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Der Kormoran ist der Vogel des Jahres 2010

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Feind <strong>der</strong> Fischer<strong>Der</strong> <strong>Kormoran</strong> <strong>ist</strong> <strong>der</strong> <strong>Vogel</strong> <strong>des</strong> <strong>Jahres</strong> <strong>2010</strong>Von Michael Miersch 9. Oktober 2009, 17:43 Uhr<strong>Vogel</strong> <strong>des</strong> <strong>Jahres</strong> <strong>2010</strong> <strong>ist</strong> <strong>der</strong> <strong>Kormoran</strong>. <strong>Der</strong> Naturschutzbund Deutschland und <strong>der</strong>Lan<strong>des</strong>bund für <strong>Vogel</strong>schutz in Bayern begründeten ihre Wahl damit, dass <strong>der</strong> <strong>Kormoran</strong>nach seiner Rückkehr an deutsche Seen und Küsten wie<strong>der</strong> zu Tausenden geschossen undvertrieben wird. Fischereiverbände sind empört.Foto: ddp/DDP<strong>Der</strong> <strong>Kormoran</strong> <strong>ist</strong> zum <strong>Vogel</strong> <strong>des</strong> <strong>Jahres</strong> gewählt worden. Angler mögen den <strong>Vogel</strong> gar nicht.Die Wahl zum „<strong>Vogel</strong> <strong>des</strong> <strong>Jahres</strong>“ gehört normalerweise den ungeliebten Pseudo-Ereignissen,die von Verbänden ausrichtet werden, die wie<strong>der</strong> mal in die Zeitungen kommen wollen.Mittlerweile entwertet durch etliche an<strong>der</strong>e Tiere, Pflanzen und Pilze „<strong>des</strong> <strong>Jahres</strong>“. Dochdiesmal gelang es dem Naturschutzbund Deutschland ein Knalleffekt. Er wählte den<strong>Kormoran</strong>. Kaum ein Tier erhitzt die Gemüter <strong>der</strong>art, wie <strong>der</strong> schwarze <strong>Vogel</strong> aus <strong>der</strong>Ordnung <strong>der</strong> Ru<strong>der</strong>füßer. <strong>Der</strong> <strong>Kormoran</strong>-Streit <strong>ist</strong> ein Lehrstück über die Tücken <strong>der</strong> Natur,die nicht immer nur lieblich <strong>ist</strong> und auf mensch-liche Interessen pfeift.In <strong>der</strong> Nähe größerer <strong>Kormoran</strong>kolonien fallen die Vögel über Teichwirtschaften undFischereigewässer her. Deshalb stehen sich unversöhnliche Fronten gegenüber. Auf <strong>der</strong> einenSeite die Fischer und Teichwirte, die die <strong>Kormoran</strong>e als Schädlinge abschießen wollen – unddafür auch in fast allen Bun<strong>des</strong>län<strong>der</strong>n Ausnahmegenehmigungen bekamen, obwohl<strong>Kormoran</strong>e unter Naturschutz stehen. 15.000 dieser Vögel werden je<strong>des</strong> Jahr in Deutschlandabgeschossen und noch viel mehr ihrer Eier zerstört.Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite stehen die Naturschützer, die verhin<strong>der</strong>n möchten dass eine <strong>Vogel</strong>artzum zweiten mal an den Rand <strong>der</strong> Ausrottung gebracht wird. <strong>Der</strong> Streit um den <strong>Kormoran</strong>


steigerte sich in Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und an<strong>der</strong>swo zum Kampf umgesellschaftliche Werte. Was <strong>ist</strong> wertvoller, <strong>der</strong> Schutz einer Tierart o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Lebensunterhalteiner randständigen Berufsgruppe?Gegenseitig haut man sich die wissenschaftlichen Studien um die Ohren. Liest man die <strong>der</strong>Fischer, hat man den Eindruck, <strong>Kormoran</strong>e schlagen sich vorwiegend mit wertvolllenSpeisefischen den Magen voll. Nach den naturschutznahen Expertisen schmecken dem <strong>Vogel</strong>nur kleine Rotaugen und Weißfische, die kein Mensch essen mag. Die Wahrheit liegt wohl in<strong>der</strong> Mitte: <strong>Kormoran</strong>e sind Opportun<strong>ist</strong>en, die sich schnappen, was ihnen vor den Schnabelkommt.Eigentlich könnte die Rückkehr <strong>des</strong> <strong>Kormoran</strong>s Anlass zur Freude sein, denn sie <strong>ist</strong> einer <strong>der</strong>ganz großen Erfolge <strong>des</strong> Naturschutzes. Als 1899 <strong>der</strong> Bund für <strong>Vogel</strong>schutz (dieVorläuferorganisation <strong>des</strong> Naturschutzbun<strong>des</strong>) gegründet wurde, waren die <strong>Kormoran</strong>e inDeutshcland nahezu ausgerottet, ebenso wie <strong>der</strong> Graureiher, <strong>der</strong> heute sogar in den Städtenn<strong>ist</strong>et. Beiden waren von erbosten Fischern zu Tausenden abgeschossen worden, die ihn ihnenKonkurrenten sahen. Während <strong>des</strong> Zweiten Weltkrieges kehrten die <strong>Kormoran</strong>e langsamzurück. In den 60er-Jahren waren sie immer noch ein höchst seltener Anblick. Seit sie 1979europaweit unter Schutz gestellt wurden, erholte sich die Bestände rasant. Heute n<strong>ist</strong>en inDeutshcland wie<strong>der</strong> 24.000 Brutpaare.<strong>Vogel</strong>schützer kritisieren nicht nur die Abschüsse, son<strong>der</strong>n auch die Art und Wise wie diesemancherorts durchgeführt werden. Die Jäger schießen mit Schrot von unten in die Nester, umdie Eier zu zerstören, dabei sterben auch viele Jungvögel. Manche fallen verletzt aus denNestern und verenden langsam am Boden. Solche Abschussaktionen werden sogar inNaturschutzgebieten genehmigt.Fischer in den betroffenen Gebieten sehen das als berechtigte Gegenwehr, denn sie sinddavon überzeugt, dass die <strong>Kormoran</strong>e ihnen die Lebensgrundlage nehmen. Dass die Vögel <strong>der</strong>Fischwirtschaft Probleme bereiten können, gesteht auch <strong>der</strong> Naturschutzbund ein. LudwigSothmann, Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> bayerischen Schwesterorganisation Lan<strong>des</strong>bund für <strong>Vogel</strong>schutz,sagt: „<strong>Kormoran</strong>e vernichten keine natürlichen Fischbestände und gefährden langfr<strong>ist</strong>ig auchkeine Fischarten.“ Doch wohlweislich sind die Worte „natürlich“ und „langfr<strong>ist</strong>ig“ gewählt.Eine Forellenzucht <strong>ist</strong> kein „natürlicher“ Fischbestand, und wenn sie ein Gewässer geplün<strong>der</strong>thaben suchen sich die Vögel neue Beutegründe, worauf sich die Fische „langfr<strong>ist</strong>ig“ wie<strong>der</strong>erholen können.Ein Trost für Fischer <strong>ist</strong> das nicht. <strong>Der</strong> Naturschutzbund empfielt zur <strong>Kormoran</strong>-AbwehrNetze über die Teiche zu spannen, Lärm zu machen o<strong>der</strong> optische <strong>Vogel</strong>scheuchenaufzustellen. Außerdem sei es möglich die Vögel an an<strong>der</strong>e Nitzpätze zu locken, wo man siein Ruhe lässt. Ob das viele Fischer überzeugt <strong>ist</strong> fraglich, die Vermin<strong>der</strong>ung mit <strong>der</strong> Flinte <strong>ist</strong>einfacher und schneller. Vielleicht erwirkt die Ehrung zum „<strong>Vogel</strong> <strong>des</strong> <strong>Jahres</strong>“ dennoch einwenig Gnade.

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