Vorwort der Programmkommission„Make it snappy!“, hätte man bei Warner Bros.in den dreißiger Jahren gesagt – „rank &schlank“ sollte die DIAGONALE <strong>2004</strong> ausfallen.Eine von sechs auf vier Tage verkürzte „originale“DIAGONALE hatten wir mit Programmzu füllen. Dafür blieben uns ungefähr sechsWochen Zeit – sechs Wochen, für die wirArbeits- und Urlaubspläne umkrempeln undvieles andere aus unseren Terminkalendernstreichen mussten.Als die (in diesem Jahr verlängerte) Einreichfristam 20.12. ablief, lagen 466 Filme undVideos zur Sichtung vor. Mehrfach trafen wiruns in Wien, um gemeinsam zu sichten, aberschon bald wurden auch zwischen Wien, Linz,Meran, Zürich, Rotterdam und Berlin regelmäßigPakete mit Videokassetten hin- und hergeschickt– und jeden Tag reichlich E-mails,in denen nicht nur über das Gesehene debattiertwurde, sondern auch über das Gesicht,das wir dieser DIAGONALE geben sollten:Einem Festival, das auf spektakuläre Weiseauf die Beine gestellt wurde, aber nicht in ein„anything goes“-Spektakel ausarten sollte.Dass die überwiegende Mehrheit der Filmschaffendensich mehr oder weniger spontan für dasursprünglich als „Gegen<strong>Diagonale</strong>“ ins Lebengerufene Festival entschied und mit einer (imVergleich zu den Vorjahren) noch größeren Zahlan Einreichungen beglückte, machte die Sacheangesichts der dezimierten Programmplätzenicht leichter. Das heißt: Wir mussten letztlichstrenger auswählen. Und waren wir zunächstpositiv überwältigt von der Anzahl der Sonderveranstaltungen,die uns als Zeichen derSolidarität mit der „originalen“ DIAGONALEangeboten wurden, so mussten wir uns imnächsten Moment fragen, wie all das auf dieBeine gestellt und untergebracht werden sollte.Die Enttäuschung derer, deren Filme undVideos nicht ausgewählt wurden – darunterviele, von denen wir uns selber nur schwertrennen konnten – ist verständlich. Allerdingskonnten und wollten wir es uns nicht leisten,auf der „<strong>Diagonale</strong> der Filmschaffenden“alles zu zeigen, was uns zur Auswahl angebotenwurde.Auf jeden Fall war es eine Herausforderung,in so kurzer Zeit eine Aufgabe zu bewältigen,welche die Intendanz der Vorjahre unter langfristigabgesteckten Rahmenbedingungenabwickeln konnte. Und schnell war uns klar:Sieben Leute schaffen das nicht in einemSiebtel der Zeit, sondern sie bringen manchmalauch sieben unterschiedliche Sichtweisen ein.Gerade über Kurzfilme haben wir nicht seltenein Vielfaches der Filmdauer diskutiert.Über die zuweilen strenge Handhabung diskursivverhandelter Qualitätskriterien im Hinblickauf einzelne Filme hinaus war es unssehr wichtig, richtungsweisende Akzente zusetzen: Beispielsweise durch den Verzicht auf„gepflegte Fernsehunterhaltung“ oder aufDokumentationen mit alles erklärendenOff-Kommentaren (die anderswo durchausihre Berechtigung haben) zugunsten von subjektiverenund formal riskanteren Zugängen.Im Zweifelsfall haben wir uns eher für dieEcken und Kanten entschieden als für das„Glatte“ und Solide.Auch in unseren Diskussionen gab es Eckenund Kanten – und es wurde nicht nur gepflegtdiskutiert, sondern auch gestritten. Aber eswar letzten Endes ein positives Streiten –angesteckt vom allgemeinen Enthusiasmus,der das Unternehmen „originale“ DIAGONALEvon Anfang an beflügelte. Den wahrscheinlich
größten Ansporn lieferte das DIAGONALE-Team,das trotz unsicherer Entlohnung bereits kräftigam Werken war, als wir erst loslegten, und unsbei allem unterstützte.Die DIAGONALE <strong>2004</strong> steht ebenso für Kontinuitätwie sie ein phasenweise halsbrecherischanmutendes Wagnis darstellte. Trotz derpolitisch massiv betriebenen Verhinderungen,trotz des mancherorts lange anhaltendenZögerns und opportunistischen Abwartens –und, letztlich, dank des Mutes jener, die an die„originale“ DIAGONALE glaubten und sie wollten,bleibt sie das Forum des österreichischenFilms, auf dem alle im vergangenen Jahr in denKinos gestarteten abendfüllenden Filme ebensozu sehen sind wie eine Auswahl neuer Arbeiten:Vom Spielfilm fürs große Publikum bis zumelektrisierend irritierenden Experimentalfilm,von der nur 37 Sekunden langen Miniatur biszum dreieinhalbstündigen Dokumentarfilm.Die DIAGONALE <strong>2004</strong> vereint verspielte Genrevariationenmit akkurat komponierter Avantgarde– oftmals im selben Programm undmanchmal auch im selben Film. Sie blickt indie Vergangenheit und setzt die bewährteZusammenarbeit mit Institutionen wie demÖsterreichischen Filmarchiv (das erstmalsgemeinsam mit dem Österreichischen Filmmuseumein Programm präsentiert) oder mitSynema fort, und sie blickt – etwa mit demSchweizer Film Mais im Bundeshuus oderProgrammen aus Tschechien und Serbien –über die Grenzen.anderem durch die öffentliche Auseinandersetzungmit thematischen und formalen Akzentenoder Tendenzen, die Teile des diesjährigenProgramms auf bemerkenswerte Weise kennzeichnen.Nicht zuletzt stellen wir das Festivalund seine Fortsetzung bestimmende Interessen,Hoffnungen und Befürchtungen selbst zurDebatte: In einer abschließenden Podiumsdiskussion,in der die Frage erörtert wird:Wie geht es weiter mit der DIAGONALE?„Rank & schlank“ ist die DIAGONALE <strong>2004</strong>letztlich also nicht geworden. Wer in diesemJahr nach Graz kommt, dürfte kaum wenigervielfältige Eindrücke mitnehmen als in denJahren zuvor – vielleicht sogar mehr.Frank ArnoldRobert BuchschwenterBirgit FlosMarcy GoldbergStella RolligAlexandra SeibelSylvia SzelyProgrammkommission DIAGONALE <strong>2004</strong>Die DIAGONALE <strong>2004</strong> steht aber auch füretwas Neues: Diskursiv und streitbar wie ihrZustandekommen wird sich auch der Umgangmit den gezeigten Filmen gestalten – unter