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im GRÜNEN Bereich? - scriptito

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4<br />

STADT UND REGION<br />

Die Zukunft der „Platte“<br />

Ulf Sieberg ist Projektleiter<br />

be<strong>im</strong> Ökolöwe<br />

Leipzig und mit Fragen<br />

des Kl<strong>im</strong>aschutzes<br />

und der energetischen<br />

Gebäudesanierung<br />

befasst.<br />

Energetische Sanierungen von Plattenbauten<br />

können sinnvoll sein – wenn sie Teil eines<br />

ganzheitlichen Ansatzes für den<br />

Stadtumbau sind<br />

In Deutschland gibt es rund 2,9 Mio. Plattenbauwohnungen.<br />

Davon stehen allein 2,4 Mio. in den neuen Bundesländern.<br />

Demografischer Wandel, das Überangebot an<br />

Wohnungen und mangelnde Attraktivität lassen das Wohnen<br />

in der „Platte“ als unzeitgemäß erscheinen. Modellprojekte<br />

hingegen zeigen, wann und wie Plattenbauten<br />

erfolgreich für die Zukunft genutzt werden können.<br />

Im Mai haben sich die EU-Bauminister in der „Leipzig<br />

Charta“ für eine nachhaltige Stadtentwicklung ausgesprochen.<br />

Darin heißt es, dass u.a. Plattenbauten besondere<br />

Beachtung geschenkt werden muss. Warum, das machen<br />

Modellvorhaben der Deutschen Energieagentur deutlich.<br />

So birgt die energetische Sanierung von Gebäuden <strong>im</strong><br />

Bestand Einspareffekte von bis zu 85 % in sich. Bestehende<br />

Gebäude benötigen <strong>im</strong> Durchschnitt zwar dre<strong>im</strong>al<br />

soviel Energie zur Wärmeversorgung als Neubauten. Sie<br />

tragen anders als Neubauten aber nicht zu zusätzlicher<br />

Erschließung und Verbrauch von Flächen bei. Unter den<br />

realisierten Pilotprojekten waren bislang auch sieben Projekte<br />

in Sachsen.<br />

In Leipzig wurde ein elfgeschossiger Plattenbau aus dem<br />

Jahr 1973 mit einer Wohnfläche von 10.326 m 2 saniert.<br />

Diese zu den Großplattenbauten zählenden Gebäude<br />

weisen in der Praxis einen Heizenergieverbrauch von bis<br />

zu 220 kWh/m 2 a (kWh/m 2 <strong>im</strong> Jahr) auf. Der Konstruktionsweise<br />

aus den 60er bis 80er Jahren sind eine Vielzahl<br />

an Schwachstellen und Bauschäden eigen. Rissbildungen<br />

und Feuchteschäden in der Außenwand, undichte Fenster,<br />

mangelnder Wärmeschutz des Daches und hohe Verteilungsverluste<br />

mit schlechter Regelungsfähigkeit der<br />

Heizung führen zu einem exorbitanten Energieverbrauch<br />

von Plattenbauten. Dementsprechend hoch ist das Einsparpotenzial.<br />

So konnten in Leipzig unter Berücksichtigung eines wirtschaftlich<br />

tragfähigen Sanierungskonzeptes 76 % des Pri-<br />

märenergieverbauchs eingespart werden. Dies entspricht<br />

einer Kohlendioxideinsparung von 428 Tonnen. Soviel, wie<br />

zirka 110 Einfamilienhäuser mit einem Vier-Personen-Haushalt<br />

das Jahr über emittieren. Der Heizenergieverbrauch<br />

betrug damit nach der Sanierung nur noch 44 kWh/m 2 a (!).<br />

Erreicht wurde dies durch den Einsatz innovativer Technologien<br />

energetischer Gebäudesanierung mittels hocheffektiven<br />

Wärmeschutzes, Solarkollektoren, Wärmepumpen,<br />

Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung und hochautomatisierter<br />

Regelungstechnik.<br />

Um Plattenbauten sinnvoll zu modernisieren, müssen<br />

jedoch eine Reihe von Rahmenbedingungen erfüllt werden.<br />

Dabei ist von einer flächendeckenden Sanierung in<br />

Deutschland eher abzusehen. Substanz und Lage der<br />

„Platte“ müssen erhalten und so gewählt sein, dass urbanes<br />

Wohnen mit Naherholungswert verknüpft wird.<br />

Das bedeutet auch, dass die „Platte“ in ein vielfältiges urbanes<br />

Umfeld integriert werden muss. Reine „Schlafstätten“<br />

gewinnen auch durch energetische Sanierung nicht<br />

an Reiz. Vielmehr muss das Wohnumfeld um die entsprechende<br />

soziale und kulturelle Infrastruktur erweitert werden.<br />

Dazu gehören auch die Schaffung von Naturräumen<br />

und die Anbindung an ein funktionsfähiges Verkehrsnetz<br />

des ÖPNV. Zudem muss die Sanierung wirtschaftlich sein<br />

und dem Bedarf an Wohnraum gerecht werden.<br />

Der „Rückbau“, also der Abriss von Plattenbauten, darf<br />

dennoch nicht die erste, vorschnelle Lösung sein. Massenabriss<br />

von Plattenbauten wie <strong>im</strong> brandenburgischen<br />

Schwedt oder <strong>im</strong> thüringischen Leinefelde bewirkt unter<br />

Nachhaltigkeitsaspekten oft das Gegenteil von dem, was<br />

eigentlich bezwegt wurde. So zeugen die Modellvorhaben<br />

davon, dass energetische Sanierungen in der Energiebilanz<br />

besser dastehen als die Erschließung von Neubaugebieten.<br />

Die große Nachfrage der Mieter in Leipzig beweist<br />

außerdem, dass eine modernisierte „Platte“ attraktives<br />

Wohnen bedeuten kann.<br />

Die energetische Sanierung von Gebäuden <strong>im</strong> Bestand<br />

kann in Deutschland effektiv zum Kl<strong>im</strong>aschutz beitragen.<br />

Darüber hinaus können die Erfahrungen zur Sanierung<br />

von Plattenbauten in Osteuropa, Russland und China angewendet<br />

werden. Denn deren Sanierungsbedarf übersteigt<br />

den deutscher Plattenbauten bei weitem.<br />

Ulf Sieberg<br />

gruenetore@oekoloewe.de<br />

www.oekoloewe.de

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