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Infos zum Krafttraining mit Kindern und Jugendlichen - VfL Waiblingen

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Medizin <strong>und</strong> WissenschaftMuskelkrafttraining im Kindes- <strong>und</strong> JugendalterEinleitungMichael SiewersMuskelkrafttraining ist heute eine der populärsten Trainingsmethoden im Fitness- bzw.Konditionstraining der Erwachsenen. Einerseits soll die sportartenspezifische Leistung verbessertwerden, andererseits dient das <strong>Krafttraining</strong> der allgemeinen körperlichen Leistungsverbesserung.Das <strong>Krafttraining</strong> als fester Bestandteil des Trainingsalltags von Hochleistungssportlern<strong>und</strong> Leistungssportlern ist obligatorisch geworden. Auch für jugendlicheleistungsorientierte Athleten gehört das <strong>Krafttraining</strong> <strong>zum</strong> täglichen Training.Um Missverständnissen vorzubeugen,müssen einigeBemerkungen <strong>zum</strong> <strong>Krafttraining</strong><strong>mit</strong> <strong>Kindern</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendlichen</strong>vorangestelltwerden. <strong>Krafttraining</strong> ist einSammelbegriff, der im übergeordnetenSinne eine Trainingsart<strong>mit</strong> dem generellenZiel der Verbesserung der Kraftfähigkeiten (Maximal-, Schnellkraft <strong>und</strong> Kraftausdauer) beschreibt(vgl. Röthig et al. 1992). Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> sollte der Begriff <strong>Krafttraining</strong>von den Sportarten „Gewichtheben“ <strong>und</strong> dem sog. „Power-Lifting“ unterschieden werden.Beim Gewichtheben <strong>und</strong> „Power-Lifting“ trainieren die Sportler <strong>mit</strong> sehr hohen Intensitäten<strong>und</strong> versuchen, im Wettkampf maximale Gewichtslasten zu heben. Diese Art <strong>Krafttraining</strong>ist gr<strong>und</strong>sätzlich nicht gemeint, wenn man vom <strong>Krafttraining</strong> <strong>mit</strong> <strong>Kindern</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendlichen</strong>spricht.Anfang der 80er Jahre, im Zuge der Fitness- <strong>und</strong> Bodybuildingwelle aus den USA, rücktedas Thema <strong>Krafttraining</strong> im Kindes- <strong>und</strong> Jugendalter in das Blickfeld des öffentlichen <strong>und</strong>wissenschaftlichen Interesses (vgl. Blimkie 1993). Effektivität, Nutzen <strong>und</strong> die Risiken des<strong>Krafttraining</strong>s für Erwachsene waren im Gegensatz <strong>zum</strong> Kinder- <strong>und</strong> Jugendbereich hinreichenderforscht. Unwissenheit über die Wirkung von <strong>Krafttraining</strong>, aber auch die Angst,dem jungen Körper mehr Schaden als Nutzen zuzufügen, führten zu einer weitgehendenAbstinenz dieser Trainingsform in Deutschland.Parallel zur Kontroverse um das <strong>Krafttraining</strong> kam dieDiskussion um den schlechten Ges<strong>und</strong>heitszustandvon <strong>Kindern</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendlichen</strong> hinsichtlich Haltungsschwächen<strong>und</strong> -schäden auf. Je nach Statistik sindheutzutage bis zu 80 % der Gr<strong>und</strong>schüler in Deutschlandhaltungsschwach. Diese vorwiegend muskulärbedingten Haltungsschwächen sind durch den Sportunterrichtin der Schule <strong>mit</strong> den meist angebotenenSpiel- <strong>und</strong> Ausdauerkomponenten nicht zu kompensieren.Fachleute der Gegenwart verweisen zudemimmer wieder darauf, dass Kinder in zunehmendem Maße körperliche Belastungen meiden.Aus diesem Gr<strong>und</strong>e wurden Stimmen in den USA, aber auch in Europa, von Kinderorthopäden,Krankengymnasten <strong>und</strong> anderen Fachleuten nach frühzeitigen Präventivmaßnahmenlauter, um den Ges<strong>und</strong>heitszustand der Kinder <strong>und</strong> <strong>Jugendlichen</strong> zu verbessern. In


Nordamerika unterstützen <strong>und</strong> fordern große Mediziner- <strong>und</strong> Sportvereinigungen <strong>und</strong> derenVerbände, u. a. das „American College of Sports Medicine“, die „American OrthopaedicSociety of Sports Medicine“, die „American Academy of Pediatrics“ <strong>und</strong> die „NationalStrength and Conditioning Association“, die Teilnahme von <strong>Kindern</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendlichen</strong> an<strong>Krafttraining</strong>sprogrammen, wenn sie altersspezifisch geplant <strong>und</strong> organisiert sowie durchfachk<strong>und</strong>ige Trainer begleitet werden (vgl. Faigenbaum 1998).Altersspezifische BesonderheitenKinder <strong>und</strong> Jugendliche stellen weder kleine Erwachsene dar, noch liegt bei ihren sportlichenAktivitäten ein reduziertes Erwachsenentraining vor. Das Kinder- <strong>und</strong> Jugendtrainingunterliegt einem eigenen systematischen <strong>und</strong> langfristigen Übungs- bzw. Trainingsprozess.Ziele, Inhalte <strong>und</strong> Verfahrensweisen unterscheiden sich von denen der Erwachsenen. Geradedie vorübergehende Wachstumsbeschleunigung in der Pubertät stellt ein besonderesProblem dar. Neben der unterschiedlichen Entwicklung einzelner Skelettabschnitte bedeutetder Beginn der Pubertät einen tief greifenden Einschnitt in der psychophysischen Entwicklungdes Kindes bzw. <strong>Jugendlichen</strong>. Daraus ergeben sich eine Vielzahl von physischen,psychischen sowie psychosozialen Veränderungen <strong>und</strong> Entwicklungsbesonderheiten. Fürdas Kinder- <strong>und</strong> Jugendtraining ergeben sich entsprechende Konsequenzen, u. a. für diekörperliche Belastbarkeit oder für die Gestaltung eines <strong>Krafttraining</strong>s.Das „Mark-Jansen-Gesetz“ (vgl. Berthold/Thierbach 1981) besagt, dassdie Empfindlichkeit des Gewebes sich proportional zur Wachstumsgeschwindigkeitverhält. Demnach ist das Kind bzw. der Jugendliche imVergleich <strong>zum</strong> Erwachsenen wesentlich stärker der Gefahr von Belastungsschädendurch unphysiologische Trainingsreize ausgesetzt. Dabeiist weiter zu beachten, dass die Belastungsverträglichkeit des Bewegungsapparatesbei kalendarisch <strong>und</strong> biologisch gleichaltrigen <strong>Kindern</strong>sehr unterschiedlich sein kann.Der passive Halte- <strong>und</strong> Bewegungsapparat <strong>mit</strong> seinen Bändern, Sehnen, Knochen, Gelen-ken <strong>und</strong> Knorpeln stellt speziell beim Muskeltraining von <strong>Kindern</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendlichen</strong> eineSchwachstelle dar. So ist der Knochen erhöht biegsam, aber vermindert druck- <strong>und</strong> zugfest.Auch das Knorpelgewebe bzw. die noch nicht verknöcherten Wachstumsfugen weisen eineerhöhte Gefährdung gegenüber starken Druck- <strong>und</strong> Scherkräften auf (vgl. Weineck 1998,Cotta et al. In Prokop 1986). Bänder <strong>und</strong> Sehnen sind noch nicht ausreichend zugfest <strong>und</strong>die muskuläre Stabilisierung der Gelenke ist noch nicht so ausgereift, wie es beim Erwachsenender Fall ist (vgl. Zimmermann 1997).Aufgr<strong>und</strong> des geringen Testosteronspiegels vorBeginn der Pubertät gibt es kaum Unterschiedezwischen Jungen <strong>und</strong> Mädchen bezüglich ihrerMuskelmasse bzw. Muskelkraft. Der Muskelanteilan der Gesamtkörpermasse ist im Vergleich <strong>zum</strong>Erwachsenen verringert <strong>und</strong> beträgt gleichermaßenetwa 27 %. Zu Beginn der Pubertät kommt eszu ausgeprägten Zuwachsraten bezüglich derMuskelmasse aufgr<strong>und</strong> der hormonellen Veränderungen bei beiden Geschlechtern. DieTestosteronausschüttung wirkt sich bei den Jungen stärker auf die Zunahme der Muskelmassebzw. Muskelkraft aus als bei den Mädchen. Der Anstieg des Muskelanteils an derGesamtkörpermasse beim Jungen steigt von 27 % auf durchschnittlich 42 %, im Gegensatzdazu bei den Mädchen nur auf 36 % (vgl. Israel/ Buhl 1980, de Marées 1996).Bei den Mädchen entfällt diese Phase auf die Zeit zwischen dem 11. - 12./13. Lebensjahr,bei den Jungen auf den Zeitraum ab dem 12./13. Lebensjahr.


Neben der Zunahme der Muskelmasse durch den Testosteronanstieg beim Eintritt in diePubertät ist noch die anaerobe <strong>und</strong> aerobe Stoffwechselkapazität des Muskels zu erwähnen.Hier bestehen im Vergleich <strong>zum</strong> Erwachsenen charakteristische Unterschiede. Währendgr<strong>und</strong>sätzlich eine gute aerobe Kapazität im Kindesalter besteht (vgl. De Marées1996), sollte das Training der anaeroben Kapazität keine betonte Anwendung finden, daerst der Testosteronanstieg in der Pubertät eine Enzyminduktion bewirkt, die u. a. zu einerVerbesserung der anaeroben Arbeitsfähigkeit des Muskels führt (vgl. Weineck 1998).Fazit: Das Kinder- <strong>und</strong> Jugendtraining ist keine quantitativeReduktion des Erwachsenentrainings. Vielmehr muss dasTraining bzw. die sportliche Belastung Bden physischen <strong>und</strong>psychischen Veränderungen der Kinder <strong>und</strong> <strong>Jugendlichen</strong> inihrem Reifungsprozess gerecht <strong>und</strong> qualitativ (später auchquantitativ) angepasst werden. Insbesondere sind dabei diewachstumsbedingten Besonderheiten <strong>und</strong> deren Konse-quenzen für die psychophysische sche Belastbarkeit zu beachten,um Schäden vorzubeugen.AuswirkungenBetrachtet man die wissenschaftliche Forschung der letzten10 Jahre, so diskutiert niemand mehr die generelle Legitimationeines <strong>Krafttraining</strong>s für Kinder <strong>und</strong> Jugendliche; vielmehrkonzentriert sich die Forschung darauf, welche speziellenEffekte, Nutzen <strong>und</strong> Risiken ein <strong>Krafttraining</strong> für Kinder<strong>und</strong> Jugendliche haben kann (vgl. Faigenbaum 1998).Fast alle bekannten Forschungsarbeiten sind Feldexperimente <strong>mit</strong> einer durchschnittlichenDauer von 20 Wochen <strong>und</strong> 2 Trainingseinheiten pro Woche. Alle gängigen <strong>Krafttraining</strong>smethoden(dynamisch, isometrisch, isotonisch) fanden dabei Anwendung. Überwiegendwurde das <strong>Krafttraining</strong> als Stationstraining oder als Circuit- oder Kreistraining organisiert.Sowohl <strong>Krafttraining</strong> <strong>mit</strong> freien Gewichten, an Maschinen <strong>und</strong> <strong>mit</strong> dem eigenen Körpergewichtgehörten <strong>zum</strong> Inhalt des Trainings.In den Untersuchungen wurden in Abhängigkeit vom Untersuchungsdesign Kraftzuwächsevon 30 % bis zu 74 % dokumentiert (vgl. Faigenbaum 1993). Dabei scheint der Einsatz vonkindgerechten Trainingsgeräten günstiger zu sein <strong>und</strong> zu besseren Kraftzuwächsen zu führen(vgl. Faigenbaum 1998).Gr<strong>und</strong>sätzlich kommt es bereits zu Beginn eines <strong>Krafttraining</strong>s innerhalbkürzester Zeit zu einer Kraftzunahme. Allerdings ist die Kraftzunahme nichtauf eine Muskelmassenzunahme (Muskelhypertophie) zurückzuführen,sondern man vermutet, dass aufgr<strong>und</strong> des Mangels an adäquater Hormonausschüttungim Kindesalter die trainingsbedingten Kraftzuwächse im Wesentlichenauf neuromuskulären Anpassungen beruhen (vgl. Faigenbaum1998 <strong>und</strong> Sale 1989).Über die Zug- <strong>und</strong> Druckbeanspruchungen bei der muskulären Betätigung werden formativeReize <strong>und</strong> da<strong>mit</strong> Adaptationserscheinungen des Knochens ausgelöst. Bei jugendlichenGewichthebern konnten im Gegensatz zu normal Sport treibenden <strong>Jugendlichen</strong> höhereKnochendichtewerte festgestellt werden (vgl. Fleck/Kreamer 1997). Faigenbaum (1993,1998) geht ebenfalls davon aus, dass ein vorschriftsmäßig ausgeführtes <strong>Krafttraining</strong> eineffektiver Stimulus für die Knochenentwicklung des jüngeren Kindes oder <strong>Jugendlichen</strong> seinkann.


Nach Faigenbaum (1993, 1998) sind Verbesserungen der Fettwerte im Blut festzustellen,<strong>und</strong> das Verhältnis von fettreicher zu fettfreier Körpermasse verschiebt sich positiv zur fettfreienMasse. Hejna et al. (1982) konnten nachweisen, dass diejenigen Probanden, die ein<strong>Krafttraining</strong> durchführten, im Vergleich zu den nicht-trainierenden, trainierenden, eine geringere Verlet-zungsrate <strong>und</strong> weniger Zeit für die Rehabilitation benötigten.Des Weiteren ist ein <strong>Krafttraining</strong> im Sinne der Körperentwicklung <strong>und</strong> der Haltungspro-phylaxe im Zusammenhang <strong>mit</strong> dem immer früher beginnenden sportartenspezifischenTraining bei <strong>Kindern</strong> sinnvoll.Durch einseitiges Training kommt es zu einer einseitigen Belastung des Bewegungsapparates.Dies führt zu Muskeldysbalancen, die später eine weitere Leistungsentwicklung behindern<strong>und</strong> muskulären Verletzungen Vorschub leisten. Viele Kinder <strong>und</strong> Jugendliche erreichenihre potenzielle Leistungsfähigkeit im Sport oftmals nur deshalb nicht, weil die währendder Wachstumsvorgänge für den Haltungs- <strong>und</strong> Bewegungsapparat gesetzten Entwicklungsreizeunzureichend bzw. zu einseitig waren (vgl. Weineck 1996).Auch die mögliche psychosoziale Bedeutung eines solches Trainings sollte nicht unterschätzt<strong>und</strong> diskutiert werden. Für Trainer <strong>und</strong> Lehrer bedeutet gerade die fachliche <strong>und</strong>kindgerechte Führung, in Verbindung <strong>mit</strong> einem <strong>Krafttraining</strong>, die Möglichkeit der positivenBeeinflussung der Einstellung zu anderen Sportarten, der körperlichen Leistungsfähigkeit<strong>und</strong> der Ges<strong>und</strong>heitsbildung. Auch ein gesteigertes Selbstbewusstsein bei der Bewältigungvon Aufgaben <strong>und</strong> Problemen in anderen Sportarten konnte beobachtet werden. Allgemeinveränderte sich die Einstellung zur Ges<strong>und</strong>heit positiv (vgl. Faigenbaum 1993).Risiken <strong>und</strong> GefahrenDie beim <strong>Krafttraining</strong> auftretenden Belastungen sind <strong>zum</strong> Großteil geringer als in denmeisten Spielsportarten oder den alltäglichen Bewegungsspielen der Kinder. Aus Statistikenzur Verletzungshäufigkeit beim <strong>Krafttraining</strong> geht hervor, dass nicht der Knochen, sonderndas weiche Gewebe, wie Muskeln <strong>und</strong> Sehnen, die häufigsten Verletzungen erfahren. DieseVerletzungen haben meist entzündungsbedingte Ursachen oder es handelt sich um Muskelrissein unterschiedlichem Ausmaß. Durch entsprechende Trainingsgestaltung könnendiese Verletzungen aber ausgeschlossen werden, da sie meist durch Überbelastungen entstehen(vgl. Faigenbaum 1998). Das korrekte Ausführen der einzelnen Übungen ist besonderswichtig. Das bedeutet, dass dem Erlernen neuer Bewegungsformen besonders viel Zeitgewidmet werden muss, bevor die Belastung durch Zusatzgewichte gesteigert wird. Diesekorrekten Bewegungsausführungen erfordern wiederum gut qualifizierte Trainer bzw. Lehrer,die die Qualität der Bewegungsausführung auch beurteilen <strong>und</strong> gegebenenfalls korrigierenkönnen.Faigenbaum (1998) konnte nachweisen, dasses bei jungen Gewichthebersportlern zu Beeinträchtigungender Epiphysenfugen kam. Dieswaren aber Einzelfälle, die durch unsachgemäße<strong>und</strong> falsche Hebetechniken in Verbindung<strong>mit</strong> sehr hohen Gewichten, <strong>zum</strong> Teil in Über-Kopf-Arbeit, hervorgerufen wurden. Bei einemTraining unter kompetenter Anleitung <strong>und</strong> altersgemäßerBelastungsintensität wurden keineVerletzungen <strong>und</strong>/oder Schädigungen beschrieben(vgl. Ramsay et al. 1990, Servedio etal. 1985, Sewall/Micheli 1986, Weltman et al.1986).


Nach dem heutigen Stand der Wissenschaft schaft gibt es keine Beweise dafür, dass vorpubertäreKinder dazu neigen, sich im Training häufiger zu verletzen, als pubertäre Kinder, Jugendli-che oder Erwachsene (vgl. Blimkie 1993).Dennoch bleibt ein allgemeiner Risikofaktor, nämlich das aktive Verhalten des Kindes, bestehen.Selbstverständlich soll durch Sport diese Aktivität gefördert werden, aber <strong>zum</strong><strong>Krafttraining</strong> gehört ein gewisses Maß an Disziplin. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird ein „spielerisch“angebotenes s <strong>Krafttraining</strong> weltweit von den meisten Autoren abgelehnt.Den <strong>Kindern</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendlichen</strong> muss das Risikopotenzial dieses Sports bewusst sein, <strong>und</strong> siemüssen sich auch dementsprechend verhalten. Der direkte Risikofaktor ist also die persönlicheReife des Kindes. Sie ist es schließlich, die über eine Teilnahme oder den Ausschluss ambzw. vom <strong>Krafttraining</strong> entscheiden muss. Aus biologisch-medizinischer Sicht gibt es ansonstenbeim ges<strong>und</strong>en Kind <strong>und</strong> <strong>Jugendlichen</strong> bezüglich des Startalters keinerlei Einschränkungen(vgl. Faigenbaum 1993, 1998).Konsequenzen für die PraxisEin <strong>Krafttraining</strong> sollte, neben einem Ausdauer- <strong>und</strong> Beweglichkeitstraining, ein Bausteineines kompletten Fitnesstrainings von <strong>Kindern</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendlichen</strong> sein. Obwohl es eigentlichkein Mindestalter für die Teilnahme an einem <strong>Krafttraining</strong>sprogramm gibt, sollten die Teilnehmerüber die nötige emotionale Reife verfügen, Anweisungen zu befolgen <strong>und</strong> zu akzeptieren.Obendrein sollten die Teilnehmer die möglichen Vorteile wertschätzen können<strong>und</strong> sich der Risiken bewusst sein.In den ersten Trainingseinheiten sollten die physischen Fähigkeiten eher niedrig eingeschätztwerden. Der Umfang <strong>und</strong> die Intensität zu Beginn des Trainings ist ebenfalls gering.Die Trainingseinheiten zielen darauf ab, die Methoden <strong>und</strong> Techniken richtig zu ver<strong>mit</strong>teln,durchzuführen <strong>und</strong> zu kontrollieren. Dabei ist die kindgerechte Kommunikation wichtig,da<strong>mit</strong> die Trainierenden sich sicher betreut <strong>und</strong> ernst genommen fühlen.Das Ziel eines <strong>Krafttraining</strong>s <strong>mit</strong> Heranwachsenden sollte nicht ausschließlich die Verbesserungder Muskelkraft sein. Vielmehr ist auch die Ver<strong>mit</strong>tlung des Körperbewusstseins, diePrävention vor Verletzungen <strong>und</strong> die Veränderung hin zur positiven Einstellung gegenübereinem <strong>Krafttraining</strong> von großer Bedeutung (vgl. Faigenbaum 1998). Das Muskeltraining <strong>mit</strong><strong>Kindern</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendlichen</strong> sollte primär durch dynamische Kraftbelastungen gekennzeich-net sein. Beim dynamischen <strong>Krafttraining</strong> kommt es bei moderater Belastung zu einergleichzeitigen Förderung des Herz-Kreislaufsystems. Das Herz muss weniger Druck-, dafüraber mehr Volumenarbeit leisten, was förderlich für die kardiovaskulären Effekte anzusehenist. Durch eine gleichmäßige Atmung wird der Pressdruck vermieden <strong>und</strong> durch den Pumpeffektder arbeitenden Muskulatur wird eine gute Durchblutung der Peripherie erreicht.So<strong>mit</strong> ist eine ausreichende Energieversorgung unter aeroben Bedingungen möglich. Derinsgesamt höhere Gesamtenergieverbrauch wirkt sich positiv auf das Stoffwechselgleichgewicht<strong>und</strong> so<strong>mit</strong> auf die Körpergewichtskontrolle aus. Nicht zu vergessen ist die koordi-native Komponente des dynamischen <strong>Krafttraining</strong>s. Gerade in den jungen Jahrgängen biszur Pubertät müssen die entscheidenden Gr<strong>und</strong>lagen für eine gute Koordination gelegtwerden, die durch eine statische Haltearbeit nicht zu erreichen ist.Muskelerschöpfende Belastungen sollten vermieden werden. Unabhängig von der Höhedes gewählten Widerstandes treten hier die höchsten Blutdruckwerte auf <strong>und</strong> es kommt zueiner Anhäufung von Laktat (anaerobe Energiebereitstellung). Durch die einsetzende Ermüdungkönnen vermehrt Fehler in der Bewegungsausführung auftreten, die wiederum zuSchäden am passiven Bewegungsapparat führen können.Beim Zirkeltraining sollte auf eine maximale Bewegungsgeschwindigkeit verzichtet werden,da es hier ebenfalls zu einem Anstieg des Laktatspiegels kommt. Ebenso vermeiden sollte


man eine extrem langsame Bewegungsausführung, da sie ähnliche Auswirkungen wie dasstatische <strong>Krafttraining</strong> hat. Das beste Tempo richtet sich nach dem individuellen Atemrhythmus.Dabei soll ein Bewegungszyklus <strong>mit</strong> einem kompletten Atemzug synchronisiertwerden. In der konzentrischen Phase wird ausgeatmet, um einer Pressatmung vorzubeugen,<strong>und</strong> in der exzentrischen Phase wird wieder eingeatmet.Die geringere Belastbarkeit des Bewegungsapparates erfordert eine genaue Dosierung derIntensitäten <strong>und</strong> der maximalen Bewegungsamplituden während des <strong>Krafttraining</strong>s. Alsli<strong>mit</strong>ierender Faktor sollte deshalb der passive Bewegungsapparat <strong>und</strong> nicht die Muskulaturgewählt werden.Hohe Widerstände gilt es zu vermeiden, so dass <strong>mit</strong> <strong>mit</strong>tleren Widerständen(bis 60 %der Maximalkraft) <strong>und</strong> hohen Wiederholungszahlen (mindestens 15 - 20) trainiert wird.Neben hohen Widerständen sind auch Übungen <strong>mit</strong> extremen Körperpositionen zuvermeiden. Da<strong>mit</strong> sind vor allem starke Überstreckung oder Beugung der Gelenke <strong>und</strong>auch die Überkopfarbeit <strong>mit</strong> freien Gewichten gemeint. Beispiele für anatomisch ungünstigeÜbungen sind Nackendrücken <strong>mit</strong> Hanteln oder die tiefe Kniebeuge.Um den belasteten Strukturen bereits während des Trainings entsprechende Erholungsmöglichkeitenzu gewährleisten, sollten die Übungen in abwechselnder Reihenfolgedurchgeführt werden. Beispielsweise könnten stehende <strong>und</strong> liegende bzw. sitzendeÜbungen aufeinander folgen (vgl. Zimmermann 1997).ZusammenfassungDas Thema <strong>Krafttraining</strong> im Kindes- <strong>und</strong> Jugendalter hat in den letzten Jahren sowohl inder Allgemeinheit als auch in der Wissenschaft beträchtlich an Interesse gewonnen. Immermehr Anteile der Bevölkerung, einschließlich der Heranwachsenden, zieht es in die Fitnessanlagen,um Ihre Ges<strong>und</strong>heit, Fitness <strong>und</strong> sportliche Leistungsfähigkeit zu verbessern.In den letzten 20 Jahren ist es durch viele Untersuchungen gelungen, die positiven Effektedes <strong>Krafttraining</strong>s eindrucksvoll zu belegen. Es scheint so, sals ob der Erfolg eines Krafttrai-nings von der Intensität <strong>und</strong> vom Umfang des Trainings abhängt.Die Kraftzuwächse im Kindesalter beruhen dabei hauptsächlich auf neuromuskulären Ver-änderungen <strong>und</strong> verbesserten koordinativen Fähigkeiten. Eine Muskelmassenzunahmekonnte im Kindesalter im Gegensatz <strong>zum</strong> Jugendalter Jbisher nicht nachgewiesen werden.Durch kompetente Betreuung, in Verbindung <strong>mit</strong> den richtigen Anweisungen <strong>und</strong> Technikensowie kindgerechten Übungen <strong>und</strong> Material, ist ein <strong>Krafttraining</strong> nicht schädigender<strong>und</strong> risikoreicher als andere sportliche <strong>und</strong> sonstige Freizeitaktivitäten von <strong>Kindern</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendlichen</strong>.Natürlich gilt dies in erster Linie für ges<strong>und</strong>e Heranwachsende. Ein <strong>Krafttraining</strong><strong>mit</strong> <strong>Kindern</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendlichen</strong> <strong>mit</strong> physischen <strong>und</strong> psychischen Behinderungen jeglicherArt sollte speziell unter enger medizinischer Betreuung verlaufen.Das <strong>Krafttraining</strong> ist immer nur als eine zusätzliche <strong>und</strong> ergänzende Aktivität anzusehen, ineiner (hoffentlich) variationsreichen Bewegungswelt der Kinder <strong>und</strong> <strong>Jugendlichen</strong>.en.Literatur beim Verfasser Dr. Michael Siewers, Institut für Sportmedizin der CAU, Olshausenstr.40 - 60, 24098 KielQuelle: Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 7/ 2001, Seite 55- 60

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