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Heimat heute | 2013 - Berner Heimatschutz Regionalgruppe Bern

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14 | <strong>Heimat</strong> <strong>heute</strong> | 13 <strong>Heimat</strong> <strong>heute</strong> | 13 | 151980 kann man Halen als programmatischen, auchpolemisch gedachten Gegenvorschlag lesen zumgleichzeitigen Geschehen an der äusseren Stadtgrenze<strong>Bern</strong>s. 1959 ist Baubeginn zu Halen, 1958zum Tscharnergut. Beide Bauplätze sind Wallfahrtsortejener Zeit.Halen kann man als kleine Stadt deuten, ohne dietraditionell übergeordneten, städtischen Einrichtungenwie Schule, Krankenhaus, Kirche. AberWerkstätten, Ateliers, Marktplatz, Beiz mit Laden,Bad und Spielwiese und – vor allem – das gemeinschaftlicheAutoparkhaus und die gemeinsameEnergiezentrale waren da, kurz: eine Pionierleistungin kleinem Massstab ist verwirklicht für dasAngebot städtischer Mischnutzung und zudem inhoher städtisch erlebbarer Dichte.Halen weckt, auch typologisch gesehen, historischvertraute Bilder der Stadt. Die Siedlung liegt ineiner gerodeten Waldlichtung wie früher jede Stadtim Schweizer Mittelland. Der Wald bleibt alslebendiges Gehölz, Schutzschild und Eingang derSiedlung erhalten. Deren Anlage besteht aus ca. 80Häusern, jedes Haus mit Vorhof am Eingang undGartenhof zur Sonne. Auch in dieser Hinsicht wirdeine tradierte Typologie verwirklicht.Halen stellt konventionell die horizontale Versionder Stadt dar, im Gegensatz zur vertikalen Versionim Tscharnergut, Gäbelbach, Schwabgut u. a.Zum konkreten Vergleich bedeutet dies: In einemTscharnergut-Turm mit 20 Geschossen gibt es vertikalangeordnet ungefähr 80 Wohneineinheiten,etwa gleichviel wie in Halen horizontal.Worin liegen die unterschiedlichen Eigenschaften,abgesehen von Aufzügen an Korridor und Eingangshalleanstatt Strassenwege und Laubengänge?Einstöckigen anstatt dreigeschossigen Wohnnutzflächen?Balkonen mit Fernsicht, je nach Höhe,anstatt Gartenhöfen, auch Dachterrassen? Die Bezugnahmeauf eine Nachbarschaft mit über 1100anderen Wohnungen in offener Siedlung und ausgedehntenWiesen anstatt 80 anderen Häusern ingeschlossener Siedlung am eigenen Stadtplatz undgemeinschaftlichen Gartennischen?Auf diese Art kann der programmatische Unterschiedcharakterisiert und weitergeführt werden.Die Diskussion darüber bleibt bis <strong>heute</strong> lebendig.Es kann sich nicht darum handeln, ob die eine oderandere Form der Stadt verwirklicht wird. Zu denstädtischen Qualitäten der Stadt im Gesamtenzähle ich die Tatsache, dass Tscharnergut undHalen zur gleichen Stadtregion <strong>Bern</strong> gehören undwegen ihrer aussergewöhnlichen Qualitäten zuderen städtischer Vielfalt und Identität nach innenwie nach aussen beispielhaft beitragen.Die Bleiche stellt wie Halen einen programmatischenGegenvorschlag dar. Der Vorschlag richtetsich sowohl auf die gesellschaftliche Form des Produktionsprozessesals auch auf die architektonischeForm des Wohnraums; auf den gemeinschaftlichenWohnraum als Teil einer bereits bestehendenSiedlung und auf voraussehbare Transformationenin der Lebensfrist eines Hauses und desQuartiers.Die Bleiche bietet für ungefähr 40 Haushalte dieVoraussetzungen für ein soziales Gemisch der Bewohnerin Bezug auf Alter, Herkunft, Beruf, Einkommen,ähnlich wie in historischen Städten.Das Leitmotiv des Versuchs ist die Partizipationim Schaffen einer Identität durch Integration undSichtbarmachen der Unterschiede; räumlicher Abstufungenvon öffentlich zu privat; von Flexibilitätim Aus- oder Weiterbau und von Effizienz in angewandtenRessourcen. Hierzu gehört die Selbstverwaltungvon individuellem und gemeinschaftlichemEigentum.Die Bleiche gehört zum horizontal geordnetenStadttypus. Sie bildet eine radikal andersartigeVariante zum konventionellen Einfamilienhausquartieraus Einzelparzellen oder zur Fabrikationnormierter zwei- bis dreigeschossiger Hausreihen.Jedes Haus kann im Inneren ebenso wie im Äusserender vorgegebenen Baustruktur entsprechendder Bedürfnisse, Wünsche und Möglichkeiten derBewohner ausgestattet werden. Sie ist unterschiedlichenZuschnitts und der Bewohner kann zur gewähltenHausgrösse eine Palette von Eigenleistungenals Reduktion der Investitionskosten erbringen.Er bestimmt selber den Grad des Wohnstandardsbei Bezug oder in späteren Etappen desAus- und Umbaus.Die Bleiche – auf einer Geländeterrasse an einemoffenen Siedlungsrand der Gemeinde situiert –ist der Versuch nach aussen, die Grenze zwischenLandschaft und Siedlung als offenen Übergangeinerseits zu erhalten, andererseits vor spätererVerwüstung zu schützen; nach innen ist sie derVersuch, den bestehenden räumlichen Kontextaus Siedlungsstücken so einzubeziehen, dass einGewebe aus Nachbarschaften ohne Ein- und Unterbruch,aber differenzierend entsteht und in Zukunftfortgesetzt werden könnte. Beim Bau einesStadtstücks im offenen Siedlungsrand Bleiche bestehtim Unterschied zur geschlossenen WaldlichtungHalen die spezielle Herausforderung darin,eine architektonisch ablesbare Strategie für dieWechsel und Verknüpfungen räumlicher Wachstumsformender Stadt zu finden.Nachgedanken zum Bau der Stadt von morgen in<strong>Bern</strong> – Instrumente zum StadtbauZum gegebenen Thema habe ich aus aktuellerSicht den Siedlungsbau von <strong>Bern</strong> skizziert, wie ervor etwa drei Jahrzehnten zum Weiterbau undAusbau der Stadt praktiziert wurde.Heute präsentiert sich die reale Stadt ebenso wieihr Denkbild als vielschichtig konstruiertes undkompliziertes Bauwerk, als ausgreifendes undunfertiges Kunstprodukt vielfältiger Eingriffe unddurcheinanderlaufender Prozesse. Es besteht auskleinteiligen und grossmassstäblichen Parzellen,Miniaturbauten und endlosen Bauwerken, Reservaten,Brachen, Landschaften, Parks, Gärten und,nicht zuletzt, Menschen, die überall seit Vorzeiteneingreifen, verwüsten, zerstören oder bauendnachhaltig gestalten. Die Stadt von <strong>heute</strong> ist einStückwerk aus Formen heterogener Dichte, istüberall und allzeit gegenwärtig. Wie lässt sich aufsolcher Grundlage über den Bau der Stadt vonmorgen nachdenken? Welche Instrumente stehenim Fall <strong>Bern</strong> für zukünftige Stadtbaukultur zurVerfügung?Erstens: StadtregionDas grössere Ganze autonomer, historisch aufeinanderbezogener Teilgebiete wird hier mit Stadtregionbezeichnet, dies in der Annahme, sie seienauch in Zukunft existenziell voneinander abhängig.Die Stadtregion ist momentan ein im Entstehenbegriffenes, umstrittenes Gebilde. In diesem Kontextist praktisch und verständlich, wenn die Regionvor allem in Funktion der Fahrdauer des gutausgebauten öffentlichen Verkehrs zunächst eherzeitpolitisch, weniger territorialpolitisch definiertwird. Jedermann spürt auch, dass dies auf Dauergesehen unzureichend ist. Die Stadtregion wird allmählichdie Dimensionen nachhaltiger Politik annehmenund Perspektiven für die regionale Gesellschaft,Wirtschaft, Umwelt und Kultur entwerfenmüssen, beispielsweise für landwirtschaftliche Produktion,einschliesslich Marktzugang, für Sport,Schule, Verwaltung, Schutz und Sicherheit, Betreuungalternder Menschen. Bei diesem Verfahrenwird das vorhandene Potenzial synergetischfür die Zukunft genutzt. Das Produkt daraus wirdnach innen, zugleich nach aussen wirken.Die Tischrunde einer Stadtregion passt gut zumberühmten Temperament aus Langsamkeit undLoyalität und ist für <strong>Bern</strong> in Rücksichtnahme aufkantonales und kommunales Autonomieverständnisdas vielleicht bestgeeignete Instrument zurProduktion von eigener Zukunft. Welch anderes,ebenso vielversprechendes Instrument gäbe essonst?Zweitens: StadtlaborDas Stadtlabor ist ein Experimentierfeld aus kleinerenBiotopen der Stadtmenschen, sei dies einStrassenzug, Wohn- und Arbeitshof oder ein ganzesQuartier. Nur selten entsteht es zufällig. Eswird öffentlich oder privat initiiert, auch getragenund ist öffentlich angekündigt, offen zugänglich.Deshalb sind für alle Stadtbewohner geeigneteWege der Partizipation zu finden und offenzuhalten.Stadtlabors finden unter Beteiligung der Bewohnerstatt. Die diversen Prozesse werden öffentlichmoderiert, beobachtet, ausgewertet und derenKurs korrigiert. Sie üben eine hohe Attraktivitätaus, strahlen weit über ihr eigenes Aktionsfeldhinaus und sind Gegenstand kreativer Diskussio-

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