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Mehr als Gartenarbeit

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<strong>Mehr</strong> <strong>als</strong> <strong>Gartenarbeit</strong><br />

WWOOFen und Englischunterricht<br />

von 5. September bis 29. November 2005<br />

Name: Margrit Schweighofer<br />

Alter: 55 Jahre<br />

Kommt aus: Lustenau<br />

Erfüllung eines Jugendtraums<br />

„Als ich noch zur Schule ging war es immer mein Traum einmal ins Ausland zu gehen. Zur<br />

damaligen Zeit waren Auslandsaufenthalte aber weniger üblich und meine Eltern sahen wenig<br />

Sinn darin.<br />

Den Impuls für meine Auslandsreise gab mir mein Jobwechsel im letzten Jahr. Ich hatte neben<br />

meiner Tätigkeit im Haushalt und im Büro meines Mannes neun Jahre <strong>als</strong> Sekretärin in einem<br />

Pfarrhaus gearbeitet. Ich sah den Jobwechsel <strong>als</strong> Chance nun endlich meinen Jugendtraum zu<br />

erfüllen und ins Ausland zu gehen. Mein Hauptmotivation ins Ausland zu gehen, bestand vor<br />

allem darin meine minimalen Englischkenntnisse zu verbessern. Mein Englisch war zu dem<br />

damaligen Zeitpunkt ziemlich schlecht, da es schon einige Jährchen her gewesen war, <strong>als</strong> ich<br />

Englisch in der Schule gelernt hatte.<br />

Ein Bekannter gab mir Tipps und Informationen über die Möglichkeiten im Ausland eine Sprache<br />

zu lernen. Den Besuch eines Kurses in einer Sprachschule war für mich weniger passend, da<br />

Sprachschulen für drei Monate sehr teuer sind. Ich wollte auf alle Fälle in einer Gastfamilie<br />

wohnen, um die Sprache, Land und Leute möglichst gut kennen zu lernen und auch im Alltag von<br />

Englisch sprechenden Menschen umgeben zu sein.<br />

Durch meinen Bekannten erfuhr ich vom WWOOFen, dem Arbeiten auf biologischen<br />

Bauernhöfen. Alle weiteren Infos zum Thema bezog ich aus dem Internet.<br />

Ich entschied mich, nach England zu gehen. Ich wollte dort eine Familie finden, die ich immer<br />

wieder spontan für kurze Zeit besuchen könnte, auch wenn ich nicht mehr <strong>als</strong> WWOOFerin<br />

unterwegs sein würde. Wichtig war für mich vor allem, dass ich den Faden zur englischen<br />

Sprache nicht mehr verlieren würde.“<br />

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Wie wird man ein Mitglied?<br />

„Ein Mitglied bei WWOOF zu werden, ist sehr einfach:<br />

Ich lud mir das Anmeldeformular aus dem Internet und<br />

füllte es aus. Gemeinsam mit einem Passfoto und ca. 15<br />

Pfund (= Mitgliedsbeitrag für ein Jahr) schickte ich das<br />

Formular an die Organisation in England. Kurze Zeit<br />

später bekam ich die Broschüre zugeschickt, in der die<br />

Adressen von WWOOF-Höfen aufgelistet waren. Die<br />

Broschüre ist sehr gut gegliedert und die Höfe werden<br />

darin genau beschrieben (z. B. ob auf dem Hof<br />

Tierhaltung, Ackerbau, Käseerzeugung betrieben wird).<br />

Es ist ganz wichtig, dass sich angehende WWOOFerInnen die Beschreibungen der Höfe sehr<br />

genau und aufmerksam durchlesen. So können spätere Missverständnisse so gut wie gar nicht<br />

vorkommen.<br />

Ich suchte mir aus der Liste Höfe, die sich auf Ackerbau und <strong>Gartenarbeit</strong> spezialisierten. Da ich<br />

zu Hause selber einen Biogarten habe, hatte ich mit diesen Arbeiten bereits Erfahrung. Per e-Mail<br />

schrieb ich die ausgesuchten Höfe an und bekam bald einige Rückmeldungen.“<br />

Fühlen wie ein Familienmitglied<br />

„Schließlich landete ich nicht auf einem Bauernhof, wie es beim WWOOFen üblicherweise der Fall<br />

ist, sondern in einem privaten Altersheim in East Lydford, in der Nähe von Glastonbury. Meine<br />

Gastfamilie bestand aus einem Ehepaar in meinem Alter, den erwachsenen Kindern, die ab und<br />

zu auf Besuch kamen und einer älteren Dame, die vom Ehepaar betreut wurde.<br />

Gleich zu Beginn meiner WWOOF-Zeit fragte ich, ob ich drei Monate bleiben könnte – für einen<br />

Monat wurde mir zugesagt.<br />

Die WWOOF-Höfe wollen sich nämlich aus Erfahrung lieber für kurze Zeit binden. Einerseits geht<br />

es meistens von den WWOOFerInnen selbst aus, dass sie sich nicht für lange Zeit an einen Ort<br />

binden wollen. Die Kurzlebigkeit und die Möglichkeit von einem Hof zum anderen zu wechseln,<br />

macht das WWOOFen ja eigentlich aus. Andererseits sind die WWOOF-Betriebe vorsichtig sich<br />

länger zu binden, da das Zusammenleben nicht passen könnte. Denn nicht selten kommen junge<br />

Menschen auf einen Biobauernhof, die noch nie im Garten, geschweige denn in der<br />

Landwirtschaft, gearbeitet haben, und für die manuelle Arbeit ein absolutes Fremdwort ist. Viele<br />

junge Menschen stellen sich die Arbeit zu einfach vor und ihnen ist nicht bewusst, dass die Arbeit<br />

auf einem Bauernhof sehr anstrengend sein kann. Als WWOOFerIn sollte man zupacken können,<br />

sich für nichts zu schade sein und früh aufstehen gehört zum Programm.<br />

Mein fortgeschritteneres Alter kam mir öfters zu Gute. Bei 30-jähriger Haushaltserfahrung sah ich<br />

die Arbeit, niemand musste mir sagen, was ich zu tun habe und ich arbeitete selbstständig.<br />

Meine Aufgaben bestanden darin zu kochen und im Haushalt und im Garten mitzuhelfen. Mit der<br />

pflegebedürftigen, alten Dame hatte ich kaum zu tun – abgesehen von den gemeinsamen Essen.<br />

Für etwa fünf bis sechs Stunden Arbeit pro Tag, und das sechs Tage die Woche, bekam ich gratis<br />

Unterkunft und Kost – das ist ja der Deal beim WWOOFen. Ich wurde recht herzlich in die Familie<br />

aufgenommen und gehörte ziemlich schnell zur Familie. Wenn Gäste auf Besuch kamen, wurde<br />

ich auf alle Ausflüge mitgenommen und bekam somit kostenlos die Möglichkeit das Land kennen<br />

zu lernen. Das war sicher ein Glücksfall und ist wahrscheinlich nicht üblich. Dadurch, dass ich<br />

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meinen Aufenthalt nach meinem ersten Monat für zwei Monate verlängerte und weiterhin bei der<br />

Familie wohnte, wuchsen wir natürlich zusammen.“<br />

Persönliche Veränderungen<br />

„Seit meinem Auslandsaufenthalt änderte sich für mich so einiges. Es vergrößerte sich nicht nur<br />

mein Horizont, sondern vor allem mein Bekanntenkreis. Es kamen viele Leute, die von meiner<br />

WWOOF-Zeit erfahren hatten, auf mich zu und wollten mehr über meine Zeit in England hören.<br />

Es war auch höchst interessant einmal in einer anderen Kultur zu leben. Durch das<br />

Zusammenleben mit fremden Menschen unter einem Dach, lernte ich die Welt aus einem<br />

anderen Blickwinkel kennen.<br />

Ich kann es allen nur empfehlen ins Ausland zu gehen und dort neue Erfahrungen zu sammeln.<br />

Nirgends sonst lernt man eine fremde Sprache besser und schneller, <strong>als</strong> direkt in dem Land, wo<br />

sie gesprochen wird.“<br />

Was kam danach?<br />

„Nach meinem Aufenthalt in England ging ich in einen englischen Konversationskurs, um die<br />

Sprache weiterhin sprechen zu können. Erst im Kurs bemerkte ich, wie viele Menschen eigentlich<br />

eine schlechte Aussprache in Englisch haben. Das ist auch nicht verwunderlich, denn, wenn man<br />

die Sprache in dem Land lernt, in dem sie gesprochen wird, hat man sie tagtäglich im Ohr. Man<br />

hört diese Unterschiede erst, wenn man einige Zeit im Ausland verbracht hat.<br />

Ich habe noch sehr viel Kontakt mit meiner damaligen Gastfamilie. Wir telefonieren oft und sind<br />

im regen e-Mail-Kontakt. Im Sommer besuchte ich sie sogar für drei Wochen.“<br />

Tipps<br />

• Man sollte sich bewusst sein, dass WWOOFen sehr wohl körperliche Arbeit bedeutet, was<br />

soviel heißt, dass man in der Lage sein sollte ein paar Stunden auf dem Ackerfeld, Garten<br />

oder im Stall zu arbeiten – und das vielleicht sogar bei hohen Temperaturen.<br />

• Beim WWOOFen müssen sich die WWOOFerInnen selbst versichern.<br />

• Die Biobauernhöfe sind meistens nicht in der Großstadt angesiedelt, sondern können<br />

recht weit draußen und abgelegen in der Einöde liegen. Der Bus ist in England zwar noch<br />

einigermaßen erschwinglich, aber die Bahn ist sehr teuer. Wenn Jugendliche nicht nur die<br />

nähere Umgebung des Bauernhofs kennen lernen, sondern mehr vom Land sehen wollen,<br />

sollten sie die Auswahl des Bauernhofs ein wenig von der Infrastruktur abhängig machen.<br />

• East Lydford ist sehr klein und hat gerade mal ein Pub und einen kleinen<br />

Lebensmittelladen. Ausgehmöglichkeiten und Diskos sind recht weit entfernt und ohne<br />

Auto in der Nacht nicht erreichbar. Jugendliche sollten das bei der Bauernhof-Auswahl<br />

ebenfalls berücksichtigen.<br />

• Um die Sprache wirklich zu lernen, ist es von Vorteil ohne Freunde zu reisen, sodass man<br />

keine Möglichkeit hat Deutsch zu sprechen.<br />

@Kontakt<br />

Falls du Fragen an Margrit hast, oder einfach nur mit ihr in Kontakt kommen möchtest, schreib<br />

ihr eine e-Mail: tischlerei.schweighofer@aon.at.<br />

Links<br />

www.wwoof.org: Internationale WWOOF-Website<br />

Interview: Andrea Fercher/August 2006<br />

Fotos: Margrit Schweighofer<br />

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