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Stephan Schlak: Ernst Jüngers letzte Worte

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Letzte <strong>Worte</strong>näherung nach ein paar Seiten ab – genau in dem Moment, als erankündigt, deren eigentliche «Ähnlichkeit» und «Identität» darzulegen.Das «Fragment» folgt der inneren Logik der Sammlung, dieauf der Privilegierung des unbeabsichtigten, gesprochenen <strong>Worte</strong>svor der durchreflektierten, geschriebenen <strong>letzte</strong>n Abschiedszeileaufbaut. «Je stärker und ungebrochener das Bewußtsein, destofragwürdiger, dürftiger wird, was der Gedanke und was die Spracheder Majestät des Todes entgegenzusetzen hat.» Im Idealfallsetzt die Berührung mit der «Elementarzone» des Todes den «Sinnder durchlebten Existenz» frei – wie bei dem alten ReichskanzlerBismarck, der auf dem Totenbett mit der «Staatsraison» noch einmalsein Prinzip politischen Handelns aufgerufen haben soll. Aberauch dem subtilen Sentenzenjäger Jünger entgeht nicht, daß derTod in der Regel nicht Aphorismen und <strong>letzte</strong> Geistesblitze zaubert– «weit häufiger begegnen wir indessen der trivialen, dernichtssagenden oder der ganz und gar verworrenen Äußerung. Esgibt kaum einen Gemeinplatz, mit dem sich nicht schon einMensch verabschiedete. Es gibt auch keinen Irrtum, keine Ungereimtheit,ja keine Bösartigkeit, auf der er nicht beharrt.»Das <strong>letzte</strong> Wort ist angesiedelt in einer Grauzone zwischenWirklichkeit und Legende. Nirgendwo wird so viel retuschiertwie im Schatten des Todes. Auch wer dem Tod ein ungeschminktesWort aus vollem ehrlichem Herzen entgegenschleudert, verfügtnicht mehr souverän über das <strong>letzte</strong> Wort, das ganz in dasBelieben der Nachwelt gestellt ist. Es ist der Auftritt der Witwenund Eckermänner, die mit dem <strong>letzte</strong>n Wort ihre ganz eigene«Todespolitik» (Stefan Breuer) betreiben. Meist ist dessen genaueÜberlieferungslage fraglich, die Quellen trübe. Wer allein auf «Genauigkeit»gepolt ist, weiß Jünger, den wird das <strong>letzte</strong> Wort kaumbefriedigen. «Als Quelle im Sinne historischer Genauigkeit bleibtdas Letzte Wort immer suspekt.»Jünger eskamotiert das <strong>letzte</strong> Wort in das Reich der Anekdote.Aber gerade das mindert seinen Rang nicht. «Trotz aller Kritik ander Überlieferung ist zu vermuten, daß sich unter der Wirrnis anLetzten <strong>Worte</strong>n ein Fundus verbirgt.» Der besondere Reiz derSammlung liegt darin, daß Jünger in ihr noch einmal die großeideengeschichtliche Querelle des 19. Jahrhunderts zwischen Dichtungund Wahrheit, Geschichtsschreibung und Geschichtswissen-

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