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EMDR in der Behandlung von Suchtpatienten mit ... - Dr. Martin Zobel

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<strong>EMDR</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Behandlung</strong> <strong>von</strong> <strong>Suchtpatienten</strong> <strong>mit</strong> posttraumatischer Belastungsstörung1Mart<strong>in</strong> <strong>Zobel</strong>1. E<strong>in</strong>leitungDie Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, dass wir im Laufe unseres Lebens e<strong>in</strong>em o<strong>der</strong> mehrerentraumatisierenden Ereignissen ausgesetzt s<strong>in</strong>d, ist relativ hoch: Die Lebenszeitprävalenzen<strong>von</strong> traumatischen Ereignissen und e<strong>in</strong>er posttraumatischen Belastungsstörungbetragen <strong>in</strong> <strong>in</strong>ternationalen epidemiologischen Studien für Frauen 17,7 – 74,2Prozent (PTBS: 1,3 - 12,3 Prozent) und für Männer 25,2 - 81,3 Prozent (PTBS: 0,4 -6,0 Prozent) (Kuhn, 2004). Menschen <strong>mit</strong> Suchtproblemen berichten dabei überzufällighäufig <strong>von</strong> Gewalt- und Missbrauchserfahrungen <strong>in</strong> K<strong>in</strong>dheit, Jugend und im Erwachsenenalter.In vielen Fällen kann e<strong>in</strong> Zusammenhang zwischen dem traumatischenEreignis, <strong>der</strong> Entwicklung e<strong>in</strong>er posttraumatischen Belastungsstörung und Alkoholmissbrauchund –abhängigkeit abgeleitet werden (Perkonigg et al., 2000; <strong>Zobel</strong>,2006). Bei Vorliegen e<strong>in</strong>er PTBS íst das Risiko e<strong>in</strong>er Suchterkrankung o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>erkomorbi<strong>der</strong> Störungen um das 4-5fache erhöht (Breslau, 2002).Gleichzeitig werden posttraumatische Symptome <strong>in</strong> <strong>der</strong> stationären Entwöhnungsbehandlungeher selten anamnestisch erfragt o<strong>der</strong> <strong>mit</strong> Hilfe standardisierter Erhebungs<strong>in</strong>strumentedifferenziert erhoben. Aufgrund <strong>der</strong> ungelösten posttraumatischen Symptomeliegt bei den betroffenen Patienten e<strong>in</strong> späterer Rückgriff auf das Sucht<strong>mit</strong>telbei wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>setzenden Intrusionen, Flashbacks, Alpträumen etc. nahe. Auch <strong>mit</strong>Blick auf die verkürzten <strong>Behandlung</strong>szeiten <strong>in</strong> Suchte<strong>in</strong>richtungen ersche<strong>in</strong>t es dahernotwendig, e<strong>in</strong>e traumafokussierte <strong>Behandlung</strong> anzubieten, die im Rahmen des stationärenAufenthalts <strong>mit</strong> Erfolg abgeschlossen werden kann.<strong>EMDR</strong> (Eye Movement Desensitization and Reprocess<strong>in</strong>g) wurde 1987 <strong>von</strong> Franc<strong>in</strong>eShapiro <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeit <strong>mit</strong> Kriegsveteranen entwickelt und hat sich als e<strong>in</strong> therapeutischesVerfahren gezeigt, das sich <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>e Weise zur <strong>Behandlung</strong> <strong>von</strong> psychischenTraumata eignet. <strong>EMDR</strong> wurde für die <strong>Behandlung</strong> <strong>von</strong> posttraumatischen Belastungsstörungen,wie sie nach traumatischen Erlebnissen wie Unfällen, Überfälleno<strong>der</strong> sexuellem Missbrauch auftreten können, entwickelt. Die nachhaltige Wirksamkeit<strong>von</strong> <strong>EMDR</strong> ist durch e<strong>in</strong>e große Anzahl <strong>von</strong> Publikationen wissenschaftlich immerwie<strong>der</strong> nachgewiesen worden (Sack et al., 2001). <strong>EMDR</strong> wurde u.a. <strong>von</strong> <strong>der</strong>American Psychological Association (APA) und <strong>der</strong> International Society for TraumaticStress Studies (ISTSS) als effektiv und wirksam anerkannt und wird <strong>mit</strong>tlerweileweltweit <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er Vielzahl <strong>von</strong> Therapeuten erfolgreich <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Behandlung</strong> <strong>von</strong>Traumafolgeerkrankungen e<strong>in</strong>gesetzt.<strong>EMDR</strong> ist e<strong>in</strong> Therapieverfahren, das grundsätzlich im Rahmen e<strong>in</strong>es umfassendenverhaltenstherapeutischen o<strong>der</strong> tiefenpsychologisch orientieren <strong>Behandlung</strong>ssett<strong>in</strong>gs1 <strong>Zobel</strong>, M. (2006). <strong>EMDR</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Behandlung</strong> <strong>von</strong> <strong>Suchtpatienten</strong> <strong>mit</strong> posttraumatischer Belastungsstörung.In Schriftenreihe des Fachverbandes Sucht e.V., 29, ‚Integrierte Versorgung’: Chancen undRisiken für die Suchtrehabilitation. Geesthacht: Neuland.


e<strong>in</strong>gesetzt werden kann. Die <strong>Behandlung</strong> <strong>mit</strong> <strong>EMDR</strong> setzt fundiertes Wissen undfundierte Erfahrung <strong>in</strong> <strong>der</strong> psychotherapeutischen <strong>Behandlung</strong> voraus. E<strong>in</strong>e <strong>Behandlung</strong><strong>mit</strong> <strong>EMDR</strong> sollte daher nur <strong>von</strong> Ärzten o<strong>der</strong> Psychologen (Ärztliche und PsychologischePsychotherapeuten) <strong>mit</strong> entsprechenden qualifizierenden Fortbildungendurchgeführt werden.Im Folgenden soll e<strong>in</strong>e Pilotstudie zum E<strong>in</strong>satz <strong>von</strong> <strong>EMDR</strong> bei alkoholabhängigenPatienten <strong>in</strong> den Kl<strong>in</strong>iken Daun-Am Rosenberg beschrieben, Erfahrungen <strong>mit</strong> dem<strong>Behandlung</strong>skonzept ver<strong>mit</strong>telt und erste katamnestische Ergebnisse vorgestelltwerden. Die Kl<strong>in</strong>iken Daun umfassen <strong>in</strong>sgesamt drei Betriebsstätten <strong>mit</strong> den IndikationenAlkohol- , Medikamenten- und <strong>Dr</strong>ogenabhängigkeit sowie Psychosomatik, darunterdie Betriebsstätte „Am Rosenberg“.2. Was kennzeichnet e<strong>in</strong>e Posttraumatische Belastungsstörung?Gemäß ICD-10 (F43.1 Posttraumatische Belastungsstörung; PTBS) stellt e<strong>in</strong>e PTBSe<strong>in</strong>e „verzögerte Reaktion auf e<strong>in</strong> belastendes Ereignis o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Situation kürzerero<strong>der</strong> längerer Dauer, <strong>mit</strong> außergewöhnlicher Bedrohung o<strong>der</strong> katastrophenartigemAusmaß, die bei fast jedem e<strong>in</strong>e tiefe Verzweiflung hervorrufen würde“, dar. CharakteristischeMerkmale <strong>der</strong> PTBS s<strong>in</strong>d:• Wie<strong>der</strong>erleben (Träume, Flashbacks, Intrusionen);• Vermeidung (sozialer Rückzug, Interessenverlust, Isolation, Entfremdung);• Hyperarousal (Schlafstörungen, Hypervigilanz, übermäßige Schreckreaktionen,Reizbarkeit, Ängstlichkeit).3. Die acht Phasen <strong>der</strong> <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong>Die <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong> folgt acht aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong>folgenden Phasen, die <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es„Protokolls“ durchlaufen werden (Hofmann, 2005):1. Anamneseerhebung, <strong>Behandlung</strong>splanung2. Stabilisierung und Vorbereitung3. Bewertung des Traumas4. Desensibilisierung/Reprozessierung5. Verankerung <strong>der</strong> positiven Kognition6. Körpertest7. Abschluss8. NachbefragungDer „eigentliche“ <strong>EMDR</strong>-Prozess ist die Phase 4, <strong>in</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e belastende Erfahrungdurchprozessiert wird. Charakteristisch ist dafür e<strong>in</strong>e sogenannte „bilaterale Stimulation“,die durch verschiedene Techniken erreicht wird: Entwe<strong>der</strong> durch rhythmischeAugenbewegungen, abwechselnde Geräusche am rechten und l<strong>in</strong>ken Ohr o<strong>der</strong>durch abwechselndes „Tappen“ <strong>mit</strong> beiden Händen.4. Wirkungsweise <strong>von</strong> <strong>EMDR</strong>Der Wirkmechanismus <strong>von</strong> <strong>EMDR</strong> ist bislang nicht vollständig geklärt, er ähnelt offenbardem Verarbeitungsprozess beim REM-Schlaf (Stickgold, 2002). Es gibt ver-


schiedene Modelle, die die vermutete neurophysiologische Wirkung beschreiben,momentan kann allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong> Modell den Mechanismus erschöpfend erklären.<strong>EMDR</strong> kann aber offenbar e<strong>in</strong>e „stecken gebliebene Erfahrung“ zugänglich machen,sodass diese re<strong>in</strong>terpretiert, reprozessiert und dann <strong>in</strong>s episodische Gedächtnis ü-berführt werden kann (Hofmann, 2005).5. Traumatherapie <strong>in</strong> den Kl<strong>in</strong>iken Daun-Am RosenbergPatienten <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Diagnose PTBS o<strong>der</strong> Patienten, bei denen zu Beg<strong>in</strong>n o<strong>der</strong> im Laufe<strong>der</strong> <strong>Behandlung</strong> Traumafolgestörungen <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung treten, werden zunächstdurch die Bezugstherapeut<strong>in</strong>/-ärzt<strong>in</strong> o<strong>der</strong> den Bezugstherapeuten/-arzt identifiziert.Anschließend erfolgt e<strong>in</strong>e Fallbesprechung im Behandlerteam, ob <strong>der</strong> Patient e<strong>in</strong>eausreichende körperliche und psychische Stabilität für e<strong>in</strong>e traumafokussierte <strong>Behandlung</strong>aufweist. Anschließend erfolgt e<strong>in</strong> Vorgespräch <strong>mit</strong> Patient, BezugstherapeutInund behandelndem Traumatherapeuten, <strong>in</strong> dem noch e<strong>in</strong>mal die Voraussetzungenfür e<strong>in</strong>e Traumabehandlung geprüft werden. Dann erfolgen die traumafokussiertenE<strong>in</strong>zelsitzungen, <strong>in</strong> denen neben an<strong>der</strong>en Interventionen auch <strong>EMDR</strong> zumE<strong>in</strong>satz kommen kann. Nach Abschluss <strong>der</strong> <strong>Behandlung</strong> erfolgt e<strong>in</strong>e ausführlicheNachbesprechung sowie <strong>in</strong> Abständen e<strong>in</strong>e Überprüfung des <strong>Behandlung</strong>sergebnisses.6. UntersuchungsdesignDie Untersuchung soll e<strong>in</strong>e erste Evaluation <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Suchtabteilung behandeltenTrauma-Patienten <strong>mit</strong> <strong>der</strong> <strong>Behandlung</strong>smethode <strong>EMDR</strong> ermöglichen.6.1. Hypothesen:• Sucht-Patienten <strong>mit</strong> PTBS-Symptomen und stationärer <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong>zeigen nach Beendigung <strong>der</strong> <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong> bezüglich <strong>der</strong> traumatischenErfahrung(en) signifikant weniger Intrusionen und Vermeidungsverhalten sowieweniger subjektive Belastung durch das Erlebnis als vor <strong>der</strong> stationären<strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong>.• Sucht-Patienten <strong>mit</strong> PTBS-Symptomen und stationärer <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong>geben etwa e<strong>in</strong> Jahr nach Beendigung <strong>der</strong> stationären <strong>Behandlung</strong> bezüglich<strong>der</strong> traumatischen Erfahrung <strong>in</strong> gleichem Ausmaß Intrusionen und Vermeidungsverhaltensowie e<strong>in</strong>e vergleichbare subjektive Belastung durch dastraumatische Erlebnis an wie nach Beendigung <strong>der</strong> stationären <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong>.• Sucht-Patienten <strong>mit</strong> PTBS-Symptomen und stationärer <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong>zeigen e<strong>in</strong> Jahr nach Beendigung <strong>der</strong> stationären <strong>Behandlung</strong> e<strong>in</strong>e vergleichbareAbst<strong>in</strong>enzquote wie die Gesamtstichprobe.6.2. MethodeEs soll e<strong>in</strong>e Erhebung <strong>der</strong> traumatypischen Symptome <strong>der</strong> behandelten Patienten zudrei Messzeitpunkten (vor Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong>, e<strong>in</strong>e Woche, bzw. etwae<strong>in</strong> Jahr nach Beendigung <strong>der</strong> <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong>) erfolgen (Tabelle 1). Kernpunkt<strong>der</strong> Nachbefragung ist die Impact of Event Scale (IES; Horowitz, 1979), die im S<strong>in</strong>ne


e<strong>in</strong>er Verlaufsmessung (Prä, Post 1, Post 2) e<strong>in</strong>gesetzt wurde. Die Impact of EventScale (IES) misst <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Intrusionen und Vermeidungsverhalten und ist nachübere<strong>in</strong>stimmen<strong>der</strong> Auffassung im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Verlaufsdiagnostik gut e<strong>in</strong>setzbar. AlsHöchstwert gilt e<strong>in</strong> Summenwert <strong>von</strong> 75, ab e<strong>in</strong>em Summenwert <strong>von</strong> 26 kann <strong>von</strong>e<strong>in</strong>em signifikanten traumatischen Erlebnis ausgegangen werden.6.3. Untersuchungs<strong>in</strong>strumenteEs kamen folgende Instrumente zum E<strong>in</strong>satz:• Impact of Event Scale (IES)• Skala Subjektiver Grad <strong>der</strong> Belastung (Skala 0 – 10)• Basisdokumentation Sucht (FA Sucht des AHG Wissenschaftsrates, 2002)• Katamnese Sucht (FA Sucht des AHG Wissenschaftsrates, 2002)Tabelle 1: Design <strong>der</strong> UntersuchungMesszeitpunktPrä(vor Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> stationären <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong>)Post 1(1 Woche nach stationärer <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong>)Post 2(im Mittel ca. 1 Jahr nach stationärer <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong>Mess<strong>in</strong>strumente• Impact of Event Scale (IES),• Grad subjektiver Belastung (0 –10)• Impact of Event Scale (IES),• Grad subjektiver Belastung (0 –10)• Impact of Event Scale (IES);• Grad subjektiver Belastung (0 –10)• Katamnese Sucht6.4. Durchführung <strong>der</strong> UntersuchungZu Beg<strong>in</strong>n und am Ende <strong>der</strong> <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong> wurden <strong>mit</strong> Hilfe <strong>der</strong> Skala Impact ofEvent (IES) Intrusionen und Vermeidungsverhalten bei den Patienten erhoben (Prä,Post 1). Die Patienten wurden nach Beendigung <strong>der</strong> stationären Maßnahme angeschriebenund um ihre Mitarbeit gebeten. Sie bekamen die Impact of Event Scale(IES), e<strong>in</strong>e Skala zur aktuellen Messung <strong>der</strong> subjektiven Belastung durch das Erlebnis(Skala 0 – 10) sowie den Fragebogen zur Rout<strong>in</strong>ekatamnese zugesandt, <strong>mit</strong> <strong>der</strong>Bitte um Bearbeitung und Rücksendung. Bei den Nicht-Antwortern wurde versucht,die Auskunft telefonisch zu erfragen.7. Ergebnisse7.1. StichprobeDie Stichprobe setzt sich zusammen aus <strong>in</strong>sgesamt acht männlichen Patienten zwischen32 und 53 Jahren (Mittelwert 42,8 Jahre). Es handelt sich um alle konsekutivbehandelten Patienten zwischen 5/2003 und 3/2005, bei denen im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Behandlung</strong>posttraumatischer Symptome <strong>EMDR</strong> e<strong>in</strong>gesetzt wurde. Alle absolvierten


e<strong>in</strong>e stationäre <strong>Behandlung</strong> zur Entwöhnung <strong>von</strong> Alkohol. Die <strong>Behandlung</strong>sdauer lagfür die Stichprobe zwischen 12 und 34 Wochen (im Mittel 18,3) Wochen. Alle achtPatienten beendeten die <strong>Behandlung</strong> regulär, Rückfälle wurden nicht bekannt. DieKatamnesedauer betrug zwischen e<strong>in</strong>em und 24 Monate, im Mittel 13,5 Monate (SD= 8,3). Bei zwei Patienten lag die Katamnesedauer unter e<strong>in</strong>em Jahr, bei vier Patientenüber e<strong>in</strong>em Jahr. Bei zwei Patienten liegen ke<strong>in</strong>e katamnestischen Daten vor.7.2. Berichtete traumatische ErlebnisseEs wurden folgende belastende Erlebnisse behandelt: Opfer <strong>von</strong> versuchtem Totschlag(2), verschuldeter Verkehrsunfall <strong>mit</strong> Personenschaden (1), Opfer e<strong>in</strong>er Vergewaltigung(1), Zeuge gewaltsamer Todesfälle (3), K<strong>in</strong>dstod des eigenen K<strong>in</strong>des(1).7.3. Anzahl und Dauer <strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelsitzungenMit den acht Patienten fanden zwischen vier und neun traumafokussierte E<strong>in</strong>zelsitzungenstatt, wor<strong>in</strong> jeweils e<strong>in</strong>e <strong>EMDR</strong>-Sitzung (<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fall zwei Sitzungen) enthaltenwar(en) (Abbildung 1). Die <strong>Behandlung</strong> dauerte <strong>in</strong>sgesamt zwischen e<strong>in</strong>er undsechs Wochen (Abbildung 2).98765432101 2 3 4 5 6 7 8Gesamt<strong>EMDR</strong>Abb. 1. Anzahl <strong>der</strong> traumafokussierten E<strong>in</strong>zelsitzungen


65432101 2 3 4 5 6 7 8WochenAbb. 2. Dauer <strong>der</strong> traumfokussierten <strong>Behandlung</strong> <strong>in</strong> Wochen.7.4. Subjektive Belastung durch das ErlebnisDie aktuelle subjektive Belastung durch das Erlebnis wurde auf e<strong>in</strong>er Skala zwischen0 und 10, <strong>mit</strong> den Verankerungen 0 = ke<strong>in</strong>e Belastung, neutral und 10 = höchste vorstellbareBelastung, vor Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong> <strong>mit</strong> Werten zwischen 7 und10 angegeben (Abbildung 3). Nach <strong>der</strong> <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong> lag dieser Wert zwischen0 und 2, e<strong>in</strong> Jahr später zwischen 0 und 3. Die meisten Patienten (n=6) gaben imAnschluss an die <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong> an, dass das Ereignis nun nicht mehr belastendsei.10864201 2 3 4 5 6 7 8Prä Post 1 Post 2Abb. 3. Subjektive Belastung durch das ErlebnisAnmerkung: Prä = vor <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong>, Post 1 = nach <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong>, Post 2 = 1 Jahr nach<strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong>


7.5. Impact of Event Scale (IES)Die Summenwerte bezüglich des aktuellen Ausmaßes an Intrusionen und Vermeidungsverhalten,gemessen <strong>mit</strong> <strong>der</strong> IES, rangierten vor <strong>der</strong> <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong> zwischen26 und 75. Nach <strong>der</strong> <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong> lag <strong>der</strong> Summenwert im IES zwischenNull und Fünf, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nachbefragung etwa e<strong>in</strong> Jahr später lag <strong>der</strong> angegebeneIES-Wert deutlich unter 10, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fall bei 30 (Abbildung 4).807060504030201001 2 3 4 5 6 7 8Prä Post 1 Post 2Abb. 4. Impact of Event ScaleAnmerkung: Prä = vor <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong>, Post 1 = nach <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong>, Post 2 = 1 Jahr nach<strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong>7.6. Sucht<strong>mit</strong>telkonsum 1-Jahres-Katamnese, DGSS 4Von den <strong>in</strong>sgesamt acht angeschriebenen Patienten liegen <strong>in</strong> sechs Fällen katamnestischeInformationen vor. Demnach s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sgesamt sechs Patienten weiterh<strong>in</strong> abst<strong>in</strong>ento<strong>der</strong> abst<strong>in</strong>ent nach Rückfall (75 Prozent). Bei zwei Patienten liegen ke<strong>in</strong>ekatamnestischen Informationen zum Sucht<strong>mit</strong>telkonsum vor (Tabelle 2).Tabelle 2: Abst<strong>in</strong>enzquote <strong>der</strong> Stichprobe 1 Jahr nach <strong>Behandlung</strong>sendeUmgang <strong>mit</strong> Sucht<strong>mit</strong>telnAnzahlAbst<strong>in</strong>ent5Abst<strong>in</strong>ent nach Rückfall1Rückfällig0Rückfällig per Def<strong>in</strong>ition (= fehlende Angaben)2Gesamt 8


8. DiskussionDie vorliegenden Ergebnisse an e<strong>in</strong>er Stichprobe <strong>von</strong> <strong>Suchtpatienten</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> stationärenEntwöhnung bestätigen die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur berichteten hohen Effekte e<strong>in</strong>er<strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong>. Insgesamt konnten alle untersuchten Patienten <strong>von</strong> <strong>der</strong> <strong>Behandlung</strong>profitieren und berichteten h<strong>in</strong>sichtlich des vormals belastenden Ereignissessowohl un<strong>mit</strong>telbar nach <strong>der</strong> <strong>Behandlung</strong> als auch im Mittel etwa e<strong>in</strong> Jahr später ke<strong>in</strong>eo<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Belastung. Alle Patienten zeigten e<strong>in</strong>e hohe Compliance <strong>in</strong> <strong>der</strong>Traumabehandlung, was sich u.a. daran bemisst, dass alle acht Patienten die <strong>Behandlung</strong>regulär beendeten und ke<strong>in</strong>e Rückfälle bekannt wurden.Aufgrund <strong>der</strong> ger<strong>in</strong>gen Stichprobe <strong>von</strong> <strong>in</strong>sgesamt acht Patienten bleibt die Aussagekraft<strong>der</strong> Ergebnisse naturgemäß begrenzt, liefert aber H<strong>in</strong>weise darauf, dass e<strong>in</strong>etrauamfokussierte <strong>Behandlung</strong> bei <strong>Suchtpatienten</strong> auch im Rahmen <strong>von</strong> verkürzten<strong>Behandlung</strong>szeiten möglich und s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong> kann.In e<strong>in</strong>em erweiterten Untersuchungsdesign sollte <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>er größeren Stichprobe, dieauch weibliche Patienten umfassen sollte, e<strong>in</strong>e Kontrollgruppe <strong>mit</strong> unbehandeltenPatienten e<strong>in</strong>er Warteliste aufgenommen werden. In den Kl<strong>in</strong>iken Daun wird zur Zeite<strong>in</strong>e entsprechende Aufstockung <strong>der</strong> Stichprobe und e<strong>in</strong> erweitertes Untersuchungsdesignvorbereitet.9. LiteraturBreslau, N. (2002). Epidemiologic studies of trauma, posttraumatic stress disor<strong>der</strong>,and other psychiatric disor<strong>der</strong>s. Canadian Journal of Psychiatry, 47, 923-929.Fachausschuss Sucht des AHG-Wissenschaftsrates (Hrsg.)(2002). Nachbefragungsbogenzur stationären Entwöhnungsbehandlung – Rout<strong>in</strong>ekatamnese Sucht, Version1.0., Hilden.Fachausschuss Sucht des AHG-Wissenschaftsrates (Hrsg.)(2002). BasisdokumentationSucht, Hilden.Hofmann, A. (2005). <strong>EMDR</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Therapie psychotraumatischer Belastungssyndrome.Stuttgart: Thieme.Horowitz, M. J. (1979). States of m<strong>in</strong>d. Plenum New York. (Impact of Event Scale,Übersetzung: Hütter et al.)Kuhn, S. (2004). Trauma, posttraumatische Belastungsstörung und Substanzabhängigkeit:E<strong>in</strong>e Literaturübersicht. Suchttherapie, 3, 110-117.Perkonigg, A., Kessler, R.C., Storz, S. et al. (2000). Traumatic events and posttraumaticstress disor<strong>der</strong> <strong>in</strong> the community: prevalence, risk factors and comorbidity.Acta Psychiatr Scand, 101, 46-59.Sack, M. , Lempa, W. & Lamprecht, F. (2001). Metaanalyse <strong>der</strong> Studien zur <strong>EMDR</strong>-<strong>Behandlung</strong> <strong>von</strong> Patienten <strong>mit</strong> posttraumatischer Belastungsstörung. Psychotherapie,Psychosomatik, mediz<strong>in</strong>ische Psychologie, 51, 350-355.<strong>Zobel</strong>, M. (2006). Von <strong>der</strong> Anamnese zur Diagnose. In M. <strong>Zobel</strong>. (Hg.). Traumatherapie– E<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>führung. Bonn: Psychiatrie-Verlag.


Der Autor<strong>Dr</strong>. phil. Mart<strong>in</strong> <strong>Zobel</strong>, Dipl.-Psych., Psychologischer Psychotherapeut, zertifizierter <strong>EMDR</strong>-Therapeut, Fachbuchautor, Wissenschaftliche Begleitforschung <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>iken Daun, PsychologischePraxis <strong>mit</strong> dem Schwerpunkt Psychotraumatologie <strong>in</strong> Koblenz, Lehrbeauftragter an<strong>der</strong> Katholischen Fachhochschule Köln.Kl<strong>in</strong>iken Daun – Am RosenbergPraxis Koblenz:Schulstr. 6, 54550 DaunBahnhofstr. 6, 56068 KoblenzTel.: 06592-201-1278 (Mo-Mi). Tel.: 0261/437 88E-Mail: mzobel@ahg.deE-Mail: mart<strong>in</strong>.zobel@t-onl<strong>in</strong>e.de

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