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Download Kieler Beiträge zur Filmmusikforschung 5.4, April 2011

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<strong>Kieler</strong> <strong>Beiträge</strong> <strong>zur</strong> <strong>Filmmusikforschung</strong>, <strong>5.4</strong>, <strong>2011</strong> // 596<br />

ausschlaggebend war die frühe Abkehr von den – seinerzeit unerhört ‚harten‘ – Anfängen (neben You Really<br />

Got Me v.a. All Day and All of the Night) , deren robusten Stil The Who konsequenter fortgeführt hatten. Seit<br />

1965 standen die Kinks zunehmend für leise, melodische und komplex arrangierte Lieder, deren Texte ebenso<br />

wichtig waren wie die Musik (von See My Friends 1965 über Autumn Almanac 1967 bis Days 1968).<br />

Folgerichtig wurde die klassische Beat-Besetzung (2 Gitarren, Bass und Schlagzeug) schnell erheblich<br />

vergrößert (in den frühen 1970er Jahren kam eine komplette Blechbläser-Gruppe hinzu); zugleich wendete<br />

sich Ray Davies mehr und mehr den Traditionen der englischen Volksunterhaltung vor der Beat-Ära (Music<br />

Halls) zu und bemühte sich um eine Theatralisierung der Konzerte. Die Kinks haben sich damit aus einer<br />

provokativ antibürgerlichen Band (das semantische Spektrum von ‚kinky‘ reicht von ‚schrullig‘ bis<br />

‚pervers/abnorm‘) schnell in eine popmusikalische Parallelaktion zu den Angry Young Men [1] der<br />

englischen 1950er und 1960er Jahre-Literatur verwandelt: dezidiert realistisch und auf die ‚ordinary people‘<br />

zwischen ‚working class‘ und ‚upper middle class‘ konzentriert – ‚strictly second class‘ also, wie es in Dead<br />

End Street heißt, dabei eminent stimmungsträchtig und immer ironisch grundiert.<br />

Als unbestrittener Chef der Kinks ist insbesondere Ray Davies sich selbst schon früh historisch geworden<br />

(seine Selbstreflexion als Pop-Künstler spielt seit Lola vs. The Powerman and the Money-Go-Round 1970,<br />

der ersten expliziten Auseinandersetzung mit den Marktmechanismen des Musikgeschäfts, ohnehin in vielen<br />

der Songs eine zentrale Rolle): Abgesehen von der semifiktionalen Autobiografie (X-Ray, 1995) hat Ray<br />

Davies auf seiner Storyteller-Tour (1996-2001) weltweit die eigene Version der Kinks-Story erzählt und eine<br />

Serie repräsentativer Lieder erläutert (1998 auf CD erschienen), nachdem die Kinks 1994 manche ihrer alten<br />

Nummern noch einmal – vor kleinem Publikum und teilweise ‚unplugged‘ – eingespielt hatten (von der<br />

ursprünglichen Besetzung sind auf To the Bone nur noch Ray und Dave Davies dabei).<br />

Rückblicke dieser Art gehen im Regelfall nur die ebenfalls in die Jahre gekommenen Fans etwas an, denen<br />

die Musik der Kinks über alle Lebensabschnitte hinweggeholfen hat. Die Wiederbeschäftigung mit dieser<br />

Band findet ihren Sinn daher zuallererst daran, Erinnerung zu verstärken und – Marcel Prousts ‚mémoire<br />

involontaire‘ vergleichbar – die individuelle Suche nach der verlorenen Zeit von Fall zu Fall gelingen zu<br />

lassen. Bücher, CDs und DVDs mit dem Anspruch, die Geschichte der Kinks zu rekonstruieren, gibt es<br />

folglich schon länger. You Really Got Me. The Inside Story With Dave Davies aus der Serie Rock Reflections<br />

ist mit drei DVDs und einer Gesamtlaufzeit von deutlich über drei Stunden die bei weitem umfangreichste<br />

Veröffentlichung, enthält aber nur auf DVD 1: The Inside Story With Dave Davies (61 min) Material, das<br />

nicht auch anderweitig zugänglich wäre. DVD 2: The Kinks – In Performance bietet arg sparsam bemessene<br />

39 Minuten Live-Auftritte mit den bekanntesten Kinks-Songs von den Anfängen bis Lost And Found (1986),<br />

und DVD 3: A Critical Review (98 min) lässt acht – eher minder prominente – Rock-Journalisten, Session-<br />

Musiker und Produzenten [2] namhafte Kinks-Songs bzw. die entsprechenden Alben kommentieren.

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