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Heimat heute | 2013 - Berner Heimatschutz Regionalgruppe Bern

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18 | <strong>Heimat</strong> <strong>heute</strong> | 13 <strong>Heimat</strong> <strong>heute</strong> | 13 | 19grünten Grosssiedlungen am Stadtrand, mit Wohn-Mass als eine Frage des psychisch-sozialen Wohl-und Bürohochhäusern im stark anwachsenden Ag-befindens und für die Kinder gar als eine Frageglomerationsgürtel, mit verkehrsgünstig gelegenender Chancengleichheit und damit der sozialen Ge-Einkaufszentren und einem Autobahnnetz, das allerechtigkeit. Wer in «modernen Grosssiedlungs-diese neu geschaffenen Orte verband, wurden abGhettos» aufwachsen musste, hatte bereits ab Ge-Ende der 1950er-Jahre mit viel Fortschrittsglaubeburt schlechte Karten, lautete eine weit verbreiteteund Enthusiasmus auch in der Schweiz tatkräftigÜberzeugung.und zunehmend rücksichtslos vorangetrieben. Alsder sehr lange anhaltende Bauboom in den frühenWer ist schuld?1970er-Jahren dann doch zum Erliegen kam, weilSelbstverständlich wurde nach Ursachen und nachdie Pille das Bevölkerungswachstum, die ÖlkriseSchuldigen für die Misere gesucht, ebenso selbst-die Konjunktur und erste bedrohliche Umwelt-verständlich wurden solche auch gefunden. Dasschäden die Fortschrittseuphorie rigoros stoppten,Resultat der Suche war allerdings nicht immer das-veränderte sich schlagartig der Blick auf das ebenselbe, sondern konnte je nach dem politischenGebaute. Vergessen waren die Wohnungsnot undLager oder der beruflichen Tätigkeit des Suchen-die heillos verstopften Strassen, stattdessen sahden stark differieren. Der wohl am häufigsten ge-man nun umso deutlicher die monotonen «Schlaf-nannte Sündenbock war «der Spekulant», der mitstädte», die öden «Betonwüsten» und die abgas-den stets steigenden Boden- oder Immobilien-verpesteten «Autobahnschneisen».preisen oder mit den ebenfalls kontinuierlich an-wachsenden Mietzinsen sehr viel Geld verdiente,Macht moderne Architektur gar krank?ohne dabei die Verantwortung für die architekto-Eines der ersten Bücher, das die Krise thematisierte,nisch-räumlichen oder für die gesellschaftlich-so-war das 1965 erstmals publizierte, vom Deut-zialen Konsequenzen seines Tuns tragen zu müssen.schen Psychoanalytiker Alexander Mitscherlich ver-Im Fahrwasser der eben erlebten 1968er-Bewe-fasste Pamphlet Die Unwirtlichkeit unserer Städte.gung vermuteten in den frühen 1970er-JahrenAnstiftung zum Unfrieden. Der Autor liess sichohnehin viele hinter allen gesellschaftlichen Pro-nicht auf eine fachliche Architekturdiskussion ein,blemen «den Kapitalismus» oder «das Establish-sondern konzentrierte sich auf die negativen Aus-ment». Die weitere Diskussion der Probleme ergabwirkungen der modernen Städte und Gebäude aufdann meist, dass «der Spekulant» seine schmutzi-ihre Bewohner. Dass sie hässlich, langweilig undgen und geldgierigen Geschäfte nur so ungehin-So kommentierte der«Nebelspalter» am27. Juni 1973(Heft 26 / S. 7): «Endlichwieder einmal ein Hotelbau,der sich harmonischins Dorfbild eingliedert.»Smith, Switzerland Builds, Stockholm 1950; HansVolkart, Schweizer Architektur, Ravensburg 1951)und beschrieben diese als vorbildlich und demokratisch.Mitte der 1950er-Jahre äusserten sich der zumArchitekten ausgebildete Dichter Max Frisch so-öde seien, hielt er dabei nicht einmal für ihre gravierendsteEigenschaft. Vielmehr warf er ihnenvor, dass sie die psychische und soziale Gesundheitder Bewohner angreife und im Extremfall irreparabelschädigen könne. Als 1978 in Deutschlanddas Buch Wir Kinder von Bahnhof Zoo erschien,dert tätigen konnte, weil ihn die Politiker gewährenliessen und weil ihm die Planer und auch dieArchitekten willig zudienten. Kurz, nicht nur diezeitgenössische Architektur geriet in den Strudeleines schlechten Rufs, sondern zunehmend auchderjenige der gesamten Baubranche, von dendient», war ihr Argument. Aufrufe zu Bürgerwehren,zu Demonstrationen oder zur Ablehnung vonPlanungsgeschäften oder von Baukrediten an derUrne wurden immer häufiger. Aber nicht alleindie Zahl von Bürgerwehren war stark ansteigend,sondern zum Schrecken der PlanungsfachleuteSo kommentierte der«Nebelspalter» am11. Juli 1973(Heft 28 / S. 6): «Abernatürlich ist bei uns allesin Ordnung, das sehenSie doch selbst!»wie der Werkredaktor und nachmalige Architek-das die Drogen- und Prostitutionslaufbahn einerPlanern und Immobilienunternehmern bis zu denund der Politiker zunehmend auch ihr Erfolg.turprofessor Alfred Roth sehr abschätzig über diein Berlin Gropiusstadt aufgewachsenen Sechzehn-Baumeistern und Architekten.Nicht selten nahmen sich regionale Sektionen desbeschauliche und detailverliebte Schweizer Archi-jährigen beschrieb, schienen sich die Thesen von<strong>Heimat</strong>schutzes dieser Anliegen an und unterstütz-tektur und verlangten eine radikale Umkehr zurMitscherlich eins zu eins zu bestätigen.Der <strong>Heimat</strong>schutz sammelt die Unzufriedenenten die Bürgerwehren in ihrem Kampf. Diese aktive«reinen Lehre» der Moderne. Gleichzeitig liess derDie Einstellung jedes einzelnen Bürgers zur moder-Allerdings stand nicht immer nur «der Spekulant»Parteinahme in vielen Streitfällen bescherte demstark anwachsende Wohnungs- und Gebäudebe-nen Architektur wurde also nicht bloss als eineam Pranger, es gab auch Stimmen, die jeden ein-<strong>Heimat</strong>schutz viel Aufmerksamkeit und führte zudarf die Bauwirtschaft immer schneller, rationellerästhetische Frage verstanden, die je nach ge-zelnen Bürger als für die Misere mitverantwort-einem starken Ansteigen der Mitgliederzahl. Lagund in mehrfacher Hinsicht billiger arbeiten. Dieschmacklichen Vorlieben so oder anders beantwor-lich erklärten. «Alle müssen kämpfen, denn einesie um 1964 bei rund 10 000 Personen, stieg sieinternationalen Entwicklungskonzepte mit durch-tet werden konnte, sondern in noch viel stärkeremGesellschaft bekommt die Architektur, die sie ver-bis Ende des Jahrzehnts auf über 12 000 an und

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