Dr. Birgitt van Oorschot - Katholische Akademie in Berlin eV
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Patientenverfügung aus<br />
Patientensicht<br />
<strong>Dr</strong>. med. <strong>Birgitt</strong> <strong>van</strong> <strong>Oorschot</strong><br />
Sprecher<strong>in</strong> Ethikkomitee am Universitätskl<strong>in</strong>ikum Jena<br />
Kl<strong>in</strong>ik für Strahlentherapie und Radioonkologie<br />
Bachstr. 18, 07743 Jena<br />
birgitt.oorschot@med.uni-jena.de
Gliederung<br />
Vorbemerkungen<br />
E<strong>in</strong>stellungen zu „Patientenverfügung“<br />
Patienten<br />
Ärzte und Richter<br />
Folgerungen
Vorbemerkungen<br />
Sterben dürfen - Sterben müssen<br />
Sterbeverläufe (plötzlich / langsam)<br />
Selbstbestimmung als oberstes Pr<strong>in</strong>zip?
Was würden Sie vor Ihrem Tod<br />
noch tun?*<br />
Angaben <strong>in</strong> gültigen Prozent (sehr wichtig / wichtig), Mehrfachnennungen möglich<br />
Genießen –Jüngere, nichtreligiös, ger<strong>in</strong>ge Bildung, ohne Sterbeerfahrung<br />
Feiern / Spaß haben (60 %), reisen (57 %)<br />
Ordnen –Familienorientierung, mittleres Lebensalter<br />
F<strong>in</strong>anz. D<strong>in</strong>ge regeln (86 %), Streit beilegen (72 %),<br />
Mit Gott <strong>in</strong>s Re<strong>in</strong>e kommen (29 %)<br />
Gestalten –jüngere, gebildet, tendenziell entwurzelt<br />
Bewußt Abschied nehmen (76 %), Stätten der<br />
K<strong>in</strong>dheit aufsuchen (37 %)<br />
* Lehrforschungsprojekt „Sterben <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen“, geleitete Zufallsauswahl,<br />
644 persönlich-mündliche Interviews im Sommer 2001
Wer sollte über mediz<strong>in</strong>ische Maßnahmen<br />
(bei ihrer Tumorerkrankung) entscheiden?<br />
Ste<strong>in</strong>bach et al 2005<br />
Patient entscheidet<br />
Patient entscheidet nach<br />
Mitteilung des Arztes<br />
Arzt und Patient entscheiden<br />
geme<strong>in</strong>sam<br />
Arzt entscheidet nach<br />
Mitteilung der Me<strong>in</strong>ung des<br />
Patienten<br />
Arzt entscheidet alle<strong>in</strong><br />
0 20 40 60 80 (%)
Bedeutung der Angehörigen<br />
sehr wichtig 45 %<br />
eher wichtig 20 %<br />
teils/teils 11 %<br />
eher nicht wichtig 6 %<br />
überhaupt nicht wichtig 11 %
Rele<strong>van</strong>z<br />
bundesweite Befragung: 6 % der Bevölkerung<br />
hat PV abgeschlossen<br />
Patientenbefragungen Modellvorhaben „Patienten<br />
als Partner“, Jena 2002 - 2004:<br />
10,4 % f<strong>in</strong>alerkrankte Tumorpatienten<br />
30 % kannten PV nicht<br />
30 % lehnten PV ab<br />
20 % hatten vor, PV abzuschließen
E<strong>in</strong>stellung zur Patientenverfügung<br />
formaler Bildungsstand und Vorhandense<strong>in</strong> von<br />
K<strong>in</strong>dern entscheidend für das Vorhandense<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er PV<br />
Nicht: Alter / Geschlecht / Krankheitsdauer /<br />
Familienstand / Religionszugehörigkeit<br />
positive E<strong>in</strong>stellung zu PV „werde wahrsche<strong>in</strong>lich ..“<br />
Frauen / Vorhandense<strong>in</strong> von K<strong>in</strong>dern /<br />
Zugehörigkeit zu e<strong>in</strong>er Religionsgeme<strong>in</strong>schaft
Gesellschaftliche Situation<br />
Vielfalt an Wertorientierungen, E<strong>in</strong>stellungen<br />
und Leitbildern bei den Beteiligten:<br />
Patienten, Angehörige, Ärzte*,<br />
Pflegende*, Juristen*, ......<br />
*Selbstverständlichkeiten der Profession
Gesellschaftliche Situation<br />
Vielfalt an Wertorientierungen, Leitbildern,<br />
Erfahrungen und Ängsten <strong>in</strong> Bevölkerung und <strong>in</strong><br />
den mit Sterben und Tod befassten<br />
Berufsgruppen ist<br />
kaum bewusst<br />
wenig kommuniziert<br />
Folge: Missverständnisse<br />
Fehle<strong>in</strong>schätzungen<br />
Unzufriedenheit,<br />
Unsicherheit und Überforderung
Ergebnisse von<br />
bundesweiten Befragungen<br />
Zustimmung: Richter Ärzte<br />
PV: notarielle Beglaubigung erforderlich<br />
PV: nicht b<strong>in</strong>dend wenn älter als e<strong>in</strong> Jahr<br />
Simon et al 2003, <strong>van</strong> <strong>Oorschot</strong> et al 2004
Ergebnisse von<br />
bundesweiten Befragungen<br />
Zustimmung: Richter Ärzte<br />
PV: notarielle Beglaubigung erforderlich 16,1 % 15,9 %<br />
PV: nicht b<strong>in</strong>dend wenn älter als e<strong>in</strong> Jahr 16,0 % 25,2 %<br />
Simon et al 2003, <strong>van</strong> <strong>Oorschot</strong> et al 2004
Unkenntnis /<br />
Strukturdefizite<br />
• „Der Arzt auf der Intensivstation hat gesagt, die<br />
Patientenverfügung ist völlig wertlos, da sie nicht<br />
beglaubigt ist.“ Zit. Betreuer<strong>in</strong> Frau A. Herbst 2003<br />
• „Der auf die Station geholte Notarzt hat gesagt, es<br />
geht mich gar nichts an, was mit me<strong>in</strong>er Mutter<br />
gemacht wird, er rede nicht mit mir. Die<br />
Vorsorgevollmacht erkennt er nicht an, was ist das<br />
überhaupt, so hat er mich gefragt. Und die<br />
Patientenverfügung wurde auch nicht beachtet, die<br />
war <strong>in</strong> der Akte und alle Beteiligten sagten, sie<br />
wüßten davon nichts.“ Zit. Frau B. Sommer 2003
3 E<strong>in</strong>stellungstypen im Bezug<br />
auf Patientenverfügung (PV)<br />
b<strong>in</strong>dende Willensäußerungen - entlasten Arzt<br />
und Angehörige, 26 % Varianzaufklärung<br />
Kommunikationshilfen - müssen aktuell se<strong>in</strong>,<br />
19 % Varianzaufklärung;<br />
Zustimmung wächst mit der Berufserfahrung<br />
„Stör“-faktoren: verrechtlichen AP-Beziehung,<br />
notarielle Beglaubigung nötig, 16 %<br />
Varianzaufklärung
Zukünftige Herausforderungen<br />
Kommunikationsbedarf<br />
Freiraum zur Entscheidungsdelegation<br />
Ehrlichkeit und Perspektivwechsel<br />
professionelle Selbstreflexion<br />
Grenzen rechtlicher Festlegungen