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Das Astrolabium am Kalendertisch im Historischen Museum in ...

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<strong>Das</strong> <strong>Astrolabium</strong> <strong>am</strong> <strong>Kalendertisch</strong> <strong>im</strong><strong>Historischen</strong> <strong>Museum</strong> <strong>in</strong> RegensburgR. Folk 1Institut für Theoretische PhysikUniversität L<strong>in</strong>z28. April 20121 e-mail: r.folk@liwest.at


Zus<strong>am</strong>menfassungDrei der astronomischen Ste<strong>in</strong>ätzTische (<strong>im</strong> Stift Kremsmünster 1590, <strong>im</strong><strong>Historischen</strong> <strong>Museum</strong> Regensburg 1602 und <strong>in</strong> der <strong>Museum</strong>slandschaft Kassel1605) des Andreas Plen<strong>in</strong>ger enthalten e<strong>in</strong> <strong>Astrolabium</strong>. Allerd<strong>in</strong>gs fehlt<strong>in</strong> allen Fällen die Rete. An Hand e<strong>in</strong>er älteren Photographie des <strong>Astrolabium</strong>s<strong>am</strong> Regensburger Tisch wird gezeigt, dass dort e<strong>in</strong>e Rete nach Coops<strong>Astrolabium</strong> s<strong>am</strong>pt e<strong>in</strong>em kurtzen Unterricht, . . ., das erstmals 1584 erschien,vorhanden war. Es ist daher möglich, dass das <strong>Astrolabium</strong> tatsächlichbenutzbar war.


2 DIE GRUNDSCHEIBEN AUF DEN TISCHEN 2Vorbild für e<strong>in</strong>e Rete nachgegangen werden.2 Die Grundscheiben auf den TischenAbbildung 1: Die Grundscheiben der Astrolabien auf den <strong>Kalendertisch</strong>en(a) <strong>im</strong> Stift Kremsmünster für die Polhöhe von 48 0 ( c○Stift Kremsmünster),(b) dem Tisch <strong>in</strong> Kassel für 51 0 ( c○<strong>Museum</strong>slandschaft Kassel) und (c) demTisch <strong>im</strong> <strong>Historischen</strong> <strong>Museum</strong> <strong>in</strong> Regensburg für 48 0 ( c○Hist. <strong>Museum</strong> Regensburg).


2 DIE GRUNDSCHEIBEN AUF DEN TISCHEN 3Die Grundscheiben (siehe die Abb. 1) auf den drei Tischen aus den Jahren1590 <strong>im</strong> Stift Kremsmünster, dem Tisch von 1602 <strong>im</strong> <strong>Historischen</strong> <strong>Museum</strong><strong>in</strong> Regensburg s<strong>in</strong>d für die Polhöhe von 48 Grad, die des Tisches von 1605<strong>in</strong> Kassel für 51 Grad gefertigt. Sie unterscheiden sich <strong>in</strong> der Ausfertigungdurch fe<strong>in</strong>e Details, die sich aus der Funktionsweise des <strong>Astrolabium</strong>s ergeben.Wichtigste Funktion des <strong>Astrolabium</strong>s ist die Zeitmessung aus derAbbildung 2: Nachbildung nach der Vorlage e<strong>in</strong>es Bausatzes aus Pappe vonPaul MacAlister & Sons, Ill<strong>in</strong>ois (1974), durch die Zentralwerkstatt der TechnischenFakultät, FAU [ISER I0169].Stellung von Sonne oder Sternen <strong>am</strong> H<strong>im</strong>mel. Dazu führt man e<strong>in</strong>e Messungder Polhöhe des ausgewählten H<strong>im</strong>melsobjekts mit Hilfe der Rückseite des<strong>Astrolabium</strong>s durch. Auf die Vorderseite können dann die gemessenen Datenübertragen werden und entsprechende andere Daten abgelesen werden (sieheAbb. 2). Man kann aber auch geodätische Messungen mit dem <strong>Astrolabium</strong>vornehmen.Für Astrologen ist die Stellung der Planeten zu e<strong>in</strong>em best<strong>im</strong>mten Datumund Zeitpunkt von besonderer Bedeutung, da nach ihrer Ansicht diese dieErstellung von Horoskopen, Vorhersagen von Krankheitsverläufen, die mediz<strong>in</strong>ischeBehandlung, generell die Durchführung oder Unterlassung von Tätigkeitendes Menschen best<strong>im</strong>mten.


2 DIE GRUNDSCHEIBEN AUF DEN TISCHEN 42.1 <strong>Das</strong> <strong>Astrolabium</strong><strong>Das</strong> <strong>Astrolabium</strong> stellt das Abbild der H<strong>im</strong>melskugel auf e<strong>in</strong>er Ebene dar.Dazu bedient man sich der stereographischen Projektion, die e<strong>in</strong>e Kugeloberächeauf e<strong>in</strong>e Ebene projiziert [6]. Diese Projektion hat zwei wichtigeEigenschaften: (1) Kreise werden <strong>in</strong> Kreise projiziert und (2) die Schnittw<strong>in</strong>kelzweier L<strong>in</strong>ien bleiben bei der Projektion erhalten.Die Projektion wird <strong>in</strong> zwei Teile aufgespalten, e<strong>in</strong>en Teil der von der Positiondes Beobachters des H<strong>im</strong>mels auf der Erde abhängt und e<strong>in</strong>en Teil derunabhängig vom Beobachter ist. Ersterer bendet sich auf der Grundscheibedes <strong>Astrolabium</strong>s, letzterer auf der beweglichen Rete des <strong>Astrolabium</strong>s. DieDrehung der Rete um das Zentrum der Grundplatte s<strong>im</strong>uliert die Drehungdes H<strong>im</strong>melsgewölbes um die H<strong>im</strong>melsachse <strong>im</strong> geozentrischen Weltbild. Dieskann man auch auf mechanischen Uhren dargestellt nden.2.1.1 Die Projektion des H<strong>im</strong>melsgewölbesDie Ebene auf die projiziert wird ist die Ebene senkrecht auf die Erdachse.Verlängert man die Erdachse <strong>in</strong> nördlicher (südlicher) Richtung so erreichtman den H<strong>im</strong>melsnordpol (H<strong>im</strong>melssüdpol). Die Projektionsebene ist daherdie Äquatorebene der Erde (siehe dazu Abb. 3a).Projiziert wird auf die Äquatorebene derart, dass von e<strong>in</strong>em Ort auf derH<strong>im</strong>melskugel e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dungsl<strong>in</strong>ie <strong>in</strong> den H<strong>im</strong>melssüdpol gezogen wird.Die Verb<strong>in</strong>dungsl<strong>in</strong>ie alle Punkte auf der nördlichen H<strong>im</strong>melskugel schneidetdie Äquatorebene <strong>in</strong>nerhalb des H<strong>im</strong>melsäquator. Für alle Punkte dersüdlichen H<strong>im</strong>melskugel werden die Verb<strong>in</strong>dungsl<strong>in</strong>ien vom H<strong>im</strong>melssüdpolbis zur Äquatorebene verlängert. Diese schneiden sie auÿerhalb des H<strong>im</strong>melsäquators(graue Fläche <strong>in</strong> Abb. 3a). Die Projektion des H<strong>im</strong>melsnordpolsist das Zentrum der Kreisscheibe.Der Sternenh<strong>im</strong>mel mit den e<strong>in</strong>zelnen Sternen und den Sternzeichen drehtsich täglich um die H<strong>im</strong>melsachse. Die Projektion der täglichen Bahnen dieserH<strong>im</strong>melskörper auf die H<strong>im</strong>melsäquatorebene s<strong>in</strong>d also Kreise (Wendekreise).Drei ausgezeichnete Kreise werden <strong>in</strong> der Projektion gezeigt: der Wendekreisdes Sternbildes Krebs liegt <strong>in</strong>nerhalb der oben genannten Kreisscheibe (dasich das Sternzeichen Krebs auf dem nördlichen Teil der H<strong>im</strong>melskugel be-ndet) ; der Wendekreis des Sternbildes Ste<strong>in</strong>bock liegt auÿerhalb der obengenannten Kreisscheibe (da sich das Sternbild auf dem südlichen Teil derH<strong>im</strong>melskugel bendet). Er begrenzt die auf der Grundscheibe des Astrola-


2 DIE GRUNDSCHEIBEN AUF DEN TISCHEN 5aAbbildung 3: Stereographische Projektionen (nach [7]).biums gezeigte Projektion. Sie enthält also nicht nur den nördlichen Sternenh<strong>im</strong>melsondern auch Teile des südlichen Sternenh<strong>im</strong>mels (23.5 Grad südlichvom H<strong>im</strong>melsäquator). Der dritte Kreis ist der H<strong>im</strong>melsäquator selbst, derebenfalls als Wendekreis zweier Sternzeichen <strong>in</strong>terpretiert werden kann (sieheunten).Die Sonne bewegt sich von der Erde aus gesehen auf der Ekliptik über dieH<strong>im</strong>melskugel. Die Ebene der Ekliptik ist zur Ebene, <strong>in</strong> der der H<strong>im</strong>melsäquatorliegt, um 23.5 Grad geneigt (siehe Abb.3b). Die Projektion derjährlichen Sonnenbahn ist aber auch wiederum e<strong>in</strong> Kreis, dessen Mittelpunktaber nun nicht die Projektion des H<strong>im</strong>melsnordpols ist, sondern entsprechendder Neigung der Ekliptik zum H<strong>im</strong>melsäquator, von dessen Mittelpunkt verschoben(siehe Abb. 3b). Da die Sonnenbahn <strong>im</strong> Jahr die Ekliptik durchläuft,enthält die Projektion der Sonnenbahn die Sternzeichen und berührtdie Wendekreise der Sternzeichen des Krebses und des Ste<strong>in</strong>bocks an denb


2 DIE GRUNDSCHEIBEN AUF DEN TISCHEN 6entsprechenden Stellen. <strong>Das</strong> heiÿt, dort wo der Wendekreis des Ste<strong>in</strong>bocksberührt wird, bendet sich das Sternzeichen Ste<strong>in</strong>bock auf der Ekliptik, dortwo der Wendekreis des Krebs berührt wird bendet sich das SternzeichenKrebs. Alle übrigen Sternzeichen s<strong>in</strong>d dann entsprechend dem Jahreslauf derSonne <strong>am</strong> Kreis der Ekliptik verteilt. Der Mittelpunkt der Projektion der Ekliptikliegt daher <strong>in</strong> der Mitte ihrer Berührungspunkte mit den Wendekreisen.Insges<strong>am</strong>t rotiert die Projektion der Ekliptik täglich um die Projektion desH<strong>im</strong>melsnordpols. Diese Bewegung der Ekliptik und der Sonne auf ihr wurde,wie schon erwähnt, auf mechanischen Uhren demonstriert. Als e<strong>in</strong> berühmtesBeispiele seien die Uhr <strong>im</strong> Straÿburger Münster, die Prager Rathausuhr unddie Uhr <strong>in</strong> der Marienkirche <strong>in</strong> Rostock (zu Rostock siehe [8]) genannt.aAbbildung 4: Stereographische Projektionen (nach [7]).Der Beobachter an e<strong>in</strong>em Ort auf der Erde kartographiert den H<strong>im</strong>mel, dener sieht, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Koord<strong>in</strong>atensystem von Höhenl<strong>in</strong>ien und Längenkreisenb


2 DIE GRUNDSCHEIBEN AUF DEN TISCHEN 7(Siehe Abb. 4a,b). Se<strong>in</strong> Zenit ist <strong>im</strong> allgeme<strong>in</strong>en verschieden vom H<strong>im</strong>melsnordpol.So sieht der Beobachter diese beiden Punkte xiert <strong>am</strong> H<strong>im</strong>melsgewölbe.Bendet sich der Beobachter <strong>am</strong> Nordpol (genauer <strong>in</strong> dem nördlichenDurchstoÿpunkt der Erdachse durch die Erdkugel), so fallen der Zenit undder H<strong>im</strong>melsnordpol zus<strong>am</strong>men. Bendet er sich <strong>am</strong> Äquator, so sieht er denH<strong>im</strong>melsnordpol <strong>am</strong> Horizont.Die Projektion des Zenits des Beobachter liegt vom Zentrum der Kreisscheibeum e<strong>in</strong>en Betrag verschoben, der von der Breite auf der sich der Beobachterbendet abhängt. Ebenso projiziert sich der Horizontkreis auf e<strong>in</strong>en Kreis,von dem nur e<strong>in</strong> Teil auf die Kreisäche des <strong>Astrolabium</strong>s fällt. Er bildet dieHorizontl<strong>in</strong>ie auf der Grundscheibe des <strong>Astrolabium</strong>s, Horizon obliquusoder krummer Horizont. Die Projektion der Höhenkreise des Beobachtersbilden e<strong>in</strong> System von <strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander geschachtelten Kreisen um den Zenit. VomZenit weg wachsen die Radien dieser Kreise, wobei sich deren Mittelpunktenach auÿen (Süden) bewegen (siehe Abb. 4a).<strong>Das</strong> System der auf die Höhenkreise senkrecht stehenden Längenkreise bildetauch <strong>in</strong> der Projektion e<strong>in</strong> System von L<strong>in</strong>ien, das senkrecht auf die Projektionder Höhenkreise steht (siehe Abb. 4b). So wie das Netz der Höhenl<strong>in</strong>ienund Längenkreise e<strong>in</strong>e Positionsangabe e<strong>in</strong>es Punktes auf der H<strong>im</strong>melskugelerlaubt, so erlaubt die Projektion dieser L<strong>in</strong>ien die Positionsangabe des projiziertenPunktes <strong>in</strong> der Projektionsebene. Die Projektion des Meridians desBeobachters bildet die Symmetrieachse der projizierten Längenkreise.<strong>Das</strong> Netz der Kurvenscharen vere<strong>in</strong>facht sich <strong>in</strong> ausgezeichneten Position desBeobachters. Steht der Beobachter <strong>am</strong> Nordpol fällt der Zenit mit dem H<strong>im</strong>melsnordpolzus<strong>am</strong>men und das Netz der Höhen- und Längenkreise bestehtaus Kreisen und Radiall<strong>in</strong>ien um den H<strong>im</strong>melsnordpol bzw. Zenit. Der krummeHorizont fällt mit der Projektion des H<strong>im</strong>melsäquators zus<strong>am</strong>men.Steht der Beobachter <strong>am</strong> Äquator so s<strong>in</strong>d die H<strong>im</strong>melsachse und die Achsedurch den Zenit senkrecht aufe<strong>in</strong>ander. Der Zenit liegt <strong>am</strong> H<strong>im</strong>melsäquatorund die Projektion des Horizonts ist e<strong>in</strong>e Gerade senkrecht auf den Meridian.Diese Gerade ist <strong>im</strong> allgeme<strong>in</strong>e Fall die Projektion des Längenkreises auf derH<strong>im</strong>melskugel senkrecht zum Meridian und heiÿt Horizon rectus.Manchmal s<strong>in</strong>d weitere Projektionen der Längenkreise durch die H<strong>im</strong>melspolee<strong>in</strong>gezeichnet. Sie bilden e<strong>in</strong> Strahlensystem von Geraden durch denH<strong>im</strong>melsnordpol, das Zentrum der Grundscheibe (siehe Abb. 9a).Der Anblick des H<strong>im</strong>melsgewölbe ändert sich <strong>in</strong> zweifacher Weise: e<strong>in</strong>erseitsdurch die tägliche Rotation der Erde um sich selbst und jährlich durch die


2 DIE GRUNDSCHEIBEN AUF DEN TISCHEN 8Bewegung der Erde um die Sonne. Beide Bewegungen entsprechen e<strong>in</strong>er Rotationder H<strong>im</strong>melssphäre um den H<strong>im</strong>melsnordpol. Durch die jährliche Rotations<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den Jahreszeiten unterschiedliche Regionen des H<strong>im</strong>mels zusehen, von dem e<strong>in</strong> zentraler Teil (abhängig von der Polhöhe) um den H<strong>im</strong>melsnordpoldas ganze Jahr h<strong>in</strong>durch zu sehen ist, e<strong>in</strong> andere Teil jeweilsnur kurze Zeit. Dies betrit <strong>in</strong>sbesondere die Tierkreiszeichen, die auf derEkliptik umlaufen.2.1.2 Bestandteile des <strong>Astrolabium</strong>sDie Fixsterne s<strong>in</strong>d, wie ihr N<strong>am</strong>en schon sagt fest mit der H<strong>im</strong>melskugel,verbunden. Man kann sie auf die Ebene des H<strong>im</strong>melsäquator projizieren. Soe<strong>in</strong>e Projektion e<strong>in</strong>iger Sterne der nördlichen H<strong>im</strong>melskugel stellt die Retedar (siehe Abb. 5). Die Projektion jedes Sterns ist durch die Spitze e<strong>in</strong>esSternzeigers angegeben. Der äuÿere Umkreis der Rete ist durch den Wendekreisdes Ste<strong>in</strong>bocks gegeben. Jede Spitze, die e<strong>in</strong>en Sterns zeigt, bendetAbbildung 5: Zwei Reten als Beispiele: L<strong>in</strong>ks Rete e<strong>in</strong>es <strong>Astrolabium</strong>s ausdem 14. Jahrhundert ( c○Muzeum Uniwersytetu Jagielonskiego CollegiumMaius); rechts: Rete von Krabbe 1609 aus Holz ( c○<strong>Museum</strong> of the Historxof Science, Oxford)sich auf e<strong>in</strong>em Gitter aus Metall, Holz oder Papier, auf dem der N<strong>am</strong>e desSterns oft <strong>in</strong> Kurzform angegeben ist. <strong>Das</strong> Zentrum ist der H<strong>im</strong>melsnordpol.Auf dem Gittersystem der Rete ist auch die Ekliptik mit den Sternzeichenangebracht (der exzentrische Kreisr<strong>in</strong>g <strong>in</strong> Abb. 5). Als e<strong>in</strong>ziger der sieben


3 DIE GRUNDSCHEIBE AM REGENSBURGER TISCH 9Planeten des geozentrischen Systems kann auf ihr die tägliche Stellung Sonnefestgelegt werden und durch Rotation der Ekliptik um das Zentrum auch ihretägliche Bewegung.Der Beobachter stellt die Positionen der H<strong>im</strong>melskörper <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em auf derGrundscheibe dargestelltem Koord<strong>in</strong>atensystem fest. Er beobachtetet die relativeBewegung des Sternenh<strong>im</strong>mels <strong>in</strong> Bezug auf se<strong>in</strong> System und s<strong>im</strong>uliertdies durch entsprechende Drehung der Rete, die über der Grundscheibe liegt.<strong>Das</strong> <strong>Astrolabium</strong> selbst ist auf e<strong>in</strong>er Seite von e<strong>in</strong>em R<strong>in</strong>g mit W<strong>in</strong>kel- undZahlene<strong>in</strong>teilung umgeben, dem L<strong>im</strong>bus. Wird die Rete auf e<strong>in</strong>e best<strong>im</strong>mteUhrzeit gedreht, ergeben sich die Sternpositionen, umgekehrt ergibt sichaus den Sternpositionen die Uhrzeit für den Ort, dem die Grundscheibe entspricht.Die Zeit ist <strong>am</strong> Auÿenrand angezeigt. Über beiden liegt e<strong>in</strong> Zeiger(Ostensor), der nach der jeweiligen Aufgabe e<strong>in</strong>gestellt werden kann.Die Ekliptik auf der Rete stellt e<strong>in</strong>e Datumsskala dar. Für e<strong>in</strong> best<strong>im</strong>mtesDatum muÿ man den Zeiger auf der Skala der Ekliptik auf die entsprechendeGrade <strong>in</strong>nerhalb des zum Datum gehörenden Sternzeichens e<strong>in</strong>stellen. Fürjedes Sternzeichen stehen 30 Grad zur Verfügung. Dann dreht man Rete undZeiger so, dass der Zeiger auf der äuÿeren Skala der Grundscheibe auf e<strong>in</strong>ebest<strong>im</strong>mte Uhrzeit weist. Die Rete markiert dann die Positionen der Sternezu dieser auf der Grundscheibe. Dies ist besonders wichtig für die Astrologie,da manbei Tag die Position der Sterne nicht sehen kann. Auch die Planetenkann man meistens nicht bei Tag sehen. Daher grien die Astrologenauf die, <strong>in</strong> den Planetentafeln durch Berechnung angegebenen, Positionenzurück. Diese Positionen h<strong>in</strong>gen nicht nur von der Genauigkeit der beobachtetenAusgangspositionen ab, sondern auch von der Güte des zugrundeliegendenmathematischen Modells für die Planetenbewegung. Man bediente sichder Alphons<strong>in</strong>ischen oder der Preussischen Tafeln. Beide waren ungenau unabhängigob ihnen e<strong>in</strong> geozentrisches oder heliozentrisches Modell zugrundelagen. Erst die Rudolnischen Tafeln behoben diese Ungenauigkeiten.3 Die Grundscheibe <strong>am</strong> Regensburger TischIn die Tischplatte <strong>im</strong> <strong>Historischen</strong> <strong>Museum</strong> <strong>in</strong> Regensburg ist die Vorderseitee<strong>in</strong>es <strong>Astrolabium</strong>s geätzt. Sie zeigt (siehe Abb. 6a) die Grundscheibe mitdem L<strong>in</strong>iensystem für die Polhöhe von 48 Grad, umgeben von e<strong>in</strong>er Skala fürdie Zeit (römische Zahlen: zwe<strong>im</strong>al von E<strong>in</strong>s bis Zwölf) und e<strong>in</strong>er Skala fürdie Grade (arabische Zahlen: viermal 90 Grad). Um diesen Teil des Astrola-


3 DIE GRUNDSCHEIBE AM REGENSBURGER TISCH 10Abbildung 6: L<strong>in</strong>ks: das <strong>Astrolabium</strong> <strong>am</strong> Tisch <strong>im</strong> <strong>Historischen</strong> <strong>Museum</strong>:zusätzlich zur Grundscheibe und Zeitskala s<strong>in</strong>d die Ekliptik und die Jahresr<strong>in</strong>gedes julianischen und gregorianischen Kalenders gezeigt. Rechts: <strong>Das</strong>L<strong>in</strong>iensystem der Grundscheibe ( c○Hist. <strong>Museum</strong> Regensburg).bium (den L<strong>im</strong>bus) s<strong>in</strong>d noch drei R<strong>in</strong>ge, die sich so nicht auf der Vorderseitesondern auf der Rückseite e<strong>in</strong>es <strong>Astrolabium</strong>s benden: von Innen nachAuÿen der gregorianische Kalender, der julianische Kalender und die Sternzeichender Ekliptik. D<strong>am</strong>it ist das Sonnenjahr <strong>im</strong> jeweiligen Kalendersystemdeniert. <strong>Das</strong> heiÿt, für jedem Tag kann <strong>im</strong> jeweiligen Kalendersystem dieStellung der Sonne auf der Ekliptik angegeben werden. Diese Informationkann auf die Ekliptik, die sich auf der Rete bendet, übertragen werden.3.1 <strong>Das</strong> L<strong>in</strong>iensystem auf der GrundplatteDie Grundscheibe des AstroLabium / Ad Elevat: Poli. / 48 Gus zeigtverschiedene L<strong>in</strong>ien und L<strong>in</strong>iensysteme (Abb. 6b):• <strong>Das</strong> Koord<strong>in</strong>atennetz der Projektion der nördlichen H<strong>im</strong>melkugel,• die Wendekreise des Ste<strong>in</strong>bocks (Tropicus Capricorni ♐) und desKrebs (Tropicus Cancri ♋), sowie den H<strong>im</strong>melsäquators (Equatorauch Wendekreis des Widders ♈ und der Waage ♎),• die Stundenl<strong>in</strong>ien (strichlierte L<strong>in</strong>ien, die zwischen den Wendekreisenverlaufen und mit den Zahlen 1- 11 bezeichnet s<strong>in</strong>d),


3 DIE GRUNDSCHEIBE AM REGENSBURGER TISCH 11• die L<strong>in</strong>ien der zwölf Häuser (durchgezogene L<strong>in</strong>ien, die sich alle <strong>am</strong>Horizont <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Punkt schneiden und mit den römischen Zahlen vonI - XII bezeichnet s<strong>in</strong>d [e<strong>in</strong>e XI ist versehentlich als IX geätzt]) und• die Dämmerungsl<strong>in</strong>ie (L<strong>in</strong>ea crepusculi, punktiert).Die L<strong>in</strong>iensysteme s<strong>in</strong>d symmetrisch um die senkrechte Meridian-L<strong>in</strong>ie. Aufder Meridian-L<strong>in</strong>ie s<strong>in</strong>d die Polhöhen der Projektion der H<strong>im</strong>melskugel desBeobachters angegeben. Der Zenit entspricht der Höhe von 90 Grad. Jederzehnte Höhenkreis ist strichliert gezeigt und es s<strong>in</strong>d die Höhenkreise von 80Grad bis Null Grad (dem krummen Horizont) gezeigt. Die Längenkreise s<strong>in</strong>dauf der Horizontl<strong>in</strong>ie bezeichnet. Sie laufen von 90 Grad vom Schnittpunktder Meridian-L<strong>in</strong>ie mit dem Horizont auf Null Grad nach l<strong>in</strong>ks und rechts,um dann wieder auf 30 Grad zu steigen. Die Längenkreise schneiden sich alle<strong>im</strong> Zenit.Auf den Schnittpunkten der Wendekreise mit der Horizontl<strong>in</strong>ie liegen dieSonnenauf- und -untergänge <strong>am</strong> längsten und kürzesten Tag. Teilt man denTag <strong>in</strong> genau zwölf Teile, so erhält man die temporären Stunden. Zwischendiesen beiden Extremen geben die Stundenl<strong>in</strong>ien die temporären Stundenan. Die Horizontl<strong>in</strong>ie l<strong>in</strong>ks von der Meridian-L<strong>in</strong>ie ist die Stundenl<strong>in</strong>ie Null,rechts davon die Stundenl<strong>in</strong>ie Zwölf.Der Tag ist <strong>am</strong> längsten, wenn die Sonne <strong>im</strong> Tierkreiszeichen Krebs aufgeht,<strong>am</strong> kürzesten <strong>in</strong> Tierkreiszeichen Ste<strong>in</strong>bock. Zwischen den, durch den täglichenUmlauf dieser Tierkreiszeichen sich ergebenden Kreise (Wendekreise)auf der Grundplatte erstrecken sich daher die Stundenl<strong>in</strong>ien für die jeweiligePolhöhe. Der E<strong>in</strong>fachheit halber s<strong>in</strong>d nur die Kreise beider bisher genannterSternbilder gezeichnet, alle anderen 10 Tierkreiszeichen liegen ebenfalls aufKreisen, wobei je zwei zus<strong>am</strong>menfallen so dass sich <strong>in</strong>sges<strong>am</strong>t sieben Kreiseergeben würden. So ist der Kreis des H<strong>im</strong>melsäquators auch der Wendekreisder Sternbilder Widder und Waage. Aus den Schnittpunkten dieser Kreisemit der Horizontl<strong>in</strong>ie ergeben sich die Auf- bzw. Untergangszeiten der Sonnewenn sie <strong>in</strong> dem jeweiligen Tierkreiszeichen steht. Tag- und Nachtgleiche ergibtsich wenn die Sonne <strong>am</strong> Horizont <strong>im</strong> Schnittpunkt der Horizontl<strong>in</strong>ie mitdem des Kreises des Äquators aufgeht. Dies erfolgt dann um VI Uhr Früh <strong>im</strong>Osten, der Untergang um VI Uhr Abends <strong>im</strong> Westen. Tag- und Nachtgleichetreten um den 20. März und 23. September e<strong>in</strong>. Die Sonne sich bendet dann<strong>im</strong> entsprechenden Sternzeichen.Die L<strong>in</strong>ien der zwölf Häuser mit late<strong>in</strong>ischen Ziern von I bis XII jeweils <strong>am</strong>Schnittpunkt mit dem Wendekreis des Ste<strong>in</strong>bocks s<strong>in</strong>d Kreisbögen, die sich


3 DIE GRUNDSCHEIBE AM REGENSBURGER TISCH 12Abbildung 7: Konstruktion der L<strong>in</strong>ien der 12 Häuser: (a) Die Längenkreise <strong>am</strong>H<strong>im</strong>mel, (b) die Projektion <strong>am</strong> Tisch RHIST ( c○Hist. <strong>Museum</strong> Regensburg)<strong>in</strong> der Mitte der gekrümmten Horizontl<strong>in</strong>ie schneiden. Sie s<strong>in</strong>d die Projektionder Spaltung der H<strong>im</strong>melskugel über (unter) dem Beobachter <strong>in</strong> jeweils sechsTeile <strong>in</strong> Form von Orangenspalten. Die Projektionen der Längenl<strong>in</strong>ien auf derH<strong>im</strong>melskugel durch den südlichsten und nördlichsten Punkt <strong>am</strong> Horizonts<strong>in</strong>d Kreise deren Mittelpunkte auf e<strong>in</strong>er Geraden durch den Mittelpunktdes Kreises des Horizonts senkrecht auf den Meridian liegen.Bendet man sich <strong>am</strong> Nordpol, so st<strong>im</strong>mt der krumme Horizont mit demH<strong>im</strong>melsäquator übere<strong>in</strong>. Die Kreisl<strong>in</strong>ien der zwölf Häuser s<strong>in</strong>d Kreise, diesich <strong>in</strong> dem Schnittpunkt der Meridianl<strong>in</strong>ie mit der Projektion des H<strong>im</strong>melsäquatorsschneiden. Ihre Mittelpunkte liegen auf dem Geraden Horizont.Bendet man sich <strong>am</strong> Äquator so fallen die nördlichsten und südlichstenHorizontpunkte mit den H<strong>im</strong>melspolen zus<strong>am</strong>men. Es gibt nur den GeradenHorizont. Die L<strong>in</strong>ien der zwölf Häuser reduzieren sich auf radiale Geradedurch den H<strong>im</strong>melspol.Da die E<strong>in</strong>teilung <strong>in</strong> zwölf Häuser e<strong>in</strong>er Unterteilung des H<strong>im</strong>melsäquators<strong>in</strong> die zwölf Tierkreiszeichen zu jeweils 30 Grad entspricht, schneiden siesich auch auf der Kreisl<strong>in</strong>ie des Äquators mit den jeweiligen (geradzahligen)temporalen Stundenl<strong>in</strong>ien.Diese vom Beobachter abhängige E<strong>in</strong>teilung der H<strong>im</strong>melssphäre <strong>in</strong> zwölf Segmenteist nach dem astrologischen System 'vernünftig', da von der, vom Beobachterfestgestellten Stellung der Planeten <strong>am</strong> H<strong>im</strong>mel, die gleiche Wirkungausgehen sollte.


3 DIE GRUNDSCHEIBE AM REGENSBURGER TISCH 13Im Zentrum der Scheibe bendet sich die Projektion des H<strong>im</strong>melsnordpols,oberhalb auf dem Meridian bendet sich je nach Polhöhe der Zenit, dasZentrum des Netzwerkes der Projektion der nördlichen H<strong>im</strong>melskugel. JedesH<strong>im</strong>melsobjekt rotiert e<strong>in</strong>mal <strong>am</strong> Tag um das Zentrum der Scheibe. E<strong>in</strong> Zeigerzu Zeitskala von der Positon <strong>am</strong> Netz der Grundscheibe gibt die Uhrzeitdes gleichmäÿig <strong>in</strong> 24 Stunden geteilten Tages an.Die Dämmerungsl<strong>in</strong>ie ist die Projektion e<strong>in</strong>er Höhenl<strong>in</strong>ie unterhalb des Horizonts.Man ndet sie punktiert <strong>in</strong> der Grundscheibe des <strong>Astrolabium</strong>s Allerd<strong>in</strong>gsist nur e<strong>in</strong>e Dämmerungsl<strong>in</strong>ien e<strong>in</strong>gezeichnet, die den Wendekreis desKrebses bei 270 Grad berührt. Üblicherweise unterscheidet man die Bürgerliche,Nautische und Astronomische Dämmerungsl<strong>in</strong>e die sich jeweils bei 6,12, bzw. bei 18 Grad unter dem Horizont benden.Nicht gezeigt werden an diesem Tisch der gerade Horizont und die Projektionder Längenkreise der H<strong>im</strong>melskugel (Gerade durch das Zentrum). Am Tisch<strong>im</strong> Stift Kremsmünster wurden diese noch geätzt, <strong>am</strong> Tisch <strong>in</strong> Kassel nurnoch der gerade Horizont (siehe Abb. 1a,b)3.2 Die zusätzlichen R<strong>in</strong>ge um das <strong>Astrolabium</strong>Die beiden Kalender (Novum calendarium und Vetus Calendarium)auÿerhalb der Zeitskala (L<strong>im</strong>bus) des <strong>Astrolabium</strong>s (siehe Fig. 1c) s<strong>in</strong>d genauum 10 Tage gegene<strong>in</strong>ander verschoben. Dies entspricht der Regelungdes 1582 e<strong>in</strong>geführten gregorianischen Kalenders, der vom 4. Oktober desjulianischen Kalenders auf den 15. Oktober sprang. Durch diese Korrekturwurde der Frühl<strong>in</strong>gspunkt mit gleicher Länge des Tages und der Nacht wiederauf den 21. März verschoben. Kurz, der Sonnenkalender wurde wiederan die astronomischen Gegebenheiten angeglichen. Die <strong>im</strong> julianischen Kalenderentstandenen Verschiebungen dieses Term<strong>in</strong>s werden durch die neueRegelung der Schaltjahre vermieden.Durch den weiteren R<strong>in</strong>g der Tierkreiszeichen kann der Term<strong>in</strong> des Aufstiegs,der den Monaten zugeordneten Tierkreiszeichen, gesehen werden. DieGrade<strong>in</strong>teilung (für jedes der zwölf Sternzeichen 30 Grad) erlaubt es jedenTag die Stellung der Sonne auf der Ekliptik (ekliptikale Länge) abzulesen.Üblicherweise dient die Rückseite des <strong>Astrolabium</strong>s dazu die ekliptikale Längeder Sonne zu best<strong>im</strong>men. Dies wird hier auf den zusätzlichen äuÿerenR<strong>in</strong>gen gemacht.Die Jahreszeitr<strong>in</strong>ge liegen exzentrisch zum R<strong>in</strong>g der Tierkreiszeichen. Nach


4 DIE RETE DES ASTROLABIUMS AM REGENSBURGER TISCH RHIST14Z<strong>in</strong>ner [10] sollte der verschobene Jahreskreis an der Grenze zwischen denTierkreiszeichen Zwill<strong>in</strong>g und Krebs <strong>am</strong> nächsten se<strong>in</strong>. Es sieht eher so aus,dass die Exzentrizität nicht den Zweck hatte, die Genauigkeit der Darstellungzu erhöhen, sondern nur um die Schriftzüge zu den Kalendern unterzubr<strong>in</strong>gen.Am späteren Tisch <strong>in</strong> Kassel von 1605 ndet sich ke<strong>in</strong>e Exzentrizitätund es wird nur der julianische Jahresr<strong>in</strong>g gezeigt.4 Die Rete des <strong>Astrolabium</strong>s <strong>am</strong> RegensburgerTisch RHISTAbbildung 8: Die Rete aus Copps <strong>Astrolabium</strong> von 1597 ( c○ETH Zürich) unddie Rete <strong>am</strong> Tisch RHIST ( c○Hist. <strong>Museum</strong> Regensburg)Nur durch e<strong>in</strong>e Rete, auf der die H<strong>im</strong>melsobjekte abgebildet s<strong>in</strong>d, wird das<strong>Astrolabium</strong> für die Zeitbest<strong>im</strong>mung nutzbar gemacht. Auf der Ekliptik kanndie Sonne für jeden Tag positioniert werden und ihr Lauf <strong>am</strong> Tag verfolgtwerden. Des Nachts wird durch die Spitzen <strong>im</strong> Gitter der Rete die Rotationdes Sternenh<strong>im</strong>mels um den H<strong>im</strong>melspol darstellbar. Jeder Position e<strong>in</strong>eH<strong>im</strong>melsobjekts kann e<strong>in</strong>e Zeit über e<strong>in</strong>en Zeiger, der vom Zentrum bis zurZeitskala reicht ( L<strong>im</strong>bus), zugeordnet werden.E<strong>in</strong> <strong>im</strong> Archiv des <strong>Historischen</strong> <strong>Museum</strong>s aufgefundenes Foto (siehe Abb.8b) zeigt, dass e<strong>in</strong>e solche Rete mit e<strong>in</strong>em Ostensor vorhanden war. Es kannkann aber nicht festgestellt werden, wann sie für das <strong>Astrolabium</strong> gefertigtwurde. Die Rete zeigt jedenfalls stärkere Gebrauchsspuren, wie abgebrocheneZacken. Es stellt sich die Frage nach welchem Vorbild diese Rete gefertigt


4 DIE RETE DES ASTROLABIUMS AM REGENSBURGER TISCH RHIST15wurde. Nur wenn die Rete nach e<strong>in</strong>em Vorbild gemacht wurde, das vor demEntstehungzeitpunkts des Tisches, dem Jahr 1602, erschienen ist, so kannman vermuten, dass die Darstellung des <strong>Astrolabium</strong>s nicht nur künstlerischenWert hatte, sondern auch zur Zeitbest<strong>im</strong>mung benutzt werden konnte.Es stellt sich daher die Frage, ob <strong>in</strong> der Literatur der Zeit, die <strong>am</strong> Fotogezeigte Rete, vorhanden war.E. Caudae Ursae M. Rasaben Alr<strong>am</strong>echAlpheta Engunasi FidiculaScheder Rasch Algol AlhaiotOphiuchus Alkayr Delph<strong>in</strong>Alpheraz Aldebaran Cauda LeonisCor Leonis Az<strong>im</strong>ech CheleAntares Scheat Cauda CetiVenter Ceti Menkar BedelgeuseLepus Alhabor AlgomysaHydra Patera AlgorabTabelle 1: Liste der Sterne die auf der Rete <strong>in</strong> Copps <strong>Astrolabium</strong> . . . von1597 angegebenen s<strong>in</strong>d.Anleitungen zum Gebrauch und der Herstellung von Astrolabien waren vorund nach der Entstehung der astronomischen Ste<strong>in</strong>tische durchaus weit verbreiteteBücher. Astrolabien und ähnliche Instrumente wurden von vielenBerufszweigen benützt. Von der Vermessungskunde bis zur Mediz<strong>in</strong> reichtedie Anwendung, wobei <strong>im</strong> letzteren Fall die astrologischen Lehren herangezogenwurden. Bei e<strong>in</strong>er Durchsicht verschiedener astronomischer Bücher derZeit, ndet man <strong>in</strong> Johann Copps <strong>Astrolabium</strong> s<strong>am</strong>pt e<strong>in</strong>em kurtzen Unterrichtaus dem Jahr 1597 [11] e<strong>in</strong>e Rete, die mit der <strong>am</strong> RegensburgerTisch verwendeten, übere<strong>in</strong>st<strong>im</strong>mt (siehe den Vergleich <strong>in</strong> Abb. 8). Es werden<strong>in</strong>sges<strong>am</strong>t 30 Sterne gezeigt, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Tabelle mit ihren arabischen,late<strong>in</strong>ischen und deutschen N<strong>am</strong>en angegeben werden. Die Rete selbst istauf e<strong>in</strong>em Faltblatt <strong>am</strong> Ende des Buches abgebildet. Sie zeigt die <strong>in</strong> Tab. 1angegebenen Sterne (hier werden die arabischen oder wenn nicht vorhandendie late<strong>in</strong>ischen N<strong>am</strong>en angegeben).Be<strong>im</strong> Vergleich der auf der Rete gezeigten Sterne mit dem sichtbaren Nordh<strong>im</strong>melist zu beachten, dass wir den H<strong>im</strong>mel von der Innenseite der H<strong>im</strong>melskugelsehen, während <strong>am</strong> <strong>Astrolabium</strong> die Ansicht von der Auÿenseitegezeigt ist. Da <strong>am</strong> <strong>Astrolabium</strong> auf dem Tisch <strong>in</strong> Regensburg ke<strong>in</strong>e Kratzspurenzu sehen s<strong>in</strong>d und aus der groben Form, die die Fotograe zeigt, kannman schlieÿen, dass die Rete vermutlich aus Holz war.


4 DIE RETE DES ASTROLABIUMS AM REGENSBURGER TISCH RHIST16Abbildung 9: (a) Die Grundscheibe aus Copps <strong>Astrolabium</strong> von 1597 ( c○ETHZürich) und (b) <strong>am</strong> Tisch RHIST ( c○Hist. <strong>Museum</strong> Regensburg)<strong>Das</strong> Coppsche 'Lehrbuch' zeigt auch Grundscheiben für verschiedene Polhöhen,so auch für 48 Grad (Abb. 9). Der Vergleich zeigt die Übere<strong>in</strong>st<strong>im</strong>mungmit der Ätzung Plen<strong>in</strong>gers auf dem Regensburger Tisch. E<strong>in</strong> genauer Vergleichzeigt aber auch, dass die Ätzung <strong>in</strong> manchen Details (Schnittpunktevon L<strong>in</strong>ien etc.) genauer ist als die graphische Abbildung. Dies läÿt denSchluÿ zu, dass Plen<strong>in</strong>ger mit der Konstruktionsvorschrift vertraut gewesense<strong>in</strong> muÿte, da diese <strong>in</strong> Copps <strong>Astrolabium</strong> s<strong>am</strong>pt e<strong>in</strong>em kurtzen Unterrichtnicht enthalten ist.Johannes Copp (1487-1558) war Arzt <strong>in</strong> Joach<strong>im</strong>sthal und wurde von Ferd<strong>in</strong>andI. zum Königl. Arzt <strong>in</strong> Prag ernannt. 1555 verlieÿ er Prag und g<strong>in</strong>g nachSchweden. Se<strong>in</strong>e Schrift über das <strong>Astrolabium</strong> und se<strong>in</strong>en Gebrauch wurdeerstmals 1525 herausgegeben. Spätere Auagen erfolgten durch ZachariasBornmann, e<strong>in</strong>em Illum<strong>in</strong>ierer <strong>in</strong> Breslau, der den ersten H<strong>im</strong>melsatlas <strong>in</strong>Kupfer gestochen 1596 publizierte.Danksagung: Ich danken dem Stift Kremsmünster, dem <strong>Historischen</strong> <strong>Museum</strong><strong>in</strong> Regensburg und der <strong>Museum</strong>slandschaft <strong>in</strong> Kassel fü die Möglichkeit,Arbeiten von Andreas Plen<strong>in</strong>ger zu besichtigen und/oder Fotomaterial zuverwenden. Für hilfreiche Anregungen und Diskussionen bei der Arbeit überdie Ste<strong>in</strong>tische danke ich P. Altman Pötsch Dir. P. Amand Kr<strong>am</strong>l. Me<strong>in</strong> besondererDank gilt Dir. Dr. Peter Germann - Bauer und Michael Preischl vom<strong>Historischen</strong> <strong>Museum</strong> Regensburg für hilfreiche Informationen über AndreasPlen<strong>in</strong>gers Werke.


LITERATUR 17Literatur[1] Alois Kiesl<strong>in</strong>ger, Der Ste<strong>in</strong>ätzer Andreas Plen<strong>in</strong>ger und se<strong>in</strong> Werk <strong>in</strong>Österreich. Anzeiger der phil.-hist. Klasse der österreichischen Akademieder Wissenschaft Jg. 1965 Nr. 17, S. 303-309. Wien, 1965[2] P. Altman Pötsch und R. Folk, Der astronomische Tisch des AndreasPlen<strong>in</strong>ger aus dem Jahr 1603 zur Publikation vorgesehen.[3] Alois Kiesl<strong>in</strong>ger, Ste<strong>in</strong>ätzungen <strong>in</strong> Oberösterreich. Teil 1: 16. und17. Jahrhundert. Kunstjahrbuch der Stadt L<strong>in</strong>z. 1967 (1967). Wien-München S. 73-105[4] Josef Moser, Der Gmundner Organist Andreas Plen<strong>in</strong>ger 1555-1607 undAbrah<strong>am</strong>us Schuÿl<strong>in</strong>gus, Kantor zu Vöcklabruck. OberösterreichischeHe<strong>im</strong>atblätter Jg. 34 Heft 3/4, S. 197-199. L<strong>in</strong>z, 1980[5] G. Tiggesbäumker, In Ste<strong>in</strong> geätzte Karte von Andreas Plen<strong>in</strong>ger. CartographiaHelvetica, Juli 1991, Heft 4 Seite 27 (1991)[6] Francois d'Aguillon, Opticorum libri sex philosophicis juxta ac mathematicisutiles Antwerpen 1613; <strong>in</strong> diesem Werk wird erstmals der term<strong>in</strong>usstereographische Projektion verwendet. Vermutlich 250 v. Chr. vonErathostenes entwickelt, geht das entsprechende Konstruktionsverfahrenauf Hipparchos von Niccea (190 - 120 v. Chr.) zurück und wurdevon Ptolemäus <strong>im</strong> Planispaerium 250 n. Chr. überliefert.[7] J. D. North, The Astrolab Scientic American Vol. 230 (1), 96 (1973)und D. A. K<strong>in</strong>g, Die Astrolabiens<strong>am</strong>mlung des Germanischen <strong>Museum</strong>s<strong>in</strong> Focus Beha<strong>im</strong> Globus Teil1: Aufsätze Seite 101, Verlag GermanischesNationalmuseum Nürnberg 1992[8] M. Schukowski, Die Astronomische Uhr <strong>in</strong> St. Marien zu Rostock DieBlauen Bücher, Karl Robert Langewiesche Nachfolger, Königste<strong>in</strong> <strong>im</strong>Taunis 1992[9] A. Rohde, Die Geschichte der wissenschaftlichen Instrumente. VerlagKl<strong>in</strong>khardt und Biermann, Leipzig 1923[10] E. Z<strong>in</strong>ner, Deutsche und Niederländische Astronomische Instrumentedes 11.-18. Jahrhunderts. Beck München 1972 (Nachdruck der zweiten,ergäntzten Auage)


LITERATUR 18[11] Johann Copp, <strong>Astrolabium</strong> s<strong>am</strong>pt e<strong>in</strong>em kurtzen Unterricht, wie mansolch Instrument brauchen sol, nicht alle<strong>in</strong> den Ertzten, sondern auchden Bawmeistern, Bergleuten, Büchssenmeistern, und andern so sichder . . . Durch Zachari<strong>am</strong> Bornman Illum<strong>in</strong>isten zu Breslaw. In verlegungAndreas Wolcken und Wilhelm, Schönickls Buchhändler <strong>in</strong> Breslau,Leipzig 1597 (Z<strong>in</strong>ner 3705); es gibt auch e<strong>in</strong>e Ausgabe von 1584 <strong>in</strong>der e<strong>in</strong>e Rete mit denselben Sternen beschrieben ist (Z<strong>in</strong>ner 3609). Diespätere Ausgabe erschien, da die von 1584 vergrien war. E<strong>in</strong>e weitereAusgabe erschien noch 1600 (Z<strong>in</strong>ner 3844).

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