowohl Matthäus wie auch Lukas führen die Ahnenreihe aufunterschiedlichen Wegen von David zu Joseph. Da aber <strong>Jesu</strong>s von der Jungfrau Maria undohne Zutun von Joseph geboren wurde, ist es schwer erklärbar, wieso <strong>Jesu</strong>s ein Sohn Davidssein soll.Eine zweite Unstimmigkeit ergibt sich, wenn man auf der einen Seite hört, dass Zacharias altund seine Frau Elisabeth betagt ist. Gleichzeitig soll Elisabeth die Kusine der jungen Mariasein. Das passt nur schwer zusammen.


7Welche Bed<strong>eu</strong>tung können die Legenden um die Heilige Sippe h<strong>eu</strong>te für einen Betrachter ausunserer Zeit noch haben und mit welcher Einstellung kann man sich den Darstellungennähern?Insgesamt gesehen bleibt nur die Einsicht, dass es sich bei den <strong>Familie</strong>ngeschichten von <strong>Jesu</strong>sum Legenden handelt, die sich im Laufe der Zeit entwickelt haben und sicherlich nicht denhistorischen Sachverhalt wiedergeben.Wenn man eine fundamentalistische Lesart ausschließt und nicht annimmt, dass es sich umtatsächliche Sachverhalte handelt, bleibt als Erstes die Fr<strong>eu</strong>de an den liebenswertenErzählungen. Es ist anrührend zu sehen, mit welchem Einfühlungsvermögen sich dieLegendenerzähler und die Künstler der Geschichten angenommen haben und sie immerlebendiger, lebensnäher und bunter ausgestaltet haben.Als Zweites vermitteln die Legenden einen tiefen Einblick in die Seelenlage der Menschendes Mittelalters, die sich mit diesen Geschichten eine Welt erdacht haben, die ihnen Sicherheitund Zuversicht zu geben vermochte. Sie konnten sich in diesen Geschichten wiedererkennenund sich deshalb von den Heiligen in diesen Geschichten Hilfe und Verständnis für ihreeigenen Sorgen und Nöte erwarten.Man kann beklagen, dass es in der gegenwärtigen Zeit keine glaubhaften Geschichten mehrgibt, die von allen anerkannt werden und die zur Selbstgewissheit und zum Selbstverständnisaller Beteiligten beitragen.Literatur[1] Weidinger Erich; <strong>Die</strong> Apokryphen; Pattloch Verlag, Augsburg, 1994[2] Jacobus de Voragine; <strong>Die</strong> Legenda Aurea; Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, 2007[3] http://www2.hu-berlin.de/sachkultur/Anna/legende.htm[4] Keller, Hiltgart; Reclams Lexikon der Heiligen und biblischen Gestalten; ReclamUniversalbibliothek, Stuttgart 1968

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