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Einführung in die mittelalterliche Mystik. - an der Universität ...

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- 6 -Texte beziehen sich bek<strong>an</strong>ntlich auch direkt auf Bildwerke <strong>in</strong> Frauenklöstern, lehrenden Umg<strong>an</strong>g mit ihnen (sehr e<strong>in</strong>drücklich schon im frühen Speculum Virg<strong>in</strong>um)und verkörpern e<strong>in</strong>e Bilddidaxe, um <strong>die</strong> es <strong>der</strong> deutschsprachigen <strong>Mystik</strong> ja <strong>in</strong>sprachlich-diskursiver H<strong>in</strong>sicht g<strong>in</strong>g. Wenn Frauen und Männer <strong>in</strong> Klöstern lebenspraktischbed<strong>in</strong>gt eng aufe<strong>in</strong><strong>an</strong><strong>der</strong> bezogen lebten und schrieben, so bedeutet <strong>die</strong>seBezogenheit also auch Reaktion auf <strong>die</strong> Welt <strong>der</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>en, und zwar auf ihre Texteebenso wie auf <strong>die</strong> reichen Bildwelten <strong>in</strong> ihren Gemäuern, auf <strong>die</strong> Bil<strong>der</strong> <strong>in</strong> ihren Refektorienund <strong>die</strong> Kunstobjekte im Kirchenraum o<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Klausur. Die <strong>in</strong> Bonn undEssen gezeigte Doppelausstellung (17. März bis 3. Juli 2005) vermittelt davon e<strong>in</strong>enfür <strong>die</strong> gegenwärtigen Forschergenerationen wohl e<strong>in</strong>maligen E<strong>in</strong>blick (Krone undSchleier – Kunst aus <strong>mittelalterliche</strong>n Frauenklöstern; http://www.krone-undschleier.de).Auch <strong>der</strong> umf<strong>an</strong>greiche Katalog – er verkörpert ebenfalls e<strong>in</strong>etr<strong>an</strong>satl<strong>an</strong>tische Kooperation zwischen <strong>der</strong> deutschsprachigen und <strong>der</strong>amerik<strong>an</strong>ischen Mediävistik – versammelt endlich jene Objekt- und Bildwelt zwischenzwei Buchdeckeln, von denen <strong>die</strong> Texte selbst sprechen 9 und von denen sie, woraufStörmer-Caysa (z.B. 147-149) selbst auch h<strong>in</strong>weist, mitunter Wun<strong>der</strong>sameserzählen.Bild-, Text- und Frömmigkeitskritik wirken hier parallel und s<strong>in</strong>d für <strong>die</strong>spät<strong>mittelalterliche</strong> <strong>Mystik</strong>geschichte nicht zu trennen. Der <strong>in</strong> den Frauenklösterngepflegte kultische Umg<strong>an</strong>g mit Sakralkunst nährt – kaum weniger als <strong>die</strong> dortkursierenden Textkompilate – <strong>die</strong> sehr heftige spät<strong>mittelalterliche</strong> Skepsis <strong>an</strong>gesichtsmystischer Phänomene. Die mystische For<strong>der</strong>ung nach Bildlosigkeit, <strong>die</strong> über denspät<strong>mittelalterliche</strong>n Klöstern <strong>der</strong> Teutonia schwebte, umfasst paradoxerweise auchden unermesslichen Aufw<strong>an</strong>d <strong>an</strong> materialisierter Devotion und Demonstration desgeistlichen St<strong>an</strong>des. Die Radikalität <strong>der</strong> <strong>an</strong>zustrebenden Bildlosigkeit zeigt sich imImpuls, alles <strong>in</strong> Zeit und Raum Geschaffene <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Ursprung zurückzuführen,alles Verfestigte zu verflüssigen. Texte wie Bildwerke sche<strong>in</strong>en aus <strong>die</strong>sem Paradox,das gerade auch ihre eigene Konstitution betrifft, nicht zu entkommen: Die Horizonte<strong>der</strong> E<strong>in</strong>swerdung, von denen sie künden, rücken erst für <strong>die</strong>jenigen <strong>in</strong> Sicht, <strong>die</strong> dashistorische hic et nunc – und damit ihr eigenes Geschaffense<strong>in</strong> sowie dasjenige allerArtefakte – zu negieren willens s<strong>in</strong>d.Prof. Dr. Hildegard Elisabeth KellerDeutsches Sem<strong>in</strong>ar <strong>der</strong> Universität ZürichSchönberggasse 9CH-8001 Zürichhildegard.keller@access.unizh.ch9 Beispielsweise kommentiert Joh<strong>an</strong>nes Tauler <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Predigt 69 e<strong>in</strong> Bild aus HildegardsLiber Scivias. Siehe JEFFREY F. HAMBURGER: Die „verschiedenartigen Bücher <strong>der</strong>Menschheit“: Joh<strong>an</strong>nes Tauler über den Scivias Hildegards von B<strong>in</strong>gen. Übersetzt und herausgegebenvon MICHAEL EMBACH (Mitteilungen und Verzeichnisse aus <strong>der</strong> Bibliothekdes Bischöflichen Priestersem<strong>in</strong>ars zu Trier 20, 2005).Perspicuitas. INTERNET-PERIODICUM FÜR MEDIÄVISTISCHE SPRACH-, LITERATUR- UND KULTURWISSENSCHAFT.http://www.perspicuitas.uni-essen.de/

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